2. Die Professionalisierung im bilingualen Sachfachunterricht

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STUDIENSEMINAR FÜR GYMNASIEN
HEPPENHEIM
Schriftliche Arbeit zur Zweiten Staatsprüfung
Unterrichten im bilingualen Sachfachunterricht Chemie
Kann und darf im bilingualen Sachfachunterricht jeder unterrichten, der will?
Ein Leitfaden zur 2. Professionalisierung
Vorgelegt von
Studienreferendar Christian Köhler am24.07.2012
Ausbildungsschule:
Betreuender Ausbilder:
StDDr. Gerd Gräber
Fach:
Chemie
Versicherung
Ich versichere, dass ich die vorliegende Prüfungsarbeit selbständig verfasst, keine anderen als
die angegebenen Hilfsmittel verwendet und sämtliche Stellen dieser Arbeit, die anderen
benutzten Werken im Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen sind, in jedem einzelnen
Falle unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht habe.
- Internetquellen sind gemäß den Vorgaben des Seminarrates nachgewiesen.
____________________________
(eigenhändige Unterschrift)
Genehmigung zur Ausleihe
Ich bin damit einverstanden, dass ein unkorrigiertes Exemplar der vorliegenden
Prüfungsarbeit zwecks Ausleihe in die Bibliothek des Studienseminars eingestellt wird.
___
ja
nein ___
Darüber hinaus erkläre ich mich einverstanden, dass der Titel, die Gliederung und
gegebenenfalls eine kurze Zusammenfassung meiner Prüfungsarbeit auf Veranlassung des
Studienseminars Heppenheim im Internet veröffentlicht werden dürfen.
ja ___
nein ___
Ich bin auch einverstanden, dass das Studienseminar Heppenheim eine um die
Lerngruppenbeschreibung gekürzte Version meiner Prüfungsarbeit im Internet veröffentlicht.
ja ___
nein ___
_____________________________________
(eigenhändige Unterschrift)
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................................................................ 1
2. Die Professionalisierung im bilingualen Sachfachunterricht .............................................................. 2
2.1 Professionalisierung ...................................................................................................................... 2
2.2 Anforderungen an die Lehrkraft im bilingualen Sachfachunterricht ............................................ 3
3. Ein Leitfaden zur Professionalisierung im bilingualen Sachfachunterricht ........................................ 4
3.1 Förderkreislauf .............................................................................................................................. 6
3.2 Probleme im bilingualen Unterricht vermeiden und beheben ....................................................... 9
3.2.1 Kompetenzen im Bereich der Materialauswahl und der Materialgestaltung ......................... 9
3.2.2 Kompetenzen im Bereich des interkulturellen Lehrens und Lernens .................................. 16
3.2.3 Kompetenzen im Zusammenspiel von Sachfach- und Fremdsprachendidaktik .................. 17
4. Evaluation und Reflexion .................................................................................................................. 20
4.1 Die Lehrkraft im bilingualen Unterricht ..................................................................................... 21
4.2 Interkulturelles Lernen in bilingualen Naturwissenschaften ....................................................... 23
4.3 Mehrwert des bilingualen Unterrichts ......................................................................................... 24
4.4 Ausblick ...................................................................................................................................... 26
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 26
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... 29
Anhang .................................................................................................................................................. 30
1. Einleitung
Das Lernen und Verstehen von neuen Inhalten ist untrennbar mit der Sprache verbunden.
Sprache ist nicht nur Medium und Mittler sondern auch ein Werkzeug. Ohne das gesprochene
Wort lässt sich Wissen nicht vermitteln, ohne das „gedachte Wort“ lässt sich das übermittelte
Wissen nicht verstehen. Denn ist Denken nicht einfach nur gedachtes Sprechen?
Fehlen uns also die Worte, fehlt uns das Verständnis.
Würdigen wir die Bedeutung der Sprache, würdigen wir auch die Bedeutung des Faches.
Bilingualer Unterricht versucht diesem Anspruch gerecht zu werden. Neben den
fachbezogenen Konzepten wird hier die Arbeit mit und an der Sprache in den Fokus
gerückt.Der bilinguale Unterricht stellt „eine wichtige Maßnahme zur Erhöhung der
sprachlichen und interkulturellen Kompetenz der Schülerinnen und Schüler“ dar, fungiert als
Vorbereitung auf eine zunehmend internationalisierte Lebens- und Berufswelt und dient„der
europäischen Integration“1. Zudem bietet der bilinguale Sachfachunterricht Möglichkeiten zur
Entwicklungvon Sprachfähigkeiten, die imregulären Fremdsprachunterricht nur selten Raum
finden.
Die
Kommunikation
innerhalb
des
Sachfachunterrichts
wird
von
einer
kontextgebundenen Form gelöst. Diese kontextreduzierte Form der Kommunikation stellt
nach Cummins den Übergang von einer allgemein, interaktiven Kommunikationskompetenz
(Basic Interpersonal Communication Skills, BICS) zu einer kognitiv und sprachlich
komplexen
Kommunikationsfähigkeit
(Cognitive
Academic
Language
Proficiency
CALP)2dar. Mit der zunehmenden Nachfrage nach bilingualem Unterricht, treten nun neben
den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern 3 auch die Naturwissenschaften in den Fokus.
Hieraus ergibt sich ein Bedarf an Lehrkräften der klassischen naturwissenschaftlichen
Fächern Biologie, Chemie, Mathematik und Physik, die bilingual unterrichten wollen und
dazu auch in der Lage sind.
Während Sprachdidaktiker fordern, dass Lehrkräfte die ihr Sachfach bilingual unterrichten
wollen, die entsprechende Fremdsprache als Zweitfach unterrichten, sieht die Realität an den
Schulen häufig anders aus. Nur die wenigsten Chemie, Mathematik oder Physiklehrer/Innen
unterrichten eine Fremdsprache.Mit meiner Fragestellung „Kann und darf im bilingualen
Sachfachunterricht jeder unterrichten der will?“ versuche ich dieser Situation zu begegnen: Ist
1(KMK,
2006)
1984)
3(Wildhage & Otten, 2003)
2(Cummins,
1
es grundsätzlich möglich, dass eine Lehrkraft ohne professionelle fremdsprachendidaktische
Ausbildung bilingualen Unterricht leitet? Unter welchen Bedingungen beziehungsweise
Einschränkungen kann dies geschehen? Ausgehend von den Erfahrungen, die ich beim Leiten
einer bilingualen Chemie AG sammeln konnte, sollen in dieser Arbeit diese und weitere
Fragen beantwortet und ein Leitfaden zur Professionalisierung von bilingualen Lehrkräften
entwickelt werden.
2. Die Professionalisierung im bilingualen Sachfachunterricht
Will man bilingualen Unterricht an einer Schule etablieren, werden in den Kollegien meist die
gleichen Fragen gestellt:
 „Wer soll das machen?“
 „Wer kann das machen?“
 „Wer traut sich das zu?“
 „Dürfen das nur die Kollegen mit einer Fremdsprache als Fach?“
Es gilt daher zu klären, was eine Sachfachlehrkraft im bilingualen Unterricht leisten kann und
soll und was sie nicht leistenmuss.
2.1 Professionalisierung
Gehen wir also von einer Lehrkraft aus, die keine Fremdsprache unterrichtet. Berücksichtigt
man die klassischen Definitionen der Professionalisierung4, ist eine akademische Ausbildung
zwingende Voraussetzung um überhaupt ein professionelles Handeln zu ermöglichen.
Strebt die entsprechende Lehrkraft also kein Zweitstudium an, sollte man davon ausgehen,
dass auch mit geeigneten Fortbildungen und dem Selbststudium keine akademische
Ausbildung geschaffen werden kann, die einem vollständigenStudium entspricht. Es stellt
sich daher die Frage, inwiefern eine Professionalisierung erreicht werden kann und ob von
einer Lehrkraft, die bilingualen Sachfachunterricht unterrichtet das gleiche Maß an
4
nach (Combe & Helsper, 1996)
2
Professionalität zu erwarten ist, wie von einer Lehrkraft, die Fremdsprachen unterrichtet.Was
kann und soll die Lehrkraft leisten und was muss sie nicht leisten?
2.2 Anforderungen an die Lehrkraft im bilingualen Sachfachunterricht
Bei der Planung von bilingualem Sachfachunterricht wird schnell deutlich, dass neben den
üblichen fachdidaktischen und methodischen Überlegungen die Fremdsprachendidaktik eine
wesentliche Rolle spielt. Es handelt sich nicht nur um Sachfachunterricht, der in einer anderen
Sprache unterrichtet wird. Ein gelungener bilingualer Unterricht wird sowohl den
fachdidaktischen Ansprüchen des Sachfachs als auch denen der Fremdsprache gerecht.Für die
erste Phase der Lehrerausbildung fordert Weinbach, dass „Lehrerinnen und Lehrer, die für
den bilingualen Unterricht ausgebildet werden, (…) in einem geringen, mittleren und hohem
Ausprägungsgrad – über folgende Kompetenzen verfügen:
1. Kompetenzen im Bereich des Sachfaches
2. Kompetenzen im Bereich der Sachfachdidaktik
3. Kompetenzen im Bereich des synergetischen Zusammenspiels von Sachfach- und
Fremdsprachendidaktik zur Förderung fachlichen und sprachlichen Lernens
4. Lebensweltbezogene und sachfachorientierte Kommunikationskompetenzen in der
Fremdsprache
5. Kompetenzen im Bereich des interkulturellen Lehrens und Lernens
6. Kompetenzen im Bereich der Methodik des integrierten fachlichen und sprachlichen
Lernens
7. Kompetenzen im Bereich der Materialauswahl und der Materialgestaltung
8. Kompetenzen im Bereich der Diagnostik (gekürzt)"5
Natürlich lassen sich die genannten Kompetenzen nicht nur auf den ersten, universitären Teil
der Lehrerbildung beschränken und finden auch bei bilingualen Einsteigerinnen und
Einsteigern ihre Verwendung. Susanne Weinbach stellt zudem fest, dass „in einer natürlichen
Unterrichtssituation häufig alle acht der oben beschriebenen zentralen Kompetenzen“ 6
5(Weinbach,
6(Weinbach,
2010)
2010)
3
verwendet werden. Eine Lehrkraft, die bereits ihre Ausbildung beendet hat, jedoch keine
fremdsprachendidaktischen Kenntnisse aufweist, also ein/-ebilinguale/-r Einsteiger/In, wird
voraussichtlich hauptsächlich mit jenen Punkten Schwierigkeiten haben, die nicht an das
Sachfach angelehnt sind. Da das Gelingen von bilingualem Sachfachunterricht jedoch meist
direkt mit dem Ausprägungsgrad der benötigten Kompetenzen korreliert, liegt es im Interesse
der Lehrkraft, ihren eigenen Förderbedarf aufzudecken und zu beheben. Nachfolgend soll eine
mögliche Herangehensweise aufgezeigt und anhand passenden Unterrichtsmaterials erläutert
werden.
