Markus Mayer (0803700) SS 2013 Die Chinesische Diaspora SE

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Markus Mayer (0803700)
SS 2013
Die Chinesische Diaspora
SE Kulturtransfers und Akkulturationsphänomene (Liedl/Feldbauer)
I. Einleitung
Wer heute durch Südostasien reist und die pulsierenden Metropolen dieser
aufstrebenden, vielleicht zentralen Weltregion des 21. Jahrhunderts, wie Bangkok
oder Singapur besucht, der wird bei seinem Aufenthalt auf ein Gemisch von
verschiedensten Ethnien und Sprachen stoßen. Eine dieser Ethnien werden immer
Chinesen darstellen. Heute leben um die 25 Millionen ethnische Chinesen in
Südostasien.1 Diese spielen eine nicht unwesentliche Rolle in der Wirtschaft von
Staaten wie Thailand oder Malaysia und einzelne Vertreter schaffen es gar bis in
höchste Staatsämter. Die meisten stammen von Einwanderern aus dem 19. und
frühen 20. Jahrhundert ab, aber die Ursprünge der chinesischen Migration gehen
weiter zurück.
Wir blicken dabei erneut auf eine Zeit, in der Südostasien im Zentrum einer
aufblühenden Weltwirtschaft steht, während der große Nachbar China durch große
Umwälzungen geprägt wird. Die Herrschaft der Mongolen und ihrer Yuan Dynastie
wird von Aufständen hinweggefegt und eine neue Dynastie übernimmt den Thron im
Reich der Mitte. Die Ming sollten die nächsten 300 Jahre der chinesischen
Geschichte beherrschen. Mit den Ming setzt sich aber auch eine neue oder besser
gesagt alte Staatsideologie durch. Der Konfuzianismus wird zum alles dominierende
Prinzip erkoren und führt dazu, dass sich China versucht von allen äußeren
Einflüssen abzuschotten. Gerade in dieser Zeit entwickelt sich in Südostasien eine
Diasporagemeinde von Händlern und Piraten, Renegaten und Aufständischen aus
dem Kaiserreich, welche die Tür zu diesem einen Spalt weit offen hält. Sie bindet
sich ein in das verworrene, aber ebenso hocheffektive Netzwerk Südostasiens, in
dem Güter und Kulturen gehandelt werden und miteinander in Kontakt kommen. Sie
siedeln sich in allen wichtigen Zentren dieser Region an. Ähnlich wie die Griechen in
der antiken Méditerranée siedeln die Chinesen des langen 16. Jahrhunderts in
Südostasien wie die Frösche um einen Teich. Obwohl sie also außerhalb der
Reichsgrenzen, zum Teil bereits über Generationen leben, bleiben sie ihrer alten
Heimat treu und die Möglichkeit der Rückkehr wird nie außer Acht gelassen. Es
1
Craig A. Lockard, "The Sea Common to All". Maritime Frontiers, Port Cities, and Chinese Traders in
the Southeast Asian Age of Commerce, ca 1400-1750, in Journal of World History 21 (2010), S. 219247, hier S. 246.
1
reicht aber nicht die Diaspora nur aus einem Blickwinkel zu betrachten. Sie sind nicht
nur Satelliten Chinas in einer anderen Welt, aber auch nicht nur Bestandteil des
südostasiatischen Netzwerkes. Vielmehr stehen sie in einem Spannungsfeld
zwischen beiden, in dem sie sich scheinbar gut einfinden konnten.
Sie waren aber auch immer auf den guten Willen ihrer Gastgeber angewiesen. Im
Gegensatz zur späteren Migration und vor allem Kolonisation aus Europa,
interessierte sich der chinesische Staat überhaupt nicht für seine Töchter und Söhne
im Ausland. Hilfe oder Unterstützung war von dieser Seite nicht zu erwarten. Die
Migranten wurden bestenfalls ignoriert, im schlimmsten Fall als Bedrohung
wahrgenommen und bekämpft.2 Die familiären Bande blieben aber immer bestehen
und sorgten dafür, dass es weiterhin einen Austausch miteinander gab. Ähnlich
verhält es sich mit den Gastgebern. Auch hier oszillierte die Behandlung zwischen
Protektion und Förderung aber auch Benachteiligung und sogar Verfolgung. Sie
waren also immer gezwungen sich anzupassen und ihren Platz zu finden. Auf
Unterstützung von außen konnten sie nicht hoffen.
Diese Situation zwischen den Blöcken führt aber auch dazu, dass es gerade über
diese erste Diaspora des langen 16. Jahrhunderts relativ wenige Aufzeichnungen
gibt.3 Vom offiziellen China wurden sie ignoriert4 und in ihren Gastgesellschaften
waren sie nur eine von vielen Gruppen, die sich zu dieser Zeit in allen wichtigen
Häfen Südostasiens ansiedelten. Viele bleiben nur für kurze Zeit um den Monsun
abzuwarten oder bleiben nur für einige Jahre. Nur selten kam ihnen dabei so große
Bedeutung zu wie in Manila oder Malaka. Diese geringe zeitgenössische Beachtung
steht geradezu massiv im Widerspruch zur Bedeutung die sie tatsächlich in der
Interaktion mit China, aber auch zwischen den einzelnen Häfen hatten. Sie
entwickelten ein stark auf familiäre Netzwerke aufgebautes System, dass sich als
sehr robust erwies und das Auftauchen der Europäer nicht nur relativ unbeschadet
überstand, sondern sogar massiv davon profitierte.
Meine These ist, dass die chinesische Diaspora dabei eine entscheidende
Relaisfunktion für die Verbindung zwischen den kommerziellen Zentren Südostasiens
und dem Kaiserreich einnahm. Dabei kam ihre eine entscheidende Funktion zu, die
2
Wang Gungwu, The Chinese Overseas. From Earthbound China to the Quest for Autonomy
(Cambridge Mass., 2000) S.52.
3 Wang Gungwu, Sojourning: The Chinese Experience in Southeast Asia, in: Anthony Reid (Hg.),
Sojourners and Settlers: Histories of Southeast Asia and the Chinese. In honour of Jennifer Cushman
(St. Leonards, 1996) S. 1-14, hier S. 6.
4 Gang Deng, Chinese Maritime Activities and Socioeconomic Development, c. 2100 B.C.-1900 AD
(Westport, 1997) S. 144.
2
nur sie durch ihre verwandtschaftlichen, sprachlichen und kulturellen Verbindungen
zu ihrer alten Heimat erfüllen konnte. Im folgenden Artikel soll nun diese, oftmals nur
am Rande betrachtete Geschichte der ersten chinesischen Diaspora in Südostasien
näher beleuchtet werden. Zunächst soll dabei aber der Blick auf das Spannungsfeld
geworfen werden in dem sich diese befindet. Zum einen auf Südostasien im "Age of
Commerce" und seinem hocheffektiven Netzwerk auf dem Güter und Ideen
transportiert wurden. Diese Region, in der die Chinesen der Diaspora lebten, spielt
natürlich eine wichtige Rolle für diese. Zum anderen auf das chinesische Kaiserreich
in der Ming Zeit selbst, also dem Ursprungsland der Migranten. Dieses China, das
zugleich wichtigster Markt der Welt war, sich als unumschränktes Zentrum von dieser
sah, sich aber zur gleichen Zeit auch gegen jeden äußeren Einfluss abzuschotten
versuchte. Diese beiden Bereiche sollen durchaus ausführlich betrachtet werden, da
sie das Feld darstellen in der sich die Diaspora bewegt. Dieses Feld zu verstehen ist
daher meiner Ansicht nach unerlässlich um die Funktion der Diaspora darin zu
verstehen. Dann soll auch ein detaillierterer Fokus auf die Diaspora selbst geworfen
werden. Woher sie kommt, wie sie sich zusammensetzte, welche Funktion sie im
Spannungsfeld zwischen China und Südostasien schlussendlich ausübte und ob die
These von ihrer Relaisfunktion haltbar ist. Zu guter Letzt sollen noch einige
Fallbeispiel zeigen, wie sich die Chinesen in ihre jeweiligen Gastgesellschaften
eingliederten und zu welch unterschiedlichen Entwicklungen es dabei kommen
konnte.
