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Kirchenfinanzen
Wie reich Deutschlands Kirchen wirklich sind
20.10.2013 · Protestanten und Katholiken leben nicht nur von der Kirchensteuer. Der
größte Teil ihres Geldes kommt direkt vom Staat. Der Limburger Fall hat die
intransparente Finanzlage der Kirchen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.
Von RALPH BOLLMANN, BERLIN
Es erstaunt, was ein Bauprojekt im Volumen von vergleichsweise
bescheidenen 31 Millionen Euro auszulösen vermag. Jahrzehntelang haben
ein paar versprengte Kritiker von der FDP oder den Grünen eine Reform
der deutschen Kirchenfinanzen verlangt, meist wurden sie von den eigenen
Parteiführungen zurückgepfiffen oder in der Öffentlichkeit als fanatische
Religionsfeinde abgetan.
Erst die Debatte um das Finanzgebaren des Limburger Bischofs Franz-Peter
Tebartz-van Elst hat dem Publikum jetzt vor Augen geführt, wie
undurchsichtig die finanziellen Verhältnisse der beiden großen christlichen
Kirchen in Deutschland tatsächlich sind. Die vergleichsweise transparente
Kirchensteuer macht mit 9,8 Milliarden Euro im Jahr nur einen kleineren
Teil der Einkünfte aus.
Ungefähr doppelt so stark profitiert die Kirche aus Töpfen, für die Steuerund Beitragszahler in ihrer Gesamtheit aufkommen – auch wenn sie einer
anderen oder gar keiner Religionsgemeinschaft angehören. Darunter sind
Ausgleichszahlungen für Enteignungen, die Jahrhunderte zurückliegen, die
öffentliche Alimentierung von Religionslehrern wie Theologieprofessoren –
und vor allem die Einnahmen der kirchlichen Sozialkonzerne, die ganz
überwiegend aus den Kassen des Staates und seiner Sozialversicherung
stammen. Weitreichende Befreiungen etwa von der Körperschaft-,
Kapitalertrag- oder Grundsteuer kommen hinzu.
Bündnis zwischen Thron und Altar
Offizielle Gesamtzahlen gibt es nicht. Der Kirchenkritiker Carsten Frerk
stellte die einzelnen Posten vor drei Jahren in einem „Violettbuch
Kirchenfinanzen“ zusammen. Demnach summieren sich allein die
Staatsleistungen auf 19,3 Milliarden Euro im Jahr, kommerzielle
Einnahmen nicht mitgerechnet. Die Evangelische Kirche in Deutschland
(EKD) verwahrte sich in einer Stellungnahme gegen die
Schlussfolgerungen, räumte aber gequält ein, dass die Zahlen „vielleicht
nicht falsch“ seien.
© F.A.Z.
Staatsgeld für die Kirchen
Wer das deutsche System der Kirchenfinanzierung verstehen will, muss
weit in die Geschichte zurückgehen. Kaum ein anderes Land war so stark
vom Konflikt zwischen zwei fast gleich starken Konfessionen geprägt.
Religiöser Pluralismus wurde nicht gegen eine übermächtige Einheitskirche
erkämpft, sondern dadurch hergestellt, dass sich Katholiken und
Protestanten gegenseitig in Schach hielten. Dazu dienten die komplizierten
Regeln des deutschen Staatskirchenrechts, die mit dem Westfälischen
Frieden von 1648 das Zeitalter blutiger Religionskriege beendeten.
Die eigentümliche Art, wie Staat und Kirche hierzulande formal getrennt
und faktisch doch verwoben sind, hat viel mit der Kleinstaaterei im Heiligen
Römischen Reich Deutscher Nation zu tun. Seit der Reformation war in den
protestantischen Territorien der Landesfürst zugleich auch der oberste
Kirchenherr, die Preußen sprachen später vom „Bündnis zwischen Thron
und Altar“. Und viele der katholischen Bischöfe amtierten nicht nur als
geistliche Hirten ihrer Diözese, sie übten in einem kleineren Territorium
auch die weltliche Herrschaft aus.
Bis heute zahlen die Bundesländer als Rechtsnachfolger
Die Kirche verlor diesen Status, als am 25. Februar 1803 im Regensburger
Rathaussaal der Immerwährende Reichstag zu seiner letzten Sitzung
zusammenkam. Drei Jahre vor dem Untergang des Heiligen Römischen
Reichs war das linksrheinische Deutschland von Napoleon erobert, die
betroffenen Herrscher sollten für den Gebietsverlust entschädigt werden.
Die anwesenden Gesandten beschlossen, zu diesem Zweck die geistlichen
Fürstentümer aufzulösen. Als „Reichsdeputationshauptschluss“ ging das
Gesetz in die Geschichte ein.
In der Folgezeit rangen die Geistlichen mit den neuen Territorialstaaten um
eine angemessene Entschädigung. Über die Abschaffung der Fürstbistümer
hinaus lösten die Staaten auch Klöster auf und enteigneten kirchliche
Grundstücke, aus deren Erträgen die Geistlichen zuvor ihren
Lebensunterhalt bestritten. Im Gegenzug verpflichtete sich nun der Staat,
etwa die Gehälter von Bischöfen oder Angehörigen des Domkapitels zu
übernehmen. Bis heute zahlen die Bundesländer als Rechtsnachfolger dafür
insgesamt 459 Millionen Euro im Jahr. Die Kirchen sagen, sie seien bereit,
darauf zu verzichten, verlangen dafür aber satte Einmalzahlungen. Vom 18bis 25-Fachen der Jahressumme ist die Rede. Darauf hat sich noch kein
deutscher Politiker eingelassen.
