Gladiatorinnen in Rom

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5. Klasse Latein, Modul Alltagsgeschichten
Karin Moser
Gladiatorinnen in Rom
Im römischen Imperium traten auch manchmal Frauen als Kämpferinnen in der Arena auf.
Dazu der folgende Text, entnommen aus:
Stelte, Ingo: Gladiatorinnen im Antikfilm. Unveröffentliche Seminararbeit. Johannes
Gutenberg-Universität Mainz, 2010. Online unter:
http://www.glk.uni-mainz.de/Dateien/gladiatorinnen.pdf
Historischer Überblick
Die Gladiatorenspiele entstammen dem etruskischen Totenkult, dem zufolge man zur
Versöhnung der Geister am Grabhügel eines Verstorbenen Einzelkämpfe, die Monomachien,
abhielt. 264 v. Chr. wurden sie in Rom eingeführt und von reichen gentes
(„Adelsgeschlechter“) unabhängig von Totenfeiern veranstaltet, um den eigenen Wohlstand
und Einfluss zu demonstrieren.
Augustus ließ sie monopolisieren, sodass immer die Zustimmung des Senats vonnöten war.
325 n. Chr. verbot Konstantin die Spiele auf Protest der Christen hin. Endgültig abgeschafft
wurden sie aus Kostengründen im fünften Jahrhundert.
In ihren etwa 600 Jahren wurden die Gladiatorenspiele zu einem wichtigen Bestandteil der
römischen Kultur, bei denen „Kardinaltugenden des Kaiserreichs“1 wie virtus, clementia,
iustitia, munificentia und pietas („Tapferkeit, Milde, Gerechtigkeit, Freigiebigkeit und
Frömmigkeit“) „physisch ausgeübt“2 wurden.
Dabei hatte die Arena auch symbolischen Charakter. „Das Amphitheater bildete einen
Mikrokosmos des römischen Reichs. Gegliedert nach Ständen saß das Volk auf den ihm
zugewiesenen Rängen.“3 Nach einem Edikt des Augustus mussten weibliche Zuschauer auf
den obersten, also am weitesten entfernten und damit schlechtesten Reihen Platz nehmen.4
Auch das hatte symbolischen Charakter, denn die Welt der Arena war vornehmlich
männliches Territorium. „Die Fechter führten in eindrucksvollster Weise kämpferische
Tüchtigkeit und Todesverachtung vor Augen, Eigenschaften, die die römische Armee und das
römische Volk groß gemacht hatten.“5
Gerade Todesverachtung und das Heerwesen waren nach antiker Auffassung und Praxis kein
Bereich für Frauen. Während jungen Männern der Oberschicht eine politisch-militärische
Ausbildung zukam, „wurde die bedeutsamste Aufgabe der Frau darin gesehen, dem Mann
Nachkommen zu schenken.“6
Frauen waren zwar bei Feldarbeit, Vorratshaltung, als Hirtinnen und in kleineren
Handwerksbetrieben beschäftigt7, doch betraf dies nur die ärmeren Stände, in denen „ein Teil
der Männer sozial nicht in der Lage war, eine Familie zu ernähren, und eine ablehnende
Einstellung der Ehe gegenüber wohl verbreitet war.“8. Somit erscheint Frauenarbeit eher als
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Junkelmann 223
Junkelmann 223.
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Junkelmann 223.
4
Vgl. Hönle 79.
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Junkelmann 223.
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Stahlmann 1011.
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Vgl. Stahlmann 1012.
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Stahlmann 1011.
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durch finanzielle Nöte bedingte Ausnahme von der [...] Gesellschaftsnorm – eine Ausnahme,
die wiederum die Regel der Sphärentrennung nach Geschlechtern bestätigt.
Wie also konnte es überhaupt weibliche Kämpferinnen geben, wenn diese Frauen einen
Affront gegen geltende Normen darstellten und dies obendrein im Rahmen der die
Gesellschaftsideologie repräsentierenden Arena? Hier lohnt eine genauere Betrachtung der
Quellen und besonders des jeweiligen Kontextes.
