Erdbeben Für die immer wieder auftretenden Erdbeben mit teilweise katastrophalen Folgen suchten die Menschen seit je Erklärungen, die teilweise der Beobachtung der Natur, teilweise der Mythologie entstammten. 600 v. Chr. erklärte Thales von Milet, dass die Erde wie ein schaukelndes Schiff auf einem gigantischen Ozean schwämme. Von Aristoteles stammt die bis ins Mittelalter verbreitete Vorstellung, dass Winde und Stürme in unterirdischen Höhlen und Klüften wüteten und so Erdbeben verursachten. Später, mit Verbreitung der Elektrizität, kam das Bild von gewitterähnlichen Entladungen im Untergrund auf. Aus der antiken Mythologie stammen Figuren wie Atlas, Prometheus oder Poseidon, die alle für die bebende Erde verantwortlich gemacht wurden. Im Mittelalter war dann häufig ein Drache oder ein riesenhaftes Tier (Wels, Elefant, Schwein, Schildkröte, u. a.) Auslöser der unheimlichen Erschütterungen. Heute wissen wir recht viel über die Entstehung von Erdbeben, da sie sich gut in die allgemein akzeptierte Vorstellung unserer Erde mit den sie gestaltenden Kräften, insbesondere der Plattentektonik, einfügen. Vergleicht man eine tektonische Karte der Erde mit einer Erdbebenkarte, erkennt man schnell einen Zusammenhang zwischen den Strukturen der Erdkruste und der Erdbebenverbreitung. Erdbeben sind somit Belege aktiver Tektonik und helfen Wissenschaftlern über die Analyse der das gesamte Erdgeoid durchlaufenden Erdbebenwellen, den Aufbau der Erde zu verstehen. Die Erdkruste besteht aus mehreren großen Lithosphärenplatten sowie einer Vielzahl kleinerer Bruchstücke. Diese Platten bewegen sich, angetrieben durch Konvektionsströme im Erdmantel, auf der Asthenosphäre in Größenordnungen von wenigen Zentimetern im Jahr. Dabei stoßen sie zusammen (konvergieren), entfernen sich voneinander (divergieren) oder bewegen sich aneinander vorbei (Transformstörung). Durch die Reibung der Gesteinsmassen bauen sich innerhalb der Erdkruste fortwährend enorme Spannungen auf, die sich im Moment eines Bruchs in Erschütterungen entladen, die sich wellenförmig vom so genannten Hypozentrum, dem Erdbebenherd, ausbreiten. Im Epizentrum, dem senkrecht über dem Hypozentrum gelegenen Punkt auf der Erdoberfläche, treten diese Erdbebenwellen zuerst und mit der größten Energie an die Oberfläche, sodass hier meist der größte Schaden entsteht. An den Brüchen kommt es zu Verwerfungen, die je nach Stärke an der Erdoberfläche mehr oder weniger stark erkennbar werden. Man unterscheidet bei vertikalen Bewegungen Aufund Abschiebungen, horizontale Bewegungen bezeichnet man als Horizontal- oder auch Blattverschiebungen. Diese Verschiebungen müssen nicht ruckartig, sondern können auch sehr langsam, kriechend, vor sich gehen. An der San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien kommen beispielsweise sowohl kriechende, als auch ruckartige Bewegungen vor. Die mit der Plattentektonik zu erklärenden Beben bezeichnet man als tektonische Beben. Sie machen den Großteil der weltweit auftretenden Erdbeben aus und treten an den Randbereichen der tektonischen Platten auf. Vulkanische Beben stehen im Zusammenhang mit aktivem Vulkanismus; Einsturzbeben werden beispielsweise durch den Einsturz von Höhlen, insbesondere in Karstgebieten ("Karstbeben") oder als indizierte Beben in Bergbaugebieten durch Absenkungen ausgelöst. Auch durch unterirdische Atomwaffentests oder durch die Füllung von Staubecken, der damit stark erhöhten Auflast des Untergrundes und einer Veränderung des Porenwasserdrucks im Untergrund, kommt es zu Erdbeben. Die bei all diesen Beben freigesetzten Energien sind mit