Tagungsbericht The roots of the collapse of the Soviet Union and the Eastern Bloc – economic aspects, 16.-18.5.2013, Warschau Veranstalter: Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgen-Forschung, Graz-Wien, Institut für internationales Recht und internationale Beziehungen (Stefan Kardinal Wyszyński Universität), Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität, Russische Universität für Geisteswissenschaften; Partner: Institut für Geschichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften (IH PAN), Harvard Universität (Davis Center for Russian and Eurasian Studies), Russisches Staatsarchiv für Zeitgeschichte (RGANI) Die Tagung wurde gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch einen Beschluss des deutschen Bundestages. Tagungsbericht Nach kurzen Begrüßungsansprachen der Tagungsorganisatoren führte Paul R. Gregory (Hoover Institute) mit einem Beitrag „Relative economic performance of the soviet economy“ den ersten Panel ein. Er wies daraufhin, dass sich die Leistungsfähigkeit der sowjetischen Wirtschaft seit den 1950er Jahren kontinuierlich verschlechtert habe, trotzdem blieb sie auf einem hohen Niveau. Die wirtschaftliche Krise allein habe zum Zusammenbruch der Sowjetunion nicht geführt, dazu aber wesentlich beigetragen. Entscheidend seien hierbei die gescheiterten Reformversuche von Michail Gorbačev gewesen: “But his reforms destroyed the core of the system and, along with its core, the whole system collapsed.” Boris Chavkin (Russische Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität) beleuchtete in seinem Vortrag die Auffassungen führender Politiker und Intellektueller wie M. Gorbačev, A. Solženicyn, A. Sacharov u.a. über den krisenhaften Zustand der Sowjetunion in den letzten Jahren ihrer Existenz und deren Lösungsansätze, um die Stagnation zu überwinden. Der Aufbau eines „neuen Gesellschaft“ sollte dem Schriftsteller Sacharov zufolge unter Berücksichtigung der Erfahrungen verschiedener Sozialsysteme und unter Voraussetzung einer Annäherung von Sozialismus und Kapitalismus erfolgen. Gorbačev selbst hatte diese Idee im Rahmen seines Konzepts „Neues Denken“, in dem die Schaffung einer geeinten Welt frei von Entzweiung der unterschiedlichen sozialpolitischen Strukturen impliziert wurde, versucht zu realisieren. Solženicyn, gleichsam als Symbol des aufkeimenden russischen Nationalismus, sah die Sowjetunion deshalb als überlebensunfähig an, da die Leitkultur der Russen im (sowjet)imperialistischen Streben untergehen müsse. Die verschiedenen herausragenden Denker einte – wenn auch aus konträren Gesichtspunkten – ein Ansatz: der Zerfall der Sowjetunion wurde als eine unumgängliche Folge der vertiefenden Stagnationsprozesse im Land sowie als ein Übergang zu einer neuen Ordnung Russlands gesehen. Bogdan Musial (Kardinal Stefan Wyszyński Universität) ging in seinem Beitrag auf die wachsende Rolle der Energieträger für die sowjetische Wirtschaft ab den 1950er Jahren ein. Er argumentierte, diese Abhängigkeit habe sich letztendlich fatal auf die sowjetische Wirtschaft ausgewirkt, insbesondere als im Jahre 1985 die Preise von Öl und Gas dramatisch fielen. Dies stürzte die Sowjetunion in eine Krise, aus der sie sich nicht mehr erholt habe. Stefan Karner (Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung, Graz – Wien) wies in seinem Vortrag eingangs auf die immensen Disparitäten der Wirtschaft der UdSSR hin, die bereits Anfang der 1980er Jahre mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Karner deutete in diesem Zusammenhang auf das frühe wirtschaftliche Reformdrängen Gorbačevs hin. Im September 1986 beschloss das Politbüro zahlreiche Reformmaßnahmen. Unter anderem sollte der