Geheime Welt im Untergrund

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Geheime Welt im Untergrund: Mykorrhizen
Johannes Balas, Rita Kappert
Mykorrhizen sind eine Form der Symbiose von Pilzen und Pflanzen, bei der ein Pilz mit dem
Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt ist. Unterschieden werden fünf mutualistische
Mykorrhizen – die Ekto-, Ekt-Endo-, Endomykorrhiza, arbutoide Mykorrhiza, die ericoide
Mykorrhiza, arbuskuläre Mykorrhiza, und zwei antagonistische (Orchideen- und
monotropoider) Mykorrhizen (nach Smith & Read 1997). Grundlage der Verbindung ist der
Mutualismus als Form der Vergesellschaftung: also eine Wechselbeziehung zwischen
Lebewesen zweier Arten, aus der beide Partner Nutzen ziehen.
Mykorrhizapilze liefern der Pflanze Nährsalze und Wasser, sie erhalten ihrerseits einen Teil
der durch die Photosynthese der (grünen) Pflanzen erzeugten Assimilate. Der Anteil der
Primärproduktion, der an den Pilz weitergegeben wird, kann bis zu 20 % betragen. Etwa
90% der Landpflanzen sind zur Mykorrhizabildung befähigt, und etwa 6000 Pilzarten können
sich mit Pflanzen vergesellschaften. Nach Anderson und Domsch beträgt das Verhältnis
Pilze und Bakterien im Boden 80:20. Etwa 200 Arten von arbuskulärer Mykorrhiza sind
weltweit beschrieben. Alle Formen durchziehen mit pilzlichen Hyphen den Boden und
transportieren Nährstoffe und Wasser zu den Pflanzen. Im Gegensatz zu anderen
Bodenpilzen fehlen vielen Mykorrhizapilzen Enzyme, um komplexe Kohlenhydrate
abzubauen. Mykorrhizapilze verfügen über ein besonders großes Vermögen, Mineralstoffe
und Wasser aus dem Boden zu lösen. Ihre Aufgabe von Seiten der Pflanze betrachtet ist die
Verbesserung der Wasser-, Stickstoff- und Phosphat-Versorgung der „infizierten“ Pflanzen.
Gleichzeitig gibt die Mykorrhizierung einen gewissen Schutz vor Wurzelpathogenen und
oberirdischen Schädlingen, z.B. gegen Blattläuse oder Pilzinfektionen. Darüber hinaus
verbessern sie die die Trockenresistenz der Pflanzen.
Arbuskuläre Mykorrhiza
sie (kurz: VA-Mykorrhiza oder AM) ist die häufigste Form, und etwa bei 80% der
Landpflanzen vorkommend. Typisch für diese Art von Mykorrhiza sind die Bildung von
Arbuskeln, welche verzweigte, zarte Hyphen in Bäumchenform innerhalb der Wurzelzellen
sind. Manche bilden auch Vesikel – im Wurzelgewebe der Pflanze bilden sich dickwandige
Pilzzellen.
Ektomykorrhiza
Diese ist charakteristisch für viele Wälder der kalten und gemäßigten Zonen. Das Mycel
bildet einen dichten Mantel (Scheide) um junge, unverkorkte Wurzelenden. Diese schwellen
daraufhin keulig an und die Bildung von Wurzelhaaren ist unterdrückt. Die Pilzhyphen
wachsen in die Wurzelrinde ein, aber nicht in die Wurzelzellen, sondern bilden in
Extrazellularräumen ein Netzwerk, das den Nährstoffaustausch zwischen Pilz und Pflanze
erleichtert (Hartigsches Netz). Die Hyphen des Pilzes übernehmen die Aufgabe der
fehlenden Wurzelhaare. Diese reichen normalerweise bis weit in die Bodenmatrix hinein.
Mykorrhizen schützen die Baumwurzel vor Infektionen durch das Eindringen anderer
Bakterien oder Pilze. Ektomykorrhiza ist typisch für Bäume aus den Familien der Birken-,
Buchen-, Kiefern-, Weiden- und Rosengewächse und die Pilzpartner sind meist Ständerpilze
aus den Ordnungen Boletales (Dickröhrlingsartige ) und Agaricales (Champignonartige),
seltener Schlauchpilze.
Endomykorrhiza
Ein Teil der Hyphen des Pilzes dringt in die Zellen der Wurzelrinde des Pflanzenpartners ein
(überwiegend krautige Pflanzen - nur in seltenen Fällen Bäume). Ein Hyphennetz, das bei
der Ektomykorrhiza die Wurzel umgibt, fehlt hier. Innerhalb der Zelle bilden die Pilze eine Art
Haustorium aus. Dadurch können Nährstoffe und Wasser abgegeben und Kohlenhydrate
aufgenommen werden. Pflanzenarten folgender Familien stehen fast immer mit einem
Pilzpartner in Symbiose: Heidekraut-, Wintergrüngewächse und Orchideen. Die
symbiotischen Pilze sind zumeist Ständerpilze aus der Ordnung Tulasnellales, sowie deren
anamorphe Formen Rhizoctonia und Orcheomyces. Zumindest bei Orchideen ist diese Form
der Endomykorrhiza obligatorisch für ihre Entwicklung.