Erst noch gründlich rechnen
Allerdings gingen der katholischen Kirche im 19. Jahrhundert längst nicht
alle Vermögenswerte verloren. Der verbliebene Besitz bildet den
Grundstock jener eigentümlichen Institution namens „Bischöflicher
Stuhl“, die jetzt in Limburg erstmals das Interesse der Öffentlichkeit auf
sich zog. Stiftungen und Vermächtnisse kamen über die Zeit hinzu; ein
beträchtlicher Reichtum hat sich über die Jahre zusammengeläppert. Weil
hier keine Staatsgelder im Spiel sind, sahen sich die meisten Bistümer
bisher zu keinerlei Rechenschaft verpflichtet – nicht einmal gegenüber den
eigenen Mitgliedern.
RELIGION
Geheime Parallelwelt
Von Loll, Anna Catherin und Wensierski, Peter
14. 6. 2010
Prunksucht, Diebstahl, undurchsichtige Kassen: Die katholische Kirche wird
von Finanzaffären erschüttert. Während an der Basis gespart werden muss,
bleibt manchen Bischöfen kaum ein Wunsch unerfüllt.
Kurz vor Pfingsten kam nicht der Heilige Geist, sondern die Polizei frühmorgens in die
Wohnung von Pfarrer S.
Wer da suchet, der findet: Über 131 000 Euro waren in den Räumen des
katholischen Seelsorgers versteckt, mal waren die Scheine zwischen der Wäsche,
mal unter Schubladen befestigt. Auf der Stelle wurde Hochwürden verhaftet. Nach
mehreren Wochen Untersuchungshaft wartet Hans S., 76, jetzt im Kloster auf seinen
Prozess.
Und siehe da, die Geldvermehrung war womöglich sogar noch wundersamer als
angenommen. Die Staatsanwaltschaft Würzburg spricht inzwischen von bis zu 1,5
Millionen Euro, die S. aus Kollekten und anderen Kirchengeldern unterschlagen
haben könnte. Seine Schäflein in einem fränkischen Weinort sind fassungslos. Sie
hatten ihrem Hirten, der demütig und bescheiden auftrat, blind vertraut.
Gleich mehrere Finanzaffären erschüttern zurzeit die katholische Kirche, nicht nur im
Fränkischen oder in Augsburg, wo der Griff von Bischof Walter Mixa in die Kasse
einer Kinderheimstiftung kürzlich Wirbel machte.
Allein im Bistum Magdeburg sollen über 40 Millionen Euro verlorengegangen sein, in
Limburg verschwanden 5 Millionen, in der Diözese Münster flogen 30 Schwarzkonten
eines leitenden Geistlichen auf. Und während Pfarreien in ganz Deutschland Stellen
und Mittel für die Gemeindearbeit gestrichen werden, bleibt vielen Bischöfen kaum
ein Wunsch unerfüllt. Eine nagelneue Residenz? Ein pompöser Alterssitz? Frischer
Glanz für eine Mariensäule für 120 000 Euro? So etwas ist von Trier bis Passau kein
Problem, die Kassen der Exzellenzen sind prall gefüllt.
Missmanagement, Veruntreuung und Prunksucht bringen darum vielerorts die
Gläubigen gegen die Obrigkeit auf. Ihr Vorwurf: Wie beim Missbrauchsskandal setzen
viele Bischöfe auf Verschleiern. Möglichst niemand soll Einblick bekommen in ihre
Parallelwelt aus prallen Konten und geheimen Vermögenswerten, die teils seit
Jahrhunderten ihre Macht stützen. Nur der aus Kirchensteuern finanzierte
Bistumshaushalt ist öffentlich - das eigentliche Vermögen bleibt im Schatten.
Jetzt aber wird dieser Reichtum zum Politikum. Arbeitslose, Wohngeldempfänger,
Familien, Kommunen, Unternehmen, Bundeswehr - ihnen allen will die
Bundesregierung in den nächsten Jahren Milliardenbeträge wegnehmen. Aber
ausgerechnet die Kirche bleibt verschont, ihre großzügige Alimentierung durch den
Staat wird kaum in Frage gestellt.
Dabei sind Deutschlands Bistümer finanziell bestens ausgestattet. "Die katholische
Kirche sagt, sie sei arm, tatsächlich aber versteckt sie ihren Reichtum", sagt der
Berliner Politikwissenschaftler Carsten Frerk, der nach jahrelangen Recherchen im
Herbst ein "Violettbuch Kirchenfinanzen" herausbringt. Auf rund 50 Milliarden
Euro veranschlagt Frerk das Barvermögen der kirchlichen Rechtsträger.
Eigene Zahlen legen die Katholiken dazu nicht vor. Frerk werfen sie vor, ein
voreingenommener, atheistischer Kirchenkritiker zu sein.
