Geschichte - HAWK

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St. Michaelis um 1010.
1. Einleitung
In diesem Jahr jährt sich das 1000-jährige Jubiläum der Gründung von St. Michaelis durch
Bernward von Hildesheim. Unter diesem Hintergrund kommt es zu zahlreichen
Festveranstaltungen in Hildesheim. Jedermann spricht von Bernward von Hildesheim und
seiner Kirche.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, zu untersuchen inwieweit diese Publicity dem historischen Bild
um 1000 n.Chr. gerecht wird und ob wir das Thema St. Michaelis und Bernward von
Hildesheim auf Regionalgeschichte begrenzen können. Die Geschichte von Personen und
Objekten ist eingebettet in ihren zugehörigen historischen Kontext. Dementsprechend war
auch Bernward von Hildesheim das `Kind seiner Zeit`. Wie war die Welt um 1000 n.Chr.
aufgebaut? Warum war ein Bischof mit so weltlichen Aufgaben betreut? Entspricht dies dem
Idealbild eines Bischofs? Inwieweit wirkt die Geschichte von 1000 n.Chr. bis in unsere heutige
Zeit? Diese Fragen sollen im Verlauf dieser Arbeit näher untersucht werden.
2. Bischof Bernward kommt nach Hildesheim
Bischof Bernward wird am 15. Januar 993 durch den Mainzer Metropolit Willigis zum Bischof
von Hildesheim geweiht. Damit wird Bernward der Nachfolger von Bischof Gerdag, der auf
dem Rückweg seiner Pilgerreise von Rom in Como verstarb.
Eine „Stadt – im Sinne des spätmittelalterlichen Rechts“ hat man sich in Hildesheim um 1000
nicht vorzustellen. Eher eine „von Bächen mit sumpfigen Niederungen durchzogene Gartenoder Ackersiedlung […] (die) aus einzelnen Gehöften mit Gärten und Ställen, strohgedeckten
Hütten und mit wenigen von Karren zu befahrenen Wegen“ bestand.1 (Foto von typischen
Wohnhaus)
Für das Jahr 993 melden die Hildesheimer Annalen (Kat. Nr. VII-7) außerdem eine sehr große
Trockenheit, so dass die Ernte ausfiel. Dem folgten „Kälte, Schnee, Tiersterben und
Epidemien“. In diese Welt also trat Bernward von Hildesheim als er sich sogleich daran
machte, den Domhügel mit Mauern zu befestigen sowie die Burgen Mundburg und
Wahrenholz im Norden der Diözese, gegen die immer wieder einfallende Normannen im
Norden und slavischer Abodriten im Osten, zu errichten.
Woher kam Bernward von Hildesheim und wer hatte ihn mit diesen Aufgaben betraut?
3. Kurze Biographie Bernward von Hildesheim
Die wichtigste Quelle, welche vom Leben Bernwards berichtet wird seinem Lehrer Thangmar
zugeschrieben („Vita Bernwardi“). Der adelige Sachse Thangmar war Leiter (Domscholaster)
der Domschule zu Hildesheim.2 In der Domschule zu Hildesheim erhielt Bernward zwischen
970-80 seine Ausbildung in den sieben freien Künsten, den „artes liberales“. Diese bestanden
aus dem Trivium, welches die Fächer Latein, Stilkunde in Wort und Schrift, Dialektik, Redeund Gegenrede enthielt und dem Quadrivium, welches die Fächer Mathematik, Geometrie,
Astronomie und Musik enthielt. Ergänzt wurde die Ausbildung durch eine umfassende
religiöse Erziehung und Fortbildung. Dies umfasste die Unterweisung in der Heiligen Schrift,
1
H. J. Schuffels, Bernward von Hildesheim. Eine biographische Skizze. In.: Bernward von Hildesheim und das
Zeitalter der Ottonen. Katalog der Ausstellung Hildesheim 1993, Band 1, Hildesheim/ Mainz am Rhein 1993, S.
31.