II. Südostasien im "Age of Commerce"
Bevor man sich nun näher mit der ersten chinesischen Diaspora auseinandersetzt,
ist es notwendig, sich einmal bewusst zu machen, in welchem Raum wir uns in
dieser Zeit bewegen. Südostasien machte in dieser Zeit eine Entwicklung durch, die
man durchaus mit der heutigen vergleichen könnte. Befeuert vom Wachstum der
großen Nachbarn Indien und vor allem China war das lange 16. Jahrhundert
gleichbedeutend mit dem "Age of Commerce", das zu einer Ausweitung des Handels
in Südostasien führte und in vielen Bereichen mit der heutigen Situation deckt.
Gerade der chinesischen Diaspora kam in dieser Zeit große Bedeutung zu.
Bereits in der Antike wurde über den Seeweg zwischen Indien und China Handel
getrieben. Selbst römische Produkte fanden auf diesem Weg ihr Ziel im Kaiserreich
3
der Han Dynastie.5 Im Hochmittelalter gelangte die Seeverbindung zwischen China
und Indien zu immer größerer Bedeutung. Diese "Seidenstraße des Meeres"6 wurde
im Verlauf der Zeit immer wichtiger und übertraf ihr Pendant zu Lande wohl bei
weitem. Chinesische Händler waren besonders in der Yuan Zeit bis weit nach Indien
aktiv. Indien wurde zu einem wichtigen Handelspartner für China und zu einem
wichtigen Lieferanten von Luxusgütern, aber auch Gütern wie Pfeffer, für den Indien
die wichtigste Bezugsquelle für Yuan China darstellte.7 Dazu kamen noch viele
weitere Güter aus Indien, aber auch Europa und dem arabischen Raum, die über
diesen Seeweg China erreichten.8 Über die Bedeutung dieses Seeweges berichten
bereits die beiden westlichen Weltreisenden Marco Polo und Ibn Battuta.9 Es wurden
hier aber nicht nur Güter, sondern auch Ideen, Technologien und Religionen
transportiert. Regional unterschiedlich dominierten chinesische Einflüsse, wie zum
Beispiel in Vietnam, das über eine sinisierte, vom Konfuzianismus geprägte
Beamtenschichte verfügte10, oder die indische Kultur. Dazu kam im Verlauf des 14.
und 15. Jahrhunderts noch die langsame Konversion großer Bevölkerungsgruppen
zum Islam.11 Festzuhalten ist allerdings, dass keiner dieser äußeren Einflüsse eine
dominierende Rolle für sich beanspruchen konnte, sondern es vielmehr zu einer
Vermischung dieser mit einheimischen kulturellen Merkmalen kam, die wiederum
eine ganz eigene und auch innerhalb Südostasiens sehr unterschiedliche Kultur
hervorbrachte.
Südostasien allein auf eine Vermittlerfunktion zwischen Indien und China zu
beschränken, würde der Bedeutung dieses Raumes allerdings Unrecht tun. Zwar
waren diese beiden großen Nachbarn, wie wir gesehen haben, von großer
Bedeutung, aber Südostasien war mehr als nur eine Transitroute. Es war selbst ein
großer Absatzmarkt für chinesische und indische Produkte, aber vor allem auch ein
Lieferant von vielen Waren die große Begehrlichkeiten weckten.
5
Tansen Sen, The Formation of Chinese Maritime Networks to Southern Asia, 1200-1450, in: Journal
of the Economic and Social History of the Orient 49 (2006) S. 421-453, hier S. 421f.
6 Tilman Frasch, Partikularismus und Kulturtransfer am Rande der Welt. Südostasien, in: Thomas Ertl,
Michael Limberger (Hg.), Die Welt 1250-1500 (Globalgeschichte. Die Welt 1000-2000, Wien, 2009) S.
325-354, hier S. 327.
7 Sen, Formation, S. 428.
8 Für eine Aufzählung dieser Güter von Früchten, über Metallen, bis hin zu Textilien vgl. Angela
Schottenhammer, Vom mongolischen Teilreich bis zum Reich der Mitte. China, in: Ertl, Die Welt, S.
355-382 hier S. 361.
9 Für Genaueres über die Berichte von Marco Polo und Ibn Battuta die beide den Seeweg zwischen
Indien und China kennenlernten vgl. Sen, Formation, S. 425-433.
10 Frasch, Partikularismus, S. 336f.
11 Frasch, Partikularismus, S. 326f.
4
Um das Netzwerk Südostasiens zu verstehen muss man zunächst einen Blick auf die
geographischen und vor allem klimatischen Verhältnisse werfen. Nicht unähnlich wie
in der Méditerranée war und ist wohl bis heute, das Meer die wichtigste
Verkehrsverbindung. Südostasien besteht aus einer schier unendlichen Anzahl von
großen und kleinen Inseln und das Festland wird immer wieder von großen Buchten
eingeschnitten. Wo das Meer nicht verfügbar war bildeten die großen Ströme wie der
Mekong oder der Irrawady seine Fortsetzung. In einem unterschied sich das System
Südostasien aber doch sehr deutlich von der Méditerranée. Es verfügte nämlich über
einen, ihm eigenen, vom Monsun aufgezwungenen Rhythmus, dem sich die ganze
menschliche Bewegung am Meer unterwerfen musste. Von April bis August bläst der
Wind in Richtung des asiatischen Kontinents nach Norden. Von Dezember bis März
in die Gegenrichtung vom Kontinent auf das offene Meer nach Süden.12
Der Monsun steuerte aber nicht nur den Rhythmus Südostasiens, sondern unterteilte
es auch in unterschiedliche Abschnitte, an deren Grenzen sich die wichtigsten
kommerziellen Zentren der Region entwickelten. Diese sogenannten port cities
stellten für die Händler einen sicheren Rastplatz dar, an dem sie die nächste Periode
des Monsuns abwarten konnten um ihre Reise fortzusetzen oder nach Hause
zurückzukehren.13 Diese Zeit stellte natürlich auch eine Möglichkeit dar zu handeln,
umso mehr, als es bedeutete, dass zur gleichen Zeit mehr oder weniger
gezwungermaßen Händler aus ganz verschiedenen Herkunftsländern sich in diesen
Städten befanden. Diese längeren Stopps stellten aber auch den Ausgangspunkt für
die Entwicklung verschiedener Händlerkolonien in den jeweiligen Städten dar. Schon
der Aufenthalt für mehrere Wochen oder Monate stellte gewisse Anforderungen an
die Infrastruktur dieser Städte, wie zum Beispiel Möglichkeiten der Pflege der
jeweiligen
Religion
oder
Vertreter
der
einzelnen
Gruppen
in
rechtlichen
Streitigkeiten.14 Von dieser Situation war es nur noch ein kleiner Schritt bis sich
tatsächlich dauerhafte Gemeinschaften von Ausländern in den
port cities
Südostasiens entwickelten. Überhaupt zeichneten sich diese Städte durch eine
große ethnische Vielfalt aus. So berichtet der portugiesische Seefahrer Tomé Pires
12
Anthony Reid, Southeast Asia in the Age of Commerce, 1450-1680. Volume Two: Expansion and
Crisis (New Haven, 1993) S. 64.