Das über Jahrhunderte angehäufte Vermögen ist vielseitig angelegt, etwa in
Immobilien, kirchlichen Banken, Akademien, Brauereien, Weingütern,
Medienkonzernen oder Kliniken; hinzu kommen Erträge aus Aktienbesitz, Stiftungen,
Erbschaften. All das fließt in der Regel im Topf des sogenannten Bischöflichen Stuhls
zusammen. Nur der Bischof und seine engsten Vertrauten kennen diesen
Schattenhaushalt, kein Finanzamt muss Einblick nehmen. Die öffentlichen
Bistumshaushalte umfassen bei weitem nicht alle Finanzen der jeweiligen Diözesen
(siehe Grafik).
Das komplizierte Geflecht wird so geheimnisvoll gehandhabt, dass nicht einmal die
Finanzdezernenten aller Bistümer offen untereinander darüber informieren. Barock
anmutende Strukturen erschweren den Überblick, mal sitzen die Verwalter des
Geldes im Kirchensteuerrat, mal in einem Diözesansteuerausschuss, einer
Finanzkammer oder einer Verwaltungskammer. Manchmal wird Vermögen auch noch
in Stiftungen ausgegliedert.
Auf eine SPIEGEL-Umfrage nach ihrem Vermögenshaushalt verweigerten 25 von 27
katholischen Bistümern die Auskunft, ("wird nicht veröffentlicht"), nur Magdeburg
und die vor wenigen Jahren insolvenzreife Erzdiözese Berlin zeigten sich etwas
offener. Anscheinend gibt es dort ohnehin kaum Vermögen, das zu verbergen wäre.
Der Generalvikar eines gutausgestatteten Bistums dagegen erklärt auf Nachfrage:
"Ja, das Vermögen im Bischöflichen Stuhl ist geheim. Aber schreiben Sie besser:
vertraulich." Um einen Grund für solche Verschwiegenheit gebeten, sagt die
Sprecherin des Bistums Limburg: "Das ist einfach so." Und ein Vertreter der
Deutschen Bischofskonferenz teilt mit: "Ich habe keine Lust, darüber mit Ihnen zu
sprechen."
Gewählten Laienvertretern an der Basis ergeht es kaum besser, sie stehen vor einer
Schweigemauer, selbst wenn sie in ihrem Bistum für die Finanzaufsicht
verantwortlich sind. Wie zum Beispiel Herbert Steffen, den seine Gemeinde in den
Diözesanrat nach Trier delegiert hatte. Ein notorischer Kritiker ist Steffen, 75, nicht,
er war Möbelfabrikant, entstammt einer erzkatholischen Unternehmerfamilie an der
Mosel. Sein Anliegen war so einfach wie konservativ: Er wollte, dass sein Bistum in
Gelddingen solide aufgestellt ist.
Was er im Diözesanrat erlebte, hat den Geschäftsmann irritiert. "Ich wunderte mich
über die niedrige Höhe des Haushaltes. Wir sollten das ja kontrollieren", sagt er. Auf
einer Sitzung fragte er einen Vertrauten des Bischofs, ob das alles sei. "Es gibt noch
den Haushalt des Bischöflichen Stuhls. Aber der ist nicht für die Öffentlichkeit
bestimmt", hieß es darauf. Steffen fragte nach: "Wie, den bekommen auch wir nicht
zu sehen?" Antwort: "Nein!"
Trier, Deutschlands ältestes Bistum, ist ein gutes Beispiel für die katholische Kluft
zwischen Arm und Reich. Ortsbischof Stephan Ackermann, der auch
Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist, kann in finanziellen
Dingen durchaus großzügig sein. Vor allem, wenn es um Prestigeprojekte gleich bei
seinem Bischofspalais geht. So sollen aktuell allein für den Platz hinter dem Dom
rund eine Million Euro bereitstehen. Die Fläche soll in neuem Glanz erscheinen, falls
2012 der Papst persönlich die Wallfahrt zum "Heiligen Rock" anführen und mit den
Gläubigen jenen Leibrock anbeten sollte, der angeblich Fetzen von Jesu Gewand
enthält.
Gestrichen oder radikal gekürzt werden sollen dagegen die Zuschüsse für
Jugendverbände und Begegnungsstätten. Gleich mehrere Einrichtungen sollen nach
einem Sparentwurf des Bistums komplett geschlossen werden, darunter die
Fachstellen für Katholische Erwachsenenbildung, die Katholische Akademie Trier und
die Katholischen Hochschulgemeinden in Saarbrücken, Koblenz und Trier.
Die Betroffenen sind entsetzt. "Es geht uns doch darum, dass wir Kirche erlebbar
machen", sagt Hochschulseelsorger Guido Groß, "aber jetzt soll gleich der ganze
Arbeitsbereich weg." Lukas Rölli vom Dachverband der katholischen
Hochschulgemeinden ergänzt: "Ich falle vom Glauben ab, wenn der Bischof das
unterschreibt." Es entstehe der Eindruck, dass "die katholische Kirche sich immer
mehr von der Gesellschaft entfernen will - zurück in die Sakristei".
Auch in Köln, einer der reichsten Diözesen weltweit, klaffen Schein und Wirklichkeit
weit auseinander. Die Katholiken an der Basis mussten schon um ihre finanzielle
Handlungsfähigkeit ringen, Kirchen wurden geschlossen, immer weniger Geistliche
müssen immer größere Gemeinden betreuen. Sparpläne setzten dafür strenge
Vorgaben. Dabei hat Köln nicht nur einen 863 Millionen Euro schweren
Bistumshaushalt. Auch das Vermögen des Erzbischöflichen Stuhls soll mehrere
Milliarden Euro betragen, allein die Beteiligung an den Aachener Gesellschaften mit
rund 26 000 Wohn- und Gewerbeeinheiten war nach Berechnungen des
Kirchenkritikers Frerk im Jahr 2003 über eine Milliarde Euro wert.