denen tektonischer Beben jedoch kaum vergleichbar. Nach der Tiefe des Hypozentrums unterscheidet man Flach-, Mittel- und Tiefbeben. Flachbeben mit Herdtiefen von 0 – 70 km treten weitaus am häufigsten auf. Bei Mittelbeben oder auch intermediären Beben liegt das Hypozentrum in einer Tiefe von 70 – 300 km. Tiefbeben haben nach dem, was heute bekannt ist, ihr Hypozentrum in 300 - 700 km Tiefe. Die Entstehung von Tiefbeben ist bis heute nicht genau geklärt. In diesen Tiefen ist das Gestein nämlich nicht mehr spröde, sondern weich und elastisch. Dies steht jedoch der Ausbildung von Scherkräften entgegen, die zum Bruch von Gesteinspaketen und somit zu Erdbeben führen können. Man geht heute davon aus, dass Instabilitäten in der Kristallstruktur der Tiefengesteine, hervorgerufen durch sich ändernde Temperatur- und Esther Rothenhöfer, Mai-16 Druckverhältnisse beim Absinken oder Aufsteigen der Gesteine, für Volumenänderungen und dadurch entstehende Stoßwellen verantwortlich sind. Vor allem bei Flachbeben führen die auftretenden Verwerfungen zu neuen Spannungen, die sich in der Folgezeit in einer Vielzahl so genannter Nachbeben entladen können, welche mit der Zeit rasch an Magnitude und Zahl abnehmen. Erdbeben sind kein seltenes Ereignis, vielmehr bebt die Erde mehrmals täglich, meist jedoch unter der Schwelle der Wahrnehmbarkeit. Im Durchschnitt gibt es weit über 60.000 Erdbeben mit einer Magnitude von ≥ 3 pro Jahr, über 1.000 Erdbeben haben eine Magnitude von ≥ 5. Solange die Epizentren dieser Beben in Gegenden mit einer geringen Bevölkerungsdichte, einer guten Bausubstanz oder im Meer liegen, werden diese Ereignisse von der Öffentlichkeit jedoch kaum wahrgenommen. Jedes Jahr sterben etwa 15.000 Menschen durch Erdbebenfolgen wie einstürzende Gebäude oder Brände. Doch es gibt Bebenkatastrophen, die allein ein Vielfaches dieser Opferzahl fordern. Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht der Erdbebenereignisse mit jeweils mehr als 10.000 Todesopfern. Datum Magnitude Region Todesopfer 16.12.1920 8,6 Gansu und Shaanxi, China 200.000 01.09.1923 8,3 Tokyo-Yokohama, Japan 142.000 22.04.1927 8,3 Qinghai, China 200.000 25.12.1932 7,6 Gansu, China 70.000 30.05.1935 7,5 Quetta, Pakistan 30.000 25.01.1939 8,3 Chillan, Chile 28.000 26.12.1939 8,0 Erzincan, Türkei 32.700 05.10.1948 7,3 Aschchabad, Turkmenistan 19.800 01.09.1962 7,3 Qazvin, Iran 12.200 31.08.1968 7,3 Iran 12.000 - 20.000 31.05.1970 7,8 Huaras, Peru 67.000 10.05.1974 6,8 Yunnan, China 20.000 28.12.1974 6,0 West-Pakistan 53.000 04.02.1975 7,4 Nordost-China 30.000 04.02.1976 6,2 Guatemala City, Guatemala 22.000 27.07.1976 7,4 Tangshan, China > 600.000 16.09.1978 6,5 Iran 15.000 07.12.1988 6,2 Armenien 25.000 20.06.1990 6,4 West-Iran 40.000 17.08.1999 6,3 Türkei 17.100 26.01.2001 6,9 Gujarat, Indien 20.000 26.12.2003 6,0 Südost-Iran 41.000 26.12.2004 9,0 vor Sumatra, Indonesien (Seebeben) ca. 180.000 08.10.2005 7,6 Kaschmir-Region, Pakistan > 87.000 Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert Verlag: Klett, Ort: Leipzig Quellendatum: 2004 Seite: www.klett.de/extra, Bearbeitungsdatum: 26.01.2006 Der Blick auf die Karte lässt schnell erkennen, dass Erdbebenherde nicht zufällig über den Globus verteilt sind, sondern ihre Lage einem bestimmten Muster folgt. So reihen sie sich etwa entlang der ozeanischen Rücken auf, der Randbereich des pazifischen Ozeans ist durch extreme seismische Aktivität gekennzeichnet und ein breiter Streifen zieht sich vom Mittelmeer durch Vorderasien zum Himalaja und weiter nach Südostasien. Bei genauerer Analyse fällt zudem auf, dass sich größere