3. Ein Leitfaden zur Professionalisierung im bilingualen Sachfachunterricht
Eine Frage, die sich die Lehrkraft zunächst stellen muss, ist welche Rolle die Fremdsprache in
der Unterrichtsgestaltung einnehmen soll. Sollbilingualer Sachfachunterricht ein erweiterter
Fremdsprachenunterricht sein oder ein Fachunterricht in einer Fremdsprache? Die
individuelle Antwort auf diese Frage hat maßgebliche Konsequenzen auf die Verwendung der
Fremdsprache im Sachfachunterricht.7Für die Beantwortung dieser Frage sind vor allem der
berufsbiographische Hintergrund, die Sprachkompetenz und die Motivation der Lehrkraft
ausschlaggebend. Ein Englischlehrer, der sehr viel Freude an der englischen Sprache hat,
wird einen anderen bilingualen Sachfachunterricht halten, als eine Biologie- und
Chemielehrerin, die in ihrem Studium häufig englische Lehrwerke zurate ziehen musste. Im
Hinblick auf die von mir angesprochenen bilingualen Einsteiger/Innen, die keine
Fremdsprache unterrichten, sollte der Fokus des bilingualen Unterrichts immer auf dem
eigentlichen Fachunterricht liegen. Es geht hier nicht darum abzuwägen, welche Form des
bilingualen Unterrichts „besser“ sei. Vielmehr stellt sich genau an diesem Punkt die Frage,
was eine Lehrkraft ohne fremdsprachliche Ausbildung leisten kann und muss.
Der Mangel an konkreten didaktischen Leitfäden für die Gestaltung von bilingualem
Sachfachunterricht hat für die Lehrkraft verschiedene Konsequenzen. Sie begibt sich auf ein
didaktisches „Neuland“, auf dem noch keine oder nur wenige Herangehensweisen vorgegeben
beziehungsweise vorgeschrieben sind. Es erscheint so, als stünde die didaktische und
methodische Ausgestaltung vollkommen frei. Dieses wissenschaftliche „Theoriedefizit in der
7
Vgl. (Breidbach & Viebrock, Bilingualer Sachfachunterricht aus der Sicht wissenschaftlicher und
praktischer Theoretiker, 2006)
4
Didaktik des biliSFU“8 (bilingualer Sachfachunterricht) fördert einerseits das Ausprobieren
und Entwickeln neuer Konzepte, kann andererseits aber auch dazu führen, dass sich die
Lehrkraft allein gelassen fühlt. An diesem Punkt setzt die Professionalisierung der Lehrkraft
ein. Auf der Basis der bereits vorhandenen Professionalisierung wird versucht die bereits
verinnerlichten Unterrichtskonzepte, sowie die bekannten didaktischen und methodischen
Ansätze anzuwenden. Eine vollkommen neue Professionalisierung ist demnach nicht
notwendig.Die bereits bestehende Professionalität muss lediglich den gewandelten
Ansprüchen angepasst werden. Bei dieser Auseinandersetzung werden neue subjektive
didaktische Theorien entwickelt, aus denen sich fortan didaktische Entscheidungen und
unterrichtspraktische Konzepte ableiten lassen. Die Bedeutung und der Wert der besagten
subjektiven Theorien sollte nicht unterschätzt werden, leiten sie sich in diesem Kontext meist
aus bereits erprobten Theorien ab und fundieren auf einem praktischen Erfahrungsschatz 9. Bei
diesem Prozess der zweiten Professionalisierung, die auf dem Erarbeiten und erproben von
praktischem Erfahrungsschatz fußt, lassen sich nach DirksLehrkräfte des bilingualen
Sachfachunterrichts
in
zwei
Idealtypenunterteilen,
den
„Kulturhüter“
und
den
„Weltenwanderer“. Während Kulturhüter „die Wahrung der jeweiligen Fach- und
Disziplinlogik im Blick“ haben, sind die Weltenwanderer durch „eine eher unbekümmerte,
fachlich
weniger
fokussierte
Auseinandersetzung
mit
neuen
Anforderungen“
gekennzeichnet10. Hier findet meist eine Öffnung des bilingualen Sachfachunterrichts statt.
Der erste Typusist meistens in der Sekundarstufe II aufzufinden, insbesonderebei der
Vorbereitung
der
Schüler
auf
die
Abiturprüfung(„strukturell
bedingte
Output-
Orientierung“(Dirks, 2004)). Letzterer Typ ist dagegen häufig in der Sekundarstufe I
vorzufinden, da hier meist mehr Raum für außercurricularen Unterrichtsstoff gegeben ist. Die
Herangehensweise
des
„Weltenwanderers“
bietet
sich
besonders
für
bilinguale
Einsteiger/Innen an, da im Rahmen von AGs oder Wahlfächern mehr Raum für
außercurricularen Stoff und unkonventionelle Konzepte gegeben ist. Eine solche
unkonventionelle Unterrichtsgestaltung geht allerdings immer zu Lasten der klassischen Fachund Disziplinlogik. In den seltensten Fällen ist eine Lehrkraft jedoch dem einen oder anderen
8
(Breidbach & Viebrock, Bilingualer Sachfachunterricht aus der Sicht wissenschaftlicher und
praktischer Theoretiker, 2006)
9(Groeben, 1988)„(…) die Konzentration auf individuelle (Wissens-)Repräsentationen verkennt, dass
Subjektive Theorien immer auch Teil größerer, umfassenderer Wissensbestände, d.h. sozialer
Repräsentationen, sind.“
10(Dirks, 2004)
5
Grundtyp zuzuordnen. Es liegen in der Regel Mischtypen vor, die aus den individuellen
Fähigkeiten der Lehrkraft und den gegebenen Anforderungen entstehen. Demzufolge ist der
Prozess der 2. Professionalisierung ein individueller Prozess und muss ebenso individuell
gemeistert werden.
3.1 Förderkreislauf
Mit der Übernahme einer bilingualen Lerngruppe stellt sich die Lehrkraft vollkommen neuen
Herausforderungen. In unterrichtspraktischen Erfahrungen zeigte sich, dass es mit den
vielfältigen Anforderungen des bilingualen Unterrichts schnell zu Überforderung kommen
kann. Eine strukturierte Herangehensweise ist daher notwendig, um langfristig den
Ansprüchen des bilingualen Sachfachunterrichts gerecht zu werden. Aus diesem Grund wurde
ein Förderkreislauf (siehe Anhang: 6.8. Förderkreislauf)entwickelt.Dieser wurde angelehnt an
den Förderkreislauf nach Zaugg und hat sich bei den ersten Schritten im bilingualen
Unterrichten als hilfreich erwiesen.
I. Ausgangslage:
Zunächst gilt es die Ausgangslage zu bestimmen. Hierzu gehört zunächst das eigene
Sprachniveau. Auch wenn im bilingualen Sachfachunterricht nicht die gleichen Ansprüche an
die Sprachkompetenz der Lehrkraft gelten, sollte ein angemessenes Niveau vorliegen. Der
europäische Referenzrahmen bietet hier einen guten Überblick über die verschiedenen
Niveaustufen11. Die Lehrkraft sollte mindestens ein Niveau von B2 vorweisen können, um
eine authentische bilinguale Unterrichtsatmosphäre gestalten zu können.Des Weiteren muss
11
B1: „Selbständige Sprachverwendung (Threshold): Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare
Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann
die meisten Situationen bewältigen, (…) sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und
persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen
und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.“
B2: „Selbständige Sprachverwendung (Vantage): Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und
abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan
und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne grössere Anstrengung auf
beiden Seiten gut möglich ist. Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken,
einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten
angeben“
C1: „Kompetente Sprachverwendung (Effective Operational Proficiency):Kann ein breites Spektrum
anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und
fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im
gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen.
Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel
zur Textverknüpfung angemessen verwenden.“(DAAD, 2011)
6
der Typ der Lerngruppe berücksichtigt werden. Die Unterrichtskonzeptionen für AGs,
Wahlpflichtfächer oder Kurse der Sekundarstufe II unterscheiden sich sehr stark voneinander
(siehe
Kapitel3.
Ein
Leitfaden
zur
Professionalisierung
im
bilingualen
Sachfachunterricht).Zuletzt sollte die Lehrkraft sich mit den benötigten Kompetenzen nach
Weinbach (2010) vertraut machen und den voraussichtlichen Förderbedarf benennen.
II. Zielsetzung:
Unabhängig davon, für welche Rolle der Sprache in ihrem bilingualen Sachfachunterricht sich
die Lehrkraft entscheidet, gelten die gleichen oder ähnlichen Ansprüche an ihre
Kompetenzen. Fachunterricht, derin einer Fremdsprache unterrichtet wird, kommt nicht ohne
fremdsprachendidaktische Überlegungen aus. Besonders bilinguale Einsteiger/Innen werden
sich bei dem Ausmaß an zu erwerbenden Kompetenzen eingeschüchtert fühlen. Die Lehrkraft
sollte daher nicht versuchen von Anfang an allen Ansprüchen gerecht zu werden,sondern
stattdessen gezielt Schwerpunkte setzen. Siesollte sich an dieser Stelle entscheiden, welche
Kompetenz nach Weinbach für den Anfang gefördert werden soll und sich hierauf
konzentrieren.
III. Übung:
Während der Übungsphase sollte sich die Lehrkraft mit der zu fördernden Kompetenz
auseinandersetzten. Hier wäre es sinnvoll Ideen zu erarbeiten und umzusetzen, Fachliteratur
(Fremdsprachendidaktik und -methodik) heranzuziehenund Gespräche und Kooperationen mit
Kollegen anzustreben. In der Regel ist gerade der kollegiale Austausch sehr hilfreich, da so
meist viel schneller und daher auch ohne größeren Frustunter anderem die Grundzüge der
Fremdsprachendidaktik erfragt werden können.Die Problematik in dieser Übungsphase
entsteht dadurch, dass die Lehrkraft einerseits verschiedene Konzepte erprobt und übt,
zugleich jedoch einen guten Unterricht halten will. Besonders hier muss die Lehrkraft
Souveränität und Mut beweisen, indem sie immer wieder Neues ausprobiert.