Landwirtschaft eine stärkere Rolle zukommen, Unternehmensleiter sollten verstärkt animiert werden, Eigenverantwortung zu übernehmen. Die Reformen blieben nicht ergebnislos (beispielsweise wuchs die Selbstständigkeit der Unternehmen), jedoch hatten sie sowohl für die Gesellschaft als auch den Staat enttäuschende Folgen. Die sowjetischen wirtschaftlichen Indizes zwischen 1989 und 1991 waren allesamt rückläufig: die industrielle Produktion sank stark ab, das BIP fiel zurück. Zwischen 1985 und 1991 erlebte die Sowjetunion einen allgemeinen Verfall, der schließlich zum wirtschaftlichen Bankrott führte. Karner betonte, dass die Gründe des wirtschaftlichen Zerfalls in erster Linie systemimmanent seien. Gorbačevs teils halbherzige oder oft wegen Widerstände orthodoxer Kreise nicht in vollem Umfang durchführbare Reformunternehmen beschleunigten den Zusammenbruch der Wirtschaft. Karner betonte, auch eine andersgeartete Politik hätte den Ausgang nicht anders gestalten können, den völligen Kollaps höchstens verlangsamen können. In der anschließenden Diskussion fragte Paul Gregory, ob man angesichts der systembedingten schlechten Ausgangslage der sowjetischen Planwirtschaft und ihres generell schlechten Zustandes und ihrer Wettbewerbsunfähigkeit mit den westlichen Wirtschaftsmodellen nicht die Fragestellung nicht umdrehen sollte. Die gängige Literatur konzentriere sich auf die Frage, warum die sowjetische Wirtschaft zusammenbrach, angebracht wäre ein Untersuchungsansatz, zu fragen, wie es möglich war, das Wirtschaftsmodell Planwirtschaft jahrzehntelang aufrecht zu erhalten. Ironisch auf den Punkt gebracht meinte Gregory, dass es erstaunlich sei, dass die gesetzten Wirtschaftsmaßnahmen einer Chemotherapie gleichkämen und man sich fragen müsse, warum diese so lange den Patienten am Leben erhielten. Andrej Zamoyski aus Minsk legte in seinen Ausführungen dar, dass der von Michail Gorbačev im Jahre 1985 initiierte Kampf gegen den Alkoholismus hohe Einnahmensverluste nach sich zog. Auch die Tschernobyl-Katastrophe kostete den sowjetischen Staat Milliarden von Rubel. Diese Kosten trugen wesentlich zur Verschärfung der ökonomischen Krise und zugleich zum Scheitern der eingeleiteten Reformen bei. Michail Prozumienščikov vom (Russischen Archiv der Neuesten Geschichte) stellte die verschiedenen Konzeptionen der wirtschaftlichen Reformen dar, die in den 1980er Jahren in der Sowjetunion diskutiert wurden. Sie lassen sich in zwei Gruppen aufteilen: konservative und radikale. Die Vertreter der konservativen Konzeptionen plädierten für Reformen innerhalb des bestehenden Wirtschaftssystems, die Befürworter der radikalen Reformen sprachen sich hingegen für grundlegenden Umbau des Wirtschatsystems aus. Die ab 1985 eingeleiteten Reformen waren zunächst konservativ, mit der Zeit wurden sie immer radikaler, ohne jedoch die sowjetische Wirtschaft vor dem Zerfall bewahrt zu haben. Paweł Kowal vom (Institut für Politische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften) widmete seinen Beitrag der Entstehung und Entwicklung des Oligarchen-Systems in der Endphase der Sowjetunion und in den Nachfolgestaaten. Er den sozialen Hintergrund eines „durchschnittlichen“ Oligarchen sowie die Voraussetzungen, die zur Entwicklung des Oligarchen-Systems führten (Zugang zur und der Transfer von Produktionsmitteln an einzelne Oligarchen). Er führte aus, dass das postsowjetische Oligarchen-System eine Folge des Zerfalls der Sowjetunion gewesen sei. Antoni Dudek (Jagiellonische Universität Krakau) führte aus, dass sich das Tempo des Wirtschaftswachstums nach einer kurzen Phase der Erholung 1985 bereits wieder verlangsamte. Zaghafte Reformbemühungen stießen immer wieder an die