Die antiken Quellen
Nicht immer kämpften die Frauen im Zweikampf. Die munera („Spiele“) erstreckten sich
über den ganzen Tag, und die Monomachien bildeten den Höhepunkt. Als vorherigen
Programmteil gab es zumeist venationes („Tierhetzen“), und hier kämpften auch erfolgreich
Frauen mit, wie Martial und Cassius Dio bezeugen9.
Bei den Athletinnen handelte es sich nicht um Gefangene oder Kriminelle, die schlicht Tieren
zum Fraß vorgeworfen worden wären, sondern für diesen Zweck ausgebildete Profis10.
Neben der Aufregung über das reine Schauspiel des Tötens und der Wildheit der Tiere ist hier
auch die Darstellung der Artemis bei der Jagd denkbar, da die Römer gerne Szenen aus dem
Mythos in der Arena nachstellten11.
Petrons Satyricon 45.7 kennt eine weibliche Wagenlenkerin (mulierem essedariam).
Problematisch gestaltet sich die Frage, ob das in der Nähe Londons gefundene Grab das einer
tatsächlichen Gladiatorin ist oder schlicht eines Fans der Spiele12. Ebenso uneindeutig ist die
Beweislage bei einem in der Nähe von Halikarnassos gefundenen Marmorrelief, das zwei
Gladiatorinnen zeigt, die mit dem [...] ehrenvollen Unentschieden bedacht werden.
In ihrem Artikel „Missio at Halicarnassus“ argumentiert die an der Entstehung des Films
Gladiator beteiligte Kathleen Coleman, dass das Relief aufgrund der Seltenheit eines solchen
Kampfausgangs und des Geschlechts der Kämpferinnen13 wohl als Motivationshilfe im
entsprechenden ludus („Gladiatorenschule“) ausgehängt wurde. Ferner schließt sie aus dem
steinernen Dokument, dass Gladiatorinnen in Intervallen Kämpfe nach Regeln hatten, dass der
Ausgang des Kampfes ernst genommen wurde, und dass Rekrutierung und Zurschaustellung
weiblicher Gladiatoren sich nicht von denen männlicher unterschieden14.
[...]
Doch sollte man nicht Gefahr laufen, seinem Wunschdenken entsprechend der Existenz von
Gladiatorinnen zu viel Bedeutung zuzumessen. Zunächst gab es keinen eigenen Begriff für
Gladiatorinnen15. Gladiatrix als nomen agentis (in etwa: „Berufsbezeichnung“) ist nicht antik
belegt.
Da Frauen wohl nie gegen Männer kämpften, scheint man sich keine Illusionen über die
physische Leistungsfähigkeit gemacht zu haben. Und dennoch gibt es analog zu heutigen
kleiner ausfallenden Sportgeräten in der Sekundärliteratur keinerlei Erwähnung irgendwelcher
Funde von Waffen, die aufgrund ihrer Größe oder des Gewichts auf eine Trägerin schließen
lassen könnten. Da die Schwerter und Rüstungsgegenstände handgefertigt waren, hätte man
9
Vgl. Cassius Dio 66,25,1; Mart. Spect. 6b.
Vgl. McCullough 206.
11
Vgl. Junkelmann 254.
12
Vgl. McCullough 200.
13
Vgl. Coleman 495f.
14
Vgl. Coleman 499.
15
Vgl. McCullough 198.
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dementsprechende Waffen für Frauen schmieden können. Insgesamt scheint es sich also eher
um ein seltenes Phänomen zu handeln.
[...]
Jegliche Frauen gleich welchen Standes wurden schließlich 200 n. Chr. durch Septimus [sic!]
Severus aus der Arena verbannt, nachdem aufgrund weiblicher Gladiatorinnen Schmähworte
über Zuschauerinnen gehobener Stände ergangen waren, wie Cassius Dio schreibt16.
In einer Inschrift, die in die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. datiert wird,
brüstet sich ein gewisser Ausrichter von Spielen (editor) namens Hostilianus damit, als erster
in Ostia weibliche Kämpfer zu stellen17. Tacitus und Cassius Dio berichten von
Gladiatorinnen unter Nero zu ein oder zwei Anlässen zwischen 59 und 63 n. Chr., während
Sueton, Statius und Cassius Dio über weibliche Kämpfer zu Domitians Regierungszeit
informieren18.
