Was tun Sie, wenn Weihnachten vorbei ist? (Luk.2,15-20) Liebe Gemeinde, Wenn Sie eine Person in der Weihnachtsgeschichte sein könnten, welche würden Sie wählen? Joseph? Maria? Einer der Hirten? Einer der Weisen? Oder vielleicht einen Engel? Ich glaube, ich wäre gerne der Engel gewesen, der den Hirten die Geburt von Jesus erzählt. Was für ein Privileg das wäre, diese Mitteilung zu machen, und dann durch die himmlischen Heerscharen umgeben zu singen: Ehre sei Gott in der Höhe! Wow. Oder wäre Sie vielleicht lieber ein Hirte gewesen? Wäre es nicht wunderbar gewesen, eine jener Hirten in der Nacht gewesen zu sein? Hier, auf einem Hügel, ist alles ruhig und friedlich. Plötzlich erstrahlt der Himmel mit himmlischem Licht, und Sie hören die Nachricht, auf die die Welt seit tausend Jahren gewartet hat: Euch ist heute der Heiland geboren! Wie würden Sie reagieren, wenn Sie dort gewesen wären? Lukas sagt uns, dass die Hirten zuerst mit Angst reagierten. Ich kann mir vorstellen, dass wir auch Angst gehabt hätten. Dann war es vorbei. Die Engel waren verschwunden. Hören Sie, was Lukas in Kapitel 2,15-20 sagt, was dann geschah: 15 Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war. Jetzt mit diesem frisch im Gedächtnis, betrachten wir die Frage: Was hätten Sie getan, als die Engel weg waren? Was hätten Sie getan, als keine himmlischen Heerscharen mehr da waren? Was hätten sie getan und was tun Sie, wenn Weihnachten vorbei ist? Ich denke, dass die Hirten uns ein gutes Beispiel sind, was wir tun können, wenn Weihnachten vorbei ist. 1. Sie haben sich mit eigenen Augen überzeugt Weihnachten ist ein Fest für die Augen. Es gibt festlich dekorierte Räume, schön verpackte Geschenke, liebevoll gedeckte Tische, üppig geschmückte Weihnachtsbäume usw. Man mag dies alles für übertrieben halten, aber keiner von uns möchte völlig auf Weihnachten und alles, was damit zusammen hängt verzichten. Natürlich wissen wir, dass dies alles nicht das eigentliche und wesentliche von Weihnachten ist, ja dass man dieses Fest sogar völlig ohne christlichen Inhalt feiern kann und die meisten Menschen es ja offensichtlich tun. Aber dennoch geht es heute Morgen um uns. Wie feiern wir Weihnachten? Was nehmen unsere Augen wahr? Welche Botschaft verbreiten wir in Wort und Tat? Ja klar, jeder von uns hat auch beim eigentlichen Weihnachtsgeschehen in Betlehem Bilder vor Augen: Maria und Josef, der Stall mit Ochs und Esel, das kleine Jesuskind in der Krippe, die redlichen Hirten usw. Bilder aus Büchern, die wir als Kinder gelesen haben, Krippenspiele, die wir gesehen haben oder vielleicht auch mitgespielt haben. Ich will jetzt keinen langen Vortrag darüber halten, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach die falschen Bilder in unseren Köpfen haben, sondern darauf aufmerksam machen, dass das was die Hirten mit eigenen Augen gesehen haben, ihr Leben verändert hat. Sie haben die Botschaft gehört: Euch ist heute der Heiland geboren! Und um dieser Botschaft auf den Grund zu gehen, machen sie sich auf den Weg. Wenn sie keinen Heiland gebraucht hätten, wären sie bei ihren Schafen geblieben. Über der Begegnung mit den Engeln Gottes ist ihnen also auch ihre eigene Armut klar geworden, dass sie ganz und gar darauf angewiesen sind, dass Gott ihr Leben heilt. Deshalb machen sie sich auf. Wer in seinem Fernsehsessel sitzen bleibt, verpasst das Beste. Lasst uns wirklich mit den Hirten gehen, unseren Heiland zu besehen. Er beißt nicht! Aber diese Begegnung könnte unser Leben verändern. Sie gehen tatsächlich hin und prüfen die Sache nach. Es ist eine sehr große Schwäche der christlichen Gemeinden, dass wir den Dingen kaum noch auf den Grund gehen und genau hinschauen, ob es so ist, wie es uns von Gott gesagt