Anhang Statements MdB Inhalt - Petra Rode-Bosse (SPD): längeres Statement Dr. Daniela De Ridder (SPD): längeres Statement Gerold Reichenbach (SPD): Karikatur Inge Höger (DIE LINKE): längeres Statement Dr. Birgit Malecha-Nissen (SPD) Anhang Statements MdB Erklärung von MdB Petra Rode-Bosse (SPD) zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai 2016: „Pressefreiheit ist ein Pfeiler unserer Demokratie“ Die Pressefreiheit ist eines der höchsten Güter unserer Demokratie. Die Demokratie braucht sie wie der Mensch die Luft zum Atmen: Die Pressefreiheit ist gleichzeitig Garant für Meinungsvielfalt, Voraussetzung für eine pluralistische Parteienlandschaft und eines der wirksamsten Instrumente zur Kontrolle der Regierenden. Aber auch für die Arbeit einer Abgeordneten ist die Presse eines der wichtigsten Arbeitsmittel überhaupt: Jeder Tag beginnt mit dem Konsultieren verschiedener Medien, vom Radio über die Tageszeitungen bis hin zum Internet, und genauso brauchen die Parlamentarier die Medien, um eine breitere Öffentlichkeit an ihrer Arbeit teilhaben zu lassen. Was viele Jahre als eher wenig beachtete Binsenweisheit daher kam, hat in den letzten Wochen und Monaten ganz neue Aufmerksamkeit gewonnen. Dazu zwei Beispiele: Mit dem Beginn der Pegida-Demonstrationen in Dresden und ihren Ablegern in anderen Städten der Republik wurden die unabhängigen Medien von so genannten „besorgten Bürgern“ als „Lügenpresse“ diffamiert. Ein grundlegender Beweis für mich, dass hier eben nicht das Volk spricht, sondern eine Randgruppe, die sich mit den Werten unseres liberalen und weltoffenen Europa nicht identifiziert. Die dumpfe Parole der „Lügenpresse“ ist dabei ein beredtes Beispiel: Die freie Presse ist zur verhassten Chiffre für die Ablehnung des vorherrschenden politisch-gesellschaftlichen Wertekanons durch diese selbst ernannten Patrioten geworden. Das aber gerade belegt die Stärke und Bedeutung der Pressefreiheit: Die Medien mit ihrem differenziert-kritischen Blick auf Pegida, Legida & Co. zeigen (tag)täglich aufs Neue, wofür diese Bewegung gerade nicht steht, obwohl sie es doch immer wieder behauptet, nämlich für das Volk. Anders stellt sich der aktuell besonders diskutierte Fall des Satirikers Jan Böhmermann dar. An seiner Schmähkritik an dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan entzündete sich die Frage, wie weit Satire gehen darf, die mit ihrem humorvoll-bissig-bösen Blick auf Politik und Gesellschaft eine ganz besondere Form der Presse- und Meinungsfreiheit darstellt. Für Kurt Tucholsky war die Antwort auf die Frage „Was darf die Satire?“ Ebenso einfach wie kurz: „Alles.“ Seit Jan Böhmermann wissen wir: Die Satire darf anscheinend doch nicht alles. Allerdings: So niveau- und geschmacklos das Böhmermann-Gedicht auch sein mag, die Pressefreiheit an sich darf nicht zur Disposition stehen. Um zu betonen, wie viel mir – gerade auch als Mitglied der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe – in der aktuellen Auseinandersetzung der Stellenwert der Pressefreiheit bedeutet, habe ich mich kürzlich gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion mit Dilek Dündar getroffen. Ihr Mann, der Journalist Can Dündar, ist Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ und in Istanbul inhaftiert, nur weil er als kritisch-investigativer Journalist einen Skandal aufgedeckt hat. Wo aber liegen die Grenzen der Pressefreiheit in Deutschland? Der deutsche Presserat hat sich im Jahr 1973 mit dem Pressekodex selbst eine journalistisch-ethische Richtlinie gegeben. Diese umfasst 16 Ziffern, die von der Wahrung der Menschenwürde über das Gebot der sorgfältigen Recherche bis hin zum Verzicht auf das Schmähen religiöser, weltanschaulicher oder sittlicher Überzeugungen reichen. Dieser Wertekanon ist nicht nur die Grundlage einer guten Pressearbeit, sondern eine besondere Ausdrucksform der im Grundgesetz verankerten Grundrechte jedes einzelnen Bürgers und damit ein Pfeiler unserer