Florian

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Je suis Charlie – Ich bin scheinheilig
Nach dem horrenden Attentat in Paris war eins klar „Je suis Charlie“, „Ich bin Charlie“. Zumindest wurde mir
diese plötzliche Namensänderung von den Medien so vermittelt. Aber wieso bin ich nun Charlie? Oder eher,
warum waren wir in ähnlichen Fällen wie 9/11 beim Anschlag auf das World Trade Center nicht einfach die
Welt. Sollten wir vielleicht nicht einfach nur Groot aus „Guardians of the Galaxy“ sein?
Der Slogan, der in letzter Zeit um den Globus ging, sollte vor allem eines zeigen. Die Welt hält gegen die
unmenschlichen Machenschaften des Terrors zusammen. Sie zeigt Solidarität und zugleich, dass sie ihre in der
Vergangenheit hart umkämpfte Meinungsfreiheit nicht aufgeben will. Als solches also ein sehr nobles Anliegen.
Blöd für einen Großteil der Mit-Sympathisanten ist nur, dass ihr ehrenhaftes Eintreten für die Welt zumindest
zum Teil unglaubwürdig erscheint.
Dies liegt nicht daran, dass sie so gehandelt haben, sondern vielmehr daran, dass sie ähnlichen, wenn nicht
sogar schlimmeren Ereignissen aus genau der gleichen Zeit keine Beachtung schenken. Die Rede ist von
Terroranschlägen der islamistischen Gruppe Boko Haram, die seit einiger Zeit mehrere blutige Massenmorde in
Nigeria praktiziert hat. Schon im April letzten Jahres wurden fast 300 Frauen entführt. Obwohl über 200 sich
immer noch in der Gewalt ihrer Geiselnehmer befinden, sexueller Gewalt ausgesetzt sind und sogar zu einer
Zwangsheirat gezwungen werden, herrscht zu dem Thema seit geraumer Zeit Schweigen. Und auch in exakt der
gleichen Woche, in der das Attentat auf Charlie Hebdo stattfand, massakrierte diese Terrorgruppe wieder die
hilflosen und unschuldigen Bewohner eines Dorfes. All dies nur zu dem Zweck, ihren eigenen absurden
Gottesstaat zu errichten.
Böse Zungen mögen nun behaupten, all dies hänge mit der Religion, die diese heidnischen Unmenschen
ausüben, zusammen. Schließlich sind viele der heutigen Terrorgruppen islamistisch. Oftmals werden sogar
Muslime in die gleiche Schublade gesteckt, obwohl für jene die Terrorakte ähnlich verheerend sind und diese
durch den Koran genauso verboten sind wie in Bibel oder Torah. Die Religion ist schlichtweg das Mittel, mit
denen manche Menschen denken ihre Taten rechtfertigen zu können. Doch jeder Christ, der denkt, er könnte
dies verurteilen, sollte die Kreuzzüge und danach auch den Zweck einer jeden Religion überdenken. Vielleicht
kommt er dann zu dem Resultat, dass ein Attentäter einfach verrückt sein muss.
Aber wieso gibt es nun so große Unterschiede in der Anteilnahme der Weltbevölkerung?
Sind wir alle noch rassistisch, sodass uns ein unreines Entwicklungsland aus dem unzivilisierten Dschungel
Afrikas nicht kümmert? Wohl kaum. Zum Glück ist ein Großteil der Bevölkerung zu dem Entschluss gekommen,
dass sie nichts Besseres sind. Auch wenn Toleranz und Gleichberechtigung nicht so weit vorangeschritten sind,
wie es in zahlreichen Lobeshymnen gepredigt wird.
Vielmehr könnte der Grund dafür an den unterschiedlichen Informationen, die zu einem normalen Bürger
durchsickern, liegen. Wenn man betrachtet, wer angegriffen wurde, fällt relativ schnell auf, dass es sich in dem
einen Fall um einflusslose Exemplare unserer Rasse, wie auch unsereins, handelt. In Paris hingegen wurden
Vertreter der Medien, die uns mit Neuigkeiten füttern, angegriffen. Erstmals in der Menschheit ging ein Spruch
wie ebenjener „Je suis Charlie“ um die Welt. Initiiert natürlich von niemand Geringeren als den Medien. Wenn
man in den nächsten Tagen die Zeitung durchblätterte, fiel ein weiteres wichtiges Detail auf. Dem Anschlag in
Paris wurden sechs Seiten sowie ein Kasten auf jeder weiteren Seite und -wie zu erwarten- die Schlagzeile
gewidmet. Dem zuvor angesprochenen Anschlag in Nigeria stand immerhin eine halbe Seite zu. Unbeachtet
davon, dass hier fast 20-mal so viele Menschen ihr Leben lassen mussten, obwohl diese nicht mal eine
Minimalschuld daran trugen.
Der Grund könnte also noch viel einfacher sein als vermutet. Die Medien haben zu viel Einfluss auf uns. Und
mangels einer entsprechenden Medienerziehung in der Schule können wir uns dessen nicht einmal entziehen.
Auch weil zahlreiche Internet- Süchtige in ihrer Social Network Verehrung schon so weit fortgeschritten sind,
dass sie ohne wahrscheinlich nicht mal mehr existieren können.
Und wenn man ein weiteres Ereignis der letzten Zeit betrachtet, bemerkt man, dass wir uns nur zu leicht
indoktrinieren lassen. Es geht um die Shirtgate Affäre um den Physiker Matt Taylor. Dieser wurde nach einer
Pressekonferenz zur Rosetta Mission einem vehementen Shitstorm ausgesetzt. Alles nur, weil er ein Hemd mit
eher leicht bekleideten, weiblichen Comicfiguren trägt. Natürlich wäre es falsch Frauen durch obszöne Szenen
zu beleidigen. Allerdings zeigen die Protagonistinnen des Hemdes auch nicht mehr Haut als ein Großteil der
weiblichen Bevölkerung im Sommer. Diese erneute Sexismus - Debatte überrascht jedoch kaum, da manche
Verfechter, die dieses Thema auf die Spitze treiben, im Internet sogar liebevoll als „Feminazis“ bezeichnet
werden. Die eigentliche Essenz der Konferenz, nämlich die Landung Rosettas, die zu einer der
hervorragendsten Leistungen der Menschheitsgeschichte zählt, wird wegen des Einflusses der Medien
ignoriert. Taylor im Übrigen entschuldigte sich im Nachhinein unter Tränen bei der Welt. Obwohl er niemanden
beleidigen wollte, sondern einfach das Hemd trug, das er nun mal tragen wollte, ohne sich von der
Öffentlichkeit beeinflussen zu lassen. Und scheinbar geht die zuvor angesprochene Toleranz bei manchen
Menschen nicht einmal soweit ein simples Hemd zu akzeptieren. Vermutlich weil sie nur das Äußere
interessiert. Die eigentlichen Vorgänge sind ihnen in ihrer mitteleuropäischen Dekadenz jedoch egal.
Vielleicht sollte sich also jeder noch einmal individuell überlegen, wieso er Charlie ist. Vermutlich sollten wir
sogar alle einfach Groot sein. Der Held aus dem Sci-Fi Epos zeigt sich seinem Gegenüber immerhin stets
tolerant, hilfsbereit und freundlich. Dieses Verhalten ist angemessen für einen echten Beschützer unserer
Galaxie.
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