2
Um 970 war Thangmar Domscholaster, Bibliothekar und Notar an der Domschule zu Hildesheim.
den liturgischen Büchern und der Lektüre der Kirchenväter und Heiligen. Weiterhin hatte
Bernward Zugang zu den Schreibstuben, den Malerateliers und den metallverarbeitenden
Künstlern und Handwerkern.3
4. Einbettung Bernwards von Hildesheim in seine historische Zeit
Bei der Betrachtung der Biografie von Bernward von Hildesheim kommt man zu der
Feststellung, dass dieser als Bischof in ein umfassendes Konstrukt „ottonischer
Reichsgeschichte“ einzuordnen ist. Dieses historisch politische- und geografische Konstrukt
wird in der Geschichtsschreibung als das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation (9621806)“ bezeichnet. Unter „heilig“ wird der Kaiser von Gottes Gnaden bezeichnet. Es herrscht
das „Gottesgnadentum“; „…denn es ist Gott selbst, von dem der König und über ihm der
Kaiser seine Herrschaft herleitet.“ Mit „Römischen Reich“ meinte man die Verlängerung des
Weströmischen Reiches.
(Bild 1.Reichskrone, Bild 2. Auszug der Bildplatte aus Reichskrone „per me reges regnant“)
5. Funktionsweise - Heilig Römisches Reich Deutscher Nation
(Bild 2., Schema König-Bischöfe-Stammesherzöge)
Es ist der König selbst, der jetzt die Bischöfe und Äbte in ihr zugleich geistliches und
weltliches Amt einsetzt (Investitur). Daraus wird auch die Stellung des Bischofs erkennbar
(siehe hier Schema), nämlich in der Hierarchie unter dem König gestellt und auf einer Ebene
mit den Stammesherzögen. Beide Ebenen, die der Kleriker und der Stammesherzöge wurden
zu „echte(n) Mitträger(n) des Reiches“.
Otto I. (936-973) möchte mehr sein als ein sächsischer Herzog. Sein Vorbild ist Karl der
Große. Um sich die Macht zu sichern, drückt Otto I. die Stammesherzöge herunter in die
Stellung von königlichen Beamten. Warum tut er das? Die Stammesherzöge waren in ihren
Stammesgebieten selbst bestrebt, Adel und Kirche unter ihre Obhut zu bringen. In den
Quellen werden ihre Herzogtümer oft selbst als „regna- Königreich“ bezeichnet. Als
Gegengewicht zu den Bischöfen, verleiht Otto I. den Bischöfen weltliche Macht und schafft
somit das „geistliche Fürstentum“, welches fast ein Jahrtausend Bestand haben wird. Die
Bischöfe werden jetzt selbst zu Reichsfürsten und dienen dem König als Beamte. Dies ist ein
Novum in der „ottonischen Reichsgeschichte“, welches es in dieser Form bisher noch nicht
gegeben hatte.
Diesen Fakt müssen wir auch bei der Betrachtung Bernwards von Hildesheim beachten.
Bernward war in dieses Reichssystem eingebunden und diente Gott und dem König in
gleicher Maßen.
Dadurch dass die Bischöfe jetzt auf einer Hierarchieebene mit den Stammesherzögen stehen
kommt es zu großen Spannungen zwischen beiden Gruppen. Dies ist im Lehnswesen seiner
Zeit begründet. Der König vergibt Ländereien an seine Untergebenen. Wenn er Ländereien an
Bischöfe und Kirchen vergibt, kann er sich fast sicher sein diese Ländereien zurück zu
bekommen. Bei den Bischöfen ist eine Vererbung der Ländereien nicht gegeben. Anders sieht
dies bei den Herzögen aus, die ihr Land natürlich an ihre Söhne und Töchter weitergeben
können.