Beben vor allem in Gebieten mit starkem Relief ereignen, wie z. B. in den Anden, den Rocky Mountains oder im Himalaja sowie unter dem Meeresspiegel bei den Tiefseegräben. Ein ausgeprägtes Relief ist Zeichen einer aktiven Tektonik, da alte Gebirge durch Erosion mit der Zeit eingeebnet werden. Es gibt umgekehrt auch ausgedehnte seismisch ruhige Gebiete wie Australien, weite Teile Esther Rothenhöfer, Mai-16 Afrikas, Süd- und Nordamerikas und Asiens, sowie Nordeuropa, die Antarktis oder Grönland. Auch die Ozeanbecken gehören zu diesen aseismischen Gebieten. Die so genannten alten Schilde sind Bereiche der Kontinentalkruste, die schon vor enorm langer Zeit verfestigt wurden. Aus der Theorie der Plattentektonik lassen sich im Wesentlichen vier Zonen seismischer Aktivität ableiten: Interplattenbeben an Divergenz-, Konvergenz- und Scherungsrändern sowie Intraplattenbeben. Die Ränder großer tektonischer Platten, die sich voneinander fortbewegen, d. h. divergieren, liegen meist in den Ozeanen an den so genannten mittelozeanischen Rücken. Aufsteigendes Magma führt in diesen Bereichen während eines Prozesses, der als Seafloor Spreading bezeichnet wird, zur ständigen Neubildung ozeanischer Kruste und zu einem Auseinanderdriften der Platten. Nur an wenigen Stellen lässt sich dieser Vorgang direkt beobachten, so z. B. auf Island, einer Insel, die direkt auf dem mittelatlantischen Rücken liegt. Eine weitere Ausnahme bildet das Riftsystem Ostafrikas. An Divergenzrändern können sowohl beim Auseinanderbrechen der erstarrten Kruste als auch an aktiven Querstörungen im Rückenbereich Flachbeben auftreten. Starke Beben entstehen hier kaum, da die Kruste relativ dünn und heiß und somit elastisch ist, was den Aufbau von großen Spannungen verhindert. Somit werden auch lediglich 3 – 5 % der globalen seismischen Energie an diesen Schwellen freigesetzt. An konvergierenden Plattenrändern stoßen zwei Lithosphärenplatten zusammen. Es kann sich dabei um zwei ozeanische Platten (z. B. an den Tiefseegräben des Westpazifiks), eine ozeanische und eine kontinentale Platte (z. B. westliches Südamerika) oder um zwei Kontinentalplatten (Himalaja) handeln. Im letzteren Fall spricht man auch von Kollisionsrändern. Da die Dichte der ozeanischen Kruste größer ist als die der Kontinente, taucht die ozeanische unter die kontinentale Platte ab, sie wird subduziert und schließlich in der Tiefe eingeschmolzen. Treffen zwei kontinentale Platten mit gleicher Dichte aufeinander, werden sie in- und übereinander geschoben, was zur Auffaltung besonders mächtiger Gebirge, z. B. des Himalaja, führt. Während sämtlicher Prozesse um Subduktion und Auffaltung können enorme Spannungen aufgebaut werden, die sich dann in Erdbeben entladen. An Subduktionszonen ergibt sich ein auffälliges Muster in Bezug auf die Tiefe der Erdbebenherde: Die Hypozentren tauchen hierbei von den ozeanischen Tiefseegräben kontinenteinwärts ab und geben so Hinweise auf die Position der Plattengrenze zwischen subduzierter und aufliegender Platte. Im Bereich dieser so genannten Benioff-Zone entstehen weltweit die meisten Erdbeben. Etwa 95 % der globalen seismischen Energie werden bei Erdbeben im Bereich der Konvergenz- und Kollisionsränder frei gesetzt, allein 80 % in der zirkumpazifischen Umrandungszone. Die restlichen 15 % entfallen auf den alpidisch-himalajischen Gebirgsgürtel. Erdbeben können auch an den so genannten Scherungsrändern entstehen, an denen sich Lithosphärenplatten aneinander vorbei bewegen. Derartige Transformstörungen findet man im Bereich der mittelozeanischen Rücken. Aus den oben genannten