Predigt zum Erntedankfest zu 5. Mose 8, 7-18 - Heiligen Geist Kirche Rostock, Pastor Marcus Antonioli Die Gnade und die Güte Gottes sei mit uns allen. Amen Liebe Gemeinde, wir leben in einem schönen und reichen Land, wofür wir ähnlich dankbar sein können, wie die alten Israeliten! So haben unsere Landwirte dieses Jahr eine Rekordernte eingefahren und wir dürfen uns über den niedrigsten Stand der Arbeitslosenquote in Mecklenburg seit der Einheit freuen, ach und die Kirchen dürfen sich über sehr gute Kirchensteuereinnahmen freuen! Wir können allen Verwerfungen zum Trotz auf fünfundzwanzig Jahre Entwicklung in Frieden und Freiheit zurück blicken! - Keine Frage, wir haben alle gemeinsam und jeder für sich viele gute Gründe Gott, zu danken, dass dieses Erntedankfest steigen kann! Wer das Glück hat, in diesen Tagen durch den goldenen Herbst zu fahren, der erkennt leicht, dass diese Welt ein guter Garten Gottes ist, den wir bebauen und nutzen dürfen! Die Erntegaben, die die Kinder der Kita am Dienstag zu uns brachten, erinnern uns, wie sehr auch wir immer noch auf den Kreislauf von Saat, Wachstum und Ernte angewiesen sind! Wir alle schauen bewusst oder unbewusst, dass er uns Speise zur rechten Zeit gibt! Doch mit der Dankbarkeit ist es bei uns oft nicht weit her. Ich kann mich erinnern, wenn es denn ein Päckchen aus dem Westen gab, über das wir Kinder uns unbändig freuten, so brauchte es doch einige Überwindung, endlich den fälligen Dankesbrief zu schreiben! Irgendwie war mir das unangenehm, vielleicht weil ich die Verwandtschaft nicht so gut kannte, vielleicht auch, weil ich einfach schon etwas anderes vor hatte! Und wenn ich mich recht erinnere, so hatte ich auch bei Gott immer mehr auf dem Herzen, wenn ich einen Kummer hatte. Wenn ich zufrieden war, schlief ich einfach selig ein! - Damals beschlich mich darüber ein schlechtes Gewissen, heute weiß ich, dass das anderen auch so geht! Vergiss nicht und gedenke! heißt es in unserem Predigtwort. Nicht von ungefähr legt das fünfte Buch Mose, sein Schreiber wird auch Deuteronomist genannt, so sehr Wert darauf, dass das Volk Israel niemals vergisst, wem es die Segnungen des gelobten Landes zu verdanken hat. Das lässt ja nur den Schluss zu, dass auch sie immer wieder vergaßen, wenn sie waren satt und zufrieden waren! Wir sehen förmlich satte Weizenfelder, schwere Trauben an den Reben, schöne Häuser im Sonnenschein und die kostbaren Eisenund Kupfererzeugnisse, die den Menschen schon damals das Leben angenehm machten! Aber sie sollten nicht vergessen wie beschwerlich der Weg aus der Knechtschaft war, durch die Wüste mit all ihren Entbehrungen! Und so erinnert sie der Deuteronomist, auch wenn ihr viel arbeiten müsst, selbst dazu hat Gott euch die Kraft und den Verstand gegeben! Liebe Gemeinde, auch heute ist es vor allem die menschliche Arbeit, der Erfindergeist des Menschen, der uns unseren Wohlstand beschert. Viel Arbeit ist nötig, damit aus den guten Möglichkeiten, tatsächlich Brot und vieles andere wird! Das haben wir jüngst bei unserer kleinen Landpartie mit Kindern und Eltern erkundet: Wir besuchten einen modernen Bauernhof mit großen Maschinen. Persönlich beeindruckt hat mich, dass ein Mähdrescher in einer Stunde so viel erntet wie fünfzig Menschen im Jahr zum Leben brauchen! Es war gut, zu sehen wo unser Getreide wächst, und wie es geerntet, gedroschen und gelagert wird. In einer alten Windmühle konnten wir sehen, was an Arbeitsgängen nötig ist, um endlich Mehl zu haben, um unser täglich Brot daraus zu backen. Das sah sehr idyllisch aus, wie im Bilderbuch. In Wahrheit aber leben wir in einer hochspezialisierten und technisierten Welt, darum ist es schwer zu durchschauen, woher