Strukturen eines ineffizienten Wirtschaftssystems und konservative Funktionäre, die nicht ganz zu Unrecht befürchteten, mit einer grundlegenden Wirtschaftsreform gerate das politische System ins Wanken. Mit tatsächlichen Reformen begann an der Jahreswende 1988/1989 erst das Kabinett Mieczysław Rakowski, indem unter anderem Vorschriften eingeführt wurden, die die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung garantierten und den Wirtschaftsaustausch mit dem Ausland liberalisierten. Wäre es kurz darauf nicht zum Zusammenbruch des politischen Systems gekommen, hätten Rakowskis Reformen zur Verwirklichung des sogenannten chinesischen Transformationsmodells führen können, also zur Einführung einer Marktwirtschaft bei gleichzeitiger Beibehaltung eines autoritären politischen Systems. Burkhard Olschowsky (Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität) wies in seinem Vortrag auf die Bedingungen der Arbeitskräfte-Knappheit und die Rechte der Werktätigen hin, die einerseits zu einer die paradoxe Ohnmacht der SED führte und auf der anderen Seite zu einer starken Stellung der Werktätigen. Besonders die Arbeiter an den Maschinen und Werkbänken haben diese Stellung benutzt, um sich unliebsamen Entscheidungen der Leitungsebene zu widersetzen oder Unmut zu artikulieren. Innerhalb des RGW besaß die DDR eine wirtschaftspolitische Sonderstellung vor allem aufgrund der Wirtschaftsbeziehungen zur Bundesrepublik, die die DDR im Rahmen des innerdeutschen Handels zum einen durch den Devisenzufluss privilegierte, zum anderen durch die Referenzgesellschaft Bundesrepublik mit ihrer politischen, kulturelle und wirtschaftlichen Attraktivität permanent herausforderte. Oldřich Tůma (Tschechische Akademie der Wissenschaften) machte deutlich, dass die ČSSR anders als etwa die DDR in den 1980er Jahren eine positive Handelsbilanz aufwies und im Ausland nicht so hoch verschuldet war. Ein wirtschaftlicher Kollaps war keineswegs abzusehen. Es herrschte zwar Wohnungsnot, aber es gab keinen eklatanten Mangel an Versorgungsgütern. Die tschechoslowakische Wirtschaft war Ende der 1960er und in den 1970er Jahren gewachsen, erst Anfang der 1980er setzte eine Phase der Rezession ein. Charakteristisch und traditionell war das Gefälle zwischen dem wohlhabenderen tschechischen und ärmeren slowakischen Teil des Landes. Nicht wenige Bevölkerungsgruppen gingen der Schwarzarbeit nach, um ihren Lebensstandard zu erhöhen. Symptomatisch für den Abstieg von einem vor 1938 weltweit führenden Maschinenbau-Betrieb hin zu einem durchschnittlichen Automobil-Großbetrieb ist die Historie von Škoda. Ein Unternehmen, das wie viele andere im Bereich des „Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ (RGW) den systemimmanenten Problemen der Planwirtschaft ausgesetzt war: schlechte Qualität der zugelieferten Teile, Produktionsstockungen und Lieferengpässen. Csaba Békés (Corvinius Universität Budapest) wies darauf hin, dass Ungarns kommunistische Partei den Anspruch hatte, dem chinesischen Reformmodell nachzufolgen. Die Absicht war die politische Sphäre weitgehend unverändert zu belassen, die ökonomische Sphäre hingegen auf die Marktwirtschaft in hohem Maße auszurichten. Die Reformbemühungen in Ungarn gehen auf das Jahr 1968 zurück und suchten unter den anderen realsozialistischen Ländern ihres gleichen, verursachten jedoch auch Widerstand in Sowjetunion und der eigenen Nomenklatura. Im Ergebnis stand ein Kompromiss, der mit erst durch weiterreichende Reformen Ende der 1970er Jahre abgelöst wurde. Ungarn litt in den 1980er Jahren ähnlich wie andere RGW-Länder mit einer wachsenden Verschuldung im Westen und sinkenden Erdölimporten aus der Sowjetunion. Ungarn hatte