Als Fachkraft in Äthiopien und Kenia Klimawandel gefährdet Hirtenvölker Die Bevölkerung in den Ländern am Horn von Afrika lebt seit langem mit regelmäßigen Dürreperioden. Mitverursacht durch den globalen Klimawandel treten diese häufiger und verstärkt auf. Darunter leiden besonders Pastoralisten (Nomaden bzw. Halbnomaden), die Vieh, Weideland und Wasserstellen verlieren. Um die übriggebliebenen Ressourcen gibt es teilweise bewaffneteKonflikte. Hirtenvölker haben, laut Misereor, keine starke Lobby, weil Nationalstaaten und internationale Organisationen ihre Lebensform als AGEH-Fachkraft Dr. Atsbaha Gebre-Selassie begleitet zwei Tage lang Massai-Hirten in Tansania. hemmend für "moderne" Entwicklungsansätze ansehen: Rechte und Bedürfnisse von wandernden Viehhirten werden weder in nationale noch internationale Entwicklungsstrategien wirklich miteinbezogen (1). Die Situation der von Dürre betroffenen Menschen verschärft sich z.B. im Südwesten Äthiopiens dadurch, dass die Regierung fruchtbares Land an ausländische Investoren verpachtet. Diese bauen jedoch nur Pflanzen für den Export, z.B. für Treibstoff, an (2). Nach der großen Dürre in 2011 unterstützte Misereor die Hirten über ihre Partnerorganisationen mit Aufstockungen des Viehbestandes. Da stärkere Trockenzeiten als bleibendes Problem anzusehen sind, beauftragte das Hilfswerk den Agraringenieur Dr. Atsbaha Gebre-Selassie damit die Auswirkungen der Dürre und deren Folgen für die Hirten zu analysieren. Im Anschluss daran erhielt er als AGEH-Fachkraft in der Diözese Soddo/Südäthiopien, finanziert von Misereor, den Auftrag mit den Pastoralisten gemeinsam ihre Widerstandsfähigkeit gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu verbessern. Zusammen mit jungen Hirten fertigt Atsbaha Gebre-Selassie eine Analyse ihrer Situation als Zeichnung an, da viele Nomaden Analphabeten sind. Atsbaha Gebre-Selassie, Deutscher mit äthiopischen Wurzeln, ist seit anderthalb Jahren in Südäthiopien und der angrenzenden Region Kenias tätig. Immer bemüht Kontakt zu Pastoralisten zu halten, fährt er den Rinder hütenden Männern oft stundenlang mit dem Auto über Sandpisten in ihre Weidegebiete hinterher. Einfacher erreicht er ihre Frauen, Kinder und Alten, die in Dörfern lebend Subsistenzlandwirtschaft betreiben. Parallel zur individuellen Beratung arbeitet er mit Gruppen vor Ort zusammen, die im Kontakt mit Hirten stehen Bienenhaltung in Jinka/Äthiopien: rechts ein moderner Wabenkasten und links unten ein traditioneller Bienenkorb aus Lehm. und teilweise Misereorpartner sind. Atsbaha Gebre-Selassie fördert deren Vernetzung und Erfahrungsaustausch, nimmt Kontakt zu neuen NGO s auf auch zu den lokal aktiven internationalen Organisationen, die mit Viehhirten arbeiten. Beim Ortstermin in einem Dorf zeigen die Frauen Atsbaha Gebre-Selassie ihre kleinen Felder rings um die Häuser. Er berät sie zu klimaangepasstem Anbau, indem er ihnen Pflanzenarten vorstellt, die wenig Wasser brauchen bzw. hitzeresistent sind, wie Bohnen und Hirse. Zusammen mit Mais als Mischkultur halten sie gemeinsam Schädlingen stand und verhindern die Bodenauslaugung. Dabei spielt auch eine gesunde Ernährung eine Rolle. Die eiweißreichen hitzeresistent sind, wie Bohnen und Hirse. Zusammen mit Mais als Mischkultur halten sie gemeinsam Schädlingen stand und verhindern die Bodenauslaugung. Dabei spielt auch eine gesunde Ernährung eine Rolle. Die eiweißreichen Bohnen ergänzen die traditionellen Anbaupflanzen Hirse und Mais. Alle drei Arten haben zudem den Vorteil lagerungsfähig zu sein. Darüber hinaus fördert Gebre-Selassie auch eigenes Einkommen von Frauen. Eine gute Einnahmequelle für die Frauen ist die Ziegenzucht, weil die Tiere in der Nähe der Dörfer geweidet werden können und anspruchslos sind. Beratung zur Einkommenssteigerung für alleinstehende Frauen in Kindokosha bei Soddo/Südäthiopien. Erfolgreich ist z.B. Frau Hamya Oklang: an sie vermittelte er über eine Partnerorganisation eine Spende von fünf Ziegen als Aufstockungshilfe. Frau