nfoblatt Globale Verteilung von Erdbebengebieten

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Erdbeben
Für die immer wieder auftretenden Erdbeben mit teilweise katastrophalen Folgen suchten die
Menschen seit je Erklärungen, die teilweise der Beobachtung der Natur, teilweise der
Mythologie entstammten. 600 v. Chr. erklärte Thales von Milet, dass die Erde wie ein
schaukelndes Schiff auf einem gigantischen Ozean schwämme. Von Aristoteles stammt die
bis ins Mittelalter verbreitete Vorstellung, dass Winde und Stürme in unterirdischen Höhlen
und Klüften wüteten und so Erdbeben verursachten. Später, mit Verbreitung der Elektrizität,
kam das Bild von gewitterähnlichen Entladungen im Untergrund auf. Aus der antiken
Mythologie stammen Figuren wie Atlas, Prometheus oder Poseidon, die alle für die bebende
Erde verantwortlich gemacht wurden. Im Mittelalter war dann häufig ein Drache oder ein
riesenhaftes Tier (Wels, Elefant, Schwein, Schildkröte, u. a.) Auslöser der unheimlichen
Erschütterungen.
Heute wissen wir recht viel über die Entstehung von Erdbeben, da sie sich gut in die
allgemein akzeptierte Vorstellung unserer Erde mit den sie gestaltenden Kräften,
insbesondere der Plattentektonik, einfügen. Vergleicht man eine tektonische Karte der Erde
mit einer Erdbebenkarte, erkennt man schnell einen Zusammenhang zwischen den
Strukturen der Erdkruste und der Erdbebenverbreitung. Erdbeben sind somit Belege aktiver
Tektonik und helfen Wissenschaftlern über die Analyse der das gesamte Erdgeoid
durchlaufenden Erdbebenwellen, den Aufbau der Erde zu verstehen.
Die Erdkruste besteht aus mehreren großen Lithosphärenplatten sowie einer Vielzahl
kleinerer Bruchstücke. Diese Platten bewegen sich, angetrieben durch Konvektionsströme im
Erdmantel, auf der Asthenosphäre in Größenordnungen von wenigen Zentimetern im Jahr.
Dabei stoßen sie zusammen (konvergieren), entfernen sich voneinander (divergieren) oder
bewegen sich aneinander vorbei (Transformstörung). Durch die Reibung der
Gesteinsmassen bauen sich innerhalb der Erdkruste fortwährend enorme Spannungen auf,
die sich im Moment eines Bruchs in Erschütterungen entladen, die sich wellenförmig vom so
genannten Hypozentrum, dem Erdbebenherd, ausbreiten. Im Epizentrum, dem senkrecht
über dem Hypozentrum gelegenen Punkt auf der Erdoberfläche, treten diese
Erdbebenwellen zuerst und mit der größten Energie an die Oberfläche, sodass hier meist der
größte Schaden entsteht.
An den Brüchen kommt es zu Verwerfungen, die je nach Stärke an der Erdoberfläche mehr
oder weniger stark erkennbar werden. Man unterscheidet bei vertikalen Bewegungen Aufund Abschiebungen, horizontale Bewegungen bezeichnet man als Horizontal- oder auch
Blattverschiebungen. Diese Verschiebungen müssen nicht ruckartig, sondern können auch
sehr langsam, kriechend, vor sich gehen. An der San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien
kommen beispielsweise sowohl kriechende, als auch ruckartige Bewegungen vor.
Die mit der Plattentektonik zu erklärenden Beben bezeichnet man als tektonische Beben. Sie
machen den Großteil der weltweit auftretenden Erdbeben aus und treten an den
Randbereichen der tektonischen Platten auf. Vulkanische Beben stehen im Zusammenhang
mit aktivem Vulkanismus; Einsturzbeben werden beispielsweise durch den Einsturz von
Höhlen, insbesondere in Karstgebieten ("Karstbeben") oder als indizierte Beben in
Bergbaugebieten durch Absenkungen ausgelöst. Auch durch unterirdische Atomwaffentests
oder durch die Füllung von Staubecken, der damit stark erhöhten Auflast des Untergrundes
und einer Veränderung des Porenwasserdrucks im Untergrund, kommt es zu Erdbeben. Die
bei all diesen Beben freigesetzten Energien sind mit denen tektonischer Beben jedoch kaum
vergleichbar.