Gründen fallen Beben hier jedoch meist eher schwach aus. Stärkere Beben entstehen hingegen unter Beteiligung kontinentaler Krustenteile. Die berühmteste Transformstörung ist sicherlich die San-AndreasStrörungszone in Kalifornien, deren Verschiebungsbeträge bis zu 40 Millimeter im Jahr betragen. Bei einem Beben im Jahr 1989 betrug der Versatz der pazifischen Platte am Epizentrum jedoch ganze zwei Meter nach Nordwesten und 1,3 Meter nach oben! Intraplattenbeben Es gibt auch Bebenereignisse, die nicht mit sich an Plattenrändern aufbauenden Spannungen in Zusammenhang gebracht werden können. Dazu gehören beispielsweise auch Beben in Mitteleuropa. Man führt diese Ereignisse auf lokale Spannungskonzentrationen oder Schwächezonen zurück, die durch geologische Heterogenitäten in der oberen Erdkruste hervorgerufen werden. Denn keine Lithosphärenplatte schwimmt völlig entspannt auf der Asthenosphäre, vielmehr sind sie enormen Kompressionskräften ausgesetzt, die zu Brüchen an alten Schwächezonen führen können. Diese Beben können sehr hohe Magnituden haben, wie Bebenereignisse in China Esther Rothenhöfer, Mai-16 oder drei Beben im Mittleren Westen der USA, die im Jahr 1811 und 1812 Magnituden über 8 erreicht haben, gezeigt haben. Intraplattenbeben sind besonders gefährlich, da die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten in der Regel nicht mit einer derartigen Gefahr rechnet und so meist völlig unvorbereitet getroffen wird. Europa und insbesondere der Mittelmeerraum, in dem sich die Erdbebentätigkeit Europas fast ausschließlich konzentriert, sind Beispiele für die Vielfalt tektonischer Prozesse auf relativ engem Raum. Das Zusammentreffen zweier kontinentaler Großplatten, ein Mosaik von Kleinplatten im türkisch-griechischen Raum sowie alte Schwächezonen in Mitteleuropa ergeben komplizierte geologisch-morphologische Strukturen, die wiederum unterschiedlichste seismische Ereignisse bedingen: Interplattenbeben am Konvergenzrand von Afrika- und Eurasienplatte sowie an Scherungsrändern der Mikroplatten, desweitern Intraplattenbeben in Mitteleuropa. Die so genannte Tornquist-Linie trennt das seismisch aktive Europa von praktisch aseismischen Gebieten Skandinaviens (alter Kontinentalschild) und der seit langem stabilen russischen Tafel. Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert, Verlag: Klett, 2004 Seite: www.klett.de/extra,Bearbeitungsdatum: 26.01.2006 Seit Jahrhunderten gibt es bereits Geräte, die Erdbeben in großen Entfernungen registrieren können und sogar die Richtung des Erdbebenherdes anzeigen. So wurde 132 n. Chr. in China das Seismoskop erfunden, dessen Funktionsweise in der Abbildung erkennbar ist. In Europa nutzte man später Schüsseln mit Überlaufrinnen, aus denen bei Erdstößen Wasser oder Quecksilber schwappen konnte. Mithilfe dieser Geräte konnte jedoch keine Aussage über die Stärke eines Erdbebens getroffen werden. Zur Beantwortung dieser Frage gibt es im Wesentlichen zwei Ansätze: Zum einen lässt sich ganz ohne Messgeräte die Intensität eines Erdbebens angeben, zum anderen erlaubt die Messung der so genannten Magnitude Aussagen über die bei einem Erdbeben freigesetzte Energiemenge. Der Grad der bei einem Erdbeben entstandenen Schäden wird durch die so genannte makroseismische Intensität angegeben. Als Skala verwendet man dazu im europäischen Raum vor allem EMS-98 (European Macroseismic Scale). Die in 12 Intensitätsgrade unterteilte Skala reicht von Erschütterungen, die nur von Messgeräten wahrgenommen werden können, bis zu schwersten Zerstörungen. Um ein Beben anhand einer makroseismischen Skala zu bewerten, können