Im Rahmen der bilingualen Chemie AG habe ich mich insbesondere mit der Materialauswahl
und der Materialgestaltung, dem interkulturellen Lernen sowie der Kombination von
Sachfach-
und
Fremdsprachendidaktik
auseinandergesetzt.
Ausgehend
von
meinen
gesammelten Erfahrungen habe ich versucht konkrete Herangehensweisen, Probleme und
Lösungsansätze zu beschreiben (siehe Kapitel:3.2 Probleme im bilingualen Unterricht
vermeiden und beheben).
7
IV. Bilanzierung:
Als bilingualer Einsteiger ist die Lehrkraft in der Regel auf sich allein gestellt, wenn es darum
geht, den eigenen Fortschritt zu beurteilen, die Schwächen aber auch Stärken zu benennen
und mögliches Entwicklungspotentialaufzuzeigen. Dies eröffnet der Lehrkraft zwar einen
gewissen Freiraum bei der Ausgestaltung des eigenen Unterrichts, lässt jedoch bei fehlender
Performanzsituation die Frage nach der Unterrichtsqualität unbeantwortet.
Um dennoch, zumindest für sich selbst, eine Bilanzierung vornehmen zu können, bieten sich
verschiedene Methoden an. Die Lehrkraft kann verschiedene Formen der Selbstreflexion
durchführen, indem sie sich beispielsweise relativ offene Fragen stellt: Wovon profitieren
meine Schüler am Meisten in meinem Unterricht?Was ist meine größte Schwäche/Stärke im
biliSFU?Eine andere Form der Reflexion wurde von Rutkowski und Alze beschrieben.
Hierbei handelt es sich um eine Reflexionsschleife, die häufig in der Erlebnispädagogik
Anwendung findet (Abbildung 1).
Abbildung 1: Reflexionsschleife nach Rutkowski &Alze (2005)
Neben der kritischen Selbstreflexion sind die
Schülerinnen und Schüler eine weitere Quelle
für Anregungen, Verbesserungsvorschläge oder
Lob. In Abhängigkeit von dem Alter der
Lernenden, bietet sich die Verwendung von
einfachen
Feedbackmethoden
Evaluationszielscheibe,
Abbildung
2:
Unterrichtsmaterial
Evaluationsgraph
dem
wie
der
Evaluations-
graphen (Abbildung 2) oder schriftlichen
8
Rückmeldungen an.
Zusätzlich zu den genannten Methoden der Bilanzierung, ist die Hospitation durch
qualifizierte Lehrkräfte durchaus sinnvoll. Es können hier in der Regel nicht nur Schwächen
und Fehler direkt aufgezeigt werden, sondern meist auch konkrete Verbesserungsvorschläge
an die Hand gegeben werden. Dabei ist zu beachten, dass besonders zu Beginn des
bilingualen Unterrichtens, den hospitierenden Lehrkräften die eigenen Schwerpunkte deutlich
gemacht werden sollten. Ist eine Hospitation nicht möglich oder unerwünscht, können
dennoch Kollegen bei der Planung und Ausgestaltung des Unterrichts und Materials
unterstützen. Dies sollte besonders bei sprachlichen Fragen in Anbetracht gezogen werden.
3.2 Probleme im bilingualen Unterricht vermeiden und beheben
Bei der Planung und Durchführung von bilingualem Unterricht konnte ich verschiedene
Probleme und Schwierigkeiten beobachten. Hier soll nun exemplarisch erarbeitet werden, wie
die Kompetenz der Materialauswahl und -gestaltung, die interkulturelle Kompetenz und die
Kompetenzen im Zusammenspiel von Sachfach- und Fremdsprachendidaktikgefördert
wurden.
3.2.1 Kompetenzen im Bereich der Materialauswahl und der Materialgestaltung
Die vermutlich am schwersten zu erlangende und zugleich bedeutungsvollste Kompetenz ist
die Fähigkeit das passende Unterrichtsmaterial auszuwählen und zu gestalten. Nur mit dem
passenden Material kann die Lücke zwischen der fremdsprachlichen Kompetenz und den
kognitiven Möglichkeiten der Lernenden überbrückt werden.12
In Abhängigkeit des Sachfaches, findet die Lehrkraft mehr oder weniger gut vorbereitetes
Unterrichtsmaterial. Im Fall des Faches Chemie ist die Materialauswahl bisweilen extrem
überschaubar, sodass häufig das gesamte Material eigenständig zusammengetragen werden
muss.
12Vgl.:
(Breidbach, 2006)
9
3.2.1.a Einführung und Übung von neuen Vokabeln
Zunächst sollte eine Liste der Vokabeln,die eine Kommunikation über den zu vermittelnden
Sachverhalt erst ermöglichen, erstellt werden 13 . Dabei ist darauf zu achten, dass die Liste
überschaubar bleibt. Die Erarbeitung der Vokabeln erscheint zunächst ungewohnt, ist jedoch
auch in Sachfächern auf deutscher Sprache bei der Einführung neuerInhalte und Begriffe
notwendig. Das Erlernen in direktem Kontext sollte stets angestrebt werden. Hierzu bieten
sich unterschiedliche Möglichkeiten an:
1.
Die neuen Vokabeln werden zunächst an der Tafel vorgegeben. Eine Destillation wird
als Demonstrationsexperiment vorgeführt. Anschließend beschreiben die Schüler ihre
Beobachtungen unter Verwendung der neuen Vokabeln.
2.
In Gruppen von 4-5 SuS 14 erhält jeder Lernende unterschiedliche Vokabeln samt
Übersetzung. Jeder Lernende versucht sein Wort zu umschreiben, ohne dabei die
Vokabel selbst zu nennen. Die restlichen SuS müssen die Vokabeln erraten. Solche
spielerischen Herangehensweisen fördern die Verwendung der Vokabeln im korrekten
Kontext und überprüfen zugleich das Verständnis.
3.
Die SuS erhalteneine Liste mit Vokabeln und sehen zunächsteinen informativen
Filmausschnitt. Anschließend müssen sieneben generellen Notizen zu dem Film auch
notieren, in welchem Kontext die neuen Vokabeln genannt wurden und wie man sie
übersetzen könnte.
4.
Kompliziertere Apparaturen bieten sich ebenso an, um Vokabeln zu üben. Die
Beschreibung von Vorgängen (z.B. eine Destillation) innerhalb einer Apparatur oder
die Benennung einzelner Bestandteile der Apparatur stellen gute Möglichkeiten zum
Üben und späteren Überprüfen der Vokabeln dar.
5.
Eine weitere lohnende Arbeit ist das Arbeiten mit Wortfeldern. Hier kann immer
wieder losgelöst von dem eigentlichen Unterrichtsverlauf Vokabelarbeit geleistet
13
Z.B.: Distillation: - (least or most) volatile
- vapor
- to evaporate
- to condense
- boiling point
14 Schülerinnen und Schüler
10
werden.
Im Chemieunterricht ist besonders das
Beschreiben der eigenen
Beobachtungen ein Arbeitsfeld, welches von einem breiten Wortschatz der SuS
profitiert. So lassen sich mit den SuS zunächst grundsätzliche Kategorien wie
beispielsweiseFarbe, Konsistenz und Glanz der Reaktionsprodukte, aber auch Arten
des Reaktionsverlaufs (heftig, träge, explosiv etc.) erarbeiten. Derartige Vokabellisten
können entweder mit jedem Versuch erweitert, oder auch unabhängig von den
Versuchen in einer Unterrichtseinheit erarbeitet werden.
3.2.1.b Erstellen von Arbeitsblättern
Beim Erstellen und Auswählen von Arbeitsblättern muss die Lehrkraft verschiedene Kriterien
beachten. Der Schwierigkeitsgrad sollte angemessen gewählt, die Arbeitsaufträge
unmissverständlich formuliert werden und generell sollten die Aufgaben so konzipiert sein,
dass sie die Lernenden möglichst selbstständig in der jeweiligen Sozialform bearbeiten
können. Neben den genannten Ansprüchen müssen Arbeitsblätter im bilingualen Unterricht
nicht nur den fachlichen sondern auch den sprachlichen Ansprüchen gerecht werden. Die
Texte sollten dem Sprachniveau der Schüler entsprechen und zugleich durch die
entsprechende Formulierung der Arbeitsaufträge die Sprachkompetenz der Schüler fördern.
Beim Betrachten der Arbeitsblätter (Arbeitsblatt I, siehe Anhang) lassen sich verschiedene
Schwierigkeiten beobachten, die beim Erstellen von bilingualen Arbeitsblättern berücksichtigt
werden müssen. Zunächst stellt sich die Frage nach der Sprache: Sollten die Arbeitsblätter
einheitlich in einer Sprache gehalten sein oder sind beide Sprachen zulässig?Ausschlaggebend
sollte dabei sein,welche Kompetenzen gefördert werden sollen. Eine Darstellung
derVersuchsdurchführung in deutscher Spracheversucht sicherzustellen,dass die Lernenden
den Versuch korrekt durchführen. Besonders bei anspruchsvollen Versuchen ist dies zu
empfehlen. Dennoch ist es denkbar, dass die Lernenden bevor sie mit der eigentlichen
Durchführung beginnen zunächst eine Übersetzung der Versuchsdurchführung erstellen. In
diesem Fall, setzen sich dieLernenden nicht nur eingängiger mit der Aufgabenstellung
auseinander, was Missverständnissen und Fehlern bei der Durchführung vorbeugt,sondern
trainieren zudem jene CALP15 Sprachkompetenzen. Neben der Versuchsdurchführung stellen
beim ersten Mal ausschreiben die benötigten Materialien und Chemikalien einen weiteren
15Cognitive
Academic Language Proficiency(Cummins, 1984)
11
sprachlichen Anspruch an die Lernenden und die Lehrkraft dar. Wie auch bei der
Versuchsdurchführung scheint es sinnvoll die Schüler zunächst die Übersetzungen
recherchieren zu lassen. Auf Arbeitsblatt II(siehe Anhang) sind die verschiedenen, für eine
Destillation benötigten Materialien aufgelistet. Haben die Schüler bisher noch nie destilliert,
sind ihnen einige Materialien doppelt unbekannt, da sie weder die deutschen noch die
englischen Begriffe kennen. Hier zeigt sich allerdings, dass sich aus der Vokabelarbeit häufig
die Funktion der Geräte erschließt. Hier seien beispielsweise der Heizpilz (heatingmantle) und
der Liebigkühler (liebigcondenser)genannt. Die Vokabelarbeit beziehungsweise Recherche im
Voraus hat den Vorteil, dass die Schüler bei der eigentlichen Versuchsdurchführung bereits
die nötigen Vokabeln kennen und dadurch die Gespräche innerhalb der Gruppen inder
Fremdsprache weiter geführt werden können.