bereits vor 1989 seine Wirtschaft für westliches Kapital geöffnet, so dass der „Völkerherbst“ kaum eine ökonomische Zäsur für das Land bedeutete. Iskra Baeva (Kliment Ohrid Universität Sofia) schilderte in ihrem Beitrag die wirtschaftspolitische Position Bulgariens, die durch eine enge Anlehnung an die Sowjetunion gezeichnet war. Bulgarien profitierte insbesondere von den 1950er bis in die 1970er Jahre von den Rohstoffimporten und Krediten aus der UdSSR. Umgekehrt veräußerte Bulgarien ein Großteil seiner landwirtschaftlichen Produkte an die Sowjetunion. Im Laufe der 1970er Jahre nahm auch Bulgarien Kredite in westlichen Devisen auf, was das Land in ein durchaus prekäre Verschuldungssituation brachte – weniger aufgrund der schieren Höhe, sondern aufgrund des Mangels der bulgarischen Volkswirtschaft höhere Devisenerlöse durch Exporte in den „Westen“ zu erzielen. In der Amtszeit Michail Gorbatschow verlor Bulgarien seine privilegierte Stellung als „engster“ Verbündeter der Sowjetunion, auch aufgrund der rücksichtslosen Innenpolitik gegenüber der türkischen Volksgruppe in Bulgarien. Ab 1988 versuchte Bulgarien Wirtschaftsreformen zu unternehmen, die sich jedoch weder durch Zielgerichtetheit noch Effektivität auszeichneten und Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die sich verschlechternde ökonomische Situation hervorrief. Letzteres war das entscheidende Motiv für die Systemtransformation. Mark Kramer berichtete dass die rumänische Führung seit den späten 1960er Jahren auch aus (außen)politischen Gründen den wirtschaftlichen Austausch mit westlichen Ländern suchte. Rumänien exportierte vorwiegend landwirtschaftliche Produkte, aber seit den späten 1970er Jahren auch Industriegüter, die wiederum aus Betrieben stammten die ihrerseits viel Energie vergeudeten und ineffizient waren. Anders als andere RGW-Länder nahm es nicht im großen Stil Kredite bei westlichen Staaten auf. Dennoch steuerte auch Rumänien in eine Verschuldungssituation, der die rumänische Führung unter N. Ceausescu mit einer rigiden Austeritätspolitik und drastischen Einschnitten beim Lebensstandard begegnete, was letztlich zu einer sozioökonomischen Unzufriedenheit der Bevölkerung beitrug, die sich im Dezember 1989 gegen den Autokraten Ceausescu und in der gewaltsamen Revolution entlud. Bogdan Musial in seinem zweiten Konferenzbeitrag referierte über die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Westdeutschland und der Sowjetunion ab Mitte der 1950er Jahre. Er führte aus, dass Kreml große Hoffnungen auf diese Zusammenarbeit gesetzt habe. Mit westdeutschen Technologien hoffte die sowjetische Führung die rückständige sowjetische Industrie und Infrastruktur zu modernisieren sowie die enormen Rohstoffvorkommen zu erschließen. Die sowjetische Führung habe jedoch das Potential der westdeutschen Wirtschaft überschätzt, so dass die sehr ehrgeizigen Pläne nur teilweise umgesetzt werden konnten. Manfred Wilke aus Berlin referierte über den Osthandel der Bundesrepublik Deutschland und die ökonomischen Krisen im Ostblock. Wilke argumentierte dabei: „Die Schaltstelle für den Osthandel war nicht die Regierung der Bundesrepublik, sondern der der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft“, die Anfang der fünfziger Jahre gegründet wurde. In seinem Beitrag konzentrierte sich Wilke auf die wirtschaftliche Kooperation der BRD mit der DDR (die von der westdeutschen Regierung als innerdeutschen Handel behandelt wurde) sowie mit der UdSSR. Hierbei ging er auf die Großrohrgeschäfte der westdeutschen Industrie mit der Sowjetunion ein, d.h. die Lieferung von Großrohren für den Aufbau von Erdöl- und Erdgas-Pipelines in der Sowjetunion. Wilke verwies auch auf die