Die Entwicklung in Osteuropa und die Spaltung Europas

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GK 13 Ge
Die Teilung Europas
Kra,
Als der Krieg zu Ende war: Ausgangslage nach 1945
Im Frühjahr 1945 war die Anti-Hitler-Koalition am Ziel. Der Zweite Weltkrieg in Europa war beendet. Das nationalsozialistische Deutschland war besiegt und bedingungslos dem Willen der Sieger unterworfen.
Ein Ergebnis des Krieges war, dass die europäische Vorherrschaft und Führungsrolle in der Welt verloren gegangen war. Die beiden europäischen Mächte Großbritannien und Frankreich gehörten zwar zur Gruppe der Sieger,
waren aber in ihrer Machtstellung angeschlagen und geschwächt. Nicht nur, dass sie auf politische wie wirtschaftliche Hilfe und Unterstützung durch die USA angewiesen waren; sie verloren im Rahmen der Neuordnung
der Welt auch ihre Kolonialreiche. Die USA und die Sowjetunion gingen als dominierende zukünftige Weltmächte
gestärkt aus diesem Krieg hervor, allerdings unter verschiedenen Vorzeichen.
Die USA hatten den Krieg ohne Zerstörung im eigenen Lande überstanden und waren zur stärksten Wirtschaftsmacht aufgestiegen. So kam aus ihrer Sicht der Forderung nach freiem Zugang zu den Weltmärkten eine
besondere Bedeutung zu. Den amerikanischen Politkern war bewusst, dass nach dem Wandel der bislang vor
allem von europäischen Großmächten beherrschten internationalen Ordnung kein Machtvakuum in Europa entstehen durfte.
Die Sowjetunion hatte besonders unter dem Krieg gelitten und die höchsten Verluste gehabt. Das Land war vor allem in den industrialisierten Gebieten im Westen Kriegsschauplatz gewesen und lag nun weitgehend zerstört da.
Andererseits war die Sowjetunion aufgrund ihrer militärischen Erfolge zu einer Weltmacht aufgestiegen. Mit dem
Kriegsende verband man die Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung durch Reparationszahlungen des besiegten
Deutschlands und finanzielle Hilfen aus den USA. Darüber hinaus war die Sowjetunion bestrebt das eigene
Staatsgebiet durch einen Schutzgürtel abhängiger Staaten in Osteuropa, Mittelasien und Fernost abzusichern. Dieses Bestreben war Ausdruck eines ausgeprägten Sicherheitsbedürfnisses, basierend auf der Erfahrung des HitlerÜberfalls und der ökonomischen Schwäche der Sowjetunion bei Kriegsende. Umringt von kapitalistischen Staaten
fürchtete man Aktivitäten zur Beseitigung des Sozialismus und wollte dieser Gefahr wirksam begegnen.
Die Entwicklung in Osteuropa und die Spaltung Europas
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Sowjetische Satellitenstaaten
Eine Einflusszone für die Sowjetunion. Nach dem Sieg in Stalingrad (Februar 1943) drangen die
Truppen der UdSSR rasch nach Mitteleuropa vor. Vor diesem Hintergrund verlangte Stalin in den
Konferenzen mit den Westalliierten nicht nur die Westverschiebung Polens, sondern auch Einfluss auf
mitteleuropäische Staaten, die einen Schutzgürtel für die Sowjetunion bilden sollten. Die westlichen
Alliierten duldeten einen sowjetischen Einflussbereich, gingen dabei jedoch davon aus, dass Finnland,
Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien und Griechenland ihre
Selbstständigkeit behalten und demokratisch regiert werden sollten.
Während des Krieges hatten sich in Moskau kommunistische Gruppen gesammelt, die in Parteischulen auf
ihre zukünftige Verwendung in den Heimatländern vorbereitet wurden. Diese Funktionäre gingen nun unter
dem Schutz der Besatzungsmacht daran, die kommunistische Herrschaft aufzubauen. In den befreiten
Ländern kamen die Politiker für einen demokratischen Neubeginn meist aus Widerstandsgruppen im
Untergrund. Nicht selten trafen sie in der Bevölkerung auf historische Vorbehalte gegenüber einer
russischen Vorherrschaft. Die Kommunisten gingen deshalb daran, den Sozialismus nicht über eine
Revolution durchzusetzen, sondern auf indirektem Wege.