13 Reid, Southeast, S. 65.
14 Ein Beispiel für diese Existenz von religiösen Schreinen für Händler die sich nur zeitweise in einer
Region aufgehalten zu haben schienen bietet eine Pagode im 14. Jahrhundert in der Südostindischen
Hafenstadt Nāgipaṭṭiṇam, von der chinesische Seefahrer berichten und die auch für diese gedacht
war. Dazu vgl. Sen, Formation, S. 426.
5
zum Beispiel davon, dass in Malaka mehr als 84 Sprachen gesprochen wurden. 15
Vielfach wurde die Ansiedlung von ausländischen Händlern auch von den jeweiligen
Herrschern befördert, mit dem Ziel zu verhindern, dass aus einer selbstbewussten
einheimischen Händlerschicht ein politischer Machtfaktor entstehen könnten, der
eine Bedrohung für die jeweiligen Herrscher darstellen würde.
Das lange 16. Jahrhundert stellt neben dem 20. und 21. Jahrhundert die einzige
Epoche in der Geschichte Südostasiens dar, in der Hafenstädte das Hinterland in
Bedeutung und ökonomischer und politischer Macht übertrumpfen konnten. 16 Sind es
heute Singapur, Bangkok oder Jakarta, welche die Kraftwerke des südostasiatischen
Netzwerks darstellten, so waren es 500 Jahre zuvor Malakka, Ayutthaya oder Brunei.
Diese Städte allein auf ihre Funktion als Handelsknotenpunkt zu reduzieren wird
ihnen allerdings nicht gerecht. Sie verfügten zum Teil auch über eine durchaus
veritable militärische Schlagkraft. So bezeichnet Ayutthaya nicht nur die Stadt an den
Ufern des Chao Phraya Flusses, sondern auch ein Landreich, das sich über große
Teile des heutigen Thailand erstreckte.17 Einige dieser port cities verfügten auch über
große Bevölkerungszahlen, auch wenn diese heute oftmals schwierig zu eruieren
und sehr ungenau sind. So gibt es zum Beispiel für Ayutthaya Angaben von bis zu
2,5 Millionen Einwohnern, die aber weit übertrieben sein dürften. Die größten dieser
Städte wie eben Ayutthaya, Malakka oder das burmesische Pegu dürften im 16.
Jahrhundert an, wenn nicht über 100 000 Bewohner gehabt haben.18
Die Herrschaften in Südostasien waren stark personifiziert und es gab keine
Entwicklung hin zu vergleichbaren Strukturen die in Richtung der Entwicklung eines
Rechtsstaats wiesen wie in Europa. Auch die Implementierung religiöser Gesetze
war stark von der Person des Herrschers abhängig. 19 Trotzdem, oder gerade
deswegen erhielten die Städte, wie bereits erwähnt, einen sehr kosmopolitischen und
pluralistischen Charakter. Lokale Herrscher unterstützten in all diesen Herrschaften
Migranten und ermöglichten ihnen zum Teil den Aufstieg bis in hohe Positionen des
Staates, um die lokalen Eliten möglichst von der Macht fernzuhalten. Mit der Zeit
entstanden in vielen dieser Städte eigene Viertel für die jeweiligen Gemeinschaften,
denen auch ein gewisses Maß an Selbstverwaltung zugestanden wurde. Als Beispiel
15
Luis Felipe Ferreira Reis Thomaz, The Malay Sultanat of Melaka, in: Anthony Reid (Hg.), Southeast
Asia in the Early Modern Era. Trade, Power, and Belief (Ithaca, 1993) S. 69-90, hier S. 77.
16 Reid, Southeast, S. 62.
17 Reid, Southeast, S. 205.
18 Reid, Southeast, S. 69. Für die weitere Entwicklung im 17. Jahrhundert vgl. Reid, Southeast, S. 71f.
19 Jeyamalar Kathirithamby-Wells, Restraints on the Development of Merchant Capitalism in
Southeast Asia before c. 1800, in: Reid, Modern, S. 123-150, hier S. 139.
6
soll hier wiederum Ayutthaya herhalten, das im 17. Jahrhundert eigene Viertel für
Chinesen, Vietnamesen (Cochin-Chinesen), Malaien, Portugiesen, Holländer und
Einwanderer aus Makassar hatte.20 Die Chinesen stellten also bei weitem nicht die
einzige Gruppe dar, die sich in den port cities ansiedelte. Auch Malakka hatte eine
große ausländische Bevölkerung, die um 1500 an die 15 000 Menschen gehabt
haben soll. Hier hatten vier ausländische Händler den Posten der shahbandar, des
Hafenmeisters, inne und kümmerten sich dementsprechend um die Kontrolle des
Handels im Hafen. Einer von ihnen wurde im Regelfall von der chinesischen
Gemeinschaft gestellt.21
Viele dieser Städte profitierten auch von einer zumindest geistigen oder
ideologischen Unterstützung Chinas, die sich eher in der Vergabe von Titeln und
Priviligien zeigte, als durch militärische Unterstützung. Von herausragender
Bedeutung waren dabei die Reisen Zheng Hes, die ihn bis nach Ostafrika führten.
Hauptziel mehrerer dieser gigantischen Flottenunternehmungen waren aber die port
cities Südostasiens. Tatsächlich dürften die Reisen Zheng Hes auch einen
wirtschaftlichen Schub für die Entwicklung Südostasiens geliefert haben. Mit diesen
Unternehmung auch den Beginn des Age of Commerce anzusetzen wie es Anthony
Reid tut22 erscheint mir aber doch etwas die Bedeutung dieser zu überschätzen und
die bisherige wirtschaftliche Entwicklung in Südostasien seit dem 13. und 14.
Jahrhundert zu überschätzen. Ebenso würde dies ignorieren, dass keineswegs nur in
die Richtung Chinas gehandelt wurde, sondern auch nach Südasien und innerhalb
Südostasiens selbst. Nichts desto trotz war und ist bis heute China von großer
Bedeutung für die Entwicklung Südostasiens. China stellte über die ganze Zeit des
langen 16. Jahrhunderts den wichtigsten Referenzpunkt Südostasiens dar. Es war
der wichtigste Handelspartner und Abnehmer der Produkte aus der Region. 23 Daran
änderte auch die zunehmend isolationistischere Außenpolitik der Ming Dynastie
wenig. Dies führte vielmehr dazu, dass sich der Handel nun andere Wege und
Zwischenhändler suchte um seinen Weg in das Reich der Mitte zu finden.
So wichtig China für den Handel auch war, mit Ausnahme der Expeditionen Zheng
Hes stellte es nie eine ernstzunehmende Flotte auf, die Südostasien stärker an das
Reich binden hätte können. Im Gegensatz zu Europa blieben militärische
20
Reid, Southeast, S. 81.
Lockard, Sea, S. 229-231.
22 Anthony Reid, Flows and Seepages in the Long-term Chinese Interaction with Southeast Asia, in:
Reid, Modern, S. 15-50, hier S. 28.
