PDF öffnen 6. Juli 2012, Elias Bierdel Friedensburg Schlaining

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PRESSE-AUSSENDUNG 9_12
06.07. 2012
Friedensburg Schlaining: Manifest der 29. Sommerakademie
Raus aus der Komfortzone!
Hunger, Armut, Klimawandel, Schuldenkrise, Ressourcenkriege - unsere Welt ist voll
bedrohlicher Krisen. Wir wissen, dass all diese politischen, wirtschaftlichen, sozialen,
kulturellen und religiösen Krisen an vielen Stellen miteinander verknüpft und zunehmend
komplex und in ihrer weiteren Dynamik unvorhersehbar sind. Dieses Wissen führt bei vielen
Menschen zu Ohnmachtsgefühlen. Aber wir wissen auch: diese Krisen sind kein
Naturgesetz, kein unausweichliches Schicksal. Sie wurden von Menschen verursacht. Es
gibt konkrete Verantwortungen für diese Krisen. Wir alle tragen Mitverantwortung. Und daher
gibt es auch Wege zur Überwindung dieser Krisen, wenn auch keine einfachen Lösungen.
Um diese Wege aus den Krisen haben wir 160 TeilnehmerInnen der diesjährigen
Sommerakademie auf der Friedensburg Schlaining uns bemüht.
Ernährungssouveränität und sozial-ökologische Produktion von Lebensmitteln
Die Erde hält zwar ausreichenden Ressourcen bereit zur gesicherten Ernährung all ihrer
BewohnerInnen mit gesunden Lebensmitteln. Dennoch wächst die Zahl der
(Ver)Hungernden. Die Überwindung der globalen Hungerkrise wird nicht gelingen mit
genmanipulierten Pflanzen oder anderen “grün”-technologischen Revolutionen. Sondern nur,
wenn möglichst viele Länder und ihre Bevölkerungen die Ernährungssouveränität
zurückgewinnen. Und wenn Lebensmittel unter sozial gerechten und ökologisch
verträglichen Bedingungen in regionalen Räumen produziert und konsumiert werden. Wir
engagieren uns für alle Projekte, Maßnahmen und politischen Forderungen, die diesen
Zielen dienen. Dazu gehören:
- die Unterstützung kleinbäuerlicher Betriebe und regionaler Agrargenossenschaften
- die demokratische Kontrolle und Mitbestimmung von KonsumentInnen über Herstellung
und Vertrieb von Lebensmitteln
- das Verbot der Patentierung von- und der Börsenspekulation mit Nahrungsmittelrohstoffen
- die Einstellung staatlicher Subventionen (insbesondere in der EU), die zur großindustriellen
Überproduktion und zu Dumpingexporten nach Afrika und in andere Weltregionen führen
- die Bedrohung der ökonomischen Existenz durch westliche Wirtschaftsinteressen muss als
Asylgrund anerkannt werden
Wir rufen zur gemeinschaftlichen Selbstversorgung bei Nahrungsmitteln auf. Brachland soll
zur kollektiven Bewirtschaftung freigegeben werden anstatt zur Versiegelung. Die Produktion
soll sich am Genug orientieren und an dem, was lokal verfügbar ist, unter anderem Saatgut.
Gutes Leben ohne Öl
In diesem 21. Jahrhundert werden die fossilen Energierohstoffe Öl, Gas und Kohle zu Ende
gehen, die das Leben auf der Erde in den letzten 200 Jahren entscheidend geprägt haben.
Der Höhepunkt der globalen Ölförderung (Peak Oil) ist bereits überschritten. Der
eskalierende Verteilungskampf um die fossilen Ressourcen führt immer häufiger zu
bewaffneten Konflikten. Zudem verschärfen wir mit der fortgesetzten Nutzung und
Verbrennnung dieser fossilen Ressourcen die globale Erwärmung. Wir wissen, dass die
Befreiung aus der sklavischen Abhängigkeit von den fossilen Energien und von der
Atomenergie bis spätestens Mitte dieses Jahrhunderts möglich ist. Wir engagieren uns für
die deutliche Reduzierung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Energie, für mehr Energieeffizienz
und für eine möglichst schnelle und umfassende Wende hin zu Sonnen-, Wind- und anderen
erneuerbaren Energien. Wir rufen dazu auf, Rohstoffe wiederzuverwenden anstatt weiterhin
Bergbau zu betreiben, der weitreichende negative ökologische und soziale Folgen hat.
Wir ermutigen dazu, Modellprojekte zu unterstützen, die Kooperation, solidarische
Netzwerke und das Wiedererlernen handwerklicher Fähigkeiten sowie die Erneuerung alten
Wissens (Re-Skilling) angesichts Peak Oil fördern. Beispiele sind regionale Projekte zur
Gewinnung erneuerbarer Energien, Transition Towns wie in England oder Co-HousingProjekte, die es auch in Österreich gibt. Auf der anderen Seite müssen die fossilen
Infrastrukturen abgerüstet werden. Die dadurch frei werdenden Mittel sollen den
Modellprojekten des Guten Lebens ohne Öl zu gute kommen.