Von dieser frohen Botschaft lässt der Finanzchef des Erzbischofs allerdings wenig
verlauten. Würden die Gläubigen sonst brav alle Einschnitte mittragen und munter
für ein neues Kirchenfenster von Gerhard Richter im Dom spenden? Für das
Erzbistum ist es allemal besser, die andern zahlen - das gilt sogar für die Entlohnung
des erzkonservativen Kardinals Joachim Meisner. Seine Bezüge, rund 11 300 Euro
pro Monat, werden aufgrund eines jahrhundertealten Abkommens vom Staat ans
Bistum überwiesen, was Meisner übrigens nicht davon abhält, immer wieder über die
Gottlosigkeit und diversen "Fehler" seiner Geldgeber herzufallen.
Öffentliche Alimente werden nicht allein Meisner und vielen seiner Amtsbrüder
gewährt. Jahr für Jahr werden katholische wie evangelische Kirche von Bund,
Ländern und Gemeinden reichlich beschenkt. Zur Kirchensteuer (knapp 10
Milliarden Euro) kommen, was weniger bekannt ist, alljährlich weitere direkte und
indirekte Subventionen hinzu. Im Jahr 2000 waren es nach Schätzungen 17
Milliarden Euro.
So zahlt der Staat reichlich für den Unterhalt und die Dauer-Renovierung von
Kathedralen und anderen kirchlichen Gebäuden. Er übernimmt die Personalkosten für
Religionslehrer ebenso wie die Rechnung für den Messwein bei
Soldatengottesdiensten. Leistungen wie die jährlichen Holzlieferungen einiger
süddeutscher Kommunen an ihren Bischof beruhen teils auf 200 Jahre alten
Ansprüchen, die von der Politik nie wieder überprüft wurden.
Trotz weitgehender Trennung von Kirche und Staat fließen erhebliche Zuschüsse für
Kirchentage, Kirchenbüchereien, Polizei-, Anstalts- und Militärseelsorge, selbst für
Zivildienstleistende und den Erhalt von Opferstöcken und Wegkreuzen wird aus der
Staatskasse gezahlt.
Gern nimmt die Kirche für sich in Anspruch, viel für den Zusammenhalt in der
Gesellschaft, für die Armen und Schwachen zu tun, und damit hat sie recht. Doch die
Rechnung auch dafür übernimmt größtenteils der Staat. Von den geschätzten
jährlichen 45-Milliarden-Euro Ausgaben der Caritas zahlt das meiste der
Staat, die katholische Kirche nur einen Bruchteil.
Die Bischöfliche Finanzkammer Regensburg, die das Vermögen des Bischöflichen
Stuhls verwaltet, hält in einer Richtlinie vom 15. März sogar ausdrücklich fest, unter
welchen Bedingungen sie sich am Bau oder der Sanierung von kirchlichen
Kindergärten und Horten beteiligt. Nämlich nur, wenn die jeweilige Kommune zwei
Drittel der Gesamtherstellungskosten "vertraglich zugesichert hat" und außerdem für
"wenigstens 25 Jahre" mindestens 80 Prozent eines eventuellen
Betriebskostendefizits garantiert.
Im Bistum will man kirchliche Kindergärten offenbar nur, wenn der Staat größtenteils
die Kosten übernimmt. Ist es mit der barmherzigen Fürsorge für die Kinder Gottes
schnell vorbei, falls die öffentlichen Gelder versiegen? Anderswo werden katholische
Krankenhäuser, Schulen und Altersheime häufig sogar bis zu 100 Prozent staatlich
finanziert.
Im Gegenzug muss die Kirche nicht einmal Steuern zahlen: keine Grundsteuer, keine
Körperschaftsteuer, keine Kapitalertragsteuer. Alles, was sie als Körperschaft des
öffentlichen Rechts in Deutschland macht, gilt als gemeinnützig, mildtätig und
steuerfrei. Anders als andere Körperschaften öffentlichen Rechts wie Universitäten
unterliegen sie zudem keinerlei staatlicher Kontrolle.
"Die katholische Kirche hat das angeborene Recht, unabhängig von der weltlichen
Gewalt, Vermögen zur Verwirklichung der ihr eigenen Zwecke zu erwerben, zu
besitzen, zu verwalten und zu veräußern", so steht es im Kirchenrecht. Dieses
"angeborene Recht" und die dahinterliegenden Milliarden zu verteidigen ist eine der
zentralen Aufgaben der Bischöfe.
Komplizierte Finanzstrukturen und Geheimschatullen werden normalerweise nur
öffentlich etwas sichtbarer, wenn treulose Verwalter sie missbrauchen.
Besonders groß ist der Ärger zurzeit im Bistum Limburg. Dort wurde der Leiter einer
kirchlichen Finanzverwaltung, der knapp fünf Millionen Euro veruntreute, vor
wenigen Wochen zu über sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Der Mann, der auch
Geschäftsführer der katholischen Gemeinde in Limburg war, hatte ungehinderten
Zugriff auf Kirchengelder.