Nach der Tiefe des Hypozentrums unterscheidet man Flach-, Mittel- und Tiefbeben.
Flachbeben mit Herdtiefen von 0 – 70 km treten weitaus am häufigsten auf. Bei Mittelbeben
oder auch intermediären Beben liegt das Hypozentrum in einer Tiefe von 70 – 300 km.
Tiefbeben haben nach dem, was heute bekannt ist, ihr Hypozentrum in 300 - 700 km Tiefe.
Die Entstehung von Tiefbeben ist bis heute nicht genau geklärt. In diesen Tiefen ist das
Gestein nämlich nicht mehr spröde, sondern weich und elastisch. Dies steht jedoch der
Ausbildung von Scherkräften entgegen, die zum Bruch von Gesteinspaketen und somit zu
Erdbeben führen können. Man geht heute davon aus, dass Instabilitäten in der
Kristallstruktur der Tiefengesteine, hervorgerufen durch sich ändernde Temperatur- und
Esther Rothenhöfer, Mai-16
Druckverhältnisse beim Absinken oder Aufsteigen der Gesteine, für Volumenänderungen und
dadurch entstehende Stoßwellen verantwortlich sind.
Vor allem bei Flachbeben führen die auftretenden Verwerfungen zu neuen Spannungen, die
sich in der Folgezeit in einer Vielzahl so genannter Nachbeben entladen können, welche mit
der Zeit rasch an Magnitude und Zahl abnehmen.
Erdbeben sind kein seltenes Ereignis, vielmehr bebt die Erde mehrmals täglich, meist jedoch
unter der Schwelle der Wahrnehmbarkeit. Im Durchschnitt gibt es weit über 60.000 Erdbeben
mit einer Magnitude von ≥ 3 pro Jahr, über 1.000 Erdbeben haben eine Magnitude von ≥ 5.
Solange die Epizentren dieser Beben in Gegenden mit einer geringen Bevölkerungsdichte,
einer guten Bausubstanz oder im Meer liegen, werden diese Ereignisse von der Öffentlichkeit
jedoch kaum wahrgenommen.
Jedes Jahr sterben etwa 15.000 Menschen durch Erdbebenfolgen wie einstürzende
Gebäude oder Brände. Doch es gibt Bebenkatastrophen, die allein ein Vielfaches dieser
Opferzahl fordern. Die folgende Tabelle liefert eine Übersicht der Erdbebenereignisse mit
jeweils mehr als 10.000 Todesopfern.
Datum
Magnitude
Region
Todesopfer
16.12.1920 8,6
Gansu und Shaanxi, China
200.000
01.09.1923 8,3
Tokyo-Yokohama, Japan
142.000
22.04.1927 8,3
Qinghai, China
200.000
25.12.1932 7,6
Gansu, China
70.000
30.05.1935 7,5
Quetta, Pakistan
30.000
25.01.1939 8,3
Chillan, Chile
28.000
26.12.1939 8,0
Erzincan, Türkei
32.700
05.10.1948 7,3
Aschchabad, Turkmenistan
19.800
01.09.1962 7,3
Qazvin, Iran
12.200
31.08.1968 7,3
Iran
12.000 - 20.000
31.05.1970 7,8
Huaras, Peru
67.000
10.05.1974 6,8
Yunnan, China
20.000
28.12.1974 6,0
West-Pakistan
53.000
04.02.1975 7,4
Nordost-China
30.000
04.02.1976 6,2
Guatemala City, Guatemala
22.000
27.07.1976 7,4
Tangshan, China
> 600.000
16.09.1978 6,5
Iran
15.000
07.12.1988 6,2
Armenien
25.000
20.06.1990 6,4
West-Iran
40.000
17.08.1999 6,3
Türkei
17.100
26.01.2001 6,9
Gujarat, Indien
20.000
26.12.2003 6,0
Südost-Iran
41.000
26.12.2004 9,0
vor Sumatra, Indonesien (Seebeben) ca. 180.000
08.10.2005 7,6
Kaschmir-Region, Pakistan
> 87.000
Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert
Verlag: Klett, Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de/extra, Bearbeitungsdatum: 26.01.2006
Der Blick auf die Karte lässt schnell erkennen, dass Erdbebenherde nicht zufällig über den
Globus verteilt sind, sondern ihre Lage einem bestimmten Muster folgt. So reihen sie sich
etwa entlang der ozeanischen Rücken auf, der Randbereich des pazifischen Ozeans ist
durch extreme seismische Aktivität gekennzeichnet und ein breiter Streifen zieht sich vom
Mittelmeer durch Vorderasien zum Himalaja und weiter nach Südostasien.
