Faszien - Neuste Erkenntnisse der Faszienforschung

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Faszien (Bindegewebe)
Neuste Erkenntnisse der Faszienforschung mit Umsetzung zum therapeutischen
Nutzen
Bindegewebe verbindet, wie der Name bereits vermuten lässt, alle Gewebe im Körper miteinander.
In der Osteopathie wird das Bindegewebe als fasziales System beschrieben und Faszien genannt.
Die Faszien wurden bisher immer als Füllmaterial des Körpers angesehen. In der Medizin wird den
Studenten beigebracht zuerst das Bindegewebe zu entfernen, um eine freie Sicht auf die Organe und
Muskulatur zu erlangen. Nur einige wenige Strukturen im Körper werden in der Schulmedizin als
Faszien bezeichnet. Hier findet man z.B. am äußeren Oberschenkel die Faszia lata, am Fuß die Faszia
plantaris oder am unteren Rücken die Faszia thorakolumbalis (untere Rückenfaszie).
Erst vor einigen Jahren wurden die Untersuchungsverfahren derart verfeinert, dass das
Fasziensystem genauer untersucht werden konnte. Man fand heraus, dass das Fasziensystem mit
Nichten nur ein Füllmaterial ist, sondern große Bedeutung für den Körper hat.
Die Bedeutung der Faszien wurden erstmals 2007 auf dem ersten internationalen Faszienkongress
vorgestellt und sorgte für Aufmerksamkeit. Ab diesem Zeitpunkt wurde viel in diesem Bereich
geforscht und es entstehen immer mehr ernstzunehmende Studien.
Dem französische Arzt, Dr. Jean-Claude Guimberteau, gelangen faszinierende Aufnahmen am
lebenden, menschlichen Körper. Hier war zu erkennen, dass das Fasziensystem ein
Flüssigkeitssystem ist, welches in seiner Funktion von den Flüssigkeitseigenschaften abhängig ist.
Hier finden Sie einen Link zu den Untersuchungen von von Dr. Guimberteau.
Faszien und Gesundheit
Eine Verquellung bzw. Entquellung des Gewebekolloids (Eiweiße in der Grundsubstanz der Faszien)
wird durch das vegetative Nervensystem gesteuert.
Eine erhöhte Spannung des Sympatikusnervs verringert den Durchfluss der arterio-venösen
Verbindungen. Die Endstrombahnen werden dadurch nicht mehr völlig durchströmt. Es folgt ein
Sauerstoffmangel (Hypoxie) im Gewebe. Durch die Änderung des pH-Wertes geht das Kolloid von
einem flüssigen (solartigen) Zustand in ein gelartigen Zustand über (A. Pischinger; Das System der
Grundregulation S.115; Haug Verlag 1998).
Dieser gelartige Zustand verschlechtert deutlich die elastischen Eigenschaften des Fasziensystems.
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Auswirkung auf die Gesundheit
Stellt man sich das Fasziensystem als eine netzartige Struktur vor, ist es so, dass alle Gefäße
(Arterien, Venen und Lymphgefäße), sowie die Nervenfasern des peripheren- und autonomen NS
durch dieses Netz ziehen. Kein Gefäß dockt direkt an eine Zelle (Muskelzelle oder andere
Gewebezelle) an. Der Stoffwechsel geht durch die Grundsubstanz der Faszien, dem sogenannten
Pischinger Raum.
Ist nun die Grundsubstanz der Faszien aus verschiedenen Gründen überlastet und geht von einer Sol
in einen Gelzustand über, kann man sich vorstellen, dass die Mikrozirkulation in dem betroffenen
Bereich nicht mehr optimal ist.
Hier kommt es dann zu verschiedensten Problemen:
1. Venös / lymphatisch
Ist der venöse Rückfluss gestört, können die Schlackenstoffe nicht abtransportiert werden.
Das Gewebe verschlackt zunehmend.
Durch den gestörten Rückfluss führen die Gewebe mehr venöses Blut und werden dicker, da
sie sich wie ein Schwamm vollsaugen. Dadurch kommt es zu biomechanischen Problemen, da
die dickeren Gewebe zum Teil durch festere Logen durchmüssen und ggf. einklemmen
können oder gedrückt werden. Dies verursacht Bewegungseinschränkungen und Schmerzen .
2. Arteriell
Ist der venöse Abfluss gestört, so ist der arterielle Zufluss ebenfalls behindert. Im
Arteriensystem sind aber die Stoffe gebunden, die Geweberegeneration machen
(Fibroblasten, Fibroklasten), sowie Stoffe die entzündungshemmend wirken (Cortisol).
