PRESSEINFORMATION Kinderarzneimittel brauchen klinische Forschung Gesellschaftspolitisches Grundverständnis und ein Netzwerk für Kinderforschung sind unabdingbar. Wien, 3. April 2012 –Mit der EU-Verordnung zu Kinderarzneimitteln wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Einbeziehung von Kindern in Arzneimittel-Tests festgeschrieben. In der Gesellschaft vorherrschende ethisch-moralische Bedenken gegen Studien an Kindern sind damit aber nicht beseitigt. Daher ist die Mehrzahl der heute bei Kindern und Jugendlichen eingesetzten Arzneimittel nicht für sie zugelassen. „Es braucht ein gesellschaftspolitisches Grundverständnis, dass Studien an Kindern notwendig und wichtig sind“, betont Dr. Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig. Eine Erhöhung der Zahl jener Medikamente, die explizit auch für Kinder zugelassen sind, kann nur mit klinischer Forschung erreicht werden. Insgesamt seien die Rahmenbedingungen für die klinische Forschung in Österreich gut, um aber Studien an jungen Menschen rasch und effizient durchführen zu können, setzt sich die pharmazeutische Industrie in Anlehnung an internationale Modelle für eine Koordinationsstelle ein. Damit werden kürzere Genehmigungsdauern, transparentere Prozesse, vor allem aber ein leichterer Einschluss von Patienten möglich. Aus der Sicht der Industrie kann damit außerdem die systematische und konsequente Zentrumsselektion realisiert werden, die unumgänglich ist, um die internationale Konkurrenzfähigkeit zu erhalten. Univ. Prof. Dr. Christoph Male, Kinderarzt und klinischer Forscher an der Wiener Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde und Leiter der Arbeitsgruppe "Arzneimittel im Kindesalter" der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) beschreibt, dass die meisten Arzneimittel, die zur Behandlung von Kindern benötigt werden, nicht für Kinder getestet und zugelassen sind. In der Praxis erfolge die Dosierung solcher Arzneimittel durch „Herunterrechnen“ der Empfehlungen für Erwachsene. „Die implizite Annahme, dass Arzneimittel bei Kindern genauso wirken würden wie bei Erwachsenen ist ein großes Risiko“, warnt Male, „denn die Verteilung von Arzneimitteln im Körper und ihre Wirkung und Sicherheit ist bei Kindern, abhängig vom Alter, anders. Damit reicht die Palette von Risiken von zu geringer Wirkung bis zur Überdosierung und dem Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen.“ Das Defizit an für Kinder zugelassenen Arzneimitteln habe, so Male, verschiedene Ursachen. In der Vergangenheit hat das Arzneimittelgesetz (AMG) Studien bei Kindern als besonders schützenswerten Personen fast unmöglich gemacht; inzwischen ist aber die Studienteilnahme von Kindern unter strengen Auflagen zulässig. Diese Studien sind besonders aufwändig, weil sie an kranken Kindern im Rahmen der Behandlung erfolgen müssen, wo zusätzliche Studienmaßnahmen (z.B. Blutabnahmen) oft große Belastungen darstellen. Kindliche Erkrankungen sind selten, sodass Studienteilnehmer aus vielen Zentren erforderlich sind, was große organisatorische und strukturelle Herausforderungen mit sich bringt. Nicht zuletzt hatte in der Vergangenheit die Pharmaindustrie keine Verpflichtung Arzneimittel bei Kindern zu testen. Seit 5 Jahren gibt es nun eine EU-Verordnung, die Arzneimittelzulassungen für Kinder zwingend vorschreibt. Um diese umzusetzen bedarf es der Zusammenarbeit aller Betroffenen: die Politik muss geeignete Infrastrukturen schaffen, die Pharmaindustrie muss Arzneimittelstudien auch bei Kindern planen, die Kinderärzte müssen diese Studien im Rahmen der Behandlung ihrer Patienten durchführen, und, besonders wichtig, die Kinder und ihre Eltern und auch die Gesellschaft müssen erkennen, dass Studien an Kindern zur besseren Behandlung von Kindern notwendig sind. Zur effizienten Durchführung von Studien mit Kindern ist ein Kinderforschungsnetzwerk in Planung. Die Pharmig ist in die Konzeption eingebunden und hilft mit, die Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Arbeit mitzugestalten. Seite 1 von 2 PRESSEINFORMATION Pharmig – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs Communication & PR, Mag. Barbara Grohs Tel. 01/40 60 290-20 [email protected] Über die Pharmig: Die Pharmig ist die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie. Derzeit hat der Verband 120 Mitglieder (Stand Jänner 2012), die den Medikamenten-Markt zu fast 100 Prozent abdecken. Die Mitgliedsunternehmen der Pharmig bieten Arbeitsplätze für ca. 10.000 Beschäftigte. Seite 2 von 2