23 Reid, Southeast, S. 12.
21
7
Unternehmungen, wie eben denen Zheng Hes oder die Expansion des javanischen
Königreiches Majapahit, eher auf das Festland beschränkt. Eine dominierende
Seemacht existierte bis zum Eintreffen der Europäer nicht.24
Die Produkte die in den port cities ihren Besitzer wechselten umfassten eine breite
Palette. Sie umfassten von Gewürzen wie Pfeffer, über Edelhölzer und Delikatessen
bis hin zu Düften alle möglichen Formen von Luxusgütern. Mindestens ebenso
bedeutend war aber auch der Handel mit Massengütern wie Reis, Holz oder Pferden.
Aus China kamen viele Fertigwaren wie Porzellan und Seide aber auch ganze
Schiffe mitsamt Besatzung in den Kreislauf. Auch Metalle wie Zinn, Gold und vor
allem Silber, das zum wichtigsten Zahlungsmittel der Region und insbesondere
Chinas aufstieg wurden in großem Umfang gehandelt.25 Ein besonders spannendes
Exportprodukt aus China stellen Kupfermünzen dar, die zur Weltwährung des
gesamten Ost- und Südostasiatischen Raums wurden.26 Sie unterstreichen noch
einmal von welch großer ökonomischer Bedeutung China für die gesamte Region als
Handelspartner, Absatzmarkt und Referenzpunkt war und auch im Verlauf der Ming
Dynastie weiterhin blieb.
III. China unter den Ming
Die chinesische Diaspora allein aus Südostasien zu betrachten reicht allerdings nicht
aus um sie in ihrer gesamten Dimension zu erfassen. Dazu muss man auch einen
Blick auf das Reich aus dem sie in ihre neue Heimat aufmachten zu werfen, nämlich
China. China war wie bereits erwähnt für Südostasien von zentraler Bedeutung,
wirtschaftlich, aber auch, wie im folgenden noch näher dargestellt werden soll als
politische Legitimationsgrundlage. Gerade die Diaspora war es, die den Kontakt
zwischen beiden aufrecht erhielt. Die Ereignisse in China fanden daher immer ihren
Widerhall in Südostasien und besonders in der Diaspora. Daher soll nun auf den
folgenden Seiten ein kurzer Einblick in die Entwicklung Chinas im Verlauf des langen
24
Bernhard Dahm (u. a.), Agrarzivilisationen, Hafenfürstentümer, Kolonialsiedlungen. Indischer
Ozean, Süd- und Südostasien, in: Peter Feldbauer, Jean-Paul Lehners (Hg.), Die Welt im 16.
Jahrhundert (Globalgeschichte. Die Welt 1000-2000, Wien, 2008) S. 210-264, hier S. 221.
25 Für Beispiele über die Fülle von Handelswaren die Südostasien erreichten vgl. Dahm,
Agrarzivilisationen, S. 226-229.
26 Zitat Kupfermünzen
8
16. Jahrhunderts gegeben werden und besonders auf die Auswirkungen auf die
Beziehungen mit Südostasien eingegangen werden.
Mitte des 14. Jahrhunderts brach die mongolische Yuan Dynastie zusammen und
1368 rief sich der Rebellenführer Zhu Yuanzhang in Nanjing zum ersten Kaiser der
neuen Ming Dynastie aus. Besser bekannt sollte er unter der Bezeichnung seiner
Regierung Hongwu, was so viel bedeutet wie großartige Militärmacht, sein. In den
nächsten Jahren gelingt es ihm auch alle anderen Warlords, die sich gegen Ende der
Yuan Zeit um die Herrschaft im Reich der Mitte bekriegten zu besiegen und
tatsächlich zum Herrscher über ganz China zu werden.27 Die Ablöse der Yuan
Dynastie durch die Ming stellt aber nicht nur das Auftreten einer neuen
Herrscherfamilie dar, sondern bringt eine soziale, ideologische und ökonomische
Revolution von oben mit sich, welche in diesem Ausmaß im spätmittelalterlichen und
frühneuzeitlichen Kontext unvorstellbar erscheint.
Mit der Hongwu Herrschaft kam auch eine alte Ideologie zu neuen Ehren. Der
Konfuzianismus wurden zum alles bestimmenden Prinzip des Staates. Hongwu, der
selbst aus dem Bauernstand stammte, hegte großes Misstrauen gegenüber der alten
Elite der konfuzianischen Beamten, der Eunuchen, Landbesitzer und Händler. Er
machte deren Unfähigkeit, Hang zur Korruption und zum Luxus für das Scheitern der
Vorgängerdynastie verantwortlich. Ganz nach den Idealen des Konfuzianismus sah
man in der Ungleichverteilung von Reichtum den Ursprung alles Übels. Handel
wurde dabei, als besonders negativ empfunden, da er den Reichtum einiger weniger
enorm vermehren würde und die große Masse der Bevölkerung benachteiligt werden
würde. Dagegen sei die Landwirtschaft zu fördern mit dem Ziel, dass sich jeder von
seiner eigenen Arbeit ernähren können sollte. Handel dagegen würde die
Ungleichheiten
nur
vergrößern,
da
nach
dem
traditionellem
Denken
des
Konfuzianismus nur eine gewisse Menge an Reichtum existierte und dieser deshalb
so gleichmäßig wie möglich verteilt werden musste um Unruhen und Instabilität zu
vermeiden.28
Die erste Maßnahme dazu, die noch direkt unter der zunehmend autokratischen
Herrschaft Hongwus durchgeführt wurde war eine radikale Landreform, die praktisch
die gesamte landbesitzende Elite mit einem Schlag entmachtete und ihres Besitzes
27
Sabine Dabringhaus, Geschichte Chinas. 1279-1949 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte,
München, 2009²) S. 14.
28 Angela Schottenhammer, Eine chinesische Weltordnung. Ostasien, in: Feldbauer, 16. Jahrhundert,
S. 290-334, hier S. 298.
9
beraubte. Praktisch mit einem Federstrich wurde aller Landbesitz der über eigene
Bewirtschaftungsmöglichkeiten hinausging enteignet und gegen eine Rente in Form
von Nahrung und Kleidung getauscht. Das frei gewordene Land wurde an Familien
die bisher kein Land besaßen übergeben. Ebenso ging es Taoistischen und
Buddhistischen Klöstern. Im Gegensatz dazu bekamen auch Soldaten ihren Anteil
am neu zur Verfügung stehenden Land, was zur Selbstversorgung der Armee führen
sollte. Auch die Beamtenschaft musste mit großen Einbußen zurechtkommen und
massive Gehaltskürzungen akzeptieren.29 Diese Gehälter wurden zu diesem
Zeitpunkt noch in Naturalien bezahlt, was viele Beamte tatsächlich in Schwierigkeiten
brachte nun ihre Familien zu ernähren. Auch die Eunuchen wurden zu Beginn der
Ming Ära massiv in ihrer bisherigen Macht beschnitten was bis dahin ging, dass
ihnen verboten wurde lesen zu lernen.30 Trotzdem sollten sie bereits wenige
Jahrzehnte später wieder zu großem Einfluss kommen und der Konflikt mit den
konfuzianischen Literatenbeamten immer mehr zunehmen.