"Die Veruntreuung war frappierend einfach", meinte der Richter. Die Sache kam erst
heraus, als das Bistum vor kurzem begann, ein neues kaufmännisches
Rechnungswesen einzuführen. Bis dahin verfügten die Limburger Bischöfe und ihre
Vertrauten offenkundig nach Gutdünken über ihre Kassen. Der heutige Ortsbischof
Franz-Peter Tebartz-van Elst musste Fehler bei der Finanzkontrolle eingestehen.
Solch sorglosen Umgang konnte man sich problemlos leisten, Geld scheint im
Bischöflichen Stuhl reichlich vorhanden. Zum Beispiel für eine neue Bischofsresidenz,
die gerade für viele Millionen Euro auch aus Geldern des Bischöflichen Stuhls geplant
wird. Der Hügel über Limburg, auf dem er hinter den hohen Bruchsteinmauern eines
ehemaligen Adelshofs wohnen will, wird im Städtchen "Akropolis" genannt. "Unser
Bischof will wohl wieder ein Fürst sein", spotten Einheimische. Der Vorgänger,
Bischof Franz Kamphaus, lebte dagegen bescheiden in einer Zwei-Zimmer-Wohnung
im Priesterseminar statt im alten Bischofshaus. Dort ließ er lieber für mehrere Jahre
eine äthiopische Flüchtlingsfamilie einziehen.
Für Tebartz-van Elst haben Architekten auf der Akropolis nicht nur eine großzügige
Wohnung mit Hauskapelle entworfen. Auch anliegende Gebäude müssen umfassend
renoviert und umgebaut werden. Ein Schwesternorden zieht ein, um die Versorgung
seiner Exzellenz zu sichern, das Dommuseum braucht ein neues Sicherheitssystem,
für angeblich allein 1,5 Millionen soll deshalb ein Notausgang des Museums verlegt
werden. Nebeneffekt: Der Bischof wird in seinem zukünftigen Refugium nicht mehr
so leicht belästigt werden.
Seinen Schäflein hat er derweil das Motto "Sparen und Erneuern" verordnet. Auch in
Limburg wird nun die Zahl von Gemeinden, Messen und Seelsorgern
zusammengestrichen. In den Dörfern sammeln die Gläubigen mühsam Spenden für
die nötigsten Instandhaltungsarbeiten ihrer Kirchen. "Gespart wird an der Basis,
erneuert wird woanders", sagt Henny Toepfer von der Reformbewegung "Wir sind
Kirche" im Bistum. Warum Millionen Euro für eine neue Residenz da sind, aber nicht
für Busse, um alte Katholiken aus den Dörfern zum Gottesdienst zu bringen, versteht
sie nicht.
Zu den altmodischen Lastern der Prunksucht und Verschwendung gesellt sich seit
einiger Zeit auch eine sehr moderne Versuchung für die Geldverwalter der
Bischöflichen Stühle: die Renditeversprechen der globalen Kapitalmärkte.
Beispiel Magdeburg: In seiner Not hatte das verarmte, mitgliederschwache Bistum
eigens eine Aktiengesellschaft namens Gero AG gegründet. Um Zins und Zinseszins
zu mehren, setzten die Vertrauensleute von Bischof Leo Nowak unter anderem auf
Immobiliengeschäfte, Schiffsbeteiligungen, Biogasanlagen und selbst auf die
fragwürdige Forschung mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Ein Priester der
Bistumsleitung segnete gar ein für Gentechnik gedachtes Gewächshaus, auf das die
fromme Investition gedeihe.
Heute steht der Bischof vor einem Scherbenhaufen. Seine Diözese spricht von mehr
als 40 Millionen Euro Verlust, die Presse sogar von knapp 100 Millionen. Jetzt
will der neue Vorstand der Gero das marode Firmen- und Beteiligungsgeflecht neu
strukturieren. Den einstigen Geschäftsführer hat das Unternehmen auf
Schadensersatz verklagt.
Warum geben die Kirchenfürsten keine Rechenschaft gegenüber ihren Gläubigen ab?
Wieso halten sie den Staat, der sie so großzügig unterstützt, so sorgsam aus ihren
Finanzangelegenheiten heraus?
Ein ehemaliger Bistumssprecher hat lange über diese Fragen nachgedacht. Er hält
die vormoderne, höfisch geprägte Welt der bischöflichen Ordinariate und Residenzen
dafür verantwortlich. "Die mit Titeln bunt geschmückten Bischöfe und Prälate sehen
sich der weltlichen Gesellschaft überlegen und schirmen sich gegen sie ab", sagt er.
"Der Beichtstuhl steht in der Kirche - nicht im Finanzamt."
DER SPIEGEL 24/2010
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03.12.2001
KIRCHE
Diskret wie Schweizer Banken
Von Wensierski, Peter
Die Kirchen klagen über rückläufige Steuereinnahmen und leere Kassen. Doch ein
Wissenschaftler hat errechnet: Die Christen-Institutionen sind die reichsten
Unternehmer der Republik.
Drei Jahre lang recherchierte der Hamburger Politologe Carsten Frerk penibel Zahl um Zahl.
Er las Haushaltspläne und Bilanzen, befragte Finanzräte und Stiftungsaufseher, durchforstete
Rechenschaftsberichte und Staatskirchenverträge. Dann rechnete er zusammen - und kam auf
eine stattliche Summe. Die beiden großen Kirchen in Deutschland, so sein Fazit, verfügen
über ein Gesamtvermögen von fast einer Billion Mark.