An dieser Stelle soll allerdings nicht der Eindruck entstehen, dass das deutsche
Arbeitsmaterial unbearbeitet für den bilingualen Unterricht übernommen werden soll. Zwar
ist dies in manchen Fällen durchaus zulässig, eine häufig wiederkehrende Vokabelrecherche
wirkt jedoch demotivierend und ermüdend. Alternativ hierzu können die Vokabeln auch
direkt an der Apparatur erarbeitet werden. Hierzu erhalten die Lernenden Karteikarten mit den
entsprechenden Vokabeln und befestigen diese direkt an die entsprechenden Stellen der
Apparatur(siehe Anhang:Zusätzliches Arbeitsmaterial). Eine so präparierte Apparatur lässt
sich auch im Anschluss dazu verwenden, in Gruppen das Erlernte zu wiederholen, zu festigen
und gleichzeitig offene Fragen zu klären (siehe Anhang: Learning byteaching). Beim
Heranziehen englischsprachigen Arbeitsmaterials sollte die Lehrkraft stets beachten, dass die
Vokabelrecherche zwar sinnvoll ist, allerdings nicht zu zeitintensiv werden darf. Häufig
werden beim Experimentieren nur wenige unbekannte Materialien verwendet, sodass sich die
Lernenden nach und nach einen Vokabelfundus erarbeiten.
Damit die Lernenden nicht zu schnell demotiviert werden, sollte man versuchen sparsam mit
Recherche- und Übersetzungsarbeit umzugehen, bis sie im Besitz einesentsprechenden
Vokabelfundus sind.Arbeitsblatt IV(siehe Anhang) zeigt eine möglicheHerangehensweise um
sowohl fachliche als auch fremdsprachliche Kompetenzen zu fördern. Im Kontext von Seifen
und Reinigungsmitteln erarbeiten die Lernenden sich selbstständig die für die Waschwirkung
von
Seifen
notwendigen
Grundkenntnisse.
Hierzu
bearbeiten
sie
zunächst
den
Informationstext, klären offene Fragen und unbekannte Vokabeln, recherchieren anschließend
den Aufbau von Triglyceriden und Fettsäuren und stellen abschließend die Waschwirkung
graphisch dar. Das Arbeitsblatt dient hier lediglich als Leitfaden.
12
Im naturwissenschaftlichen Unterricht arbeitet man üblicherweise häufig mit Modellen,
Abbildungen und Diagrammen. Dabei beschreiben die Lernenden in der Regel zunächst was
sie sehen um anschließend Rückschlüsse auf die Bedeutung dessen zu ziehen. Die hierzu
benötigten Sprachkompetenzen limitieren häufig auch das Verständnis. Wie eingangs schon
beschrieben: Fehlen uns also die Worte, fehlt uns das Verständnis.Besonders in diesen Fällen
bietet es sich daher an mit Satzhülsen (engl. key phrases) zu arbeiten. Den Lernenden werden
hierzu vorformulierte Sätze angeboten, anhand denen sie Beschreibungen aber auch
Zusammenhänge und Deutungen formulieren können (siehe Anhang: Arbeitsblatt V). Im
Rahmen des bilingualen Unterrichts sollten die Lernenden allerdings nicht nur ihre
Sprachkompetenzen innerhalb der Fremdsprache erweitern,sondern sowohl deutsche als auch
fremdsprachliche Begriffe und Ausdrucksformen erarbeiten. So ist das Arbeiten mit
fremdsprachlichen als auch mit deutschenSatzhülsen sinnvoll, um sprachliche Operationen
wie das Beschreiben von Diagrammen zu trainieren.
Eine weitere immer widerkehrende sprachliche Herausforderung im naturwissenschaftlichen
Unterricht, ist das Schreiben von Versuchsprotokollen. Der immanente Schematismus von
Versuchsprotokollen eignet sich dabei besonders dazu gezielt Sprachkompetenzen zu fördern.
So strukturieren die Lernenden nicht nur den Verlauf von Experimenten und Versuchen,
sondern ordnen ihre Beobachtungen und sind gefordert Beobachtungen von Deutungen
sowohl sprachlich als auch inhaltlich klar zu trennen. Dieser klassische Fünfschritt
ausFragestellung, Geräten und Chemikalien, Durchführung, Beobachtung und Deutung lässt
sich besonders im Anfangsunterricht sehr gut durch passende Satzhülsen anleiten. Solche
„key phrases“ oder Satzhülsen geben den Lernenden einen sinngebenden Rahmen, anhand
dessen sie schon sehr früh selbständig ihre ersten Versuchsprotokolle erstellen können. Für
die Formulierung von Fragestellungen bieten sich beispielsweise Sätze wie „Gibt es einen
Zusammenhang zwischen (…) und (…)“ oder „Gilt für (…) je (…) desto (…)?“. Hierdurch
werden die Anforderungen beim Schreiben von Protokollen stark gesenkt, sodass auch mit
geringen Vorkenntnissen die Lernenden schnell Erfolge verzeichnen können. Dieser Ansatz
lässt sich auch auf den bilingualen Unterricht übertragen. Beim schriftlichen Festhalten der
Beobachtung besteht beispielsweise die Herausforderung der Lernenden nicht in dem Mangel
an passendem Vokabular um Eigenschaften wie Farben, Strukturen und Konsistenzen zu
beschreiben, sondern vielmehr in der eigentlichen Ausformulierung der Beobachtungen an
sich. Während einzelne Wörter schnell nachgeschlagen oder im Internet gesucht werden
können, müssen passende Formulierungen den Lernenden an die Hand gegeben werden (siehe
Anhang: Arbeitsblatt III). Sowohl im deutschsprachigenals auch im englischsprachigen
13
Chemieunterricht ist das Arbeiten mit den auf Arbeitsblatt III genannten key phrases sehr
unkompliziert und in der Regel auch erfolgreich. Es bietet sich an die Arbeitsblätter so zu
gestalten, dass die Schüler zu den einzelnen Unterpunkten noch eigene Ergänzungen
hinzufügen können. In meiner Unterrichtseinheit konnte ich beobachten, dass die Lernenden
zunächst zur Verwendung der key phrases animiert werden mussten, nach einigen Versuchen
allerdings selbstständig mit dem gegebenen Arbeitsmaterial arbeiteten. Zudem hat es sich als
lohnend erwiesen, mit den SuS einen Vokabel- und Formulierungsfundus zu erstellen. Da sich
meine bilinguale Unterrichtseinheit nur über einen begrenzten Zeitraum erstreckte, zog ich
Klarsichthüllen der Verwendung von Vokabelheften vor. In dieser Form haben die Lernenden
die notwendigen key phrases zusammen mit den chemierelevanten Vokabeln an einem Ort,
sodass das Nachschlagen während der Unterrichtszeit minimiert werden kann. Die eigentliche
Suche nach nützlichen key phrases gestaltet sich im Gegensatz zu der Arbeit mit Ihnen als
problematischer. Bisweilen wird man bei den Schulbuchverlagen fündig, jedoch ist das
Angebot in Bezug auf bilinguales Arbeitsmaterial im Fach Chemie sehr eingeschränkt.
Hilfreich kann in diesem Fall der Zugriff auf englischsprachigeChemieschulbücher oder aber
bilinguale Schulbücher anderer Sachfächer sein. Besonders in bilingualen Erdkundebüchern
findet man häufig nützliches Material wie key phrases zum Beschreiben von Diagrammen
und Abbildungen.
3.2.1.c Arbeitsaufträge im bilingualen Unterricht
Bei der Planung von modernem schülerzentriertem Unterricht gilt das Hauptaugenmerk der
Planung von Arbeitsaufträgen. Sowohl mündlich formulierteals auch auf Arbeitsblättern
festgehaltene Arbeitsaufträge sollten klar formuliert, unmissverständlich und zielführend sein.
Im
Fokus
des
naturwissenschaftlichen
Unterrichts
steht
dabei
stets
der
wissenschaftspropädeutische Ansatz.Wie lässt sich dieser Ansatz mit den sprachlichen
Ansprüchen im bilingualen Unterricht verknüpfen?
Wissenschaftspropädeutischer Unterricht ist auch immer Sprachunterricht. Der Umgang mit
fachlichen Kenntnissen und dem Verständnis von komplexen Denkformen, das Aufspüren
und „Erkennen von Grenzen wissenschaftlicher Aussagen“ 16 , aber auch die Formulierung
wissenschaftlicher Fragestellungen sind alle nicht nur fachlicher, sondern auch sprachlicher
16(D.
Eschenhagen, 2006)
14
Natur. Kenntnis und Verständnis wollen übermittelt, die Grenzen wissenschaftlicher
Aussagen diskutiert und Fragestellungen formuliert werden. Sprache und der Erwerb von
Sprachkompetenzen, sowohl in der Muttersprache als auch in den Fremdsprachen, sind
demnach keine zusätzlichen Aufgaben sondern dienen als Hilfsmittel die Kompetenzen der
Erkenntnisgewinnung unddie fachlichen Kompetenzen zu erarbeiten.Im bilingualen
Unterricht bedeutet diese schülerzentrierte Unterrichtsform, welche zum Sprechen und
Diskutieren einlädt, auchautomatisch Raum für die Fremdsprache. Doch sollen die Lernenden
im Unterricht nicht nur reden und diskutieren, sondern sich sowohl einzeln als auch in
Gruppen mit den Inhalten auseinandersetzen, ihre Gedanken verschriftlichen und Lösungen
erarbeiten. Wie im normalen Unterricht, sind daher auch im bilingualen Unterricht die
verschiedenen Operatoren im Einsatz. Sind den Lernenden die Operatoren bekannt,
verknüpfen sie in der Regel klar abgegrenzte Arbeitsaufträge mit den jeweiligen Operatoren.