Für die Betrachtung der Diaspora am zweifellos wichtigsten war aber das Verbot des
privaten Handels mit dem Ausland. Davon betroffen waren natürlich besonders die
Hafenstädte im Süden des Landes ab 1371. Zuvor hatte der private Handel unter der
Song und der Yuan Dynastie geblüht und konnte sich relativ und ungestört vom
Einfluss der Zentralmacht entfalten und die Händler machten große Profite. Mit der
Machtergreifung der Ming änderte sich dies allerdings radikal. "Whereas the early
Ming was a paradise for petty landholding peasants it was a hell for merchants."31
Händler und Handel wurden als Gefährdung für die Stabilität des Staates gesehen,
da sie zu Reichtum kommen würden, der am Ende Armut für andere bedeuten
müsste. Demnach wurden Händler massiv sozial Benachteiligt. Sie durften nicht an
den staatlichen Beamtenprüfungen teilnehmen und für längere Reisen mussten man
die Erlaubnis der Regierungsbehörden einholen und Güter durften nur noch in
staatlichen Lagerhäusern gelagert werden.32
Noch stärker wirkte sich aber das Verbot von privatem Handel mit dem Ausland auf
die Händler in China aus. Um dieses zu erklären muss man etwas weiter ausholen,
da es sich nicht nur mit der Durchsetzung des konfuzianischen Ideals der Gleichheit
29
Zu den genauen Zahlen wie Land neu verteilt wurde und in welchem Ausmaß Gehälter gekürzt
wurden vgl. 29 Li Kangying, The Ming Maritime Trade Policy in Transition, 1368 to 1567 (Wiesbaden,
2010) S. 27-33.
30 Schottenhammer, Weltordnung, S. 297.
31 Kangying, Ming, S. 33.
32 Dazu wie Händler in der frühen Ming Zeit systematisch benachteiligt wurden vgl. Kangying, Ming, S.
33-38.
10
erklären lässt. Mit den Ming war nach einem Jahrhundert der Herrschaft einer
eigentlich fremden Dynastie, den mongolischen Yuan, wieder eine genuin
chinesische Dynastie auf dem Thron. Unter ihnen kam es vielleicht zur stärksten
Manifestation der Ideologie China als Reich der Mitte zu sehen. Diese Ideologie sah
China als da Zentrum der Welt und den Kaiser als Sohn des Himmels der für sich
beanspruchte Herrscher über die gesamte Erde zu sein. China selbst stellt demnach
die höchste Form der Zivilisation dar und alle anderen Nachbarn sind im Prinzip nur
Barbaren, die sich mehr oder weniger gar keine andere Möglichkeit hatten als sich
der Pracht und Macht Chinas zu unterwerfen.33 Im Gegensatz zu vielen anderen
Imperien mit dem Anspruch der Weltherrschaft führte diese Ideologie allerdings nicht
zu einer aggressiven Expansion nach außen, sondern mit wenigen Ausnahmen, auf
die später noch näher einzugehen sein wird, zu einer starken Konzentration auf sich
selbst. Damit kehrte man im Prinzip einen Trend um, der das gesamte Mittelalter
angehalten hatte und China immer mehr nach außen öffnete. Nun schwenkte das
Pendel in die andere Richtung aus.
Warum sich China so stark mit sich selbst zufrieden gab ist schwierig zu
argumentieren. Ein Grund mag sein, dass Anspruch und Wirklichkeit oftmals
auseinanderklafften. So stark die Ming Herrscher im Inneren waren, so schwach
präsentierten sie sich oftmals nach außen. Zwar war die chinesische Militärmacht zu
großen Machtdemonstrationen fähig, auf lange Sicht endeten diese aber meist in
einem Desaster. Im Norden stellten die Mongolen, auch wenn sie im Prinzip den
Anspruch auf den Drachenthron aufgegeben hatten, eine ständige Bedrohung dar.
Alle militärischen Aktionen gegen sie endeten mehr oder weniger erfolglos. 1449
endete einer dieser Feldzüge mehr oder minder in einer Katastrophe und der
Gefangennahme des jungen Kaisers Yingzong durch die Mongolen.34 Selbst der Bau
der großen Mauer half nur bedingt für Sicherheit zu sorgen und die Mongolen blieben
eine ständige Bedrohung bis zum Ende der Ming Dynastie und konnten sogar bis vor
die neue Hauptstadt Peking vordringen.35 Wenig mehr Erfolg hatte man im Süden
des Reiches. Hier leitete der Kaiser Yongle zu Beginn des 15. Jahrhunderts eine
großangelegte Offensive gegen das vietnamesische Reich Dai Viet. Zwar gelang es
33
Angela Schottenhammer, The "East Asian Mediterranean". Introduction by the editor, in: Angela
Schottenhammer (Hg.), Trade and Transfer across the East Asian "Mediterranean" (East Asian
Economic and Social-cultural Studies, Wiesbaden, 2005) S. 1-10, hier S. 1.
34 Dabringhaus, Chinas, S. 18.
35 Im Jahr 1550, dazu: Schottenhammer, Weltordnung, S. 306.
11
auch 1407 dieses zu erobern, aber nur 20 Jahre später musste man sich nach einer
massiven Rebellion der Vietnamesen wieder zurückziehen.36
Noch gefährlicher für den Handel erwies sich die Bedrohung durch japanische
Piraten, den sogenannten wakō, die auf Inseln wie Tsushima ihre Rückzugsgebiete
hatten und keineswegs nur aus Chinesen bestanden. Viele von ihnen waren auch
Bewohner der chinesischen Ostküste.37 Piraten waren immer Teil Ost- und
Südostasiatischen Welt. Oftmals wurde angenommen, dass die enormen Ausmaße,
welche die Piraterie annahm, der Hauptgrund für das Seeverbot, das unter dem Titel
Haijin 1371 in Kraft gesetzt wurde38, waren. Folgt man allerdings der Argumentation
Li Kangyings, so wird schnell klar, dass das Verbot des privaten Seehandels vor
allem aus ideologischen Gründen passierte und gerade dafür verantwortlich war,
dass die Piraterie solche Ausmaße annehmen konnte. Durch das Verbot des privaten
Handels wurden Händler in die Illegalität und zur Piraterie gezwungen. Bereits in
zeitgenössischen Quellen wurde dies erkannt. Li Kanying zitiert hierzu Tang Shu,
einen hohen Beamten aus Fujian im 16. Jahrhundert: "Pirates and traders are the
same people. When trade flourishes, pirates become traders; and when trade is
banned, traders become pirates."39 Da die meiste Zeit die militärischen Mittel fehlten
um effektiv gegen die Piraten vorzugehen, blieb die Bedrohung der Küstenprovinzen
die gesamte Ming Zeit bis zur Aufhebung des Handelsverbotes bestehen.
Was besagt nun dieses Handelsverbot, das immerhin von 1371 bis 1567 in Kraft war.
Es untersagt im Prinzip jeglichen privaten Handel mit dem Ausland, egal ob es sich
nun um den Seehandel mit Ost- und Südostasien oder den Handel mit den Mongolen
im Norden und Westen handelte. Wie bereits erwähnt wurden Handel und Händler
von der neu herrschenden Staatsideologie des Konfuzianismus als schlecht und
gefährlich betrachtet. Sie würden für Ungleichheit sorgen und damit die Stabilität des
Staates in Gefahr bringen.40 Dazu kam die Ansicht, dass Handel mit den Barbaren
auf gleicher Ebene sich nicht für ein Reich von solcher Bedeutung wie dem
chinesischen geziemte. Trotzdem war das chinesische Kaiserreich auf Importe aus
dem Ausland angewiesen und noch viel größer war das Bedürfnis anderer Regionen
nach chinesischen Produkten. Immer wieder werden die Piraterie und die
36
M. C. Ricklefs (Hg.), A new History of Southeast Asia (Basingstoke, 2010) S. 104f.
Für eine genaue Abhandlung über die wakō auf der Insel Tsushima zwischen Japan und Korea vgl.
