Gedanken für eine Predigt am Christophorus-Sonntag von P. Sepp Hollweck SVD Ein Südtiroler Wochenmagazin stellt in jeder Ausgabe mit Hilfe eines Fragebogens eine Persönlichkeit vor. Eine der Standartfragen ist dabei: „Zum letzten Mal gebetet haben Sie …“ Was würden Sie für eine Antwort geben, wenn wir einmal von den Gebeten des heutigen Gottesdienstes absehen? Wann, und vor allem wie haben Sie das letzte Mal, sagen wir einmal, „so richtig“ gebetet? Der oder die eine oder andere würde dabei wohl etwas verlegen werden, so, als ob das eine zu intime Frage wäre. Aber wir können ruhig zugeben, dass Beten gar keine so einfache Sache ist: Am nächsten Sonntag hören wir im Evangelium die Bitte aus dem Mund der Apostel: „Herr, lehre uns beten!“ Wenn sogar die Apostel fragen, wie man beten soll, dann brauchen auch wir uns nicht genieren, das zuzugeben – wenn man in Glaubenssachen nicht auf der Stufe der Kindheit stehen geblieben ist und meint, den lieben Gott mit ein paar sich reimenden Verslein abspeisen zu können. Ältere Leute sagen angesichts der sich leerenden Kirchenbänke oft, es ginge uns zu gut bzw. es müssten wieder schlechtere Zeiten kommen, dann würden die Leute schon wieder das Beten lernen. – Da ist, wenn wir ehrlich sind, schon was dran: Wer hat schon nicht ein „Stoßgebet“ gen Himmel geschickt, wenn er/sie nicht mehr ein- und auswusste, oder wenn man z.B. im Straßenverkehr gerade noch ausweichen konnte oder mit einem kleinen Blechschaden davongekommen ist. Beliebt sind auch die, nennen wir sie einmal „stillen Ersatzbeter“ in Form von Kerzen vor einem Gnadenbild vor einer Operation z.B. oder wenn Sohn/Tochter/Enkelin oder Enkel vor einer entscheidenden Prüfung stehen. Heißt das aber dann: Beten ist eine Sache der Konfliktbewältigung, auf die man in Krisensituationen zurückgreift, und zwar dann, wenn wir mit unserer menschlichen Weisheit am Ende sind? Die Christophorus-Aktion redet von einer anderen Form des Betens: Da ist vom Danken die Rede! Da werden wir aufgefordert, dem Herrgott für unfallfreie Kilometer zu danken. – Aber verdanken wir wirklich dem Herrgott, wenn wir unfallfrei geblieben sind? Ist das nicht vielmehr unserer eigenen Aufmerksamkeit und Vorsicht zu verdanken, vielleicht auch der Achtsamkeit anderer Verkehrsteilnehmer? Was heißt eigentlich danken? Danken hat mit Zufriedenheit, mit Einklang und Harmonie zu tun: Ich danke einem Menschen, wenn ich im Einklang bin mit dem, was er mir schenkt; weil mir das guttut, was er für mich tut; wenn ich danke, dann ist etwas in Ordnung, dann ist das ein Ausdruck der Harmonie mit ihm oder ihr. – In diesem Sinne ist ein Dankgebet der Ausdruck meiner persönlichen Zufriedenheit, ein Ausdruck meiner Harmonie mit ihm, dann stehen mein Tun und sein Tun im Einklang. Die Italiener verwenden für das Danken „grazie“, die Mehrzahl von grazia-Gnade! Wenn ich also Gott danke, dann für seine Gnaden, d.h. für sein Achten und Sorgen für mich. In diesem Sinne ist Danken ein Ausdruck meines Glaubens: Herrgott, es ist gut zu wissen, dass es Dich in meinem Leben gibt; Herrgott, es ist gut zu wissen, dass Du auf mich schaust; Herrgott, es ist gut, es beruhigt mich, Dich an meiner Seite zu wissen. Das Missionsamt bietet uns an, diesen Dank an den Herrgott in Form einer Spende zugunsten der Missionare und Missionarinnen zu unterstreichen: Damit geht unser Beten über in eine Gabe für die Nächsten. Gottesliebe und Nächstenliebe sind, so sagt es unser christliches Hauptgebot, die zwei Grundpfeiler, die unseren Glauben ausmachen. Im heutigen Evangelium ist das in der Haltung zweier Frauen ausgedrückt: In der hörenden, d.h. betenden, Maria und in der dienenden Martha.