Bei genauerer Analyse fällt zudem auf, dass sich größere Beben vor allem in Gebieten mit
starkem Relief ereignen, wie z. B. in den Anden, den Rocky Mountains oder im Himalaja
sowie unter dem Meeresspiegel bei den Tiefseegräben. Ein ausgeprägtes Relief ist Zeichen
einer aktiven Tektonik, da alte Gebirge durch Erosion mit der Zeit eingeebnet werden.
Es gibt umgekehrt auch ausgedehnte seismisch ruhige Gebiete wie Australien, weite Teile
Esther Rothenhöfer, Mai-16
Afrikas, Süd- und Nordamerikas und Asiens, sowie Nordeuropa, die Antarktis oder Grönland.
Auch die Ozeanbecken gehören zu diesen aseismischen Gebieten. Die so genannten alten
Schilde sind Bereiche der Kontinentalkruste, die schon vor enorm langer Zeit verfestigt
wurden. Aus der Theorie der Plattentektonik lassen sich im Wesentlichen vier Zonen
seismischer Aktivität ableiten: Interplattenbeben an Divergenz-, Konvergenz- und
Scherungsrändern sowie Intraplattenbeben.
Die Ränder großer tektonischer Platten, die sich voneinander fortbewegen, d. h. divergieren,
liegen meist in den Ozeanen an den so genannten mittelozeanischen Rücken. Aufsteigendes
Magma führt in diesen Bereichen während eines Prozesses, der als Seafloor Spreading
bezeichnet wird, zur ständigen Neubildung ozeanischer Kruste und zu einem
Auseinanderdriften der Platten. Nur an wenigen Stellen lässt sich dieser Vorgang direkt
beobachten, so z. B. auf Island, einer Insel, die direkt auf dem mittelatlantischen Rücken
liegt. Eine weitere Ausnahme bildet das Riftsystem Ostafrikas.
An Divergenzrändern können sowohl beim Auseinanderbrechen der erstarrten Kruste als
auch an aktiven Querstörungen im Rückenbereich Flachbeben auftreten. Starke Beben
entstehen hier kaum, da die Kruste relativ dünn und heiß und somit elastisch ist, was den
Aufbau von großen Spannungen verhindert. Somit werden auch lediglich 3 – 5 % der
globalen seismischen Energie an diesen Schwellen freigesetzt.
An konvergierenden Plattenrändern stoßen zwei Lithosphärenplatten zusammen. Es kann
sich dabei um zwei ozeanische Platten (z. B. an den Tiefseegräben des Westpazifiks), eine
ozeanische und eine kontinentale Platte (z. B. westliches Südamerika) oder um zwei
Kontinentalplatten (Himalaja) handeln. Im letzteren Fall spricht man auch von
Kollisionsrändern.
Da die Dichte der ozeanischen Kruste größer ist als die der Kontinente, taucht die
ozeanische unter die kontinentale Platte ab, sie wird subduziert und schließlich in der Tiefe
eingeschmolzen. Treffen zwei kontinentale Platten mit gleicher Dichte aufeinander, werden
sie in- und übereinander geschoben, was zur Auffaltung besonders mächtiger Gebirge, z. B.
des Himalaja, führt. Während sämtlicher Prozesse um Subduktion und Auffaltung können
enorme Spannungen aufgebaut werden, die sich dann in Erdbeben entladen. An
Subduktionszonen ergibt sich ein auffälliges Muster in Bezug auf die Tiefe der
Erdbebenherde: Die Hypozentren tauchen hierbei von den ozeanischen Tiefseegräben
kontinenteinwärts ab und geben so Hinweise auf die Position der Plattengrenze zwischen
subduzierter und aufliegender Platte. Im Bereich dieser so genannten Benioff-Zone
entstehen weltweit die meisten Erdbeben.