Dies schränkt die Selbstheilung (Autoregulation) des Körpers stark ein.
Des Weiteren ist eine ggf. medikamentöse Behandlung schlechter, da sich durch diese
Prozesse die Einschwämmrate verringert.
3. Druckempfindlichkeit der Gewebe
In der Grundsubstanz liegen zahlreiche Schmerzfasern, die durch die zunehmende
Gewebeverschlackung sensibler werden. Durch die gelartige Konsistenz kann das Gewebe
weniger nachgeben und überträgt den Reiz schneller an die Schmerzfasern. Hierdurch
kommt es zu einer verstärkten Druckempfindlichkeit im Gewebe.
4. Faszienverklebung / -verfilzung
Fibrinogen (ein Blutgerinnungsfaktor) liegt in der Lymphe als gelöste Substanz vor. Ist nun
der lymphatische Abfluss gestört, kann das Fibrinogen sich im Gewebe anreichern. Durch
andere Stoffe wird das Fibrinogen zu Fibrin. Fibrin ist unser körpereigene Klebstoff. Die
Fibringerinnung verklebt die Faszienstrukturen intensiv miteinander.
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Faszien und Sport
Die Forschergruppe um Robert Schleip, an der Universität Ulm zeigte, dass das Fasziensystem viel
mehr Druck-, Vibrations- und Stellungsrezeptoren enthält als die Gelenkkapseln. Früher ging man
davon aus, dass die Gelenkstellung nur über die Rezeptoren der Gelenkkapsel wahrgenommen wird.
Heute weiß man, dass dies wesentlich stärker über das Fasziensystem geschieht und dass die
Gelenkkapselrezeptoren erst bei extremen Gelenkpositionen Stellungsinformationen melden (Luc et
al 1985).
Das Fasziensystem dient dem Körper als Energiespeicher. So werden federnde Bewegungen, wie sie
z.B. beim Joggen vorkommen, nicht nur über die Muskulatur bewerkstelligt. Vielmehr werden die
Bewegungsimpulse in den Faszien gespeichert, indem sie vorgedehnt werden, um sich dann wieder
zusammenzuziehen. Dadurch wird die geladene Energie entladen und die Bewegung beschleunigt,
ohne dass dabei der Muskel selbst seine Länge stark verändern muss. Die Forscher sprechen hier von
einem Katapulteffekt. Untersucht wurde dies an Kängurus, die viel weiter springen können, als man
durch ihre eigene Muskelkontraktion erklären könnte.
Bei sportlichen Bewegungen, wie z.B. Fahrrad fahren ist das nicht so. Hier verändert sich die
Muskellänge, die Faszien bleiben aber eher starr und übertragen die Kraft der Muskeln auf die
Gelenke.
Sawicki et al. 2009 konnte belegen, dass die kinetische Speicherenergie der menschlichen Beinfaszien
denen von Gazellen in nichts nachstehen, diese zum Teil sogar übertreffen. Ausschlaggebend ist das
Flüssigkeitssystem in den Faszien. Verliert das System an Flüssigkeit, werden die dynamischen
Fähigkeiten reduziert. Dies wird im Sport auffällig, da der Sportler unfähiger wird die Bewegungen
leise und federnd durchzuführen, sondern z.B. beim joggen mit einem vermehrten „Platschen“
aufkommt. Eine kurze Laufpause, in der der Jogger nur läuft, rehydriert das System und bringt den
Jogger wieder in die Lage zurück geschmeidige Bewegungen durchzuführen.
Die netzartige Kollagenstruktur reagiert auf sportliche Belastung hinsichtlich seines strukturellen
Aufbaus. Bewegungsmangel führt zu Verfilzungen der netzartigen Struktur, mit einer Aufhebung der
Wellung der einzelnen Fasern.
Dies hat Einfluss auf die Elastizität und dynamischen Eigenschaften, sowie auf regenerative Prozesse.
Wie trainiert man nun das Fasziensystem
Trainingsprinzipien:
1. Bewegungen, bei denen das Fasziensystem gespannt und wieder entspannt wird. Wir nennen das
laden und entladen des Fasziensystems
2. Dehnung in langen Muskelketten. Tomas Myers konnte zeigen, dass Muskeln nicht isoliert
arbeiten, sondern in langen Ketten verlaufen. Hier können Sie seine Erkenntnisse einsehen.