all das kommt, wovon wir Leben! Und wer denkt Supermarktregal schon an Erntedank!? Und doch; selbstverständlich ist gar nichts! In der Bibel stehen Korn und Weintrauben als Sinnbilder für das Gute Leben ein! Mit den Senioren haben wir in dieser Woche darüber nachgedacht, was Brot für uns ist und was denn die süßen Trauben in unserem Leben sein könnten. Uns ist viel dazu eingefallen! - Doch leider wird die beste Gabe durch unsere Gedankenlosigkeit entwertet! So finden in unserem reichen Land nur noch 6 von 100 Menschen Zeit, beim Essen für die guten Gaben zu danken. Wieso ist das so? Vielleicht weil wir das Staunen verlernt haben, vielleicht weil vielen der Schöpfer abhanden gekommen ist? Vielleicht aber auch, weil wir meinen, wir hätten einen Anspruch auf alles! Auch wir sind vergesslich, schrecklich vergesslich und so brauchen auch wir immer wieder einen kleinen Anstoß, uns zu erinnern. Sonst stehen wir in der Gefahr, als Menschen zu verarmen, ja, letztlich alles zu verspielen. Nur, wer die Dinge mit Dank annimmt, der weiß sie zu schätzen und versteht sie auch als Verpflichtung. So gehört zum Dank von jeher auch das Teilen. Erntedank ist ein Grundbaustein menschlicher Kultur. Und praktisch in jeder Religion werden die Dankesgaben unter die Bedürftigen geteilt. So kann aus meinem Dank, ein Segen für andere werden! Das Dankopfer eröffnet die wunderbare Möglichkeit zu teilen: Was wäre das für eine traumhafte Welt, in der alle Grund zur Dankbarkeit hätten, und zwar jeden Tag! Liebe Gemeinde, wir leben als Empfangene und Gebende - keiner lebt für sich allein. Eigentlich wissen wir das, aber unser Herz wird oft eng und kalt, wenn wir Angst haben, zu kurz zu kommen. Dabei erfüllt es uns mit Freude und es gibt unserem Leben einen weiten Sinnhorizont, wenn wir den Segen mit anderen teilen! - Im Grunde wissen wir auch, dass keine Generation ist für sich auf diesem Planeten existiert. Wer erkennen heute an, dass jeder Teil dieser Erden genauso zu Gottes guter Schöpfung gehört wie unser Fleckchen Erde. Wer erkennen, dass der Mangel und der Hunger anderswo auch etwas mit uns zu tun hat. Wir erkennen, dass unsere Art zu leben, diese Erde schädigt und dass ein grenzenloses Wachstum an seine ökologischen Grenzen stößt! Es ist gut, dass viele sich Gedanken machen und nach einem verantwortlichen Lebensstil suchen! - Uns ist viel anvertraut, es soll zum Segen für viele werden. Daran erinnert uns der Deuteronomist: Sondern gedenke an den Herrn, deinen Gott; denn er ist`s, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen! Liebe Gemeinde, aber wir sind so vergesslich! Darum hat uns Jesus ein Erinnerungszeichen geben. Er hat sich selbst als Brot und Wein des Lebens hingegeben, um in uns ein lebendiges Herz zu erhalten! Er hat sich selbst ausgeteilt damit wir Hoffnung haben können. Durch ihn verstehen wir das Leben von der Fülle der Liebe her. So wollen wir uns von ihm gern erinnern lassen, im Danken und im Teilen, bei Brot und Traubensaft! Vielleicht können wir ja jedes Essen als eine kleine Verabredung mit unserem Schöpfer begreifen. Vielleicht können wir die kleine Erinnerungshilfen unserer Altvorderen zu Nutze zu machen und ein Tischgebet sprechen. Wie wäre es, jeden Tag nach einer bestimmten Mahlzeit inne zu halten und einen dankbaren Gedanken an den Schöpfer zu verschwenden! Diese kleinen Klappkarten sind solche Erinnerungszeichen - die uns auf witzige Weise - erinnern! Erinnern und Danken gehören zusammen - beide machen das Leben reich und bunt und eröffnen uns einen weiten Horizont! Möge uns Gott immer wieder aus der Gleichgültigkeit heraus ziehen, denn mit einem dankbaren Herzen haben alle mehr vom Leben! Amen