Das Unterfangen des 56-jährigen Wissenschaftlers war höchst beschwerlich. Denn wenn es
um ihr Geld geht, sind die beiden Kirchen so verschwiegen wie Schweizer Banken. Zwar
sickert hin und wieder mal eine Zahl über kirchliche Latifundien, Weinberge, Brauereien,
City-Immobilien oder Forste und Gutshöfe durch, doch einen Überblick hat niemand. Die
Kirchenoberen achten streng darauf, dass nicht allzu viel publik wird.
Die Haushaltspläne der evangelischen Landeskirchen etwa enthalten in der Regel
Sperrvermerke zu Haushalts- und Vermögensfragen. Angaben über Stiftungen,
Sondervermögen und Immobilien werden nicht veröffentlicht. Sogar die katholische
Bischofskonferenz klagt über "die Zurückhaltung ihrer Bistümer", die "äußerst ungern
pekuniäre Auskünfte erteilen". Der Grundbesitz beider Kirchen wurde zuletzt 1937 in einer
offiziellen Reichs-Statistik erfasst. Aktuelle Zahlen gibt es nicht.
Frerks Zahlen, die er Mitte Dezember veröffentlicht, dürften denn auch für Aufregung sorgen:
Der Autor stellt erstmals detailliert Vermögenswerte, Geldanlagen und Immobilien von
Landeskirchen und Diözesen, karitativen Stiftungen und anderen ebenso frommen wie
lukrativen Werken vor*.
Das gesamte Kirchenvermögen (Geld, Aktien, Beteiligungen, Grund und Immobilien)
beziffert Frerk auf 981 Milliarden Mark - damit sind die Kirchen die reichsten Unternehmer
der Republik. Allerdings verteilt sich der Reichtum sehr unterschiedlich auf eine Vielzahl
kirchlicher Rechtsträger - von der Dorfgemeinde bis zu den Hilfswerken Misereor
(katholisch) und Brot für die Welt (evangelisch).
Von der knappen Kirchen-Billion ist indes nur ein Teil sofort verfügbar. Immobilien- und
Grundbesitz im Wert von 298 Milliarden, so Frerk, seien ebenso problemlos kapitalisierbar
wie 170 Milliarden Mark Geldvermögen. Historische Kirchenbauten dagegen haben, da
unverkäuflich, nur theoretischen Wert. Auch der aber ist beträchtlich: Würde die Kirche den
Kölner Dom etwa als Museum einer öffentlichen Stiftung übereignen, könnte sie mit einer
Ausgleichszahlung von 500 Millionen rechnen.
Beide Kirchen, so hat der Autor errechnet, besitzen alles in allem 6,8 Milliarden
Quadratmeter Grund und Boden - etwa dreimal so viel wie Bremen, Hamburg, Berlin und
München zusammen. Allein auf evangelischem Boden stehen 75 062 Gebäude. Mal auf
Filetgrundstücken in der City, mal am Dorfanger. Die Katholiken vermochten keine Zahl zu
nennen.
Das Gemeindehaus der Hamburger St.- Petri-Kirche etwa ist ein siebenstöckiger Bürobau
nahe der Haupteinkaufsstraße, Schätzwert 20 Millionen, vermietet an einen Radiosender und
an Firmen. In Berlin-Mitte gehörten Grund und Boden sowie das Gebäude des Dorint-Hotels
am Gendarmenmarkt einem Immobilienfonds der EKD. In Hildesheim verfügt die katholische
Kirche über 16 City-Grundstücke. Den Wert aller kirchlichen Gebäude und Grundstücke
beziffert Frerk auf 424 Milliarden Mark.
Ihre Ausgaben für Personal, Seelsorge und gute Taten decken die Kirchen jedoch kaum aus
Vermögen, sondern vor allem aus laufenden Einnahmen. Allein 17 Milliarden kommen
jährlich durch die zwangsweise von den Mitgliedern erhobene Kirchensteuer herein rund 9 Milliarden bei den Katholiken, etwa 8 bei den Evangelischen. Weitere 19,1
Milliarden beziehen sie aus staatlichen Quellen, zum Teil als Zuschüsse, zum Teil als
Ausgleich für die Zwangsenteignung von Kirchengut mit dem Reichsdeputationshauptschluss
von 1803.
Mit öffentlichen Geldern werden unter anderem extra bezahlt oder subventioniert:
Militär-, Anstalts- und Polizeiseelsorge, Kirchentage, Denkmalpflege, Religionsunterricht,
kirchliche Kindertagesstätten, Kirchen-Bibliotheken und Konfessionsschulen. In zahlreichen
Bundesländern werden zudem Bischöfe und Pfarrer wie Beamte vom Staat besoldet. Der Staat
verzichtet außerdem auf 20 Milliarden Einnahmen, indem er den Kirchen steuerliche
Privilegien einräumt. Zudem kostet die Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer mittlerweile rund
6,8 Milliarden pro Jahr.
Einen Großteil ihres Geldes deponieren die frommen Geldhüter auf zwölf kirchlichen Banken
- etwa der katholischen Kölner Pax-Bank oder der Evangelischen Darlehnsgenossenschaft
Kiel. Frerk taxiert die Einlagen kirchlicher Organisationen bei den religiösen Geldinstituten
auf insgesamt 42 Milliarden Mark. Trotz der permanten Klage der kirchlichen
Finanzverwalter über sinkende Steuereinnahmen und harsche Sparmaßnahmen ist diese
Summe in den letzten Jahren gestiegen. 1997 waren es noch 7,5 Milliarden weniger.
