Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, liebe alteingesessenen und neuzugezogenen Eggstätter! Als Pfarrer von Eggstätt darf ich Sie und euch begrüßen – aufgrund einer Operation am vergangenen Montag leider nur postalisch, aber nicht weniger herzlich. In Gedanken bin ich heute bei dem „Beinand“, das schon zu einer guten Tradition geworden ist und für das ich gerne den Pfarrsaal zu Verfügung stelle. Am heutigen Tag werden die, die wir „neue Eggstätter“ nennen dürfen, etwas von ihrer Fluchtgeschichte erzählen. Wenn selbst die Nachrichten von den Kriegsschauplätzen im fernen Irak, in Syrien und Afrika uns aufrütteln und betroffen machen, wie viel mehr dann das Schicksal unserer neuen Nachbarn? Denn hier wird es persönlich und dadurch auch zu einem Schicksal, das wir bereits zu teilen gelernt haben. Was bedeutet es, Schicksale zu teilen? Nein, wir können nicht die grausamen Bilder aus dem Gedächtnis der Flüchtlinge löschen, aber wir können durch ein „Beinand“ wie heute neue, schönere Bilder entstehen lassen. Die Bilder von Krieg und Terror, von hasserfüllten oder verängstigten oder toten Gesichtern mögen schrecklich sein. Aber ich bin sicher, dass vielfältige Sorge und freundliche Gesichter der Menschen im Chiemgau eine solche Strahlkraft besitzen, dass von hier aus Frieden und Vertrauen in eine gute Zukunft ausgehen können. Natürlich braucht alles seine Zeit. Wir dürfen uns selber nicht unter Druck setzen und auch nicht die, die eine andere Sprache sprechen, in einer anderen Kultur groß geworden sind und in einer anderen Religion beten gelernt haben. Wichtig ist, dass wir uns auf einer gemeinsamen Ebene begegnen und zwar auf der Ebene des Menschseins, das uns allen gemeinsam ist und das auch gemeinsam bleibt, selbst wenn uns Kultur und Religion weiterhin trennen werden. Unser christlicher Glaube ist dabei stärker gefragt denn je. Jetzt können wir beweisen, ob wir wirklich Christen sind. Christus nachzufolgen bedeutet, ihn nachzuahmen. In ihm – so sagt unser Glaube – wird Gott Mensch. Gott begegnet uns zuallererst nicht auf der Ebene einer besonderen Sprache, Kultur oder Religion. Er wird erst einmal Mensch (!) und solidarisiert sich mit denen, die der Hilfe bedürfen. Er wird wohnungssuchend, herbergssuchend. Er muss selber als Kind nach Ägypten fliehen. Er wird selber verfolgt und getötet. Aber seine Antwort sind immer Liebe und Leben. Christus nachzufolgen bedeutet, sich wie er auf die Seite der Suchenden, der Hilfsbedürftigen und der Flüchtenden zu stellen, Nächstenliebe einfach mal auszuprobieren und Leben zu fördern so gut es geht. An dieser Stelle all denen, die sich im Helferkreis engagieren, ein großes Kompliment. Ich finde, Sie machen Ihre Sache sehr gut und leisten einen wertvollen Beitrag zu einer friedvolleren Welt. Sie zeigen uns und den neuen Eggstättern: „Menschlichkeit ist möglich! Verliert nicht das Vertrauen in eine liebevolle Welt!“ Möge Gott Ihnen all Ihre Mühen vergelten! Was ich Ihnen und euch, den alteingesessenen und den neuzugezogenen Eggstättern, mit auf den Weg geben darf, ist ein religionsneutraler, aber im tiefsten Sinne christlicher Gedanke aus einem Lied, das jetzt im April erscheint. Christina Stürmer beschreibt in ihrem neuen Song die Errungenschaften von Technik und Wissenschaft und kommt in jeder Strophe zu dem Schluss: „Doch das größte, was wir können, ist Mensch zu sein!“ Das Lied heißt „Seite an Seite“ und genau das ist mein Wunsch für diesen Tag und die kommende Zeit: dass wir unseren Weg ungezwungen und mit einer gewissen Fröhlichkeit Seite an Seite gehen. Ihr und euer Pfarrer Andreas Przybylski