Demokratie. Anhang Statements MdB Zum Tag der Pressefreiheit von Dr. Daniela De Ridder Von Charlie Hebdo zur Causa Böhmermann - Pressefreiheit weltweit keine Selbstverständlichkeit Pressefreiheit ist ein Eckpfeiler des demokratischen Meinungsbildungsprozesses, wie es schon unser Grundgesetz in Artikel 5 festlegt. Wir müssen in diesen Tagen leider vermehrt feststellen, dass dieses Gut weltweit immer stärker in Gefahr gerät – und auch wir Deutschland sind betroffen. Die Debatte um die Satirebeiträge der feinsinnigen Sendung Extra 3 und des unbestritten unfreundliche Schmähgedichtes Jan Böhmermanns über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zeigen deutlich, wie angespannt die Lage ist: Beide Beiträge erzürnten den türkischen Präsidenten dermaßen, dass im ersten Fall der deutsche Botschafter einbestellt wurde und im zweiten Fall Erdoğan selbst Anzeige gegen Böhmermann erstattete. Inhaltlich gilt es für mich zu trennen, dass der Satirebeitrag von Extra 3 den Nerv der Ereignisse in der Türkei wunderbar trifft. Es ist unerträglich, dass der türkische Präsident zunehmend wie ein Despot agiert, regierungskritische Journalisten der Strafverfolgung aussetzt, brutal gegen die Kurden im eigenen Land und in Syrien vorgeht und damit jene Friedensprozesse torpediert, um die sich unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier doch mit aller Kraft einsetzt. Warum sollte das Verhalten Erdoğans, das uns alle verständnislos zurücklässt, nicht auch satirisch aufgegriffen werden? Zugegeben: Ich mag feinsinnige Satire und bin ein Fan des politischen Kabaretts; bei Formaten wie der „heute-show“ mit Oliver Welke, Gernot Hassknecht und Christian Ehring kann ich durchaus über die politische Klasse in unserem Land lachen, auch wenn ich selbst dazu gehöre. Die Causa Böhmermann liegt etwas anders, das Schmähgedicht finde ich geschmacklos. Dennoch ist der Fall komplizierter: Der Beitrag bezieht sich auf ein amtierendes Staatsoberhaupt und soll provozieren, gerade in Bezug zu den innenpolitischen Repressalien Erdoğans gegen kritische Pressestimmen. Ich bin der Überzeugung, dass ein Staatsoberhaupt immer in der Lage sein muss, Kritik, aber auch Beleidigungen in Wort und Bild, auszuhalten ohne die Urheber dafür zu bestrafen. Dieser Grundsatz leitet sich für mich aus der politischen Position der persönlichen Stärke der adressierten Personen ab, womit der § 103 des StGB als antiquiert dringend abgeschafft gehört. So finde ich es unverständlich, dass Kanzlerin Merkel das Verfahren zulässt und ironischer Weise zugleich die Abschaffung des besagten Paragrafen ankündigt. Die Entscheidung in diesem Fall der Justiz zu überlassen ist keine Notwendigkeit, sondern eine politische Entscheidung. Dieser Fall bewegt die Menschen in Deutschland und insbesondere die Journalistinnen und Journalisten, nicht zuletzt auch die Satiriker. Ich möchte jedoch klarstellen, dass es durchaus legitime Einschränkungen gibt, sich in Bild und Schrift auszudrücken: Immer dann, wenn gegen Minderheiten oder Schwächere gehetzt wird und diese verleumdet werden. Aus unserer Geschichte heraus wissen wir, dass geistige Brandstiftung den Grundstein für politische Flächenbrände legt und über Jahrhunderte Antisemitismus, Sexismus und Rassismus befördert hat. Deshalb nehmen wir mit Schrecken wahr, dass Parteien wie die AfD oder die Pegida-Proteste an dieser Überzeugung zu rütteln versuchen, wenn sie unsere Meinungsfreiheit mit Füßen treten und Medien pauschal als „Lügenpresse“ beschimpfen. Journalistinnen und Journalisten werden auch bei uns angegriffen und müssen diese Bedrohung sehr ernst nehmen. Anhang Statements MdB Zum Tag der Pressefreiheit möchte ich all den kritischen Kabarettisten, Journalistinnen und Journalisten für ihre oftmals riskante Arbeit danken. Meinungs- und Pressefreiheit sowie Transparenz und Aufklärung sind effektive Schlüssel zur Bekämpfung von Korruption, Überwindung von Vorurteilen und nicht zuletzt unersetzlich