Etwa 95 % der globalen seismischen Energie werden bei Erdbeben im Bereich der
Konvergenz- und Kollisionsränder frei gesetzt, allein 80 % in der zirkumpazifischen
Umrandungszone. Die restlichen 15 % entfallen auf den alpidisch-himalajischen
Gebirgsgürtel.
Erdbeben können auch an den so genannten Scherungsrändern entstehen, an denen sich
Lithosphärenplatten aneinander vorbei bewegen. Derartige Transformstörungen findet man
im Bereich der mittelozeanischen Rücken. Aus den oben genannten Gründen fallen Beben
hier jedoch meist eher schwach aus. Stärkere Beben entstehen hingegen unter Beteiligung
kontinentaler Krustenteile. Die berühmteste Transformstörung ist sicherlich die San-AndreasStrörungszone in Kalifornien, deren Verschiebungsbeträge bis zu 40 Millimeter im Jahr
betragen. Bei einem Beben im Jahr 1989 betrug der Versatz der pazifischen Platte am
Epizentrum jedoch ganze zwei Meter nach Nordwesten und 1,3 Meter nach oben!
Intraplattenbeben
Es gibt auch Bebenereignisse, die nicht mit sich an Plattenrändern aufbauenden
Spannungen in Zusammenhang gebracht werden können. Dazu gehören beispielsweise
auch Beben in Mitteleuropa. Man führt diese Ereignisse auf lokale
Spannungskonzentrationen oder Schwächezonen zurück, die durch geologische
Heterogenitäten in der oberen Erdkruste hervorgerufen werden. Denn keine
Lithosphärenplatte schwimmt völlig entspannt auf der Asthenosphäre, vielmehr sind sie
enormen Kompressionskräften ausgesetzt, die zu Brüchen an alten Schwächezonen führen
können. Diese Beben können sehr hohe Magnituden haben, wie Bebenereignisse in China
Esther Rothenhöfer, Mai-16
oder drei Beben im Mittleren Westen der USA, die im Jahr 1811 und 1812 Magnituden über 8
erreicht haben, gezeigt haben.
Intraplattenbeben sind besonders gefährlich, da die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten
in der Regel nicht mit einer derartigen Gefahr rechnet und so meist völlig unvorbereitet
getroffen wird.
Europa und insbesondere der Mittelmeerraum, in dem sich die Erdbebentätigkeit Europas
fast ausschließlich konzentriert, sind Beispiele für die Vielfalt tektonischer Prozesse auf
relativ engem Raum. Das Zusammentreffen zweier kontinentaler Großplatten, ein Mosaik
von Kleinplatten im türkisch-griechischen Raum sowie alte Schwächezonen in Mitteleuropa
ergeben komplizierte geologisch-morphologische Strukturen, die wiederum
unterschiedlichste seismische Ereignisse bedingen: Interplattenbeben am Konvergenzrand
von Afrika- und Eurasienplatte sowie an Scherungsrändern der Mikroplatten, desweitern
Intraplattenbeben in Mitteleuropa. Die so genannte Tornquist-Linie trennt das seismisch
aktive Europa von praktisch aseismischen Gebieten Skandinaviens (alter Kontinentalschild)
und der seit langem stabilen russischen Tafel.
Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert, Verlag: Klett, 2004
Seite: www.klett.de/extra,Bearbeitungsdatum: 26.01.2006
Seit Jahrhunderten gibt es bereits Geräte, die Erdbeben in großen Entfernungen registrieren
können und sogar die Richtung des Erdbebenherdes anzeigen. So wurde 132 n. Chr. in
China das Seismoskop erfunden, dessen Funktionsweise in der Abbildung erkennbar ist. In
Europa nutzte man später Schüsseln mit Überlaufrinnen, aus denen bei Erdstößen Wasser
oder Quecksilber schwappen konnte. Mithilfe dieser Geräte konnte jedoch keine Aussage
über die Stärke eines Erdbebens getroffen werden.
Zur Beantwortung dieser Frage gibt es im Wesentlichen zwei Ansätze: Zum einen lässt sich
ganz ohne Messgeräte die Intensität eines Erdbebens angeben, zum anderen erlaubt die
Messung der so genannten Magnitude Aussagen über die bei einem Erdbeben freigesetzte
Energiemenge.