Auch wenn im bilingualen Unterricht die gleichen deutschen Operatoren verwendet werden
können, erscheint mir eine Einführung und Etablierung von Operatoren für den bilingualen
Unterricht (siehe Anhang) für sinnvoll. Der Auszug aus Operatoren für den bilingualen
Erdkundeunterricht lässt sich ohne weiteres durch andere Operatoren ergänzen und den
fachspezifischen Ansprüchen anpassen. Wie schon bei den key phrases, bietet es sich in der
Unterrichtspraxis an, den Lernenden die Liste der Operatoren auszuhändigen. Die Lernenden
können so jederzeit nachschlagen, wenn ihnen ein Arbeitsauftrag unklar erscheint.
Eine weitere Überlegung in Bezug auf die Arbeitsaufträge sind die Methoden und
Sozialformen, in der die Lernenden die Aufgaben erfüllen sollen. Neben der Verwendung von
passenden Operatoren sollte die Lehrkraft einerseits angeben, ob die Arbeit in Einzelarbeit
(z.B. workindividually), Partnerarbeit (z.B. workwith a partner, pair work) oder
Gruppenarbeit (z.B. groupwork) erledigt werden soll und andererseits auch anhand welcher
Methode (z.B. Think-Pair-Share; Group puzzle). Methode und Sozialform sollten sowohl zu
der Lerngruppe als auch dem Inhalt passen. In der von mir angeleiteten Lerngruppe konnte
ich große Unterschiede bezüglich der Fachkenntnisse einerseits und den Sprachkenntnissen
andererseits feststellen. Lernende, die ausgeprägte Sprachkenntnisse vorwiesen, hatten meist
Probleme mit den fachlichen Inhalten während umgekehrt Lernende mit guten
Fachkenntnissen weniger ausgeprägte Sprachkompetenzen hatten. Gruppenkonstellationen
und Arbeitsaufträge sollten daher so gestaltet werden, dass die Lernenden von den Stärken
ihrer
Mitschüler/Innen
profitieren
können.
15
Durch
den
Ansatz
desLernens
durch
Lehren 17mussten die Lernenden einerseits ihre eigenen Stärken ausbauen und zugleich die
Schwächen der Mitschüler/Innen verringern (siehe Anhang: Learning byteaching).
3.2.2 Kompetenzen im Bereich des interkulturellen Lehrens und Lernens
Im Jahr 1996 hat die Kultusministerkonferenz in der Empfehlung zur„Interkulturelle Bildung
und Erziehung in der Schule“ die interkulturelle Kompetenz definiert.18 Die Lernenden sollen
hierbei Kompetenzen erwerben, die ihnen helfen ihre eigenen Erfahrungen, ihre Lebenswelt
mit der Lebenswelt anderer Menschen und anderer Kulturen in einem globalen Kontext zu
sehen. Nach Hallet wird der bilinguale Unterricht eben diesen Ansprüchen gerecht (siehe
Abbildung 3: Modell des „Bilingual Triangle“).
Abbildung 3: Modell des „Bilingual Triangle“19
Bilingualer Unterricht soll nach Halletdie Begegnung mit den Zielsprachenkulturen
ermöglichen und die Lernenden für andere Kulturen sensibilisieren. In den klassischen
17(Martin,
1986)
der Auseinandersetzung zwischen Fremdem und Vertrautem ist der Perspektivwechsel, der die
eigene Wahrnehmung erweitert und den Blickwinkel der anderen einzunehmen versucht, ein
Schlüssel zu Selbstvertrauen und reflektierter Fremdwahrnehmung. Die durch Perspektivwechsel
erlangte Wahrnehmung der Differenz im Spiegel des anderen fördert die Herausbildung einer stabilen
Ich-Identität und trägt zur gesellschaftlichen Integration bei. Eine auf dieser Grundlage gewonnene
Toleranz akzeptiert auch lebensweltliche Orientierungen, die mit den eigenen unvereinbar erscheinen,
sofern
sie
Menschenwürde
und
-rechte
sowie
demokratische
Grundregeln
achten“(Kulusministerkonferenz, 1996)
18„In
19(Woidt
nach Hallet, 2002)
16
„bilingualen Fächern“ wie Geschichte, Politik oder Geographie ist dies ohne weiteres
denkbar, sind diese Fächer „sprachlich weitausflexibler und weisen auch in der Zielsetzung
andere Schwerpunkte auf, wieinterkulturelle Kompetenz, Empathie und die Fähigkeit zum
Perspektivenwechsel“ 20 . Betrachtet man allerdings die klassischen naturwissenschaftlichen
Fächer, ist nur schwer ersichtlich wo eine solche Begegnung mit der Zielsprachenkultur
sinnvoll einzubringen sei.Es stellt sich daher die Frage, worin die eigentliche Motivation für
einen bilingualen Naturwissenschaftsunterricht liegt. Denn für einen bilingualen Chemieoder Physikunterricht sprachen keine interkulturellen Beweggründe. Die Lernenden sollten
die Fremdsprache in einem Kontext kennen lernen, der ihrem zukünftigen Studium und Beruf
entspricht. So formulierte Buchinger, dass für „dienaturwissenschaftlichen Fächer […] vor
allem Englisch die Sprache der Wahl [ist], und dieZiele der bilingual unterrichteten
Naturwissenschaften […] vor allem ökonomischerArt [sind].“21
3.2.3 Kompetenzen im Zusammenspiel von Sachfach- und Fremdsprachendidaktik
Die Planung und Gestaltung von Unterricht unterliegt stets didaktischen und methodischen
Überlegungen. Für den bilingualen Unterricht konkurrieren dabei die Sachfach- und die
Fremdsprachendidaktik miteinander. Ein vollständiger Verzicht auf die eine oder andere
Didaktik ist nur schwer denkbar.Diesem Anspruch gerecht zu werden stellt sich allerdings bei
Lehrkräften ohne fremdsprachendidaktische Ausbildung als äußerst schwierig dar.
Wie viel Fremdsprachendidaktik benötigt der bilinguale Unterricht?Während der Anfänge
dieser Unterrichtsform war der Einfluss der Fremdsprachendidaktik relativ groß. Dies stellte
sich als problematisch heraus, da der bilinguale Unterricht vermehrt die Rolle eines
erweiterten Fremdsprachenunterrichts einnahm und somit den fachlichen Ansprüchen nicht
mehr gerecht werden konnte.Die Autoren Hallet, Otten und Wildhage fordern deshalb, dass
didaktische Überlegungenzunächst von den Ansprüchen des Sachfaches ausgehen sollten.22
Die Fachdidaktik des Sachfaches steht demnach bei der Planung von bilingualem Unterricht
im Mittelpunkt. Fremdsprachendidaktische Konzepte undMethoden spielen für die
fachspezifischen Lehr- und Lernprozesselediglicheine unterstützen Rolle.
20(Buchinger,
2006)
2006)
22(Hallet, 1998)
23(Wildhage & Otten, 2003)
21(Buchinger,
17
23
Bilingualer
Sachfachunterricht sollte demnachin erster Linie den Sachfachdidaktischen Ansprüchen
gerecht werden.
Was bedeutet das für die bilinguale Praxis?
Wie auch im deutschsprachigen naturwissenschaftlichen Unterricht, gibt es im bilingualen
Unterricht verschiedene Sprachanlässe. Nach Hoffmann, sollen solche Unterrichtsphasen,
„die eher sprachliche Zielsetzungen verfolgen“, funktional ausgerichtet sein.Gesprochen wird
nicht des Sprechens willen, das Verständnis steht im Mittelpunkt. Die Sprache ist in diesem
Zusammenhang als Konstruktionsmittel von Verständnis und nicht als Transportmittel von
Informationen zu sehen. Die Lernendensollen nach Leisen „die Bedeutungen der Signale und
die semantischen Strukturen in (…) [ihren] eigenenKopf konstruieren.“
24
Funktional
ausgerichtet bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Lernenden über fachliche
Fragestellungen reden, Inhalte diskutieren und ihre Ergebnisse präsentieren. Kommunikation
ist ein wesentlicher Teil des naturwissenschaftlichen Unterrichts, dient dabei allerdings nie
dem Selbstzweck, sondern immer dem Verstehen inhaltlicher Aspekte.25Der Lernprozess als
solcher wird von Leisen als ein Prozess semantischer Strukturierung verstanden. Die
Lernenden konstruieren in ihren Köpfen eine Bedeutung, die sie anschließend mit den
entsprechenden Begriffen verknüpfen. Hier wird deutlich, dass Spracharbeit ein essenzieller
Teil für ein erfolgreiches Lernen ist.
Der Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler steht bei der Planung und Ausgestaltung des
Unterrichts stets im Mittelpunkt. Die intrinsische Motivation der Lernenden stellt neben
weiteren Faktoren die Grundlage für ein erfolgreiches lernen dar. Betrachtet man die in
Tabelle 1 dargestellten Grundstrukturen von problemorientiertem und bilingualem Unterricht,
erkennt man zwei unterschiedliche Ansätze: Während der problemorientierte Unterricht
anhand einer Problemstellung die Schüler zum naturwissenschaftlichen Denken motiviert,
dient der Einstieg des bilingualen Unterrichts nach Hoffmann zunächst einer sprachlichen
Vorentlastung, einer sogenannten Semantisierung.
Tabelle 1: Vergleich der Grundstrukturen von problemorientieren und bilingualen Unterricht
Phase
24(Leisen,
Bilingualer Sachfachunterricht nach
problemorientierter Unterricht
Hoffmann
2005)
25(Hoffmann)
18
Problemstellung mit anschließender
Sprachliche Vorentlastung
Fragestellung und Hypothesenbildung
(Semantisierung)
II
Erarbeitung I
Erarbeitung
III
Sicherung I
Festigung / Sicherung
IV
Erarbeitung II / Transfer
Transfer
V
Sicherung II
Sicherung
I
Unter Semantisierung versteht man das Umschreiben von Wörtern, um deren Bedeutung zu
erfassen. Ein häufig verwendetes Mittel ist das Paraphrasieren, hierzu werden Begriffe mit
Wörtern umschrieben, die den gleichen Sinn wiedergeben. Die Semantisierung soll den
Lernenden zu Beginn einer Unterrichtsstunde die Möglichkeit gegeben sich in die jeweilige
Fremdsprache einzufinden, die Lernenden werden aktiviert und die Sprechbereitschaft
gefördert. Die für die „nachfolgende Unterrichtssequenz notwendige[n] sprachliche[n]
Elemente“ werden fixiert, systematisiert und ergänzt.26
Will man beispielsweise in der nachfolgenden Stunde bestimmte Stoffeigenschaften wie die
Festigkeit verschiedener Materialien bewerten, bieten sich kleine Paraphrasierwettkämpfe an
(z.B.: „The onewhofindsthemostadjectivesrelatedto solid/softwins!“). Weitere Möglichkeiten
der Semantisierung sind unter anderem das Erstellen von Mindmaps, sortieren, bewerten oder
verknüpfen
von
Wortlisten
und
das
Beschriften
von
Abbildungen.