für unsere Demokratie. Daran sollten wir auch mit Blick auf Charlie Hebdo denken – denn der Buntstift und die Feder sind mächtiger als das Schwert. Mit den besten Wünschen und Grüßen Dr. Daniela De Ridder Anhang Statements MdB © Gerold Reichenbach Anhang Statements MdB Inge Höger Pressefreiheit gefährdet. Auch hier in Deutschland. In einer Welt ohne unabhängigen Journalismus regieren Facebook-Gerüchte und kenntnisfreie Hasskampagnen. Im vergangenen Jahr wurden 69 Journalist*innen in der Ausübung ihres Berufs getötet. Das geschieht nicht zufällig, sondern gezielt. Wer will schon bei seinen Verbrechen beobachtet werden? Auch in vielen Ländern, die die Bundesregierung wie Ägypten oder auch Israel als enge Partner betrachtet und behandelt, werden Berichterstatter*innen an ihrer Arbeit gehindert, existieren keine Informationsfreiheit oder Journalist*innen fürchten um ihr Leben. Der Ruf "Lügenpresse" als Kampfschrei von Rechten und Rassisten meint selten die BILD oder andere Organe fragwürdiger Qualität. Es wird sich nicht aufs Hassgebrüll beschränkt - sondern Journalisten werden und wurden tätlich angegriffen - oft unter den Augen der Polizei. Versuche von Politiker*innen, Ministerien und Unternehmen, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen oder eine solche zu behindern, häufen sich. Zusätzlich leben viele Journalisten auch sozial unter prekären Verhältnissen, arbeiten für knappe Honorare und haben keine Beschäftigungssicherheit. Auch diese Bedingungen zähle ich zu Einschränkungen von Pressefreiheit - ebenso wie die deutlichen Tendenzen, progressive und linke Akteure auch in öffentlichen Quellen kaum zu Wort kommen zu lassen. Wir befinden uns hier in Deutschland beileibe nicht auf der Insel der Glückseligen. Eine demokratische Gesellschaft und Meinungsbildung sind ohne einen freien Journalismus nicht zu haben. Dafür muss die Politik sich nicht nur in anderen Ländern einsetzen, sondern zuerst hier in der Bundesrepublik. Tatsächlich, die Pressefreiheit ist gefährdet, aber sie gefährdet auch - die Machenschaften von Wirtschaft und Politik gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen nämlich. Und genau das ist die Aufgabe von Journalisten und darf kein Grund zur Einschränkung ihrer Tätigkeit sein. Anhang Statements MdB Statement der schleswig-holsteinischen SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Birgit Malecha-Nissen zur Pressefreiheit und „Lügenpresse“ „Pressefreiheit muss für alle Medien gelten – ich verurteile jede Art von Zensur, Drangsalierung, Gewalt, Verfolgung, Inhaftierung und Folter sowie Publikationsverbote“ Print-, Radio- und TV-Journalisten werden in vielen Ländern zu Unrecht verfolgt und in ihrer Arbeit eingeschränkt, wie beispielsweise jüngst die Verhaftung von regimekritischen Journalisten in der Türkei, die kritisch über Waffenlieferungen aus der Türkei nach Syrien berichtet hatten. Rund um die Welt berichten Menschenrechtsorganisationen immer wieder über Inhaftierung und Folter von Menschen, die das Recht in Anspruch nehmen, ihre Meinung öffentlich zu verbreiten. Mit zunehmender Bedeutung von Online-Medien wächst auch die Bedrohung und Verfolgung von OnlinePublizisten. Medien- und Pressefreiheit sind in Konfliktländern oft besonders eingeschränkt. Diese Rechte zu stärken und zu schützen ist eine Aufgabe, der ich mich verpflichtet fühle. Ich verurteile jede Art von Zensur, Drangsalierung, Gewalt, Verfolgung, Inhaftierung und Folter sowie Publikationsverbote. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um professionelle Journalisten oder um Blogs und Publikationen handelt. Pressefreiheit muss für alle Medien gelten. Mir ist wichtig: Journalisten leisten einen wertvollen Beitrag zu unserer demokratischen Gesellschaft. Grundsätzlich von „Lügenpresse“ auszugehen ist falsch und nicht demokratisch. Eine kritische und aufdeckende Berichterstattung ist die Aufgabe von Journalisten und Basis einer freiheitlichen Gesellschaft.