beispielsweise Fragebögen an die Bevölkerung verteilt werden, die darin angegeben kann, wie sie, ganz subjektiv, das Beben erlebt hat. Aber auch historische Beben lassen sich so mittels zeitgenössischer Quellen (Augenzeugenberichte, bildliche Darstellungen, etc.) bewerten. Überträgt man die in einer Region festgestellten Intensitätsgrade in Karten und verbindet gleiche Werte miteinander, liefern die sich ergebenden Isoseisten Hinweise auf das Epizentrum des Bebens. Für die Forschung ist es selbstverständlich unverzichtbar, physikalische Eigenschaften von Erdbeben exakt zu messen. Dazu reicht natürlich nicht die Bebenintensität, da deren Festlegung letztlich nur auf subjektiven Eindrücken basiert. Zudem lassen sich mit der Makroseismik keinerlei Aussagen über die Stärke von Beben in spärlich oder überhaupt nicht besiedelten Gebieten wie auch bei Erschütterungen der Ozeanböden treffen. Mit Entwicklung des Seismographen im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die Mikroseismik zu einem wichtigen Zweig der Seismologie. Ein Seismograph zeichnet schwächste Bodenbewegungen dadurch auf, dass die Bewegungen des fest mit dem Boden verbundenen Gerätes mit denen eines schweren Körpers verglichen werden, der sich aufgrund seiner Trägheit und einer geeigneten Aufhängung möglichst ruhig verhält. Die Konstruktion eines derartigen Gerätes stellt die Entwickler vor große Herausforderungen, da Störungen wie Temperaturschwankungen oder Vibrationen durch den Straßenverkehr ausgeschaltet, gleichzeitig die Geräte aber hoch empfindlich sein müssen. Moderne Seismographen übertragen die Schwingungen mittels eines Lasers und erlauben so eine elektronische Aufzeichnung und sofortige Weiterverarbeitung der Messwerte. Die Magnitude eines Bebens ist vereinfacht gesagt nichts anderes als der Ausschlag auf Esther Rothenhöfer, Mai-16 dem so genannten Seismogramm. Als Maß für die Erdbebenmagnitude entwickelte der amerikanische Seismologe Charles Francis Richter 1935 am California Institute of Technology (Caltech) in Kalifornien die nach ihm benannte Richter-Skala. Da die Skala logarithmisch aufgebaut ist, sind die Bodenbewegungen eines Bebens der Stärke 6 beispielsweise zehnmal stärker als bei einem Beben der Stärke 5, die freigesetzte Energiemenge ist rund dreißigmal größer. Beben der Stärke 2 sind gerade noch spürbar. Obgleich die Richter-Skala nach wie vor in der Öffentlichkeit sehr verbreitet ist, wird sie in der seismologischen Forschung kaum noch verwendet. Diese bedient sich heutzutage eher der Momentmagnitude, welche sich aus dem so genannten "seismischen Moment" ableiten lässt und Eigenschaften des Bebenherdes und die Herdverschiebung mit berücksichtigt. Das seismische Moment ist ein physikalisches Stärkemaß für Erdbeben und kann aus dem Produkt der Erdbebenherdparameter Bruchfläche und Bruchversatz sowie alternativ direkt aus Seismogrammen berechnet werden. Das weltweit etablierte Netz aus seismologischen Stationen erfüllt noch einen weiteren Zweck, nämlich die Überwachung des umfassenden Kernwaffenteststoppvertrages, der die Durchführung von Atomtests unter der Erde, im Wasser und in der Luft verbietet. Die enormen Energiemengen, die bei einer Kernwaffenexplosion freigesetzt werden, erzeugen typische Wellenmuster, die weltweit registriert werden können. Somit kann kein Staat unbemerkt derartige Waffen testen. Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert Verlag: Klett, Ort: Leipzig Quellendatum: 2004, Seite: www.klett.de/extra, Bearbeitungsdatum: 26.01.2006 Am 26. Dezember 2004 ereignete sich vor der Nordwestküste Sumatras ein starkes Seebeben, welches mehrere Tsunamis auslöste, die weite Küstengebiete des Indischen Ozeans verwüsteten. Über 300.000 Menschen kamen in den Fluten ums Leben, Millionen wurden obdachlos und verloren ihren gesamten Besitz. Am stärksten betroffen waren die im Norden der indonesischen Insel Sumatra gelegene Region Aceh, die westthailändische Ferienregion um Phuket und die Ostküste Sri Lankas. Das Seebeben ereignete sich im so genannten Sundagraben, einer Subduktionszone, in der die Indisch-Australische Platte unter die Chinesische Teilplatte abtaucht. Dabei kommt es zu Spannungen, die sich am 26.12.2004 um 7:58 Uhr Ortszeit in einem extremen Erdbeben der Stärke 9,0 entluden. Das Hypozentrum lag dabei in einer Tiefe von etwa 30 Kilometern. Es war das weltweit stärkste Erdbeben seit 40 Jahren. Bei diesem Hauptbeben kam es entlang der Plattengrenze zu einem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bruch von mehr als 1.000 Kilometern Länge. Dem Hauptbeben folgten weit über 100 Nachbeben mit einer Magnitude größer 5,0. Die Umgestaltung des Ozeanbodens innerhalb von Sekundenbruchteilen war gewaltig, stellenweise kam es zu Hebungen von 10 Metern und mehr, Platten verschoben sich um 30 Meter. Dabei wurden gigantische Energien frei und an den Wasserkörper übertragen – Tsunamis entstanden. Ausgehend vom Verlauf des Bruches breiteten sich mehrere Tsunamiwellen über den Indischen Ozean aus. Unmittelbar betroffen waren die zu Indien gehörenden Inselgruppen Andamanen und Nikobaren sowie die Nordwestküste Sumatras, welche dem Bebenherd am nächsten lagen. Nach etwa einer Stunde erreichten die Wellen Myanmar, wenig später die Westküste Thailands. Im Westen gelangte die erste Wellenfront nach weniger als zwei Stunden an die Küste Sri Lankas, kurz darauf überspülte sie die Strände im südlichen und östlichen Indien. Weniger als drei Stunden nach dem Beben fegte der Tsunami über die Malediven hinweg und beendete schließlich nach sieben bis acht Stunden an der Ostküste Afrikas sein Zerstörungswerk. Die Ausläufer dieses Tsunamis waren in der Folge aber in den gesamten Weltmeeren nachweisbar. Die Höhe, welche die Wellen beim Auftreten auf das Festland in der betroffenen Region hatten, ist nur schwer zu bestimmen, einiges deutet aber darauf hin, dass sie stellenweise über 15 Meter betrug. In manchen Gebieten machte der Tsunami sich nicht durch eine brechende Welle bemerkbar, vielmehr kam es zu einem enorm schnellen Anstieg des Meeresspiegels, wobei dann das ablaufende Wasser durch die enorme Sogwirkung für den Großteil der Opfer und Schäden verantwortlich war. Das wirkliche Ausmaß dieser Katastrophe erschloss sich nur langsam. Sprach man zuerst Esther Rothenhöfer, Mai-16 von wenigen tausend Toten, so stieg deren Zahl täglich, ja stündlich, an. Immer mehr Vermisste mussten zu den Todesopfern gerechnet werden. Viele Regionen waren zunächst völlig von der Außenwelt abgeschnitten, sodass Unklarheit über das Ausmaß der Katastrophe herrschte. War am Tag des Bebens noch von mindestens 11.000 Todesopfern die Rede, waren es am nächsten Tag bereits mehr als 24.000. Später stieg die offizielle Zahl auf 50.000, dann 100.000, schließlich war die Rede von so vielen Opfern allein in Indonesien. An der Westküste Sumatras sollen 70 Prozent der Küstenbewohner ums Leben gekommen sein. Die Zahl stieg immer weiter. Drei Monate nach der Katastrophe gingen offizielle Stellen davon aus, dass in insgesamt elf Ländern etwa 180.000 Menschen in den Wassermassen starben, 50.000 galten noch immer als vermisst und können erst ein Jahr später für tot erklärt