Die Einrichtung von Volksdemokratien. Zunächst bildete die Sowjetunion für den Wiederaufbau
Regierungen der „Nationalen Front“. Ihnen gehörten neben Kommunisten auch demokratische Parteien an.
Kommunistische Funktionäre hatten in diesen Regierungen meist gar nicht die Mehrheit inne; sie erhielten
aber Schlüsselpositionen: das Innenministerium mit der Aufsicht über die Verwaltung und die Polizei, die
Ministerien für Erziehung, Justiz, Information und Landwirtschaft. Diese erste Phase wurde als
„antifaschistisch-demokratische Blockpolitik“ bezeichnet. Die Frontstellung gegen das amerikanische
Bestreben, den Einfluss der Kommunisten in Mittel- und Osteuropa einzudämmen, brachte auch eine
Wende in der sowjetischen Politik gegenüber den Satellitenstaaten: Sie sollte das kommunistische
Machtmonopol direkt durchsetzen. Demokratische Politiker wurden zunehmend als Faschisten verleumdet,
verfolgt und eingesperrt. Wichtige Positionen in der Wirtschaft kamen in die Hand der Kommunisten.
Sozialdemokratische Parteien mussten sich mit der kommunistischen Partei zusammenschließen. Am
Ende hatten die Kommunisten die Macht allein in der Hand. Die von der Sowjetunion abhängigen Staaten
wurden zu Volksdemokratien.
Europa wird in zwei Lager geteilt
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Ein Damm gegen den Kommunismus? Seit Frühjahr 1947 regierten die Kommunisten in Polen. In der
Tschechoslowakei waren die Kommunisten stärkste Partei in einer Koalitionsregierung mit den Sozialisten
und Bürgerlichen. In Ungarn, Bulgarien und Rumänien wurde die demokratische Opposition durch
Verhaftungen und Prozesse beseitigt. Einzig Finnland, das aber außenpolitisch von der Sowjetunion
abhängig war, und Jugoslawien konnten noch selbst über ihre inneren Verhältnisse bestimmen. Darüber
hinaus erhob die Sowjetunion Anspruch auf türkische Grenzgebiete und die Mitkontrolle der Meerengen. In
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Griechenland brach, unterstützt von kommunistischen Gruppierungen, ein Bürgerkrieg aus. Schließlich
deutete sich an, dass der Sieg der Kommunisten in China nicht mehr aufzuhalten war.
Unter dem Einfluss des neuen amerikanischen Außenministers George C. Marshall gingen die
Westmächte zu einer Politik der Eindämmung (containment) des sowjetischen Einflusses in Europa über –
nicht zuletzt ging es dabei auch um Deutschland.
Truman-Doktrin und Marshall-Plan. In einer Botschaft vor dem amerikanischen Kongress verkündete
Präsident Truman die Bereitschaft der USA, „die freien Völker zu unterstützen, die sich der Unterwerfung
durch bewaffnete Minderheiten oder durch Druck von außen widersetzen“. Die Demokratie konnte nur
gestärkt werden, wenn es gelang, die wirtschaftliche Not zu beheben; deshalb sollte Europa beim
Wiederaufbau geholfen werden.
Am 5. Juni 1947 verkündete US-Außenminister George C. Marshall ein Hilfsprogramm für Europa
(Marshall-Plan, European Recovery Program). Alle Staaten, auch die Sowjetunion, wurden eingeladen,
sich an dieser von den USA finanzierten Hilfe für die europäische Wirtschaft zu beteiligen. Die Sowjetunion
lehnte das Angebot ab und zwang die ostmitteleuropäischen Staaten, die bereits zugesagt hatten,
ebenfalls fernzubleiben. Auch Finnland und Jugoslawien konnten sich nicht beteiligen.
Die USA machten für die Vergabe der Hilfsmittel zur Bedingung, dass die beteiligten Staaten die nationalen
Wiederaufbauprogramme miteinander abstimmten.