Barbara Seyock, Pirates and traders on Tsushima Island during the late 14th to early 16th century: as
seen from historical and archeological perspectives, in: Schottenhammer, Trade, S. 91-124.
38 Schottenhammer, Teilreich, S. 374f.
39 Kangying, Ming, S. 17.
40 Schottenhammer, Teilreich, S. 370f.
12
37
regelmäßigen Einfälle der Mongolen in China mit dem dringenden Wunsch nach
Handelsbeziehung erklärt.41 Aber auch China war in vielen Bereichen, die zum Teil
sogar von strategischer Bedeutung waren, von ausländischen Produkten abhängig.
Ein Beispiel dafür ist der Handel mit Pferden, der von ganz zentraler Bedeutung war.
Noch wichtiger war allerdings der Handel mit Silber. Das chinesische
Währungs- und Steuersystem stellte sich im Verlauf der Ming Dynastie um. Wurden
Steuern und Gehälter im 14. und frühen 15. Jahrhundert noch in Waren, wie
Nahrungsmittel oder Kleidung oder aber auch Dienstleistungen, wie zum Beispiel
dem Arbeitsdienst in staatlichen Manufakturen bezahlt, so erwies sich dieses System
als
immer
inneffizienter.
Zeitweise
sollen
weniger
als
fünf
Prozent
der
Arbeitspflichtigen ihren Arbeitsplatz erreicht haben.42 Ähnlich verhielt es sich mit den
Abgaben in Naturalien, deren Transport enorme Kosten mit sich brachte. Auch das
Papiergeld konnte nicht gehalten werden und verlor trotz Versuchen der
Regierungen seine Verwendung mit Zwang durchzusetzen immer mehr an Wert und
Bedeutung. Dies führte dazu, dass schlussendlich widerwillig aber doch Silber als
wichtigste Form der Währung akzeptiert wurde. Die chinesischen Silbervorkommen
konnten den Bedarf allerdings bei weitem nicht decken, was unweigerlich zu einer
Münzmettalkrise führte, solange die Einfuhr von, vor allem japanischen und
spanischem Silber aus Amerika, beschränkt war.43
Der private Handel war zwar verboten, aber es gab trotzdem weiterhin Möglichkeiten
des Austauschs. Zum einen war dies in Form von Tributgesandtschaften. Zwar war
es Ausländer verboten mit China Handel zu treiben, aber es war ihnen natürlich
erlaubt dem Kaiser ihre Ehre zu erweisen und ihm Tribut zu entrichten. Im Gegenzug
wurden sie von diesem als Zeichen des Dankes beschenkt, der chinesische
Herrscher zeigte damit aber auch seine Überlegenheit.44 Demnach sollte "nicht
profitträchtiger, egoistischen Interessen verpflichteter Handel (shang), sondern Tribut
(gong) [...] Chinas Kontakte zur Außenwelt charakterisieren."45 So viel zur Theorie.
Tatsächlich greift es zu kurz, diese Tributmissionen zumindest für die frühe Ming Zeit
41
Für Beispiele wie die Zurückweisung des Wunsches nach Handelsbeziehungen mit China
schlussendlich in kriegerische Auseinandersetzungen mündete vgl. Kangying, Ming, S. 98f. Auch der
Belagerung Pekings 1550 ging die Ablehnung von Handelsbeziehung mit den Mongolen voraus. Dazu
vgl. Kangying, Ming, S. 119.
42 Schottenhammer, Teilreich, S. 373.
43 Für Einzelheiten zur Einführung der Silberwährung in China und den Problemen damit vgl.
Kangying, Ming, S. 67-73.
44 Über die Bedeutung des Tributhandels als Form der Durchsetzung der Ideologie des Reiches der
Mitte und Oberherrschaftsansprüche Chinas vgl. Kenneth Pomeranz, Steven Topik, The World that
Trade created. Society, Culture, and the World Economy, 1400-the Present (Armonk, 1999) S. 12f.
45 Schottenhammer, Weltordnung, S. 300.
13
rein auf den ökonomischen Aspekt zu reduzieren. Viele Herrscher Südostasiens,
aber auch zum Beispiel Japans suchten den Schutz und die Unterstützung der
neuen Dynastie. Die Geschenke bestanden auch nicht nur aus Waren, sondern auch
aus Titeln, die der Kaiser an seine "Vasallen" in Übersee verteilte oder chinesische
Prinzessinnen, die lokale Herrscher heirateten. Oftmals wurden Besuche in China zu
Gründungsmythen
vieler
Herrscherfamilien
ausgeschmückt,
die
sich
über
Jahrhunderte in populären Erzählungen halten konnten.46 Im Verlauf der Zeit nahm
der ökonomische Aspekt allerdings Überhand und es wurde genau festgelegt wann
und wie oft von einem jeweiligen Staat Tribut geleistet werden durfte. Die Häufigkeit
der Gesandtschaften wurde damit mehr und mehr reduziert und vor allem aus
Südostasien verschwand im Laufe des 15. Jahrhunderts das Interesse daran. 47 Öfter
wurde nun der Umweg über die wenigen Gebiete die noch mehr Zugang zum
offiziellen chinesischen Tributhandel hatten gewählt. Allen voran den Ryūkyū Inseln
zwischen Japan und Taiwan.48
In diese Form des Tributhandels sind auch die Reisen des Zheng He am Beginn des
15. Jahrhunderts unter dem Yongle Kaiser einzuordnen, die ihn mit einer riesigen
Flotte bis an die Küsten Indiens und Ostafrikas führten. Auch hier war der
ökonomische Aspekt nur ein Teil der gesamten Unternehmung. Vielmehr ging es
darum die Macht des chinesischen Reiches zu demonstrieren. Sie stellten aber eine
Ausnahme in der Ming Zeit dar. Nach dem Ende der Yongle-Administration wurde die
Flotte nicht nur verschrottet sondern auch keine auch nur annähernd vergleichbaren
Unternehmungen durchgeführt.49 Diese Reisen dürften aber auch die Nachfrage
nach Produkten aus Südostasien und anderen Gebieten in China stimuliert haben,
was eine andere Form des Handels steigerte, nämlich den Schmuggel.50
Schmuggel war die zweite Form des Handels mit China. Er nahm im Verlauf der
Ming Ära immer stärker zu und zeigt dabei die immer größer werdende
Dysfunktionalität des Systems der frühen Ming Zeit, die sich auch in vielen anderen
Bereichen zeigen sollte. In den Küstenregionen, die über Jahrhunderte an Seehandel
gewöhnt waren und davon profitiert hatten, waren große Teile der Bevölkerung am
46
Zum Beispiel im Sultanat Brunei. Dazu vgl. Anthony Reid, Flows and Seepages in the Long-term
Chinese Interaction with Southeast Asia, in: Reid, Settlers, S. 15-50, hier S. 23-25.
47 Für den Rückgang der Tributmissionen aus Südostasien im Verlauf des 15. Jahrhunderts vgl. Reid,
Southeast S. 16.
48 Für einen interessanten Einblick über den diplomatischen Austausch zwischen China und den
Ryūkyūs vgl. Maria Schreibweis, Der Seeweg China - Ryūkyū am Beispiel des Gesandtschaftsberichts
Shi Liuqiu lu von Chen Kan (1489-1538), in: Schottenhammer, Trade, S. 11-74.