Schlussfolgernd ist also festzustellen, dass es tatsächlich Gladiatorinnen gab, doch lassen sich
keine Aussagen über Frequenz der Kämpfe, Art der Ausbildung und Anzahl der Athletinnen
machen. Doch sollte das nicht zur völligen Vernachlässigung des Themas verleiten. [...]
Bibliographie
Coleman, Kathleen: Missio at Halicarnassus. In: Harvard Studies in Classical Philology 100
(2000), S. 487–500.
Hönle, Augusta/Henze, Anton: Römische Amphitheater und Stadien, 1981.
Junkelmann, Marcus: Hollywoods Traum von Rom. Gladiator und die Tradition des
Monumentalfilms, 2004.
McCullough, Anna: Female Gladiators in Imperial Rome: Literary Context and Historical
Fact. In: Al Ain, United Arab Emirates Classical World 101.2 (2008), S. 197–209.
Stahlmann, Ines: Geschlechterrollen. In: Der Neue Pauly, Bd. 4, Hrsg. von Hubert
Cancik/Helmuth Schneider, 1998, Sp. 1008–1012.
16
Vgl. Cassius Dio 76,16,1; McCullough 200.
Vgl. McCullough 200.
18
Vgl. McCullough 199.
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Fragen und Aufgaben zum Text
(Die meisten Fragen kannst du aus dem obigen Text beantworten. Die Fragen, bei denen die
Angabe einer Quelle gefordert ist, musst du in einem Buch oder im Internet recherchieren)
1. Wer waren die Etrusker (vgl. Kapitel „Historischer Überblick“, Anfang)? Gib die Quelle
deiner Information an.
2. Was heißt der Begriff „monopolisieren“ in diesem Zusammenhang (vgl. „Historischer
Überblick“, 2. Absatz)? Gib auch die Quelle der Definition an.
3. Was ist mit dem Satz „Das Amphitheater bildete einen Mikrokosmos des römischen
Reichs“ (vgl. „Historischer Überblick“, 4. Absatz) gemeint?
4. Wie verbreitet war Frauenarbeit im antiken Rom?
5. Finde selbst eine Frage zum Kapitel „Historischer Überblick“ und beantworte sie aus dem
Text.
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6. Fasse den Inhalt des Kapitels „Historischer Überblick“ in 4 Zeilen zusammen.
7. In welchen Arten von Kämpfen kämpften Frauen in der Arena (vgl. Kapitel „Die antiken
Quellen“)?
8. Wer ist Kathleen Coleman, welchen Beruf hat sie? Gib die Quelle deiner Information an.
1. Hält Coleman die Tatsache, dass auch Frauen in der Arena gekämpft haben, für bedeutend
oder eher unbedeutend? An welcher Aussage im Text merkt man das?
9. Wie heißt der Autor des Textes?
10. Ist der Autor mit Coleman über die Bedeutung von Gladiatorinnen einer Meinung? Wenn
nicht, welche zwei Gegenargumente führt er an? Wenn ja, mit welchem Argument
unterstützt er Coleman?
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11. Finde selbst eine Frage zum Kapitel „Die antiken Quellen“ und beantworte sie aus dem
Text.
12. Fasse den Inhalt des Kapitels „Die antiken Quellen“ in 3 Sätzen zusammen.
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Lösungsbeispiele für die Fragen und Aufgaben zum Text
2. Wer waren die Etrusker (vgl. Kapitel „Historischer Überblick“, Anfang)? Gib die Quelle
deiner Information an.
Die Etrusker waren ein antikes Volk im Gebiet der heutigen Toskana. Sie gingen im
römischen Reich auf.
Quelle: Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Etrusker 13.9.2011)
3. Was heißt der Begriff „monopolisieren“ in diesem Zusammenhang (vgl. „Historischer
Überblick“, 2. Absatz)? Gib auch die Quelle der Definition an.