werden. Überlebenden und Helfern bot sich ein grauenhaftes Bild: Überall lagen Leichen, die in der tropischen Hitze zudem schnell anfingen zu verwesen. Um Seuchen zu verhindern, wurden sie vielfach ohne Identifizierung in Massengräbern beerdigt. Menschen suchten tagelang nach ihren Angehörigen, viele mussten die Hoffnung, dass sich diese retten konnten, aufgeben. Tausende Kinder verloren ihre Eltern. Die Zahl getöteter Ausländer ist groß, da beispielsweise mit Phuket in Thailand sehr beliebte Reiseziele von der Katastrophe getroffen wurden. In vielen Gebieten bot sich nach dem Tsunami ein Bild totaler Zerstörung: Dörfer, ja ganze Städte wie das mit am härtesten getroffene Banda Aceh wurden dem Erdboden gleichgemacht. Die Zahl der Menschen, die ihren gesamten Besitz in den Fluten verloren haben, geht in die Millionen. An manchen Stellen drang das Wasser kilometerweit ins Hinterland vor und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Zwar betrachten internationale Versicherungskonzerne die Schäden als relativ gering, jedoch ist dies nur darin begründet, dass in den betroffenen Entwicklungsländern nur wenig versichert ist, die Schäden für die Menschen vor Ort aber sind kaum zu beziffern. Das Rote Kreuz ging vier Wochen nach dem Ereignis von etwa 2,7 Millionen Obdachlosen in der Region aus. Wirtschaftliche Folgen sind bislang kaum abzuschätzen, der Schaden vor allem für die Tourismusindustrie jedoch ist groß. In den ersten drei Monaten nach der Katastrophe brach die Zahl der Touristen ein, und zwar um bis zu 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mittlerweile hat sich jedoch wieder ein deutliches Wachstum im zweistelligen Prozentbereich eingestellt. Das Ausmaß der Tsunamikatastrophe in Südasien löste internationale Unterstützung bisher nicht gekannten Ausmaßes aus; der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, sprach von der größten Hilfsaktion in der Geschichte der Organisation. Die nahezu unglaublichen Bilder aus der Katastrophenregion führten auch zu einer enormen Spendenbereitschaft, viele Hilfsorganisationen erhielten in den zwei Wochen nach der Katastrophe mehr Spenden als sonst im Verlauf eines gesamten Jahres. Auf einer internationalen Geberkonferenz am 11. Januar 2005 haben die Vereinten Nationen für ihre Soforthilfe bindende finanzielle Zusagen über 717 Millionen Dollar erhalten. Die Koordination der Hilfsmaßnahmen verlief nicht immer reibungslos, was angesichts des Ausmaßes der Katastrophe zumindest verständlich erscheint: Während abgelegene Gebiete wochenlang unversorgt blieben, ballten sich etwa in Banda Aceh Sanitätseinheiten und private Organisation, so dass dort weit mehr Krankenhausbetten als Patienten vorhanden waren. Als Erfolg ist jedoch zu sehen, dass größere Epidemien in den Katastrophengebieten verhindert werden konnten. Neben kurzfristiger Nothilfe (z. B. medizinische Versorgung, Bereitstellung von Lebensmitteln und Trinkwasser, Errichtung von Notunterkünften) wird auch der langfristigen Aufbauhilfe große Bedeutung zukommen. Dazu gehört etwa die Lieferung von Baumaterialien. Entscheidend ist, dass die Opfer an den Wiederaufbauarbeiten beteiligt werden, weil dies therapeutische Wirkung hat und somit hilft, den Schrecken zu verarbeiten. Eine spezielle Leistung soll auch der Aufbau eines Tsunami-Warnsystems sein, wie es bereits im Pazifik existiert, um so eine Wiederholung der Ereignisse zu verhindern. Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert Verlag: Klett, Ort: Leipzig Quellendatum: 2005 Seite: www.klett.de/extra, Bearbeitungsdatum: 16.02.2006 Esther Rothenhöfer, Mai-16