49 Gungwu, Sojourning, S. 22.
50 Reid, Flows, S. 28.
14
Schmuggel beteiligt. Das Spektrum reicht dabei bis hin zum Militär. Auch die
Beamtenschaft drückte nicht nur ein Auge zu, sondern war zum Teil auch aktiv
involviert. Dies lag vor allem daran, dass viele reiche Handelsfamilien das Verbot an
den staatlichen Beamtenprüfungen umgingen, in dem sie ihre Söhne einfach in
Provinzen aus dem Inland, wo sich diese als einfache Bauernsöhne ausgaben,
antreten ließen.51 Hier kamen auch wieder die bereits erwähnten Piraten ins Spiel.
Viele von ihnen waren nicht Japaner, sondern einfach chinesische Händler oder
Mitglieder der Diaspora, die sich auch durchaus gegen die reguläre chinesische
Marine zur Wehr setzten. Wie eng diese Verflechtungen zwischen den Piraten und
den Händlern waren zeigen einige zeitgenössische Kommentare, die Li Kangying
anführt.
So berichtet zum Beispiel der Beamte Mao Yuanyi: "If you want to know when the
Japanese will come, just dress yourself up like a merchant and go to Nan Au, just
dress yourself up like a merchant and convince the locals that you want to do
business [with the Japanese]; you will be told when the Japanese will come and how
many."52 Der Beamte Mao Kun berichtet uns davon, wer tatsächlich hinter den
Piraten stand und mit welchen Mitteln versucht wurde die chinesischen Autoritäten zu
täuschen. Ein Bauer, der von diesen kurzfristig gefangen genommen worden war
erzählte ihm, dass von etwa 200 Mann Besatzung gerade einmal ein knappes
Dutzend Japaner waren. Der Rest Händler aus den chinesischen Küstenprovinzen.
Dafür wurden bei den Japanern besonderer darauf geachtet, dass sie auch möglichst
japanisch Aussahen um sie vermutlich im Fall des Falles zur Tarnung nach vorne
schicken zu können.53 Dem Einfallsreichtum um das Handelsverbot zu umgehen
schienen also keine Grenzen gesetzt gewesen zu sein.
1567 fiel das Verbot dann schlussendlich auch zur Aufhebung des Verbotes des
privaten Fernhandels. Dies führte praktisch sofort zu einem Aufschwung dieses
privaten Handels und zu einem sofortigen Rückgang der Piraterie. Die großen
Händlerfamilien konnten sich nun aus der Illegalität an die Öffentlichkeit wagen und
profitierten dementsprechend von den neuen Möglichkeiten. Zwar war dieser Handel
noch immer mit relativ strengen Reglementierung belegt, die aber schrittweise
51
Für Beispiel mit welchem Einfallsreichtum und in welchem Ausmaß das Verbot umgangen wurde
vgl. Kangying, Ming, S. 80-93.
52 Kangying, Ming, S. 126.
53 Kangying, Ming, S. 125f.
15
verringert wurden.54 Dies führte zu einer sofortigen massiven Ausweitung des
Überseehandels und zu einem Aufblühen der Handelsstädte Fujians, aber auch
Guangzhous. Es war aber auch ein weiteres Zeichen dafür, dass die Reformen der
frühen Ming Zeit an ihr Ende gelang waren und Schritt für Schritt wieder
zurückgenommen wurden.
Die Eunuchen gelangten bereits unter dem Yongle Kaiser zu größerer Bedeutung als
je zuvor. Der Konflikt zwischen ihnen und den offiziellen Beamten stellte von da an
eine Konstante der weiteren Geschichte der Ming Dynastie dar. Die Eunuchen
konnten sich dabei auf ihre eigene Geheimpolizei verlassen. Die Zahl der Titelträger,
die von den Arbeitsdiensten befreit waren nahm ebenso zu wie die Ineffizienz von
diesen. Auch die Akkumulation von Landbesitz stieg im Laufe der Zeit wieder an und
mündete in einer Verarmung der Kleinbauern die zum Teil zu einer Abwanderung in
die Städte führte. Zum Teil stiegen die bisher privilegierten und durch den
Konfuzianismus idealisierten Kleinbauern, auf eine sklavenähnlichen Status ab. 55
Diese profitierten von den neuen Gegebenheiten und vor allem die Hafenstädte in
Fujian und Guangzhou blühten durch das Ende des Handelsverbotes 1567 auf. Auch
der Entwicklung der Diaspora gab dies einen weiteren Schub, worauf im nächsten
Kapitel einzugehen ist.
Für die Entstehung der chinesischen Diaspora in Südostasien ist meiner Ansicht
nach ein Verständnis der Entwicklung in der Ming Zeit unerlässlich. Gerade die sehr
auf sich selbst bezogene, zum Teil isolationistische Außenpolitik in Verbindung mit
einer starken Feindseligkeit gegenüber Händlern und Handel ermöglichte es
paradoxerweise den Chinesen der Diaspora ihren Platz zu finden. Die Entstehung
der Netzwerke, die größtenteils auf familiären Beziehungen basierten wäre
womöglich ohne Indifferenz oder gar Feindseligkeit von Seiten der imperialen
Zentrale nicht in dieser Art und Weise möglich gewesen. Ebenso zeigt sich, wie stark
diese Netzwerke waren, trotz aller Versuche sie abzuwürgen und wie kreativ man
darin war staatliche Reglementierungen zu umgehen, zu unterlaufen und flexibel auf
Neuerungen. Vertrauen spielt in so einem Umfeld eine große Rolle und sorgt
dementsprechend für eine Stärkung der existierenden Beziehungen. Möglicherweise
waren es gerade die Suppressionen der frühen Ming Zeit, die es der chinesischen
54
Für eine genauere Darstellung für die Reglementierungen, welche Bereiche davon betroffen und in
welchen Bereichen der Handel weiterhin untersagt war vgl. Birgit Tremml, When Political Economies
Meet. Spain, China and Japan in Manila, 1571-1644 (ungedr. geistesw. Diss. Wien, 2012) S. 59f.
55 Für den Niedergang der Gesellschaftsreformen der frühen Ming Zeit vgl. Schottenhammer,
Weltordnung, S. 300-305.
16
Diaspora ermöglichten unabhängig zu agieren und in der folgenden Jahrzehnten zu
herausragender Bedeutung in Südostasien zu gelangen.
IV. Die Diaspora
Die
Herausbildung
der
chinesischen
Diaspora
fällt
zeitlich
mit
der
Herrschaftsübernahme durch die Ming Dynastie zusammen. Zwar gab es bereits
zuvor bereits erste Auswanderer die sich länger in der Region aufhielten56, aber als
größere, geschlossene Gruppe traten sie eben erst ab der Mitte des 14.
Jahrhunderts auf.
Bevor nun näher auf die Entwicklung und das Wesen der Diaspora eingegangen
werden soll, möchte ich noch einen Blick auf die Heimatregion des überwiegenden
Teils dieser ersten chinesischen Diaspora in Südostasien werfen57, nämlich die
Provinz Fujian. Bei einem Blick auf diese Provinz kommt einem sofort der Vergleich
mit Portugal, einem der Zentren der europäischen maritimen Expansion in den Sinn.