wird. Jedes Jahr werden pünktlich zu Weihnachten alle möglichen und unmöglichen Theorien im Spiegel, im Focus und anderen Medien verbreitet, dass Jesus nicht in Bethlehem geboren wurde, dass eine Jungfrauengeburt nicht möglich ist, dass es fraglich ist, ob es eine Volkszählung gegeben hat und anderes mehr. Wer von uns Christen ist in der Lage, darauf zu antworten? Und warum ist das eigentlich so, dass wir völlig ohne den Sachen auf den Grund zu gehen unser Christsein leben? Folgen Sie dem Beispiel der Hirten. Schauen Sie hin, gehen Sie den Dingen auf den Grund! Überzeugen Sie sich mit Ihren eigenen Augen. Lesen Sie ein gutes Buch, in dem erklärt wird, warum der Glaube an die Jungfrauengeburt noch lange nicht überholt ist. Öffnen Sie ihr Herz für Gott und bitten Sie ihn, dass er sich Ihnen zeigt, dass sie ihn sehen können in Ihrem Leben! 2. Sie reden von dem, was Sie erlebt haben. Und nun, nachdem sie dieses Baby gesehen haben, scheint es so, als könnten sie gar nicht mehr anders als diese Botschaft weiterzusagen. Natürlich ist es das Gesamtpaket: die Begegnung mit den Engeln und die Begegnung mit Jesus im Stall. Sie haben sich mit eigenen Augen überzeugt, dass der Engel die Wahrheit gesagt hat. Ich finde so merkwürdig, dass sie gar keinen Anstoß daran nehmen, dass der „Retter“ ein ohnmächtiges schwaches Baby sein soll. So als hätte sie genau das überzeugt, dass Gott so in diese Welt hineinkommt und nicht anders. Sie entwickeln keine große Missionsstrategie sondern tun genau das, was ihnen vorher geschehen ist. Denn im griechischen Text steht hier, wo Luther „ausbreiten“ übersetzt genau das Wort, das vorher da steht, wo den Hirten vom Engel die Weihnachtsbotschaft überbracht worden ist. Das heißt doch, dass sie jetzt die Boten Gottes für andere werden. Was werden sie wohl erzählt haben? Natürlich das, was sie selber erlebt haben! Dass es so war wie jede Nacht...Und wahrscheinlich nicht, wie bei einem Krippenspiel, wo ich als Kind mal einen Hirten spielen durfte und sie dabei tief in theologische Gespräche verwickelt waren und sich gegenseitig in Kenntnis prophetischer Texte übertrafen. Nein, das ist schon irre, dass die ersten von Gott ausgewählten Zeugen des Weihnachtsgeschehens eben nicht die Schriftgelehrten und Frommen der damaligen Zeit waren, sondern normale Menschen eher aus der Unterschicht, genau wie dann die ersten Anhänger Jesu einfache Fischer waren und es später von der Gemeinde in Korinth heißt, dass nicht viele Vornehme und Intellektuelle zu ihr gehörten, sondern Sklaven und ehemalige Prostituierte. Die Hirten müssen also bei dem für unsere Ohren so altertümlichen Wort „Heiland“ etwas ganz entscheidendes und elementares verstanden haben: die Sehnsucht nach Heil, nach Frieden, nach Gesundheit, nach guten Beziehungen steckt tief in jedem Menschen. Und doch produzieren wir ständig nur das Gegenteil. Deshalb muss uns der Retter geboren werden, wir schaffen die Rettung eben nicht aus eigener Kraft. Es spielt nun keine Rolle mehr, wie fromm oder nicht sie vorher waren, was aus dem Glaubensbekenntnis Israels, aus der Geschichte Gottes mit seinem Volk in ihnen lebendig war. Wahrscheinlich hielten sie die Geschichten von Abraham, Isaak und Jakob, die Geschichte von Josef und die Geschichte vom Auszug aus Ägypten genau so für olle Kamellen, wie die meisten Leute heute es mit den Geschichten von Jesus tun. Keinen Bezug zum wirklichen Leben! Aber sie sind mit einem Schlag überzeugt, als sie mit eigenen Ohren hören und dann mit eigenen Augen sehen, dass der Retter wirklich da ist. Eine der größten Schwächen der christlichen Gemeinden ist, dass sie es verlernt haben, vom Glauben zu reden, von dem zu reden, was sie erleben mit Gott. Machen Sie es wie die Hirten: Lernen Sie neu vom Glauben zu reden. Ungezwungen. Begeistert. Fröhlich. Frei von der Leber. Ohne Angst vor Ungenauigkeiten. Ohne Angst vielleicht nicht alle Fragen anderer beantworten zu können. Ohne Angst davor, bei anderen dumm da zu stehen. Mutig. Und ehrlich. Vor allem aber: Mund auf! Erzählen Sie, was Sie erleben. 