Der Grad der bei einem Erdbeben entstandenen Schäden wird durch die so genannte
makroseismische Intensität angegeben. Als Skala verwendet man dazu im europäischen
Raum vor allem EMS-98 (European Macroseismic Scale). Die in 12 Intensitätsgrade
unterteilte Skala reicht von Erschütterungen, die nur von Messgeräten wahrgenommen
werden können, bis zu schwersten Zerstörungen.
Um ein Beben anhand einer makroseismischen Skala zu bewerten, können beispielsweise
Fragebögen an die Bevölkerung verteilt werden, die darin angegeben kann, wie sie, ganz
subjektiv, das Beben erlebt hat. Aber auch historische Beben lassen sich so mittels
zeitgenössischer Quellen (Augenzeugenberichte, bildliche Darstellungen, etc.) bewerten.
Überträgt man die in einer Region festgestellten Intensitätsgrade in Karten und verbindet
gleiche Werte miteinander, liefern die sich ergebenden Isoseisten Hinweise auf das
Epizentrum des Bebens. Für die Forschung ist es selbstverständlich unverzichtbar,
physikalische Eigenschaften von Erdbeben exakt zu messen. Dazu reicht natürlich nicht die
Bebenintensität, da deren Festlegung letztlich nur auf subjektiven Eindrücken basiert. Zudem
lassen sich mit der Makroseismik keinerlei Aussagen über die Stärke von Beben in spärlich
oder überhaupt nicht besiedelten Gebieten wie auch bei Erschütterungen der Ozeanböden
treffen. Mit Entwicklung des Seismographen im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die
Mikroseismik zu einem wichtigen Zweig der Seismologie.
Ein Seismograph zeichnet schwächste Bodenbewegungen dadurch auf, dass die
Bewegungen des fest mit dem Boden verbundenen Gerätes mit denen eines schweren
Körpers verglichen werden, der sich aufgrund seiner Trägheit und einer geeigneten
Aufhängung möglichst ruhig verhält. Die Konstruktion eines derartigen Gerätes stellt die
Entwickler vor große Herausforderungen, da Störungen wie Temperaturschwankungen oder
Vibrationen durch den Straßenverkehr ausgeschaltet, gleichzeitig die Geräte aber hoch
empfindlich sein müssen. Moderne Seismographen übertragen die Schwingungen mittels
eines Lasers und erlauben so eine elektronische Aufzeichnung und sofortige
Weiterverarbeitung der Messwerte.
Die Magnitude eines Bebens ist vereinfacht gesagt nichts anderes als der Ausschlag auf
Esther Rothenhöfer, Mai-16
dem so genannten Seismogramm. Als Maß für die Erdbebenmagnitude entwickelte der
amerikanische Seismologe Charles Francis Richter 1935 am California Institute of
Technology (Caltech) in Kalifornien die nach ihm benannte Richter-Skala. Da die Skala
logarithmisch aufgebaut ist, sind die Bodenbewegungen eines Bebens der Stärke 6
beispielsweise zehnmal stärker als bei einem Beben der Stärke 5, die freigesetzte
Energiemenge ist rund dreißigmal größer. Beben der Stärke 2 sind gerade noch spürbar.
Obgleich die Richter-Skala nach wie vor in der Öffentlichkeit sehr verbreitet ist, wird sie in der
seismologischen Forschung kaum noch verwendet. Diese bedient sich heutzutage eher der
Momentmagnitude, welche sich aus dem so genannten "seismischen Moment" ableiten lässt
und Eigenschaften des Bebenherdes und die Herdverschiebung mit berücksichtigt. Das
seismische Moment ist ein physikalisches Stärkemaß für Erdbeben und kann aus dem
Produkt der Erdbebenherdparameter Bruchfläche und Bruchversatz sowie alternativ direkt
aus Seismogrammen berechnet werden.
Das weltweit etablierte Netz aus seismologischen Stationen erfüllt noch einen weiteren
Zweck, nämlich die Überwachung des umfassenden Kernwaffenteststoppvertrages, der die
Durchführung von Atomtests unter der Erde, im Wasser und in der Luft verbietet. Die
enormen Energiemengen, die bei einer Kernwaffenexplosion freigesetzt werden, erzeugen
typische Wellenmuster, die weltweit registriert werden können. Somit kann kein Staat
unbemerkt derartige Waffen testen.
Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert
Verlag: Klett, Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004, Seite: www.klett.de/extra, Bearbeitungsdatum: 26.01.2006
Am 26. Dezember 2004 ereignete sich vor der Nordwestküste Sumatras ein starkes
Seebeben, welches mehrere Tsunamis auslöste, die weite Küstengebiete des Indischen
Ozeans verwüsteten. Über 300.000 Menschen kamen in den Fluten ums Leben, Millionen
wurden obdachlos und verloren ihren gesamten Besitz. Am stärksten betroffen waren die im
Norden der indonesischen Insel Sumatra gelegene Region Aceh, die westthailändische
Ferienregion um Phuket und die Ostküste Sri Lankas.
Das Seebeben ereignete sich im so genannten Sundagraben, einer Subduktionszone, in der
die Indisch-Australische Platte unter die Chinesische Teilplatte abtaucht. Dabei kommt es zu
Spannungen, die sich am 26.12.2004 um 7:58 Uhr Ortszeit in einem extremen Erdbeben der
Stärke 9,0 entluden. Das Hypozentrum lag dabei in einer Tiefe von etwa 30 Kilometern. Es
war das weltweit stärkste Erdbeben seit 40 Jahren. Bei diesem Hauptbeben kam es entlang
der Plattengrenze zu einem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bruch von mehr als 1.000
Kilometern Länge. Dem Hauptbeben folgten weit über 100 Nachbeben mit einer Magnitude
größer 5,0. Die Umgestaltung des Ozeanbodens innerhalb von Sekundenbruchteilen war
gewaltig, stellenweise kam es zu Hebungen von 10 Metern und mehr, Platten verschoben
sich um 30 Meter. Dabei wurden gigantische Energien frei und an den Wasserkörper
übertragen – Tsunamis entstanden.
Ausgehend vom Verlauf des Bruches breiteten sich mehrere Tsunamiwellen über den
Indischen Ozean aus. Unmittelbar betroffen waren die zu Indien gehörenden Inselgruppen
Andamanen und Nikobaren sowie die Nordwestküste Sumatras, welche dem Bebenherd am
nächsten lagen. Nach etwa einer Stunde erreichten die Wellen Myanmar, wenig später die
Westküste Thailands. Im Westen gelangte die erste Wellenfront nach weniger als zwei
Stunden an die Küste Sri Lankas, kurz darauf überspülte sie die Strände im südlichen und
östlichen Indien. Weniger als drei Stunden nach dem Beben fegte der Tsunami über die
Malediven hinweg und beendete schließlich nach sieben bis acht Stunden an der Ostküste
Afrikas sein Zerstörungswerk. Die Ausläufer dieses Tsunamis waren in der Folge aber in den
gesamten Weltmeeren nachweisbar. Die Höhe, welche die Wellen beim Auftreten auf das
Festland in der betroffenen Region hatten, ist nur schwer zu bestimmen, einiges deutet aber
darauf hin, dass sie stellenweise über 15 Meter betrug. In manchen Gebieten machte der
Tsunami sich nicht durch eine brechende Welle bemerkbar, vielmehr kam es zu einem
enorm schnellen Anstieg des Meeresspiegels, wobei dann das ablaufende Wasser durch die
enorme Sogwirkung für den Großteil der Opfer und Schäden verantwortlich war.
Das wirkliche Ausmaß dieser Katastrophe erschloss sich nur langsam. Sprach man zuerst
Esther Rothenhöfer, Mai-16
von wenigen tausend Toten, so stieg deren Zahl täglich, ja stündlich, an. Immer mehr
Vermisste mussten zu den Todesopfern gerechnet werden. Viele Regionen waren zunächst
völlig von der Außenwelt abgeschnitten, sodass Unklarheit über das Ausmaß der
Katastrophe herrschte. War am Tag des Bebens noch von mindestens 11.000 Todesopfern
die Rede, waren es am nächsten Tag bereits mehr als 24.000. Später stieg die offizielle Zahl
auf 50.000, dann 100.000, schließlich war die Rede von so vielen Opfern allein in
Indonesien. An der Westküste Sumatras sollen 70 Prozent der Küstenbewohner ums Leben
gekommen sein. Die Zahl stieg immer weiter. Drei Monate nach der Katastrophe gingen
offizielle Stellen davon aus, dass in insgesamt elf Ländern etwa 180.000 Menschen in den
Wassermassen starben, 50.000 galten noch immer als vermisst und können erst ein Jahr
später für tot erklärt werden. Überlebenden und Helfern bot sich ein grauenhaftes Bild:
Überall lagen Leichen, die in der tropischen Hitze zudem schnell anfingen zu verwesen. Um
Seuchen zu verhindern, wurden sie vielfach ohne Identifizierung in Massengräbern beerdigt.