3
E. Riebartsch, Geschichte des Bistums Hildesheim, von 815 – 1024. Hildesheim 1985, S. 255.
(Folie4) Durch die Investitur der Bischöfe und Äbte in ihr geistliches uns weltliches Amt durch den
König, verlangte dieser den sogenannten Königsdienst – „servitium regis“. Dazu gehörten die
Gastungspflicht also die Königsgastung, die Heerfolgepflicht und die Fürbittenpflicht für den
Herrscher. Dies führte sogar soweit, dass sich der König in den betenden Konvent der monastischen
Gemeinschaft mit eintragen ließ und damit seine Zugehörigeit zu diesem signalisierte.
6.Die Ottonen
(Folie8)Bernwards Wirken spiegelt sich im Zeitalter des „ottonischen Reichssystems“ wieder. (Bild:
Die Ottonen-Übersicht)
(Bild Folie 9, Die Dynastie der Liudolfinger, Sachsen und Ottonen (919-1024)
6.1 Heinrich I. (919-936)
(Bild Folie 10, Heinrich I. als Städtegründer)
Aus karolingischem Erbe verfügte Heinrich I. noch über sogenanntes Reichsgut, dass sich in
unterschiedlicher Dichte über alle Stammesgebiete verteilte. Dies erlaubte Heinrich I. beim Zug durch
das Reich jeweils auf eigenem Grund und Boden zu residieren. So konkretisierte sich das Königtum in
den königlichen Pfalzen. Die Pfalz bildete somit das Zentrum des Reichsgutes. Sie war
Herrschaftsmittelpunkt und Rechtsort zugleich. Insgesamt gab es in Sachsen 5 Pfalzen; Grone, Werla,
Wallhausen, Allstedt und Merseburg. Die Pfalz stand hinsichtlich ihrer rechtlichen Stellung und
Bedeutung über der der Stadt. Diese Stellung änderte sich erst, als die Verlegung von der Königspfalz
Werla hin zu der Pfalz Goslar erfolgte.
6.2 Otto I.
Durch die Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955 konnte Otto I. sein Königreich stärken und
die latente Gefahr der Ungarn für das Reich abwehren. Durch diesen Sieg machte sich Otto I. bereits
zu Lebzeiten zu „dem Großen“ und bewies sein von Gott anvertrautes „Königsheil“.
(Bild Folie 11, Otto I. führt während der Schlacht die „Heilige Lanze“, eine Reichskleinodie, in seiner
rechten Hand)
Otto I. gelobte nach der Schlacht die Errichtung des Bistums Merseburg und bat den Papst um
Zustimmung, im Magdeburger Mauritiuskloster ein Erzbistum errichten zu können. Seit 937 gab es
das Moritzkloster in Magdeburg. Es war Reichskloster und Königspfalz zugleich. Schließlich wurde es
968 zur Metropolitankirche und zum Sitz des Erzbischofs gewählt und nahm damit als Erzstift
Magdeburg das Zentrum der neuen Ostbistümer ein.
(Bild Folie 12, Magdeburger Dom und Magdeburger Reiter
( Bild Folie 13, Herrscherpaar Magdeburger Dom, Otto I. und seine erste Gemahlin Editha, 1250)
6.2.1 Sächsische Kultur und Wissenschaft unter Otto I.
Unter Otto I. setzte eine eigenständige geistige Bewegung im Herzogtum Sachsen ein. Der Dom zu
Magdeburg wurde 955 errichtet, die Stiftskirche zu Gernrode 961 und der Dom von Halberstadt 965.
Es entstanden mit der „Res gestae Saxonicae“, des Corveyer Mönches Widukind, um 967/68 die
ersten Geschichtswerke in Sachsen. Im Bistum Hildesheim wurden 974 die „Annales Hildesheimenses
majores“ im Domstift begonnen und bis 1043 fortgesetzt. Die „Annales Hildesheimenses minores“
wurden 1030 im Kloster St. Michael zu Hildesheim begonnen und bis 1137 fortgesetzt. Sie nehmen
Bezug auf die Vita Bernwards von Hildesheim, die von seinem Lehrer und Domscholaster Thangmar
aufgezeichnet wurden. Bis heute sind uns diese Schriften erhalten geblieben.