Dabei fehlt in den Bilanzen der Kirchenbanken ein wichtiger Posten: die KirchenDepots mit Aktien und Investmentpapieren. Mit diesen "unsichtbaren Depots", so
Frerk, steige die Summe der Anlagegelder - auf rund 50 Milliarden Mark. Die KirchenBanken sind zudem nur eine Größe im Finanzspiel der Christen. Nach Frerks Einschätzung
existieren bei "weltlichen" Geldhäusern etwa dreimal so viel Kirchenkonten wie bei Pax
und Co. Die gesamten kirchlichen Geldeinlagen setzt er auf derzeit 170 Milliarden Mark
an.
Eigene Baufirmen, Versicherungen und Siedlungsunternehmen werfen ebenso
Millionengewinne ab wie Kolping-Hotels und CVJM-Herbergen oder kirchliche
Reiseunternehmen. Auf zwei Milliarden Umsatz wird allein das Volumen kirchlicher
Gruppenreisen in Deutschland geschätzt.
Auf die Vermögenslage angesprochen, dementierte der Ratsvorsitzende der EKD, Präses
Manfred Kock: "Unser Vermögen wird überschätzt. Wir verfügen nur über die uns gesetzlich
zustehenden Rücklagen, die für drei Monate reichen."
Beide Kirchen haben zuletzt für 1993 immerhin 5,1 Milliarden Mark Einnahmen aus
Vermögen zugegeben, was bei einer Verzinsung von fünf Prozent 102 Milliarden Mark
Vermögensbesitz ergäbe. Dabei fehlten noch die Wohlfahrtsverbände sowie die Hilfs- und
Missionswerke.
Auf diese Werke ist Frerk nicht gut zu sprechen. Sie schmücken sich seiner Ansicht nach mit
fremden Federn: Misereor etwa finanziert sich zu 49 Prozent aus Steuergeldern, zu 41
Prozent aus Spenden, nur 8 Prozent kommen aus diözesanen Mitteln. Warum Misereor
als "Bischöfliches Hilfswerk" firmiert, fragt Frerk angesichts der Zahlen, "bleibt
unerklärlich".
Untersucht hat der Autor auch einzelne Landeskirchen und Diözesen, etwa das Erzbistum
Köln. Der Sprengel mit seinen 2,3 Millionen Katholiken gilt gemeinhin als reichstes
deutsches Bistum.
Doch das stimmt nicht ganz: Reich ist nicht das Erzbistum, sondern lediglich der
"Erzbischöfliche Stuhl zu Köln", ein Titel, der an den jeweiligen amtierenden Oberhirten
gebunden ist. Rechtlich bedeutet das: Vermögen und Einnahmen müssen nicht im
Diözesanhaushalt ausgewiesen werden, da die "Bischöflichen Stühle" ihre Etats quasi privat
verwalten.
Über das Generalvikariat besitzt der Kölner Bischofsstuhl, in Person: Kardinal Joachim
Meisner, 67, zum Beispiel rund 40 Prozent des Grundkapitals der "Aachener Siedlungs- und
Wohnungsgesellschaft mbH", der 22 000 Einheiten im Rheinischen gehören. Geschätzter
Marktwert des bischöflichen Anteils: 1,9 Milliarden Mark. Vom Jahresgewinn 1998 gingen
3,7 Millionen in die erzbischöfliche Kasse.
Ein Kapitel für sich sind die Medien-Beteiligungen der Kirchen. So gehört die lukrative
Augsburger Weltbild-Gruppe, die in ihrem Buchversand auch allerhand esoterische Titel
vertreibt, 15 Bistümern. An der Tellux Beteiligungsgesellschaft sind 8 Oberhirten als
Mehrheitsgesellschafter beteiligt. Die TV-Firma produziert kirchenfreundliche Streifen wie
"Glut unter der Asche" oder "Nikolaikirche", aber auch Krimis wie "Der Discokiller" aus der
Serie "Polizeiruf 110".
Bei seinen Nachfragen zum kirchlichen Medien-Engagement stieß Frerk auf eine Mauer des
Schweigens. Immerhin fand er heraus: Der Umsatz in Verlagen beträgt mindestens 1,5
Milliarden, in der kirchlichen Filmbranche 68 Millionen Mark.
Den vermutlich größten Kirchenschatz
vermochte der Hamburger
Wissenschaftler indes nicht einmal
annähernd zu erheben - jene Kleinodien
wie Kelche, Monstranzen und
Reliquiare, die in kirchlichen Museen
und Tresoren lagern oder zu sehen sind.
Aus ihnen, glaubt Frerk, ist so wenig
Kapital zu schlagen wie aus dem Dom
zu Speyer. Deshalb hat er sie unter der
Rubrik "Kunst, Sakrales und
Unverkäufliches" zusammengefasst.
PETER WENSIERSKI
* Carsten Frerk: "Finanzen und
Vermögen der Kirchen in
Deutschland". Alibri Verlag,
Aschaffenburg; 436 Seiten; 48 Mark.