„monopolisieren“ heißt „zu einem Monopol ausbauen; Monopole entwickeln“
„Monopol“ heißt „Vorrecht, alleiniger Anspruch, alleiniges Recht, besonders auf Herstellung
und Verkauf eines bestimmten Produktes“
Quelle: Duden online (http://www.duden.de/rechtschreibung/Monopol#Bedeutung1
13.9.2011)
In diesem Zusammenhang heißt „monopolisieren“, dass der Senat (sprich Augustus selbst)
das Vorrecht auf Veranstaltung von Gladiatorenspielen hatte. Das bedeutete, dass immer die
Zustimmung des Senats nötig war, wenn jemand Gladiatorenspiele veranstalten wollte.
4. Was ist mit dem Satz „Das Amphitheater bildete einen Mikrokosmos des römischen
Reichs“ (vgl. „Historischer Überblick“, 4. Absatz) gemeint?
Die Sitzordnung im Amphitheater bildete die Rangordnung der Menschen im Reich ab, das
heißt, vorne, auf den schönen Plätzen, saßen die wichtigen Leute, die unwichtigen saßen auf
den weiter entfernten Plätzen.
5. Wie verbreitet war Frauenarbeit im antiken Rom?
Frauenarbeit war nur in der armen Bevölkerung üblich.
6. Finde selbst eine Frage zum Kapitel „Historischer Überblick“ und beantworte sie aus dem
Text.
Zu welchem Zweck wurden Gladiatorenspiele veranstaltet? Um den eigenen Wohlstand und
Einfluss zu demonstrieren.
7. Fasse den Inhalt des Kapitels „Historischer Überblick“ in 4 Zeilen zusammen.
Die Gladiatorenspiele wurden von den Etruskern „erfunden“. Sie wurden etwa 600 Jahre lang
von den Römern veranstaltet und bildeten einen wichtigen Bestandteil der römischen Kultur.
Die Eigenschaften der Gladiatoren waren kämpferische Stärke und Todesverachtung. Diese
Eigenschaften waren in der römischen Gesellschaft männlich geprägt.
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8. In welchen Arten von Kämpfen kämpften Frauen in der Arena (vgl. Kapitel „Die antiken
Quellen“)?
im Zweikampf und bei Tierhetzen
9. Wer ist Kathleen Coleman, welchen Beruf hat sie? Gib die Quelle deiner Information an.
Lateinprofessorin am Havard College, hat bei der Produktion des Films Gladiator
mitgearbeitet.
Quelle: http://www.facebook.com/pages/Kathleen-Coleman/103327299722882 13.9.2011
10. Hält Coleman die Tatsache, dass auch Frauen in der Arena gekämpft haben, für bedeutend
oder eher unbedeutend? An welcher Aussage im Text merkt man das?
Für bedeutend, man merkt es an: „dass der Ausgang des Kampfes ernst genommen wurde“.
11. Wie heißt der Autor des Textes?
Ingo Stelte
12. Ist der Autor mit Coleman über die Bedeutung von Gladiatorinnen einer Meinung? Wenn
nicht, welche zwei Gegenargumente führt er an? Wenn ja, mit welchem Argument
unterstützt er Coleman?
Nein, der Autor ist nicht mit Coleman einer Meinung. Als Gegenargumente führt er an:

Es gab es kein eigenes lateinisches Wort für „Gladiatorin“.

Es sind keine Funde von speziell für Frauen hergestellten Waffen bekannt.
13. Finde selbst eine Frage zum Kapitel „Die antiken Quellen“ und beantworte sie aus dem
Text.
Wann wurden Kämpfe, in denen Frauen auftraten, abgeschafft? 200 n.Chr.
14. Fasse den Inhalt des Kapitels „Die antiken Quellen“ in 3 Sätzen zusammen.
Auch Frauen kämpften als Gladiatorinnen. Die Professorin Coleman glaubt, dass die
Teilnahme von Frauen als Kämpferinnen bedeutend für die römische Kultur war. Stelte, der
Autor des obigen Texts, ist der Meinung, Frauenkämpfe seien eher unbedeutend gewesen.
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