Solche
Semantisierungsphasenwerden am besten durch visuelle Impulse eingeleitet.„Die dadurch
erzielte inhaltliche Einführung in die Stunde kanngleichzeitig auch (…) [zur] Wiederholung
und Ergebnissicherunginhaltlicher Zielsetzungen vorausgegangener Unterrichtsstunden (…)
[beitragen].Integrativ übernimmt eine solche Semantisierungsphase auch dieUmwälzung und
Sicherung des Sprachmaterials frühererUnterrichtssequenzen.“27
Kombiniert man den problemorientierten Unterrichtseinstieg der Sachfächer mit den
Methoden der sprachlichen Vorentlastung lässt sich von einer problemorientierten
Semantisierungsphase sprechen. Der problemorientierte Einstieg kann sowohl durch ein Bild,
eine Aussage oder ein Demonstrationsexperiment erfolgen. Um beispielsweise die
26(Hoffmann)
27(Hoffmann)
19
Dipoleigenschaften des Wassers zu vertiefen, bietet sich der Versuch vom „abgelenkten
Wasserstrahl“ an. Eine Semantisierungsphase wird der direkten Besprechung des Versuchs,
bei der die Lernenden zunächst ihre Beobachtungen formulieren um anschließend eine
gemeinsame Fragestellung zu erarbeiten, vorangestellt. Ein möglicher Arbeitsauftrag
könntedabei die Erstellung einer Mindmap sein, welche die Beobachtungen einerseits
strukturiert und zugleich sprachlich untermauern würde. Die Semantisierungsphase muss
allerdings nicht immer im Einstieg verankert sein. Bei dem Beispiel des „abgelenkten
Wasserstrahls“
wäre
eine
Semantisierung
innerhalb
der
Erarbeitungsphase
auch
denkbar.Sammeln die Lernenden dabei beispielsweise in Gruppen zunächst alle relevanten
Begriffe und deuten erst anschließend denVersuch, wäre eine solche Herangehensweise als
sinnvoll einzuordnen.
Geht man wie Leisen davon aus, dass Begriffe im Grunde Konstruktionsmittel des Denkens
und Verstehens sind, wird deutlich, dass die Lernenden beim Paraphrasieren nicht einfach nur
sinnverwandte Begriffe suchen, sondern hierzu auf Vorerfahrungen und Erlerntes
zurückgreifen. Die Semantisierung dient demnach nicht nur der sprachlichen Aktivierung.
An diesem Beispiel zeigt sich, dass mit der Erweiterung der Sachfachdidaktik durch die
Fremdsprachendidaktikdie
„Verständigungssicherung
Fachtraditionen
(…)
und
zugunsten
einer
einer
gemeinsamen
Systematisierung
des
Unterrichtsgegenstands“28aufgebrochen und bereichert werden können.
4. Evaluation und Reflexion
In dieser Arbeit sollte die Problematik geklärt werden, ob alle Lehrkräfte bilingualen
Unterricht leiten können. Um erste Antworten auf diese Frage zu finden, sollte erprobt
werden, ob eine Lehrkraft ohne fremdsprachendidaktische Ausbildung bilingualen
Chemieunterricht leiten kann. An dieser Stelle soll nun ausgewertet werden, in wie fern jede
Lehrkraft für den bilingualen Unterricht geeignet ist, wo der Mehrwert für die Lernenden und
Lehrenden im bilingualen Unterricht liegt und welche Chancen beziehungsweise
Möglichkeiten sich hieraus ergeben.
28(Dirks,
2004)
20
4.1 Die Lehrkraft im bilingualen Unterricht
Wie bereits deutlich gemacht, stellt die Planung und Vorbereitung von bilingualem Unterricht
besondere Herausforderungen an die Lehrkraft. Es gilt die fachbezogene Planung zu
bewältigen und zugleich fremdsprachliche Aspekte zu berücksichtigen. Eine Lehrkraft ohne
die entsprechende Ausbildung kann sich in dieser Situation leicht überfordert fühlen.
Um eine zu hohe Belastung von Anfang an zu vermeiden, ist die entsprechende
Sprachkompetenz der Lehrkraft von entscheidender Bedeutung. Das Unterrichten in einer
anderen Sprache ist anfangs sehr ungewohnt und kann die Lehrkraft in ihreeigene Schulzeit
zurück versetzen. Auch wenn diese Unsicherheiten durch Übung verringert werden kann,
sollte eine Lehrkraft, die nicht ein entsprechendes Mindestmaß an Sprachkompetenz
vorweisen kann (mindestens B2), womöglich zunächst in einem Selbststudium die
notwendigen
Kompetenzen
nacharbeiten.
Doch
auch
wenn
eine
ausreichende
Sprachkompetenz vorliegt ist das bilinguale Unterrichten eine ungewohnte Situation.
Besonders dann, wenn die Fremdsprache nur im schulischen und privaten Rahmen genutzt
wurde. Es fehlen häufig entsprechende Redewendungen und Operatoren (siehe Anhang) um
Arbeitsaufträge zu formulieren oder das gewohnte Unterrichtsgespräch zu leiten. Eine von
mir als besondere Herausforderung erlebte Unterrichtssituation ist der Tafelanschrieb.
Während es in Unterrichtsgesprächen möglich ist, die eigenen sprachlichen Defizite zu
umgehen, ist der Tafelanschrieb ungleich schwerer.
Die sprachliche Unsicherheit hat Konsequenzen für die gesamte Unterrichtspraxis. Eine
Lehrkraft die sich nicht klar ausdrücken, nur bedingt Unterrichtsgespräche initiieren und
Diskussionen leiten kann, wirkt selten souverän. Genau diese Problematikzeigt auf, dass
Unterrichtspraxis zu einem großen Teil Sprachpraxis ist.
Sollte eine Lehrkraft nun nervös sein, da sie vielleicht ihre Autorität vor der Lerngruppe
einbüßen könnte? Aus meiner Erfahrung nein. In der Regel ist es gerade dieser Mangel an
sprachlicher Souveränität, der die Lernenden mit in die Verantwortung nimmt. Denn eine
Ratlosigkeit der Lehrkraft in sprachlicher Hinsicht steht nicht unmittelbar mit der Fähigkeit zu
unterrichten in Verbindung. Arbeitsaufträge können jederzeit auf Deutsch formuliert,
unbekannte Wörter oder Redewendungen recherchiert und sprachliche Fehler korrigiert
werden. Entscheidend ist nicht die Vermeidung von Fehlern, sondern vielmehr der Umgang
damit. Eine Lehrkraft die souverän mit ihren sprachlichen Defiziten umgeht fördert zudem
eine Unterrichtsatmosphäre, in der die Lernenden ungehemmter mit der Fremdsprache
umgehen. Die Lernenden erkennen, dass es bei der Sprache zunächst immer erst um die
21
Botschaft geht („messagebeforeaccuracy“). Es wird deutlich, dass Souveränität im Unterricht
und Sprachkompetenz nur bedingt zusammen hängen. Nach eigener Erfahrung unterstützen
Lernende die Lehrkraft gerne, wenn ihnen die Probleme der Lehrkraft vertraut sind. Die
Lernenden werden stark motiviert, da sie die Sprache zusammen erlernen, und dadurch
mitverantwortlich für den eigenen Lernerfolg sind. Aus dieser Situation ergibt sich eine
andere Unterrichtsatmosphäre:Die Lehrkraft ist Experte für ihr Fach und gestaltet den
Unterricht, während die Lernenden verstärkt eigenverantwortlich lernen. Eine solche
kollegiale Arbeitsatmosphäre muss jedoch immer auch eine gewisse Verbindlichkeit
aufweisen, da sonst die Lernenden den gegebenen Freiraum fehlinterpretieren.
Für einen gelungenen bilingualen Unterricht sollte die Lehrkraft neben der bloßen
Sprachkompetenz auch bei den von Weinbach benannten Kompetenzen einen entsprechenden
Ausprägungsgrad vorweisen. Aus eigener Erfahrung stellt für den bilingualen Einsteiger
anfangs die Kompetenz der Materialauswahl und Materialgestaltung die wichtigste
Kompetenz dar und sollte daher als erstes anhand des Förderkreislaufs erarbeitet werden. Im
Rahmen der bilingualen Chemie AG, die sich einerseits aus Mittelstufenschüler/Innen und
andererseits aus Schüler/Innen eines Chemieleistungskurses der 12.Klasse zusammensetzte,
war der Anspruch an das Unterrichtsmaterial ohnehin sehr speziell. Abgesehen davonwar zum
Zeitpunkt der AG-Gründung die Materiallage für bilingualen Chemieunterricht sehr
überschaubar. Das Erstellen und die Auswahl geeigneten Materials füllten daher einen großen
Teil der Unterrichtsvorbereitung. Auch wenn es für eine Lehrkraft ohne fremdsprachliche
Ausbildung durchaus möglich ist, Unterrichtsmaterial zu gestalten, muss mit einem hohen
Zeitaufwand gerechnet werden. Besonders die Suche nach geeigneten Wortfeldern und
benötigten Vokabeln für Semantisierungsphasen, die Formulierung von Arbeitsaufträgenfür
Arbeitsblätter
und
die
Erstellung
nützlicher
Hilfestellungen
im
Sinne
der
Binnendifferenzierung stellen besonders zu Beginn eine große Herausforderung dar. Hier
stellte sich die kollegiale Rücksprache mit Englischlehrern als sehr sinnvoll und nützlich
heraus. An dieser Stelle wird allerdings auch deutlich, dass der bilinguale Einsteiger schnell
an seine Grenzen kommt. Ohne die entsprechende Ausbildung entwickeln sich einfache und
alltägliche Aufgaben wie das Erstellen von Arbeitsblättern, das Zusammentragen von
Vokabeln oder schlichtweg die Auswahl geeigneter Textpassagen schnell zu zeitaufwendigen
und kraftraubenden Aufgaben. Der Lehrkraft ist es möglich mit entsprechender Übung und
Erfahrung den Anforderungen an geeignetes Unterrichtsmaterial gerecht zu werden.Gerade in
Bezug auf das Zeit- und Qualitätsmanagement wäre jedoch ein professionell vorbereitetes
Unterrichtsmaterial wünschenswert. Es zeigt sich also am Beispiel der Materialauswahl und 22
gestaltung, dass eine Lehrkraft ohne die entsprechende Ausbildung schnell einen erhöhten
Arbeitsaufwand zu bewältigen hat. Die Verwendung des Förderkreislaufs in Bezug auf die
Kompetenzen war insofern hilfreich, als dass die Herangehensweise verstärkt strukturiert
wurde. Ich konnte mich gezielt auf einen Schwerpunkt konzentrieren ohne dabei übermäßig
überfordert gewesen zu sein. Des Weiteren half mir die Auseinandersetzung mit den
einzelnen Kompetenzen eine professionelle Distanz zu den Unterrichtsgeschehnissen zu
entwickeln, um anschließend Verbesserungen vorzunehmen.