Ganz ähnlich wie das kleine Königreich am südwestlichen Rand Europas zeichnet
sich Fujian durch eine relative Isolation vom Rest Chinas aus. Der Weg in das
Landesinnere ist durch Gebirge erschwert und die lange und zerklüftete Küste führt
von je her zu einer engen Verbindung mit dem Meer und der Seefahrt. Ähnlich wie in
Portugal ist das Land nicht sehr fruchtbar und wiederum bot das Meer weitaus
größere Möglichkeiten des ökonomischen Aufstiegs.58 Demnach ist es wenig
überraschen, dass Fujian bereits unter der Song und der Yuan Dynastie zum
wichtigsten maritimen Handelsplatz aufstieg. Auch unter den Ming konnte sich Fujian
diesen Status erhalten. Neben Schmuggel und Piraterie war besonders der
Tributhandel mit den Ryūkyū Inseln von großer Bedeutung und ermöglichte es der
Provinz ihr Erbe als maritimes Eingangstor zu China zu erhalten.59 Auch sprachlich
und kulturell unterschied sich die Provinz vom Rest Chinas. Die Umgangssprache
war Hokkien, dass damit auch zur bevorzugten Sprache in der Diaspora avancierte
56
Ibn Battuta berichtet von chinesischen Händlern in indischen Häfen. Dazu vgl. Sen, Formation, S.
432f.
57 Zahl wie viele aus Fujian + Fußnote
58 Lynn Pan, Sons of the Yellow Emperor. The story of the Overseas Chinese (London, 1990) S. 13.
59 Für die Bedeutung von Fujian als Handelsplatz vgl. Chang Pin-Tsun, Maritime Trade and Local
Economy in late Ming Fukien, in: E. B. Vermeer (Hg.), Development and Decline of Fukien Province in
the 17th and 18th centuries (Leiden, 1990) S. 63-82, hier S. 63-69.
17
uns einen gemeinsamen Bezugspunkt mit der alten Heimat darstellte. 60 Auch religiös
waren die Einwohner Fujians stärker dem Taoismus und dem mit ihm verbundenen
Ahnenkult verbunden als der Rest Chinas.61
Dieser Kult war einer der Gründe für die Herausbildung einer ganz speziellen Form
der Migration durch die sich die chinesische Diaspora besonders auszeichnet. Wang
Gungwu und Anthony Reid verwenden dafür den Begriff sojourning, was so viel
bedeutet wie sich vorübergehend irgendwo aufzuhalten.62 Gungwu führt dazu den
Begriff qiaoju an, der die besondere Art der chinesischen Migration beschreibt.
Dieser Begriff bedeutet so viel wie längere Aufenthalte die sogar über mehrere
Generationen andauern können, aber immer die Perspektive der Rückkehr
beinhalten.63 Diese Form der Migration ist sicherlich nicht nur für die chinesische
Diaspora zutreffend. Man könnte auch durchaus iberische Händler, Verwalter oder
Missionare als sojourners bezeichnen. Ebenso beflügelten die klimatischen
Voraussetzungen im Zusammenhang mit dem Monsun, der die Händler, wie weiter
oben bereits erwähnt wurde, zu längeren Aufenthalten zwang und sich damit auch
bei vielen anderen ethnischen Gruppen ein sehr ähnliches Muster des sojourning
finden lässt. Trotzdem scheint es so, dass die Idee der Rückkehr, besonders über
mehrere Generationen hinweg, gerade bei den Chinesen von besonderer Bedeutung
war. Diese Idee ist bei ihnen umso wichtiger, als im Gegensatz zu europäischen
Einwanderern keine Unterstützung des Kaiserreiches existierte, welche die
Verbindung zur alten Heimat aufrecht zu erhalten hätte können. Umso wichtiger
waren andere Bereiche, wie Familienbande aber auch die bereits erwähnten
Gemeinsamkeiten in Herkunftsregion, Religion und Sprache.
Pin-tsun Chang wiederum unterteilt die Diaspora in drei Gruppen. Die erste die nie
mehr zurückkehrte und sich permanent in der neuen Heimat niederließ, die zweite,
die sich für längere Zeit im Ausland aufhielt, aber wieder zurückkehrte und die dritte,
die aus Händlern bestand, die nur den Monsun abwarteten und nur für einige Monate
oder auch Jahre blieben.64 Auch nach dieser These könnten man den Begriff des
sojourning anwenden, spricht es doch meiner Ansicht nach dafür, dass auch für die
60
Lockard, Sea, S. 223f.
Fußnote bezügl. Taoismus, Religion
62 sojourn = [vorübergehender] Aufenthalt. sojourning = irgendwo verweilen, sich irgendwo
[vorübergehend] aufhalten. Wörterbuchzitat dazu
63 Gungwu, Sojourning, S. 2.
64 Pin-tsun Chang, The First Chinese Diaspora in Southeast Asia in the Fifteenth Century, in: Felipe
Fernández-Armesto (Hg.), The Global Opportunity (The European Impact on World History 14501800, Aldershot, 1995) S. 105-120, hier S. 107f.
61
18
erste Gruppe, die schlussendlich im Ausland blieb, das Ziel durchaus auch wieder
auf eine mögliche Heimkehr ausgerichtet war.
Die Gründe für die Auswanderung waren vielfältig. Ökonomische Gründe stellen
dabei sicherlich ein zentrales Element dar. Auf der einen Seite bot die Landschaft
Fujians relativ wenige Möglichkeiten, auf der anderen Seite bot sich das Meer als
offene Tür an. Für viele Händler kamen noch die Restriktionen der frühen Ming Ära
dazu, die dazu führten, dass viele gewissermaßen von zu Hause abgeschnitten
wurden.65 Aber es war auch ausgesprochen profitabel sich für die neue Heimat im
Handel mit der alten zu engagieren. Die Entstehung der Händlergesellschaften in der
Diaspora, aber auch die Beteiligung an Piraterie sind also vermutlich auf eine
Kombination von einerseits ökonomischen Gründen, aber auch politischen,
namentlich der Flucht vor der händlerfeindlichen Politik der Ming Dynastie,
zurückzuführen. Speziell der Wechsel der Dynastie im späten 14. Jahrhundert führte
aber auch zur fluchtartigen Auswanderung ganzer Armeeeinheiten von unterlegenen
Warlords, die sich in die Inselwelt Südostasiens zurückzogen und dort vergeblich auf
ihre Chance auf die Eroberung des Drachenthrons warteten. Es dauerte lang bis sich
diese
in
den
Piratengemeinschaften
auflösten.66
Möglicherweise
gab
es
Verbindungen mit den Piraten unter dem Kommando von Chen Zuyi, die Zhang He
1406 und 1407 in der Straße Malakka besiegte.67 Die Piraten errichteten auch
Siedlungen außerhalb Chinas, die größtenteils von Chinesen bewohnt wurden.
Die weitaus wichtigere Gruppe, waren aber die Händler, die sich in einem urbanen
Umfeld unter fremder Herrschaft ansiedelten. Sie waren Teil der bereits weiter oben
beschriebenen multiethnischen Gesellschaft der südostasiatischen port cities.
Familienbande
V. Die Diaspora im Netzwerk Südostasiens
Familie in Verbindung Ahnenkult, besuche von Gräbern, Beispiel
sojourners, schwierig festzumachen, kehren wieder zurück
65
Gungwu, Overseas, S. 50.
Für Beispiele dieser Armeen, die zum Beispiel auf Sumatra Schutz suchten vgl. Kangying, Ming, S.
14.
67 Sen, Formation, S. 444.
19
66
beginn age of commerce mit zheng he zu spät
technologietransfer schiffbau
tributhandel geführt von chinesen
tauchen überall auf
20
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