DER SPIEGEL 49/2001
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Hamburg - Deutschland schnallt den Gürtel enger: Im Rahmen des MegaSparpakets der Bundesregierung sollen Arbeitslosen Zuschüsse gekürzt, Hartz-IVEmpfängern das Elterngeld gestrichen und der Bundeswehr 40.000 Personen
genommen werden. Nur ein Kostenfaktor bleibt von den Sparmaßnahmen verschont:
Die Gehälter kirchlicher Würdenträger.
Hier könnten jährlich mehrere Millionen Euro eingespart werden, denn die Gehälter
von Bischöfen, Priestern und Vikaren werden von Steuergeldern bezahlt. Völlig
unabhängig von der Kirchensteuer.
Im Gespräch mit SPIEGEL TV erklärte Kirchenexperte Carsten Frerk die Lage am
Beispiel von Bayern: Die sieben Bistümer des Freistaats haben jährliche
Kircheneinnahmen von rund 1,2 Milliarden Euro, trotzdem zahlt das Land die
Gehälter von beispielsweise fünf Bischöfen und zwei Erzbischöfen, zwölf
Weihbischöfen, 60 Kanonikern sowie 33 Erziehern an bischöflichen Priester- und
Knabenseminaren.
In Bayern flossen dafür allein im vergangenen Jahr 65 Millionen Euro vom Freistaat
an die katholische Kirche, hinzu kamen 21 Millionen für die evangelischen Kollegen.
Auch Baden-Württemberg zeigte sich gegenüber den Geistlichen großzügig: Je 49
Millionen zahlte das Land 2009 an die katholische und die evangelische Kirche.
Im protestantischen Norden fallen die Zahlungen etwas geringer aus, sind aber
trotzdem beeindruckend: Die evangelische Kirche erhielt vom Land Niedersachsen 30
Millionen Euro, die Katholiken 7,6 Millionen Euro.
Insgesamt zahlte Deutschland im Jahr 2009 mehr als 442 Millionen Euro für
kirchliche Personalkosten.
Am 25. Februar 1803 enteignete die Reichsdeputation in Regensburg die alte
Reichskirche mit ihrem enormen Besitz: Es ging um vier Erzbistümer, 18 Bistümer,
80 reichsunmittelbare Abteien und mehr als 200 Klöster. Mit diesen Immobilien
wurden die weltlichen Fürsten für jene Gebiete entschädigt, die sie an Napoleon
hatten abtreten müssen. Bayern erhielt das Siebenfache, Preußen das Fünffache des
Verlorenen. Im Gegenzug bekommen seither die Kirchen für ihre Vermögensverluste
jährliche Zahlungen aus der Staatskasse.
Dass die Vereinbarung auch 200 Jahre später noch gilt, daran habe damals niemand
gedacht, erklärt Professor Horst Herrmann, Experte für Kirchenrecht. Trotzdem stelle
seit jeher niemand das Abkommen in Frage: "Das Kaiserreich hat gezahlt, die
Weimarer Republik hat gezahlt, Hitler hat gezahlt und die Bundesrepublik zahlt
immer noch", so Herrmann.
Das Grundgesetz sieht vor, dass die Zahlungen vom Staat an die Kirche irgendwann
ein Ende haben - ein genauer Zeitpunkt wurde aber nicht festgelegt.
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Beide Kirchen haben zuletzt für 1993 immerhin 5,1 Milliarden Mark Einnahmen
aus Vermögen zugegeben
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Auf rund 50 Milliarden Euro veranschlagt Frerk das Barvermögen der
kirchlichen Rechtsträger
Seine Bezüge, rund 11 300 Euro
Im Jahr 2011 waren es nach Schätzungen 19 Milliarden Euro.
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45-Milliarden-Euro Ausgaben der Caritas zahlt das meiste der Staat
(ca. 49 % Staat, 41 % Spenden, nur 8 % Kirche)
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Die beiden großen Kirchen in Deutschland, so sein Fazit, verfügen über ein
Gesamtvermögen von fast einer Billion Mark.
allem 6,8 Milliarden Quadratmeter Grund und Boden
Den Wert aller kirchlichen Gebäude und Grundstücke beziffert Frerk auf 424
Milliarden Mark.
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485 Millionen Euro jährliche Gehaltszahlungen vom Staat für
Kirchengehälter/Pansionen (Zeit online 16. Oktober 2013)
In der Gesamtrechnung von Frerk betragen die staatlichen Zuschüsse für
Bischofsgehälter und Bauten rund eine Milliarde Euro
Für die Ausbildung des theologischen Nachwuchses zahlt er eine halbe Milliarde Euro
für Religionsunterricht, Konfessionsschulen und Kindergärten rund 8,5 Milliarden
Euro
drei Milliarden Euro entgehen dem Staat, weil die Kirchensteuer von der
Einkommenssteuer absetzbar ist
Die Kirche wiederum spart rund 1,8 Milliarden Euro, weil sie die Finanzämter die
Kirchensteuer eintreiben lässt
Ca. 250 Millionen Euro Kollekte und Spenden 2009 nur kat. Kirche
(Augsburger Allgemeine 16. Oktober 2013)
Der Kirchenkritiker schätzt den Jahresumsatz beider deutscher Kirchen auf
etwa 125 Milliarden Euro. (Focus 17. Oktober 2013)
65 Milliarden Euro Bargeld (Stand 2002 laut Frerik, Spiegel 17. Oktober 2013)
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