Ausgehend von der anfänglichen Fragestellung muss daher davon ausgegangen werden, dass
eben nicht jede Lehrkraft für den bilingualen Unterricht geeignet ist. Lehrkräfte die
entsprechende Sprachkompetenzen mitbringen, sind zumindest generell dafür geeignet, den
Anforderungen gerecht zu werden.Doch auch in diesem Fall kann nicht davon ausgegangen
werden, dass eine Lehrkraft von Anfang an über alle benötigten Kompetenzen in der
notwendigen Ausprägung verfügt. Schließlich ist auch die Aneignung neuer Kompetenzen im
laufenden Unterrichtsbetrieb von der jeweiligen Person abhängig. Der Prozess des Lernens
und Ausprobierens beinhaltet auch immer das Risiko des Scheiterns,wodurch die eine oder
andere Lehrkraft davor abschreckte, sich im Feld des bilingualen Unterrichtens zu versuchen.
Erfahrungsgemäß wirken sich allerdings gerade das Ausprobieren, Scheitern und Umdenken
sehr positiv auf die allgemeine Unterrichtspraxis aus. Mit den entsprechenden
Sprachkenntnissen, dem Willen sich auf ein neues Unterrichtskonzept einzulassen und vor
allem den entsprechenden Charaktereigenschaften, ist es sicherlich möglich, auch ohne die
entsprechende Ausbildung einen guten bilingualen Unterricht zu leiten.
4.2 Interkulturelles Lernen in bilingualen Naturwissenschaften
Welche Rolle kann der naturwissenschaftliche Unterricht im interkulturellen Lernen spielen?
Hier scheint es notwendig den Kulturbegriff als solchen zu betrachten. Aus Sicht der
Fremdsprachendidaktik 29 wird der Kulturbegriff, der in Nationen, Völkern oder Ethnien
denkt, ohnehin als zu eng kritisiert. Zudem ist zu beobachten, dass inter- und innernationale
Kulturgrenzen sich immer weiter auflösen.
Auch wenn durch einen globalen Weltmarkt und moderne Medien die Grenzen zwischen den
Kulturen immer mehr verblassen, bleibt dennoch das Fremde und Unbekannte erhalten. Hier
29
(Thürmann, 1994)
23
setzt modernes interkulturelles Lernen an, bei der Begegnung, dem Umgang und der
Bewältigung von allem was fremd ist. Auf den bilingualen Sachfachunterricht übertragen
bedeutet dies, dass die „Fremdheitserscheinungen des Fachunterrichts in der Begegnung und
Auseinandersetzung mit der Denkwelt“30des Alltags interkulturelle Dimensionen eröffnen.Ein
wissenschaftspropädeutischer Sachfachunterricht, egal ob deutschsprachig oder bilingual,
wird demnach auch immer den Ansprüchen des interkulturellen Lernens gerecht, indem
wissenschaftliche Denk- und Erkenntnisprozesse erlernt, Fachsprache vermittelt und das
wissenschaftliche Vorgehen erfahren werden kann. Wissenschaft als solche ist demnach nicht
nur Kulturgut, sondern auch eine Kultur an sich.
Dies bedeutet nun natürlich nicht, dass die Lehrkraft keinen Gedanken an interkulturelles
Lernen verschwenden muss, da naturwissenschaftlicher Unterricht diesem ohnehin gerecht
wird. Die Lehrkraft muss Anlässe schaffen, die ein problemorientiertes Arbeiten zur Folge
haben. Einerseits müssen Inhalte zur Verfügung gestellt werden, anhand denen die
Fachsprache erarbeitet und geübt werden kann, andererseits muss es die Möglichkeit geben
naturwissenschaftliche Konzepte und Modellvorstellungen kritisch zu hinterfragen. Die
Lehrkraft nimmt an dieser Stelle die Rolle des Mittlers zwischen der Naturwissenschaft und
den Lernenden ein.
4.3 Mehrwert des bilingualen Unterrichts
An verschiedenen Stellen wurde der bilinguale Unterricht als Möglichkeit die Schülerinnen
und
Schüler
auf
eine
zunehmend
globalisierte
Welt
vorzubereiten,
diskutiert.
Sprachkompetenzen, interkulturelle Kompetenzen sowie personale und soziale Kompetenzen
sind in einer solchen internationalen Welt von zunehmender Bedeutung. Die Lernenden sollen
die Möglichkeit erhalten sich bestmöglich auf eine solche Lebenswelt vorzubereiten.
Bilingualer Unterricht „vertieft und erweitert interkulturelle und fremdsprachliche
Kommunikationsfähigkeit und Kompetenz“ 31 . Esfindet eine Verschränkung der personalen
und sprachlichen Kompetenzen statt.Den Lernendenwird direkt das eigene Sprachdefizit
bewusst, wenn sie beispielsweise chemische Prozesse zwar an sich verstehen, ihnen allerdings
zur Beschreibung dessen die Worte fehlen. Zudem spielt die Sozialkompetenz der Lernenden
30
(Breidbach & Viebrock, Bilingualer Sachfachunterricht aus der Sicht wissenschaftlicher und
praktischer Theoretiker, 2006)
31(Ministerium für Bildung, 2001)
24
eine große Rolle, da die fachlich kompetenteren Lernenden auf die sprachlich versierteren
Lernenden angewiesen sind. Besonders innerhalb von Gruppenarbeiten ergibt sich so neben
der inneren Differenzierung auch eine Situation, die dem Lernen durch Lehrengerecht wird.
Jeder Lernende steuert so entsprechend der eigenen Befähigung etwas zum Gesamtergebnis
bei.Es zeigt sich demnach, dass der bilinguale Unterricht gerade in Bezug auf die Förderung
der überfachlichen Kompetenzen eine tragende Rolle erfüllen kann. Doch wie auch bei
anderen stark methodenlastigenUnterrichtsformen zur Förderung von Kommunikations- und
Sozialkompetenzen, stellt sich auch für den bilingualen Unterricht die Frage nach den
fachlichen und erkennungsgewinnenden Kompetenzen. Sicherlich muss keine Entscheidung
zugunsten der Förderung von Sprachkompetenzen bedeuten, dass Fachkompetenzen
vernachlässigt werden. Es wurde bereits geschildert, dass Fach- und Sprachkompetenzen
nicht zu trennen sind und ein Unterrichtskonzept, welches nur eine der genannten
Kompetenzen fördert nur schwer denkbar ist. Jedoch muss ein Schwerpunkt gelegt werden,
welcher im Rahmen des bilingualen Unterrichts meist die Fremdsprache trifft. Undifferenziert
betrachtet müsste man daher folgern, dass im bilingualen Unterricht im Vergleich zu dem
muttersprachlichen Unterricht weniger Fachkompetenzen erworben werden. Dies trifft für
manche Lernenden auch sicherlich zu. Eine Schülerin die sich sehr für das Fach als solches
begeistert und die fachimmanente Denkweise ohne Probleme übernimmt, allerdings dabei
große Probleme mit der Fremdsprache hat, wird im bilingualen Unterricht vermutlich einen
geringeren fachlichen Fortschritt erleben als in einem rein muttersprachlichen Unterricht. Im
Gegensatz dazu würde ein sprachlich versierter Schüler ohne Interesse für das Fach und mit
geringer Motivation aufgrund der schlechten Leistungen, von dem bilingualen Unterricht
insofern profitieren, dass sich die Begeisterung für die Fremdsprache auf die
Naturwissenschaft überträgt. Es ist also durchaus denkbar, dass Lernende, die in
Naturwissenschaften leistungsschwächer sind, von dem bilingualen Unterricht profitieren.
Das Gleiche gilt aber auch für Lernende, die der zuvor beschriebenen Schülerin entsprechen.
Die Begeisterung für die Naturwissenschaft kann sich durchaus auch positiv auf die
Entwicklung der Sprachkompetenz auswirken. Dies trifft besonders dann zu, wenn den
Lernenden bewusst wird welche Aufgabe die Fremdsprache in ihrem zukünftigen Alltag
erfüllen kann, da sie im bilingualen Unterricht die Sprache in einem alltagsnahen Kontext und
nicht als Selbstzweck erleben.
Neben
der
Möglichkeit
des
interkulturellen
Lernens
und
der
Erweiterung
der
Kommunikationskompetenzen profitieren zumindest manche Schüler von einer Übertragung
25
der Motivation für ein Fach auf die Fremdsprache und umgekehrt. Doch hat das bilinguale
Unterrichten auch einen Mehrwert für die Lehrkraft und ihren weiteren Unterricht?
Es entsteht insofern ein Mehrwehrt für die Lehrkraft, als dass sie im Rahmen der
Vorbereitung und Leitung des bilingualen Unterrichts verstärkt auf sprachliche Komponenten
des
Unterrichtens
fokussiert
ist.
Dirks
spricht
hierbei
vom
Aufbruch
deutschsprachigerFachtraditionen: Es „eröffnen sich für die Lehrer/Innen neue Zugänge zu
ihnen bisher verschlossenen Sinnhorizonten, Denk- und Erkenntnisformen; sie vollziehen ein
kreolisierendes [...] Re-Framing etablierter Praktiken.“ So müssen stets neue Begriffe und
Vokabeln eingeführt, Schülerkommentare verbessert und die Verwendung von key phrases
trainiert werden. Hierzu werden unter anderem verschiedenen Formen des Semantisierens,
wie beispielsweise dem Paraphrasieren verwendet. Auch wenn die Arbeit mit derlei
Hilfsmitteln bereits zuvor bekannt war, wurde mir im Rahmen des bilingualen Unterrichtens
erst die Tragweite solcher Übungen bewusst, sodass ich sie nun auch in meinem üblichen
Unterricht aktiv einsetze.Der bilinguale Sachfachunterricht kann demnach auch für den
monolingualen Sachfachunterrichtimpulsgebendsein.
