2. Fastensonntag Lj_C (Lk 9,28b-36; Gen 15,5-12.17-18; Phil 3,17-4,1) Ich muss ganz ehrlich gestehen, jedes Mal, wenn dieses Evangelium von der Verklärung Jesu bevor steht, dann geht es mir ein wenig so wie den Jüngern. Da kommt eine Wolke und wirft ihren Schatten auf mich. Und ich gerate in diese Wolke hinein und bekomme ein wenig Angst. Die Wolke ist irgendwo meine Unsicherheit diesem berichteten Ereignis vom Berg Tabor gegenüber – ist das wirklich so passiert oder ist es eine Symbolgeschichte, die uns die Evangelisten überliefern wollten, um die Göttlichkeit Jesu ikonenhaft darzustellen um keinen Zweifel daran zu lassen, dass Jesus wirklich Gottes Sohn ist? Und dann gerate ich geistig jedes Mal wieder in diese Wolke hinein, und sie umnebelt mich, weil dieser Bericht nicht wirklich fassbar ist, da ist so wenig Greifbares daran – da ist nichts handfestes. Mose und Elija in strahlendem Licht – Jesus ganz verändert, sein Gewand ganz weiß, wie es kein Waschmittel zusammenbringt. Das unbekannte Gespräch zwischen Jesus und den beiden wichtigsten Propheten des Alten Bundes. Letztlich die relativ sinnlose Bemerkung des Petrus vom Hüttenbau. Und wenn ich dann in dieser Wolke bin, dann macht mich das unsicher und ich kann die Angst verstehen, die über die Jünger kam. Und meine Angst ist es dann, wie kann ich mich dieser geschilderten Situation nähern und aus ihr Kraft für mein Leben schöpfen, ohne innerlich ABZUHEBEN, wie man so schön sagt. Also ohne Realitätsverlust – ohne in irgendeine Wunderwelt abzudriften, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat – ohne in eine verklärte Vergangenheit zu flüchten, aus der heraus ich die Gegenwart ja dann doch nicht bewältigen kann. Daher bin ich da immer besonders ratlos und denke dann nach, wie kann ich die Verklärung mit der Wirklichkeit zusammenbringen – oder wie kann ich den Himmel erden – das sagt uns ja schon die Physik. Die Energie (der Strom), die (der) fließt und Licht spendet, braucht eine Erdung, sonst kann sie lebensgefährlich sein. Das ist dann wie bei einem Blitz, der sich seinen Ableiter sucht und das unkontrolliert. Bei einer Zugfahrt vergangene Woche schlug dann der Blitz bei mir ein. Bei einer Station blieb mein Zugfenster genau vor einem Werbeplakat stehen, das für eine besondere Ausbildung für technische Berufe warb. Und das tat dieses Plakat mit dem Satz: Mit Bodenhaftung nach den Sternen greifen. Mir schoss es wie ein Blitz ein: genau das ist die Botschaft dieses Evangeliums. Mit Bodenhaftung nach den Sternen greifen. Genau das ist auch die Erfahrung des Abraham. Es geht nicht ums Abheben und nicht um Wirklichkeitsverdrängung, sondern um das geerdete Greifen nach den Sternen. Bei dem Werbeplakat stand unter dem Satz: Finde deinen Traumjob. Also gib dich nicht zufrieden mit irgendeinem Job, damit du halt Geld verdienst, sondern lass dich auf das ein, was dich besonders erfüllt, was deine besondere Berufung ist, was du in dir spürst als deine einzigartige Chance – greife nach den Sternen, suche deinen Traumjob, also geh deiner Berufung nach – aber bleib am Boden und zwar mit beiden Füßen. Abram war auch in Gefahr, abzuheben. ER, der Kinderlose, bekommt die Verheißung, Kinder wie die Sterne am Himmel zu haben. Eine einzige Versuchung, nach den Sternen zu greifen und dabei abzuheben. Die Erdung oder die Bodenhaftung erfährt Abram in seiner Angst. So wie auch die Jünger ihre Angst durch den Schatten der Wolke zu spüren bekommen. Aber ich glaube, das ist keine ungesunde Angst. Das ist die Angst, die sie darauf verweist, dass Gott sie nicht im Stich lässt, sondern hält und trägt, wenn sie zwar nach den Sternen greifen, aber dennoch mitten im Leben verhaftet bleiben. Also geerdet bleiben. Gott schließt mit Abram einen Bund, und zwar einen ganz realistischen – das ist eine Schenkung von einer Immobilie. Und damit erdet Gott die Träume des Abram. Denn wo viele Menschen leben, dort braucht es eben auch einen Lebensraum. Mit dieser Schenkung aber beginnt jetzt erst das nüchterne Leben: der Ackerbau, die Viehwirtschaft und ein geregeltes Zusammenleben, das noch genug Schwierigkeiten bringen wird, das wissen wir aus der Folgegeschichte. Und den Jüngern bleibt diese Erfahrung auch nicht erspart. Noch schweigen sie zwar über dieses Tabor-Erlebnis, aber wenn wir weiterlesen, wissen wir, dass auch ihnen die Bodenhaftung nicht erspart bleibt. Dennoch sind sie unterwegs zu ihrem Traumjob, das dürfen wir nicht vergessen. Sie werden diejenigen, die berufen sind, das Himmelreich auf dieser Welt zu errichten, also den Menschen zu helfen, nach den Sternen zu greifen – ohne aber die Bodenhaftung zu verlieren. Amen