Die Zusammenfassung des kommunistischen Lagers. Stalin reagierte auf den Marshall-Plan mit einer
stärkeren Kontrolle aller kommunistischen Parteien. Sie mussten sich dem Kominform (Kommunistisches
Informationsbüro) anschließen, das im September 1947 gegründet wurde. Auch die Tschechoslowakei
wurde jetzt in den Gürtel der Volksdemokratien einbezogen. Staatspräsident Benesch musste sich dem
Druck gesteuerter Demonstrationen beugen und die Vertreter der bürgerlichen Parteien aus der bereits von
dem Kommunisten Klement Gottwald geführten Regierung entlassen.
aus: Cornelissen, J. u.a.: Geschichte Bd. 4, München 1998, S. 158-161.
Q1 Die „Truman-Doktrin“
12. März 1947 – Der amerikanische Präsident Truman hält aus einem aktuellen politischen Anlass eine historisch
bedeutsame Rede vor beiden Häusern des amerikanischen Kongresses. Sie spiegelt die zukünftig gültigen Leitlinien
amerikanischer Außenpolitik.
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Zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Weltgeschichte muss fast jede Nation zwischen alternativen
Lebensformen wählen. Nur zu oft ist diese Wahl nicht frei.
Die eine Lebensform gründet sich auf den Willen der Mehrheit und ist gekennzeichnet durch freie
Institutionen, repräsentative Regierungsform, freie Wahlen, Garantien für die persönliche Freiheit, Redeund Religionsfreiheit und Freiheit von politischer Unterdrückung.
Die andere Lebensform gründet sich auf den Willen einer Minderheit, den diese der Mehrheit gewaltsam
aufzwingt. Sie stützt sich auf Terror und Unterdrückung, auf die Zensur von Presse und Rundfunk, auf
manipulierte Wahlen und auf den Entzug der persönlichen Freiheiten.
Ich glaube, es muss die Politik der Vereinigten Staaten sein, freien Völkern beizustehen, die sich der
angestrebten Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch äußeren Druck widersetzen. Ich
glaube, wir müssen allen freien Völkern helfen, damit sie ihre Geschicke auf ihre Weise selbst bestimmen
können. Unter einem solchen Beistand verstehe ich vor allem wirtschaftliche und finanzielle Hilfe, die die
Grundlage für wirtschaftliche Stabilität und geordnete politische Verhältnisse bildet.
Die Welt ist nicht statisch und der status quo ist nicht heilig. Aber wir können keine Veränderungen des
status quo erlauben, die durch Zwangsmethoden oder Tricks wie der politischen Infiltration unter
Verletzung der Charta der Vereinten Nationen erfolgen. Wenn sie freien und unabhängigen Nationen
helfen, ihre Freiheit zu bewahren, verwirklichen die Vereinigten Staaten die Prinzipien der Vereinten
Nationen [...].
Die freien Völker der Welt rechnen auf unsere Unterstützung in ihrem Kampf um die Freiheit. Wenn wir in
unserer Führungsrolle zaudern, gefährden wir den Frieden der Welt — und wir schaden mit Sicherheit der
Wohlfahrt unserer eigenen Nation [...]. Die Vereinigten Staaten haben von der Regierung Griechenlands
einen dringenden Appell um finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung erhalten [...]. Griechenland muss,
wenn es eine sich selbst genügende und sich selbst achtende Demokratie werden soll, Hilfe erhalten.
Diese Hilfe müssen die Vereinigten Staaten geben [...]. Griechenlands Nachbar, die Türkei, verdient unsere
Aufmerksamkeit. Die Zukunft der Türkei als unabhängiger und wirtschaftlich gesunder Staat ist nicht von
geringerer Bedeutung für die friedensliebenden Völker der Welt als die Zukunft Griechenlands [...]. Ich bin
der Ansicht, dass wir den freien Völkern beistehen müssen, ihr eigenes Geschick auf ihre Weise zu
bestimmen.
Ich glaube, dass unser Beistand in erster Linie in Form von wirtschaftlicher und finanzieller Hilfe gewährt
werden sollte, eine Hilfe, die wesentlich ist für die wirtschaftliche Stabilität und ordnungsgemäße politische
Entwicklung.
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