Menschen suchten tagelang nach ihren Angehörigen, viele mussten die Hoffnung, dass sich
diese retten konnten, aufgeben. Tausende Kinder verloren ihre Eltern. Die Zahl getöteter
Ausländer ist groß, da beispielsweise mit Phuket in Thailand sehr beliebte Reiseziele von der
Katastrophe getroffen wurden.
In vielen Gebieten bot sich nach dem Tsunami ein Bild totaler Zerstörung: Dörfer, ja ganze
Städte wie das mit am härtesten getroffene Banda Aceh wurden dem Erdboden
gleichgemacht. Die Zahl der Menschen, die ihren gesamten Besitz in den Fluten verloren
haben, geht in die Millionen. An manchen Stellen drang das Wasser kilometerweit ins
Hinterland vor und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Zwar betrachten internationale
Versicherungskonzerne die Schäden als relativ gering, jedoch ist dies nur darin begründet,
dass in den betroffenen Entwicklungsländern nur wenig versichert ist, die Schäden für die
Menschen vor Ort aber sind kaum zu beziffern. Das Rote Kreuz ging vier Wochen nach dem
Ereignis von etwa 2,7 Millionen Obdachlosen in der Region aus. Wirtschaftliche Folgen sind
bislang kaum abzuschätzen, der Schaden vor allem für die Tourismusindustrie jedoch ist
groß. In den ersten drei Monaten nach der Katastrophe brach die Zahl der Touristen ein, und
zwar um bis zu 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mittlerweile hat sich jedoch wieder ein
deutliches Wachstum im zweistelligen Prozentbereich eingestellt.
Das Ausmaß der Tsunamikatastrophe in Südasien löste internationale Unterstützung bisher
nicht gekannten Ausmaßes aus; der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan,
sprach von der größten Hilfsaktion in der Geschichte der Organisation. Die nahezu
unglaublichen Bilder aus der Katastrophenregion führten auch zu einer enormen
Spendenbereitschaft, viele Hilfsorganisationen erhielten in den zwei Wochen nach der
Katastrophe mehr Spenden als sonst im Verlauf eines gesamten Jahres. Auf einer
internationalen Geberkonferenz am 11. Januar 2005 haben die Vereinten Nationen für ihre
Soforthilfe bindende finanzielle Zusagen über 717 Millionen Dollar erhalten. Die Koordination
der Hilfsmaßnahmen verlief nicht immer reibungslos, was angesichts des Ausmaßes der
Katastrophe zumindest verständlich erscheint: Während abgelegene Gebiete wochenlang
unversorgt blieben, ballten sich etwa in Banda Aceh Sanitätseinheiten und private
Organisation, so dass dort weit mehr Krankenhausbetten als Patienten vorhanden waren. Als
Erfolg ist jedoch zu sehen, dass größere Epidemien in den Katastrophengebieten verhindert
werden konnten. Neben kurzfristiger Nothilfe (z. B. medizinische Versorgung, Bereitstellung
von Lebensmitteln und Trinkwasser, Errichtung von Notunterkünften) wird auch der
langfristigen Aufbauhilfe große Bedeutung zukommen. Dazu gehört etwa die Lieferung von
Baumaterialien. Entscheidend ist, dass die Opfer an den Wiederaufbauarbeiten beteiligt
werden, weil dies therapeutische Wirkung hat und somit hilft, den Schrecken zu verarbeiten.
Eine spezielle Leistung soll auch der Aufbau eines Tsunami-Warnsystems sein, wie es
bereits im Pazifik existiert, um so eine Wiederholung der Ereignisse zu verhindern.
Quelle: Geographie Infothek, Autor: Sebastian Siebert
Verlag: Klett, Ort: Leipzig
Quellendatum: 2005
Seite: www.klett.de/extra, Bearbeitungsdatum: 16.02.2006
Esther Rothenhöfer, Mai-16
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