3. Sie gehen zurück in ihren Alltag. Wie ging es eigentlich mit den Hirten weiter? Ich habe auch keine Ahnung. Ob einer von ihnen später Jesus nachgefolgt ist oder zur ersten Gemeinde gehörte? V. 20 sagt: Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war. Es kommt eine Zeit, zu der wir die Krippe verlassen müssen. Sie können nicht für immer dort bleiben. An einem gewissen Punkt müssen wir die Krippe verlassen und zurück zu den Schafen. Dann geht es zurück in den Alltag. Da sind die besonderen Momente der Begegnung mit Gott vorbei und der Alltag mit allen seinen Alltäglichkeiten hat uns wieder. Ein Pfarrerkollege bekam einmal eine Weihnachtskarte von einer Dame in seiner Gemeinde. Darauf schrieb sie ihm viel Schmeichelhaftes über seine Predigten und verglich ihn mit Billy Graham. Sie schloss mit den Worten: "Ich denke, dass Sie einer der wirklich ganz großen Prediger aller Zeiten sind." Später an diesem Tag zeigte er die Karte seiner Frau. Die fragte: "Wer ist diese Frau?" Der Kollege antwortete: "Sie ist eine sehr intelligente Frau.“ Dann fragte er seine Frau: "Wie viele große Prediger, glaubst du, gibt es wirklich auf der Welt?" Sie antwortete: "Einer weniger, als du denkst." Wie gut, dass unser Dienst mit und für Gott nicht abhängt von Lob und Bewunderung, vom Schulterklopfen und von Bestätigung, weil alles gut läuft. Es wird auch Zeiten geben, in denen Kritik kommt, weil es nicht so gut läuft, Zeiten, in denen unpopuläre Entscheidungen getroffen werden müssen. Der wahre Prüfstein im Dienst im Reich Gottes kommt, wenn die Zeiten hart sind. Wenn die Engel weg sind, wenn die besonderen geistlichen Erlebnisse rum sind, wenn wir wieder jeden Tag unsere Arbeit gewissenhaft tun. Wenn der Gesang der Engel verstummt ist, und der Stern am Himmel verschwunden ist, wenn die Hirten wieder die Schafe um sich haben, wenn die Krippe abgedunkelt und still ist, dann beginnt die Kraft von Weihnachten in den Alltag hinein zu wirken. Es gibt zwei Wege, wie Sie die lebensverändernde Kraft von Weihnachten mitnehmen können in ihren Alltag: a) Die Hirten erzählen weiter, was ihnen in dieser Nacht widerfahren ist. b) Bei Maria etwas anderes vor: sie prägt sich das, was die Hirten gesagt haben, ganz fest ein, fast könnte man sagen: sie lernt es auswendig. Das kann, will und wird sie nie vergessen. Hoffentlich vergessen wir es nie: Euch ist heute der Heiland geboren! Die Hirten haben nicht die Welt verändert, aber ihre Botschaft hat sie verändert bzw. der, von dem diese Botschaft handelt. Wir brauchen als Gemeinde eben nicht dabei stehen zu bleiben, über unsere schreckliche Zeit zu stöhnen. Sondern wir haben die beste Botschaft der Welt. Davon erzählen wir, die bewegen wir aber auch in unseren Herzen! In einem Ort, der fast an jedem zweiten Tag in den Nachrichten vorkommt, weil mal wieder eine palästinensische Bombe hochgegangen ist oder eine israelische Rakete eingeschlagen hat, ist Er, der allmächtige Gott, Mensch geworden. Mitten in dieser durch Krieg, Angst, Terror gekennzeichneten Welt ist der Retter der Welt geboren worden. Er rettet die Welt nicht, indem er politisch oder militärisch ein Machtwort spricht, sondern er rettet die Welt, indem er einzelne, die Hirten damals, die Jünger später, und Sie und mich hoffentlich heute anspricht, die Schuld vergibt, mit seiner Liebe und seinem guten Wort neue Wege eröffnet. Neue Wege, mitten in unserem Alltag!