7.Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen
Die Lebenszeit Bernwards von Hildesheim umspannte insgesamt fast die gesamte Herrschaftszeit der
Ottonen. Nur Heinrich I. konnte Bernward nicht persönlich erleben. So war Bernward tief eingebettet
in das ottonische Reichssystem. Diesen Fakt müssen wir bei der näheren Betrachtung Bernwards
berücksichtigen. Die Bischöfe seiner Zeit dienten dem Reich, damit dem König und Gott in
gleichermaßen. Das Reichssystem wiederum war gegründet im Gottesgnadentum, d. h. über dem
König und Kaiser stand allein Gott. Der König führte Gottes Willen aus und diente ihm unmittelbar.
Das ottonische Reichssystem stoß zu seiner Zeit jedoch nicht immer auf Befürwortung. Gerade die
Kirche machte auf augenscheinliche Missstände aufmerksam und forderte immer wieder ihre
„Freiheit“ vom König und Kaiser. Die Kirche und auch die Klöster wurden immer wieder vom
Herrschenden reich beschenkt. Dadurch wurde die monastische Gemeinschaft aber nicht frommer,
gerade dann nicht, wenn sie für den königlichen Hof den Königsdienst – „servitium regis“ erfüllen
musste und sich allzu weltlichen Dingen preisgab. So spiegelt sich die differenzierte
Betrachtungsweise auch heute noch in der Forschung wieder. Die Geschichtsforschung beschreibt
eine sehr erfolgsbilanzierte, eher deskriptiv geprägte Geschichtsschreibung, wobei die
Kirchengeschichte sich eher kritisch mit dem Thema „ottonisches Reichssystem“ auseinandersetzt. So
wird die Stellung des Bischofs historisch reflektiert und hinterfragt, genauso das enge Verhältnis von
Kirche und Staat näher untersucht.
Seine Ausbildung erhielt Bernward zwischen 970-980 in der Domschule zu Hildesheim. Damaliger
Leiter (Domscholaster), Bibliothekar und Notar dieser Schule war der adlige Sachse Thangmar. Er
beschrieb Bernward als sehr begabten Schüler. Die „Vita Bernwardi“ entspringt seiner Feder. Der
Hauptgegenstand des Unterrichtes bestand aus den sieben freien Künsten, den „artes liberales“.
Diese bestanden aus dem „Trivium“, in dem Latein, Stilkunde in Wort und Schrift, Dialektik, Redeund Gegenrede vermittelt wurden und dem „Quadrivium“, in dem Mathematik, Geometrie,
Astronomie und Musik gelehrt wurde. Ergänzt wurden die Fächer durch eine religiöse Erziehung und
beständige Fortbildung in der Heiligen Schrift, der Unterweisung in den liturgischen Büchern und der
Lektüre der Kirchenväter und Heiligen. Bernward hatte während seiner Ausbildung Zugang zu den
Schreibstuben, den Malerateliers und zu den metallverarbeitenden Künstlern- und Handwerkern.
Dieses Recht räumte ihm Thangmar ein.
 Als Otto I. stirbt ist Bernward 13 Jahre alt,
Erlebt Stärke des Reiches, Ausbildung in
Domschule zu Hildesheim 970-80,
Lehrer war Domscholaster Thangmar;
„Vita Bernwardi“, Unterricht in 7 freien Künsten
„artes liberales“, danach Theologiestudium,
985 Priesterweihe > Kapellander Hofkapelle zugeordneter Kleriker
 Unter Otto II., Italienreisen Bernwards
im Gefolge des Herrschers, Zusammenkunft mit Papst und den großen des Reiches, künstlerische
Eindrücke durch byzantinischen Einfluss und die Reisen von Pfalz zu Pfalz im Reich, wird Erzieher Otto
III. (damals 7 Jahre alt)
 Otto III. bleibt Bernward stets verbunden, am 15. Januar 993 Ernennung zum Erzbischof von
Hildesheim
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