Rede gegen den Krieg

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Rede gegen den Krieg
Berit Holzner
Eines der vorgeschobenen Argumente für den Krieg gegen den Irak ist, dass man
die Bevölkerung vom Diktator Hussein befreien will. Im Krieg gegen Afghanistan
waren es angeblich die Frauen, die befreit werden mussten. Dort gab es dann
Tausende von Toten; aber die Situation der Frauen hat sich kaum gebessert, auf
dem Land sogar verschlechtert. Auch der Krieg gegen den Irak könnte verheerende
Auswirkungen haben - im Irak, in Afghanistan, in anderen arabischen Ländern.
Die Auswirkungen des Kriegs im Irak sind ganz unmittelbar:
Bei einer Bombardierung werden Menschen getötet. Der Tod dieser Menschen wird
wissentlich und willentlich in Kauf genommen. In Kauf genommen wird auch die
Verseuchung des Grundwassers, die Zerstörung der Trinkwasservorräte und
erhöhte Krebsgefahr durch amerikanische und britische Waffen ebenso wie durch
die "Politik der verbrannten Erde" Saddam Husseins.
Und dies alles in einem Land, das zu den ärmsten der Welt zählt, in dem schon
heute die Kindersterblichkeit extrem hoch ist, in dem die Trinkwasser- und die
medizinische Versorgung aufgrund des Embargos unzureichend ist. Unbeachtet
bleibt auch, dass die häusliche Gewalt in Kriegszeiten ansteigt und danach noch
höher wird, als sie vorher schon war - so die Frauenbeauftragte des
Weltsicherheitsrats. Frauen und Kinder werden vergewaltigt, verletzt, getötet, denn
sie müssen mit traumatisierten Ehemännern, Vätern, Söhnen und Brüdern
zusammenleben. Dies gilt für irakische Frauen ebenso wie für amerikanische und
britische.
Der Krieg betrifft also nicht nur den Irak. Und die Destabilisierung der ganzen Region
ist zu befürchten. Erinnern wir uns an den Golfkrieg 1991. Die Algerierin Fatima
Mernissi schrieb damals über die Bombardierung Bagdads: "Meine Identität, mein
Gefühl jemand zu sein, der auf diesem Planeten weiß, wo er hingehört, ist
zerbrochen in den Stimmen der englischen Nachrichtensprecher, die über das
Zertreten der anderen jubelten. Und der andere war ich. In dieser Nacht habe ich
den Selbstschutzmechanismus verloren und meinen Glauben an die westliche Welt."
Diese Enttäuschung hat in Algerien sicher zu dem großen Zulauf zum
Fundamentalismus beigetragen. Und dies hatte spezielle Auswirkungen auf Frauen.
Fatima Mernissi nennt die Hinwendung zum Fundamentalismus eine Suche nach
Ersatzwürde - nur seien die Besiegten und Opfer die eigenen Frauen. Nach dem
Sieg der fundamentalistischen Partei FIS bei demokratischen Wahlen in Algerien
versank das Land in einen 10 - jährigen Bürgerkrieg, der von beiden Seiten mit
äußerster Brutalität geführt wurde. Die Situation der Frauen verschlechterte sich
eklatant und besonders die emanzipierten Frauen wurden terrorisiert und bedroht.
Mit dem Krieg gegen den Irak verhöhnt die US - Regierung die eigenen
proklamierten Werte: Demokratie, Freiheit und Menschenrechte. Der Krieg wird die
Enttäuschung, die Ohnmacht und Wut in den arabischen Länder noch vertiefen. Und
gerade das könnte eine weitere Solidarisierungswelle mit dem Fundamentalismus
auslösen.
Der Krieg muss sofort gestoppt werden!
 Er gefährdet die Arbeit ziviler Gruppen in allen arabischen Ländern, die Arbeit von
Feministinnen, die Arbeit von NGOs, die sich für Bildung, Menschenrechte,
Frauenrechte und Völkerverständigung einsetzen.
 Er gefährdet alle demokratischen Prozesse, die Annäherung zwischen Orient und
Okzident und die zwischen Männern und Frauen.
 Es wäre schrecklich, wenn er den Konflikt um Israel und Palästina verschärfen
würde.
 Er gefährdet den Dialog innerhalb der arabischen Welt.
 Er bedroht in seiner destabilisierenden Wirkung die Afghanischen Frauen, deren
Kampf um eine geschlechtergerechte Verfassung jetzt schon verzweifelt ist. Sie sind
noch immer der Willkür von Kriegsherren ausgesetzt, die vom Westen unterstützt
werden.
Deshalb muss jede auch nur indirekte Beteiligung Deutschlands am Irakkrieg
beendet werden! Stattdessen braucht der Irak sofortige humanitäre, psychologische
und medizinische Hilfe! Die mit ausländischen Geldern zerstörte irakische
Opposition muss wieder entstehen können. Auch die Frauen in Afghanistan fordern
und brauchen jetzt im Vorfeld der afghanischen Verfassungsgebung finanzielle und
ideelle Unterstützung!
Nicht den Kriegsherren darf die Macht gehören, sondern der Zivilgesellschaft weltweit!
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03.04.03
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