wachsende Verschuldung der DDR, die letztendlich zum wirtschaftlichen und anschließend politischen Zusammenbruch führte. Axel Lebahn aus Göttingen (ehemaliger Mitarbeiter der Deutschen Bank) berichtete über das Geschehen hinter den Kulissen bei den westdeutsch-sowjetischen Verhandlungen über den Bau der Jamal-Pipeline in den 1980er Jahren. Er vermittelte detailierte Einblicke in diese Verhandlungen, unterstrich die großen Hoffnungen, die die damalige sowjetische Führung mit diesem Projekt verbanden. Mark Kramer unterschied die Embargopolitik der USA und Westeuropas dahingehend, dass die USA in den Dekaden des Kalten Krieges eine weitaus härtere Position einnahmen als die europäischen Verbündeten, die fallweise versuchten ins Geschäft mit der Sowjetunion zu kommen. Diese waren abhängiger als die USA von Rohstoffen, aber auch Lebensmitteln. Die US-Administration nahm die Haltung einiger europäischer Staaten ernst, insbesondere wenn diese wie Frankreich und Italien über zwei große kommunistische Parteien verfügten. Die USA erreichten immerhin, dass alle westeuropäischen Länder außer Island der Cocom (Coordinating Committee on Multilateral Export Controls) beitraten. Mit dem Erscheinen Gorbatschows auf der politischen Bühne nahm die Embargopolitik ab und hörte 1989 gänzlich auf. Serhii Plokhy (Harvard University) thematisierte in seinem Vortrag die Wirtschaftshilfe der Bush-Administration in den letzten beiden Jahren der Sowjetunion (1990/91). Warum kein neuer Marshallplan realisiert wurde, kann heute anhand von Akten noch nicht beantwortet werden. So kam in Washington nur eine kleine humanitäre Hilfe zustande, aus der Sicht der Amerikaner ausreichend, um in der Sowjetunion einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Im Oktober 1991 verhandelte USAußenminister James Baker mit Gorbatschow über eine weitere Wirtschaftshilfe. Allein für die Nahrungsmittelversorgung mussten 1,5 Mrd. Dollar aufgestellt werden, um Missernten und Hunger zu vermeiden. Baker sagte eine Wirtschaftshilfe für die Sowjetrepubliken zu, die allerdings ebenso nicht groß anberaumt sein konnte, da die USA im Herbst 1991 selbst eine Rezession erlebten und ergo keine großen Finanzmittel locker machen konnten. Antony Kemp-Welch und Graham Harris (beide University of East Anglia) wiesen darauf hin, dass Großbritannien möglichst multilateral und gemeinsam mit anderen westlichen Verbündeten z.B. politisch gegenüber Polen 1980–82 auftrat. Mit der Einführung des Kriegsrechts in Polen im Dezember 1981 zeigte sich diese Haltung in einer britischen Sanktionspolitik, die weniger der Sowjetunion und ihren Verbündeten schaden, als vielmehr bündnispolitische Geschlossenheit gegenüber den osteuropäischen Machthabern demonstrieren und die Unterdrückung der Solidarność symbolisch verurteilen wollte. Ralf Ahrens (Zentrum für Zeithistorische Forschung) wies in der Abschlussdiskussion auf die begrenzte Erklärungskraft außenwirtschaftlicher Modelle hin, die ganz auf die Verschuldungssituation abstellen. Produktiver seien hingegen akteursbezogene Ansätze, die die Entwicklungen in den einzelnen Volkswirtschaften und in den Betrieben genauer in den Blick nehmen. Mark Kramer betonte die stetige Herausforderung durch die erfolgreicheren Marktwirtschaften, die den planwirtschaftlichen Reformern die Spielräume verengten. Das Ende des Kommunismus in Osteuropa wurde paradoxerweise durch eine Bewegung wie Solidarność eingeleitet, die in ihren Ursprüngen sozialistisch, egalitären Vorstellungen von einer Wirtschaftsordnung anhing, diese aber durch ihr Wirken zunehmend selbst in Frage stelle und 1989 einer Marktwirtschaft mit all ihren unangenehmen Seiten realistisch und alternativ ansah.