4.4 Ausblick
Das Potential des bilingualen Unterrichts ist unbestritten, sodass seine Ausweitung auf die
Naturwissenschaften eine logische Konsequenz darstellt. Es ist daher weniger die Frage, ob
bilingualer Chemie- oder Physikunterricht an einer Schule eingeführt werden soll, sondern
wer diesen Unterricht leitet. Sicherlich sollte nicht jede Lehrkraft ungefragt bilingual
unterrichten müssen. Besonders im Hinblick auf die beschriebenen Anforderungen an die
Lehrkraft sind flächendeckende Fortbildungsmöglichkeiten sowie professionell ausgestaltete
Unterrichtskonzepte und -materialien wünschenswert. Dem „Theoriedefizit in der Didaktik
des biliSFU“ 32 sollte auf lange Sicht durch eine einheitliche Didaktik, die sich von der
Sachfachdidaktik
ableitet,
entgegen
gearbeitet
werden.
Eine
solche
bilinguale
Sachfachdidaktik müsste sich an einer für den naturwissenschaftlichen Unterricht
konzipierten Sprachdidaktik orientieren und den Kanon der Sachfachdidaktik erweitern. Das
von mir vorgestellte Konzept der problemorientierten Semantisierung wäre hier ein möglicher
Ansatz. Die Entwicklung einer solchen Didaktik hätte zwar keine grundsätzliche Neuerung
32
(Breidbach & Viebrock, Bilingualer Sachfachunterricht aus der Sicht wissenschaftlicher und
praktischer Theoretiker, 2006)
26
der Sachfachdidaktik zur Folge, würde allerdings neue „Sinnhorizonte, Denk- und
Erkenntnisformen“ 33 eröffnen. In Anbetracht der aufgezeigten Entwicklungsmöglichkeiten
kann abschließend festgestellt werden, dass das Potential des bilingualen Unterrichts bei
weitem noch nicht aufgebraucht ist.
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zur Weiterentwicklung. SEKRETARIAT DER STÄNDIGEN KONFERENZ DER
KULTUSMINISTER DER LÄNDER IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND.
33Vgl.
(Dirks, 2004)
27
Kultusministerium
Niedersachsen.
(2008).
Kerncurriculum
für
das
Gymnasium
Schuljahrgänge 5 - 10 Erdkunde. Hannover.
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06
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von
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:BilingualTriangle.svg&filetimestamp
=20100131194107
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Reflexionsschleife nach Rutkowski & Alze (2005) ............................................. 8
Abbildung 2: Evaluationsgraph Unterrichtsmaterial .................................................................. 8
Abbildung 3: Modell des „Bilingual Triangle“ ........................................................................ 16
29
Anhang
A. Förderkreislauf
30
31
B.Arbeitsblatt I
The Cyanoacrylate Fuming Method
Tasks:
1. Below is a list of equipment and chemicals needed for the experiment. Look them up in the
provided dictionaries and note them down.
2. Perform the experiment as described.
3. Write down your observations.
Geräte:__________________
1 Thermometer___________________
1 Becherglas 500 ml __________________
1 Heizplatte
___________________
1 Kristallisierschale ___________________
1 Stativ
___________________
Chemikalien:__________________
1 Stativklemme___________________
Aluminiumfolie __________________
1 Ring
Sekundenkleber__________________
___________________
2 Porzellantiegel
___________________
H2Odest.
___________________
Versuchsdurchführung:
Ein 500ml-Becherglas wird in ein
beheizbares Wasserbad gestellt. Auf den
Boden des Becherglases stellt man zwei
kleine Porzellantiegel und gibt in den
ersten Tiegel einige Tropfen Wasser, in
den zweiten Tiegel einige Tropfen
Sekundenkleber.
Aus der Aluminiumfolie wird ein so
großes Stück geschnitten, dass man damit das Becherglas verschließen kann. Die Folie wird
nun mit Fingerabdrücken versehen. Anschließend wird die Verdampfungskammer mit der
Folie verschlossen (mit den Fingerabdrücken nach innen).Das Wasserbad wird nun auf ca.
70°C erwärmt. Nach einigen Minuten kann die Aluminiumfolie wieder entfernt werden.
32
C.ArbeitsblattII
Die Destillation
Materialien:
Chemikalien:
-
Heizpilz
-
-
Laborboy
-
Thermometer
-
2 Rundkolben
-
1 Liebig-Kühler
-
2 Schläuche zur Wasserkühlung
-
Mörser und Pistel
-
Becherglas
25g
getrocknete
Nelken/Zimt/
Orangen
-
100ml destilliertes Wasser
Durchführung:
1. Die Destillationsapparatur wird aufgebaut und die Wasserschläuche werden angeschlossen
2. 100ml Wasser werden in den 250ml Kolben zusammen mit 25g gemörserten Nelken
vorgelegt.
3. Nachdem die Apparatur durch den Lehrer kontrolliert wurde, wird der Heizpilz
eingeschaltet
D.ZusätzlichesArbeitsmaterial
Distilaltion flask
Water in
Distillation head
Water out
Thermometer
Distillation/vakuum adaptor
Condenser
Receiving flask
32
High boiling point compounds are the _____ and have the _____ amount of vapor.
Least volatile; lowest
Low boiling point compounds are the ___ and have the ___ amount of vapor.
Most volatile; highest
Non-volatile substances do not:
evaporate, for example: salt, sugar
The amount of substances in vapor are related to their
Vapors contain
evaporated substances
Water evaporates but minerals:
do not
33
boiling points
E.Learning by teaching
Explain the purpose of distillation to your group members:
What is a distillation?
How does it work?
What do we need it for?
Name the parts of the apparatus!
F.Arbeitsblatt III
Writing a lab report
1. Hypothesis34
The goal of the experiment was to show ... We expected … because …
You can write your hypothesis in the fom of an “if…, then…, beacaue…” statement
2. Equipment/Materials
We used … We used the equipment which is shown …
(Make a list and try to be specific.)
3. Method35/Procedure
First we … Then we … We made it objective36 by using …
Write each step of your procedure. You can number your steps (Step 1…; Step 2…).
4. Results
We collected the results in a diagram / a list.
The results of my experiment show that…
5. Conclusion37
Our hypothesis was correct / is supported. The results showed that…
Our hypothesis was not correct. We thought … but … The reason was…
34idea
for sth. that might or might not be correct
35
way of doing sth.
36getting results from facts and not from feelings
37Schlussfolgerung
34
G.Arbeitsblatt IV
Soap
(From Wikipedia, the free encyclopedia)
In chemistry, soap is a salt of a fatty acid. Soaps are mainly used as
surfactants for washing, bathing, and cleaning (…). Soaps for
cleansing are obtained by treating vegetable or animal oils and fats
with a strongly alkaline solution. Fats and oils are composed of
triglycerides: three molecules of fatty acids attached to a single
molecule of glycerol. The alkaline solution, often called lye, brings
St
ructure of a micelle, a cell-like
structure
formed
by
the
aggregation of soap subunits.
The exterior of the micelle is
hydrophilic (attracted to water)
and the interior is lipophilic
(attracted to oils)
about
a
chemical
reaction
known
saponification.
In
saponification, the fats are first hydrolyzed into free fatty acids,
which then combine with the alkali to form crude soap. Glycerol,
often
called
glycerin,
liberated
is
and
is
either left in or
Surfactants
Tenside
fatty acid
cleansing
composed
washed out and recovered as a useful by-product
lye
according to the process employed
Saponification
Triglycerides
as
Free fatty acids
2D-Grafic of the “cleansing mechanism” of free fatty acids
35
H.Arbeitsblatt V38
Working with graphs and charts
The line graph shows/represents/illustrates …
The bars stand for/show/represent …
The pie chart is divided into … segments.
Describing the details
There is a slow/steady rise/a fast fall …
The number of … increases/decreases/is higher/lower/highest/lowest …
… reaches a peak/maximum/minimum of … / remains constant/stable.
Over half of … nearly twice as many … / three times as many …
An all-time high/an all-time low / the highest/lowest percentage …
The number of … is more/less than … / is the same as …
Evaluating the results
You can see that … / The results show that …
The graph shows a trend towards … / This means that …
In fact, … / The consequence/effect/result is …
I’m not surprised that … / I can understand why …
The chart doesn’t say anything about …
38
aus (Klett)
36
I.Operatoren für den bilingualen Unterricht39
a) Operatoren für Arbeitsaufträge
zur Erkenntnisgewinnung
b) Operatoren für Arbeitsaufträge
zum Kompetenznachweis
befragen
interview;ask
analysieren
analyse
beobachten
observe
(be-)nennen
name
berechnen (z.B.
Maßstab)
calculate; work out beschreiben
durchführen
beurteilen /
(z.B. Versuche)
carry out;make
(e.g. an
experiment)
entnehmen/
find;gain;extract
charakterisieren
characterise
entwickeln(z.B.
Fragestellungen)
developquestions
darlegen /
point out
erheben
collect (e.g. data);
einordnen /
(z.B. Daten)
make a survey
zuordnen
erstellen
make;create (e.g. a
mind map);
entwickeln
develop
describe
judge (if)
bewerten
gewinnen
(z.B. mindmaps)
darstellen
classify
design (e.g. a mind
map)
kartieren
map
erklären
explain
messen
measure
erläutern
illustrate
lokalisieren /
erörtern
discuss
Standortbestimmen
locate;state the
location of
planen(z.B.
Vorgehensweise)
plan (e.g. a
strategy)
gliedern
structure
Proben nehmen
takesamples
Stellung
express
39(Kultusministerium
Niedersachsen, 2008)
37
protokollieren
take notes;
nehmen
youropinion;comme
nt on
vergleichen
compare
wiedergeben
state
write a report
(Versuch);
take the minutes
(Stunde)
recherchieren
(z.B. im Internet)
find information
(e.g. on the
internet);search
(e.g. the net) for
überprüfen
(z.B. Hypothesen)
test (e.g. the
hypotheses);
check
unterstreichen
underline
(Lesekompetenz)
verknüpfen
(z.B.
Informationen)
link; connect;
combine (e.g.
information)
zählen
count
zeichnen von
draw
Diagrammen, (…)
38
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