Ericoide Mykorrhiza
Bei den Strukturen steht die Ericoide Mykorrhiza zwischen arbuskulärer und Ektomykorrhiza:
Ericoide Mykorrhiza umhüllt die Wurzel einerseits mit einem lockeren Hyphengeflecht
(ähnlich wie die Ektomykorrhiza). Sie dringt aber auch in die einzelnen Zellen ein (ähnlich
wie die arbuskuläre Mykorrhiza). An Standorten der Heidekrautgewächse sind die
anorganischen Nährstoffe Stickstoff und Phosphor in Makromoleküle (Proteine, Chitin,
Nukleinsäuren) eingebaut. Gleichzeitig sind sie in schwer aufschließbaren Makromolekülen
wie Tanninen gebunden. Pilze der ericoiden Mykorrhiza können diese Aggregate abbauen
und die Nährstoffe aufschließen. Sie versorgen die Pflanzen auch mit Eisen und schützen
sie vor giftigen Metallen wie Aluminium, Zink und Kupfer (Filterfunktion). Diese Metalle sind
besonders mobil (und damit verfügbar) bei niedrigen Boden-pH-Werten.
Forschungsergebnis 1
Die Versuchsanlage bestand aus sieben unterschiedlichen Behandlungen, bei der
Einzelpilze Glomus mosseae, Glomus intraradices, Gigaspora rosea sowie eine
kommerzielle Pilzmischung „Symbivit“ als Inokulum dienten. Weiters wurden zwei
verschiedene Phosphordüngestufen ohne Mykorrhizierung angewandt. Zusätzliche
Varianten waren die Variante ohne Inokulation mit AM-Pilzen und ohne Phosphordüngung,
sie galten als Kontrollvariante. Weder durch Mykorrhizierung noch durch eine erhöhte PDüngung konnte der Gehalt an ätherischem Öl signifikant erhöht werden. Weiters konnten
auch keine signifikanten Erhöhungen der sekundären Pflanzenstoffe durch die
unterschiedlichen Behandlungen gemessen werden. Nach Inokulation mit der Pilzmischung
Symbivit sowie dem AM-Pilz Glomus mosseae konnte jedoch ein signifikant erhöhter Gehalt
an Gesamtphosphor in den Blättern nachgewiesen werden. (VÖTSCH 2008)
Forschungsergebnis 2
Diese Studie inkludierte medizinische Pflanzen Baldrian (Valeriana officinalis L.,
Valerianaceae), Salbei (Salvia officinalis L., Lamiaceae), Rotklee (Trifolium pratense L.,
Fabaceae) und Oregano (Origanum vulgare L., Lamiaceae). Die Anwendungen waren
Einzelbehandlungen mit Glomus mosseae und Glomus intraradices sowie Mixturen von 6
verschiedenen Glomus species. Außerdem eine Phosphor-Behandlung um zu sehen,
inwiefern ein Nährstoff-Effekt vorliegt, sowie eine direkte Interaktion auf Ertrag und
Biosynthese. Es zeigte sich, dass alle AM-Behandlungen die P-Versorgung verbesserten.
AM Behandlungen zeigten Effekte verschiedener Art: Die Biomasse-Zunahme im Rotklee, 2
Oregano-Genotypen und Baldrian zeigten Biomasse-Abnahme, Garten-Salbei zeigte keine
Effekte bei der Biomasse. Die pharmakologisch wertvollen Inhaltsstoffe schwankten
zwischen Zunahme und Null-Effekt. Zusammenfassend: Rotklee und Oregano reagierten
positiv bzgl. der Inhaltsstoffe, ebenso Baldrian, lediglich Salbei ohne Zunahme. Die separate
Phosphor-Zufuhr war nicht verantwortlich für diese Effekte. Insgesamt zeigte sich, dass die
AM-Behandlung positive Effekte erzielt. Trotzdem sind die Ergebnisse am jetzigen Status
nicht zu generalisieren. (NELL 2009)
Forschungsergebnis 3
Getestet wurden Tomaten in Reinkultur und Tomaten mit dem Mischpartner Porree. Bei
diesem Versuch handelte es sich um einen Glashausversuch, der als Rhizobox-System
angelegt wurde.
Die Pflanzen wurden über einen Zeitraum von sechs Wochen kultiviert und anschließend
hinsichtlich Fusariumbefall, Wurzelgewicht, Sprossgewicht und Sprosslänge untersucht.
Gleichzeitig wurden Wurzelproben entnommen und auf deren Mykorrhizierungsgrad
untersucht. Der zweite Aufgabenbereich bestand darin Wurzelexsudate auf deren Wirkung
gegen Fusarium oxysporum f. sp. lycopersici zu testen. Signifikante Ergebnisse gab es bei
den Sporenkeimtests. Hier konnte die Keimung von Fol Mikrokonidien in den Varianten
Tomate/Tomate mit Mykorrhiza, Tomate/Tomate mit Mykorrhiza und Fol, und Tomate/Porree
mit Mykorrhiza und Fol signifikant reduziert werden. Die Reduktion der
Mikrokonidienkeimung in der Variante Tomate/Porree wurde in Wurzelexsudaten des Porree
gemessen. In der Literatur finden sich unterschiedliche Ergebnisse bei Sporenkeimtests mit
Fol. Um den Auslöser dieser Reduktion zu finden bedarf es weiterer Studien. Möglicherweise
findet man Substanzen in den Wurzelexsudaten, die in Zukunft zur biologischen Kontrolle
eingesetzt werden können. (REICHL 2015)
Auch in unserem Versuch mit den Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) sind Mykorrhizen zur
Anwendung gekommen. In Torf („leeres“ Substrat) haben wir Rhodovit (gekauftes Substrat)
und selbst kultivierte Mykorrhizen aus dem Standort Am Sailer (Kärnten) gemischt. Die dort
gefundenen Heidelbeeren haben den gesündesten und widerstandsfähigsten Status. Die
Variante Torf mit Fichten-Hackschnitzeln ist mit Sicherheit auch inokuliert. Mehr zum Thema
im Frühjahr 2016.
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