Wir engagieren uns für die ökologische und nachhaltige Produktion und Transport von
Gütern. Hierzu erforderliche Maßnahmen sind die Verwendung biologisch abbaubarer
Rohstoffe, die Transparenz von Transportketten sowie die Einbeziehung der Folgekosten
(z.B. für die spätere Entsorgung oder Verschrottung eines Produktes) in die Preiskalkulation.
All diese Maßnahmen müssen einer unabhängigen Kontrolle und Bewertung durch die
KonsumentInnen unterliegen mit der Möglichkeit zur Sanktionierung von Verstößen.
Verteilungsgerechtigkeit durch solidarischen Schuldenabbau und bedingungsloses
Grundeinkommen
Die seit 2008 herrschende Finanz-,Wirtschafts und Schuldenkrise hat die Ungleichheit
zwischen Arm und Reich verschärft. Nicht nur im globalen Nord-Süd-Verhältnis sondern
auch innerhalb der reichen Industriestaaten. Die Maßnahmen zur Entschuldung durch
drastische Sparpakete, die die EU und ihre Mitgliedsregierungen beschlossen haben, gehen
im Wesentlichen auf Kosten der weniger Privilegierten. Sie treiben die innergesellschaftliche
Entsolidarisierung weiter voran
Als Alternative zu diesen ungerechten Sparpaketen unterstützen wir das
Zivilgesellschaftliche Budget, das die Mitglieder der österreichischen Allianz
www.wegeausderkrise.at , zu der soziale und Umweltorganisationen, Teilgewerkschaften,
Attac u.a. gehören, ausgearbeitet haben . Das Budget enthält konkrete Vorschläge für
zusätzliche Steuereinnahmen mit ökologischen und Verteilungseffekten (Ökosteuern,
Vermögenssteuern); die zusätzlichen Steuereinnahmen sollen in Investitionen in Soziales,
Bildung, Pflege, Öffentlicher Verkehr, thermische Sanierung und auch in Friedensforschung
und Friedensarbeit, sowie die Ausbildung ziviler Friedensfachkräften fließen.
Wir engagieren uns für die Erarbeitung entsprechender zivilgesellschaftlicher Budgets in
allen europäischen Ländern sowie auf der Ebene der EU. Parlamente und Regierungen
sollen zur Anhörung und Beratung dieser zivilgesellschaftlichen Alternativen verpflichtet
werden.
Zusätzlich sind auf nationaler und auf EU-Ebene Schuldenaudits unter Partizipation der
Zivilgesellschaft durchzuführen. Dabei geht es um die Transparenz und Bewertung der
Gläubiger und um Maßnahmen wie u.a. die Heranziehung der Schuldenverursacher und um
Entscheidungen fur Schuldenschnitte für staatliche und private Schulden.
Doch eine solidarische Entschuldung allein wird die bestehenden Verteilungs-und
ZugangsUNgerechtigkeiten in unseren Gesellschaften nicht überwinden. Daher setzen wir
uns ein für ein bedingungslosesn Grundeinkommen, finanziert aus vermögensbezogenen
Abgaben sowie durch eine stark progressive Besteuerung für alle über das
Grundeinkommen hinaus erzielten Einkommen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen soll
zu mehr Verteilungsgerechtigkeit führen und zu einer Neubewertung aller Arbeiten, die in
einer Gesellschaft verrichtet werden. Das bedingungslose Grundeinkommen kann helfen die
Abhängigkeit von der Lohnarbeit überwinden und mehr souveräne Selbstbestimmung über
die eigene Lebenszeit ermöglichen. Dies würde auch die Kulturarbeit von finanziellen
Zwängen befreien und somit zur Aufwertung und Freiheit der Kunst beitragen.
Konfliktüberwindung durch gewaltfreie Kommunikation
Wir, die wir zu Frieden, Gerechtigkeit und zu einem ökologisch verträglichen Leben in der
Welt beitragen wollen, sehen, dass auch in unserer Kommunikation viel Gewalt enthalten ist.
Gewaltfreie Kommunikation etwa nach den Vorschlägen des US-amerikanischen
Psychologen Marshall B. Rosenberg ist ein Weg, sich diesen Widerspruch zwischen
erklärten Zielen und eigenem Handeln bewusst zu machen und Empathie sowie einen
respektvollen Umgang auch mit dem Konfliktgegner zu lernen. Wenn sich auf diese Weise
eine produktive Konflikt-Kultur ausbreitet, wird das nicht ohne Folgen für die großen
politischen Entscheidungen bleiben. Wir ermutigen auch andere dazu, insbesondere die
Bildungseinrichtungen, sich aktiv mit Konzepten für gewaltfreie Kommunikation und
Konfliktaustragung zu beschäftigen.
Kreativität und Mut
Es braucht viel Mut, Kreativität und manchmal auch „Verrücktheit“, verkrustete Denkweisen
aufzubrechen, um alternative Wege aus den globalen Krisen zu finden und zu beschreiten.
Die diesjährige Sommerakademie hat uns in dem Wagnis bestärkt, uns ein zu mischen,
Neues zu probieren und Grenzen zu überschreiten.
-------------------------------------------------------------------------------------Rückfragen und Belegexemplare bitte an:
Elias Bierdel
- Sommerakademie 2012 Friedensburg Schlaining
Rochusplatz 1
A-7461 Stadtschlaining
phone: 03355 2498-520
fax: 03355 2662
mail: [email protected]
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