Hamya Oklang erwies sich als sehr geschäftstüchtig. Mit den Ziegen erzielte sie ihr erstes eigenes Einkommen, das sie sofort in Hühner investierte. Clever, denn jetzt konnte sie nicht nur Ziegenmilch und Jungtiere, sondern auch Hühnereier verkaufen. Dieses Kapital wiederum steckte sie in den Zukauf von Getreide und in den Schulbedarf ihrer drei Kinder. Sehr aktive und vorbildliche Bäuerin in Kindokosha, die sich über ihre Erfolge freut. Für die Pastoralisten sind Tierhaltung und Viehverkauf die wichtigste Einnahmequelle. Die Tiere sind das Kapital der Familien und wenn diese zu billig verkauft werden müssen, verliert die Familie Geld und ihre Zukunftsperspektive. Auch fürs Heiraten sind die Tiere wichtig. Junge Männer müssen eine bestimmte Menge Vieh als Brautpreis an die Eltern ihrer zukünftigen Frau zahlen. Wer das nicht kann, dem ist die Familiengründung verwehrt oder aber er raubt Tiere anderer Viehhalter. Genau das passiert häufig zwischen verschiedenen Stämmen, auch grenzüberschreitend zwischen Kenia und Äthiopien. Aufgrund der daraus entstandenen Gewaltkonflikte mit Toten Junger Hirte aus dem Volk der Maale/Südäthiopien. sind inzwischen alle Waffenbesitzer staatlicherseits registriert und Gewalttaten werden geahndet. Atsbaha Gebre-Selassie sagt: Um einen guten Preis für Vieh zu erzielen braucht es den Wettbewerb eines Marktes . Deshalb unterstützt er die Kontakte der nomadischen Bevölkerung zu lokalen NGO s und regionalen Verwaltungen. Im Verbund mit letzteren gründen die NGO s Marktkomitees und organisieren Viehmärkte, wo auch Pastoralisten ihre Tiere verkaufen können. Zur Behebung des Wassermangels arbeitet Atsbaha Gebre-Selassie mit einem Ingenieur zusammen. Er legt große Wasserbecken mit Tiere auf einer Weide in Maale. Erdwallbegrenzung zum Auffangen des Regenwassers an, die von nomadischen und nichtnomadischen Viehhaltern gemeinsam genutzt werden. Getrennt voneinander sind dabei stets die Becken für Menschen und Vieh. Ein weiterer Aspekt ist die Nutzung der Frühwarnsysteme der Wetterstationen. Über die Vernetzung der NGO s untereinander fördert Gebre-Selassie die Weitergabe der Daten an die Pastoralisten. Wenn die nomadisch lebenden Viehhalter ihre Herden rechtzeitig in die Nähe der Wasserbecken, großen Flüsse oder in weniger trockene Weidegebiete bringen, ist das der beste Schutz vor Verlusten durch Dürren. Wasserstelle in Maale, die von Hirten und Bauern genutzt wird. Wasserstelle in Maale, die von Hirten und Bauern genutzt wird. Text: Ursula Radermacher, Fotos: Dr. Atsbaha Gebre-Selassie Folgen der Klimaveränderung am Horn von Afrika Das Horn von Afrika mit den Ländern Äthiopien, Somalia, Teilen Kenias und Dschibuti ist seit jeher ein Hotspot für Dürren. Durch die erhöhten Treibhausgasemissionen, die als Mitverursacher des globalen Klimawandels gelten (3) haben sich Trockenzeiten mit dem Verdorren von Grünland, ausgetrockneten Wasservorräten und in dessen Folge Viehsterben dramatisch verstärkt. Im Gegenzug zerstört heftiger Starkregen die Felder und schwemmt fruchtbare Erdschichten weg. Inzwischen treten die bisher alle 10 Jahre erscheinenden Extremdürren nun alle 3 - 4 Jahre auf. Bei der großen Dürre von 2011 waren ca. 12 Millionen Menschen durch Wassermangel und gestiegene Lebensmittelpreise von Hunger und Tod bedroht (4). Durch das Entwickeln nachhaltiger Strategien für und mit den Hirten, die als reine Viehhalter besonders betroffen sind, wenn ihre Tiere sterben, können sie den Klimaveränderungen besser standhalten. Zitate/Anmerkungen: (1) Misereor-Interview (http://www.sueddeutsche.de/politik/misereor-chef-zur-hungerkrise-in-ostafrika-duerre-im-hirn-1.1134592) (2) Süddeutsche Das zynische Geschäft mit dem Hunger (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ostafrika-das-zynische-geschaeft-mit-dem-hunger-1.1126170) (3) Weltklimarat ICCP, 5. Sachstandsbericht 2014 (4) Welthungerhilfe Brennpunkt 22/2011 (http://www.welthungerhilfe.de/ueber-uns/mediathek/whh-artikel/brennpunkt-22.html )