Arm und Reich in Coburg – ein historischer Stadtrundgang

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Arm und Reich in Coburg – ein historischer Stadtrundgang
Mit Dr. Habel erkundeten wir die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Coburgs. An
ausgewählten Bauwerken in der Stadt wurden deren kulturgeschichtliche Hintergründe
erklärt und ein Abbild von Arm und Reich in Coburg geschaffen. Dabei ist zu beachten, dass
sich das Adjektiv „reich“ nicht nur auf wirtschaftlichen Reichtum bezieht, sondern auch eine
politische oder religiöse Komponente umfasst.
Die religiöse Konnotation der Arm-Reich-Einteilung wird am St.-Georg-Spital deutlich. Das
Spital wurde von Reichen für arme Leute gegründet, damit sich diejenigen, die im
wirtschaftlichen Sinne „reich“ waren, durch Spenden rein waschen konnten. Das Spital
diente zunächst der Kranken- später auch der Altenpflege.
An der nächsten Station, der Prinz Friedrich Josias Statue, wurde der Begriff des politisch
Reichen erstmals deutlich. Während das Herzogtum Coburg in der Neuzeit politisch relativ
unbedeutend war, wurden im neunzehnten Jahrhundert Bande zum europäischen Hochadel
geknüpft. Durch seinen militärischen Erfolg als „Türkenbezwinger“ erreichte Prinz Friedrich
Josias Ruhm und Ansehen. Daraufhin ergab sich eine Eheschließung zwischen seiner Nichte
und dem Thronfolger der Russischen Zarin, so dass das Coburger Herrscherhaus den Sprung
in den Hochadel schaffte.
Das Schloss Ehrenburg steht auf dem Grund eines ehemaligen Franziskaner Klosters. Die
Franziskaner waren als Bettelorden für die seelsorgerische Betreuung der armen städtischen
Bevölkerung im Mittelalter von großer Bedeutung. Später wurden von Herzog Johann Ernst
der Ausbau des Schlosses in Auftrag gegeben. Für den Bau wurden nur bezahlte Handwerker
verpflichtet. Der Name Ehrenburg wurde dem Schloss von Kaiser Karl V bei einem Besuch
verliehen. Auf dem Schloss lebte bevorzugt nur der Adel. Wie die Ehrenburg wurde auch das
Hoftheater als Prestigebau in Auftrag gegeben. Heute ist das Landestheater Coburg ein
mittelgroßes Dreispartentheater (Oper, Schauspiel, Ballett). Das Theater besitzt 550
Zuschauerplätze, eine Reithalle mit 99 Plätzen und wird von der Stadt Coburg und vom
Freistaat Bayern seit 1920 getragen.
Finanzieren konnte Herzog Ernst I seine Bauvorhaben unter anderem dadurch, dass er
Münzen ausgegeben hatte, die weniger wert waren, als ihr nomineller Wert. Später wurde
er gezwungen diesen Missstand durch eine Münzreform zu beenden. Diese ist wiederum ein
Beispiel dafür, wie es ein Herrscher schafft, „auf dem Buckel der Untertanen“ reich zu
werden.
Das Münzmeisterhaus befindet sich in der Ketschengasse 7. Es ist offensichtlich eine als
Schaufassade angelegte Fachwerkkonstruktion, die sehr regelmäßig strukturiert wurde und
über drei Stockwerke reicht. Das Gebäude besitzt typische Merkmale für das Spätmittelalter.
Ein Beispiel hierfür sind die nach oben hin leicht erweiterten Obergeschosse. Es übertrifft
seine Nachbarhäuser um die doppelte Breite, als auch deutlich höhere Geschosse. Hier zeigt
sich wiederum der wirtschaftliche Reichtum der Münzmeisterfamilie.
Die Münzmeister haben zu den etwa 22 Familien der städtischen Oberschicht gezählt. Bier
und Wein waren die Haupteinnahmequellen, wobei sie auch Einkünfte aus
Pfandleihgeschäften kamen. Im Jahre 1435 bekamen die Münzmeister den Titel „Herren der
Rosenau“ und wurden somit in den Adelsstand erhoben. Dies zeigten die Münzmeister mit
dem Bau des Rosenauschlössen am Rittersteich. Die Tätigkeit und soziale Stellung der
Besitzer des Münzmeisterhauses zeigte die Art und Bauausführung. Die Meister trugen zur
Belebung des Marktes und des Handels bei. Auch die Lage an einer alten Nord- SüdHandelsstraße erwies sich als besonders profitable.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts gab es eine große Anzahl an Juden innerhalb der
Stadtmauern. Dies belegen unter anderem der „Judenbach“, welcher an einer wichtigen
Handelsstraße, der „Sattelpassstraße“, die auch durch Coburg verläuft, liegt. Auch das
„Judentor“, welches erstmals 1321 erwähnt wird, und die „Judengruben“, bei denen es sich
vermutlich um Grabstätten handelt, weisen auf eine ausgeprägte jüdische Bevölkerung hin.
Aufgrund von Bemühungen, die jüdische Bevölkerung durch Schutzbriefe von dem
Markgrafen Friedrich III. im Jahre 1362 und 1380 und von Markgräfin Katharina im Jahre
1395 zu erhöhen, kann auf eine vorhergehende Reduzierung der Anzahl an Juden in Coburg
geschlossen werden.
Es lässt sich feststellen, dass in Coburg keine typische Ghettobildung stattfand. Die jüdische
Bevölkerung kann sogar Wohlstand nachweisen. Dies änderte sich jedoch schlagartig,
nachdem das Geldleihverbot für Christen aufgeweicht wurde und die jüdischen Geldleiher
somit nicht mehr benötigt wurden. Die kirchlichen und weltlichen Gewalten bemühten sich
daraufhin, die jüdische Bevölkerung aus der Stadt zu verdrängen, was ihnen mit dem Tod
des letzten in Coburg ansässigen Juden Salomon im Jahr 1446 gelang.
Erst ab dem Jahr 1806 in der Zeit der Napoleonischen Besatzung kehrten die Juden unter
heftigem Widerstand der alteingesessenen Bevölkerung aus Angst vor potenzieller
Konkurrenz zurück.
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