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3. Federnde Bewegungen kräftigen vermehrt das Fasziensystem. Rhytmische , gleichförmige
Bewegungen kräftigen mehr das Muskelsystem. Das bedeutet, leises Springen oder Hüpfen
trainiert die Faszien, Radfahren und Schwimmen trainiert die Muskulatur
4. Körperwahrnehmungsübungen sind wichtig um die „blinden“ Sensoren wieder zu
aktivieren. Das bedeutet mit langsamen Bewegungen in Bewegungsbereiche
vordringen, die Sie schon lange nicht mehr genutzt habe. Dies kann durch Microbewegungen
gemacht werden. Mikrobewegungen sind aktive, lokale Muskelkontraktionen, die tief im inneren
vergessene Fasern reaktivieren können. „Erblindete Regionen“, welche mit Verlust von
Bewegung und Körperwahrnehmung einhergehen, können durch Mikrobewegungen stimuliert
werden. In der gesunden Faszie ist die Beschaffenheit der Matrix, also die stoffliche
Zusammensetzung im ständigen Wandel und ständig in Bewegung. Sie steht unmittelbar im
Austausch mit jeder Körperzelle.
Dieser innere Ozean kann aber durch folgende Ursachen aus dem Gleichgewicht kommen:

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


Fehlernährung
Traumata (Verletzungen, Stöße, Unfälle, Operationen etc.)
Entzündungen
Erschöpfung
Stress
Tritt dies ein, dann ist der Stoffwechsel im Kern getroffen.
Ist der Körper gesund, dann unterliegt er den Gezeiten und Gesetzen von Wasser, und ist im
Fluss.
5. Do it yourself – Release Technik
Fasziale Releastechniken sind Techniken, die mit schmelzendem Druck ausgeführt werden,
um die Durchfeuchtung der Gewebe wieder anzuregen und die Flüssigkeiten in den verfilzten
Bindegewebsfasern wieder einströmen zu lassen. Dadurch kommen Stoffe wie die
Fibroblasten und Fibroklasten wieder in das defekte Gewebe zurück, um dies zu erneuern.
Bei den Release Techniken werden die Patienten selbst aktiv. Bestimmte Geräte wie
Schaumstoffrollen und Bälle ersetzen den Druck der Therapeutenhand und können ähnliche
Wirkungen erzeugen wie eine manuelle Behandlung.
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Wichtig bei der Durchführung sind folgende Punkte.
 Langsame Bewegungen
 Hineinschmelzen in den Schmerzpunkt
 Verbleiben auf einem Schmerzpunkt mit leichten kreisenden Bewegungen
 Weiterbewegen im Verlauf der schmerzenden Faszie in kleinen wechselnden Winkeln
Eine Faustregel ist: Ein Wohlfühlschmerz ist in Ordnung. Zu starker Schmerz ist zu meiden.
Schleip und Klinger konnten 2007 belegen, dass unter dem Druck einer Dehnung zum Beispiel
das Wasser aus den beanspruchten Geweben wie aus einem vollgesogenen Schwamm
ausgepresst wird. In einer folgenden Entspannungsphase strömt die Flüssigkeit wieder ein
und der „Schwamm“ saugt sich wieder voll. Dieses Gewebewasser kommt aus den
umliegenden Geweben, sowie aus den Gefäßnetzen und lymphatischen Netzwerken.
Ziel ist eine Rehydration des Gewebes. Die zu bevorzugten Bewegungen orientieren sich an
den ursprünglichen Wasserbewegungen. Diese sind kurvend, rotierend, spiralig und
undulierend (wellenförmig).
Anmerkungen:
1. Trainieren Sie Ihr Fasziensystem 2-3 x pro Woche mit einer Auswahl der verschiedenen Prinzipien
2. Vor dem Training die Muskulatur kurz aufwärmen. Hier eignet sich der Hampelmann oder eine
andere „Ganzkörper-zappel-methode“
3. Für die einzelnen Übungen reichen ein paar Minuten. Wechseln Sie die Übungen nach Belieben
ab. Falls Sie sowieso Sport treiben, integrieren Sie die Übungen in Ihren Sport
4. Geduld steht an oberster Stelle. Vertrauen Sie auf den Fortschritt mit kleinen Schritten. Nach
wenigen Monaten sind erste Erfolge spürbar
5. Versuchen Sie die Bewegungen immer noch ein bisschen geschmeidiger zu machen. Vermeiden
Sie Ablenkung, wie z.B. Fernsehen und zu mechanische Bewegungsabläufe.
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