Kurs:_________Schuljahr 20___/____Datum: ______ Gerd E

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Kurs:_________
Schuljahr 20___/____
Gerd E. Schäfer
Das Bündnis von Vernunft und Phantasie
Ein an einem Fenster aufgehängter Vogel aus
Bastelpapier
projiziert
auf
die
ge5 genüberliegende Wand einen Schattenvogel.
Wie kommt er dahin? Kann man ihn
einfangen? Man bastelt ihm mit Klebestreifen
einen Käfig. Doch eine Weile alleine gelassen,
entschwindet
das
Schattentier
seinem
10 Gehäuse und tummelt sich plötzlich auf dem
Boden. Auch ein neu erbautes Haus aus
Holzklötzchen,
sorgfältig
ohne
Lücken
ausgeführt, vermag ihn nicht festzuhalten. Das
lässt den Kindern keine Ruhe. Sie raten und
15 beraten und entdecken schließlich, dass der
unaufhaltsam wandernde Vogel irgendwie mit
der Sonne zu tun hat. Draußen zeigt sich den
Kindern, dass jeder von ihnen auch einen
eigenen Schatten hat. Dadurch entstehen
20 neue Fragen, so viele, dass man sich mit dem
Schattenthema viele Wochen beschäftigen
kann. Besonders geheimnisvoll ist der
Schatten in der Nacht, Schatten, von dem es
womöglich mehrere auf einmal gibt, wenn
25 nämlich mehrere Laternen vorhanden sind.
Die
Kinder
entwickeln
ihre
eigenen
Hypothesen zum Phänomen der Schatten:

30

35 
40
„Es ist, wie wenn du dich in einem Spiegel
siehst; nur dass innen gar nichts ist. Es ist alles
schwarz und lacht nicht."'
„Der Schatten ist aus Licht, er läuft mit der
Sonne, nachts kehrt er in der Himmel zu seiner
Lampe zurück. Und wenn es regnet, geht er in
uns, weil er nicht nass werden will."
„Der Schatten ist aus Luft, Typ Sauerstoff. Der
Schatten ist jedoch au, schwarzem Sauerstoff,
welches das Kohlendioxyd sein könnte. Ja, weil
da, Kohlendioxyd schwarz ist, glaube ich, dass
es den Schatten macht. Nacht verschwinden
die Schatten, weil die Pflanzen, die sich von
Kohlendiox~,: ernähren, sie essen. Die
Schatten werden zur Nahrung der Pflanzen (...)
Ich glaube, dass es so ist."
Was machen die Kinder, indem sie ihre
45 Hypothesen aussagen? Sie versuchen von
Vorgängen auszugehen, die ihnen bekannt
sind. Dazu gehört - wie im letzten Beispiel u.U. auch eine Art Sachwissen, auch wenn es
nicht „korrekt" verwendet werden kann. Mit
50 Hilfe dieses Vorwissens basteln sie sich
Hypothesen zurecht, die das erklären, was
ihnen wichtig ist. Dabei geht es nicht um
physikalische Richtigkeit, sondern darum, dass
die Fragen, die die Kinder bewegen, eine
55 Antwort finden, die mit ihren bisherigen
Datum: ___________
Erfahrungen in eine Verbindung gebracht
werden können.
Die Schatten haben nämlich noch ganz
andere,
als
nur
sachliche,
60 Bedeutungshorizonte
für
Kinder
und
Erwachsene. Sie sind etwas Unheimliches. Sie
verformen das Bekannte u.U. bis zur
Unkenntlichkeit. Sie füllen die Gegenstände
mit unheimlichem Dunkel. Von da her werden
65 mythische
Dimensionen
des
Schattens
erfahrbar. Um nur einige Möglichkeiten zu
nennen: Der Schatten als Bild der Seele, das
Schattenreich der Toten, der Schatten als die
dunkle Hälfte des eigenen Selbst, der Schatten
70 als ein unheimlicher Doppelgänger.
Solche Bedeutungshorizonte klingen auch in
den kindlichen Deutungen an, im schwarzen
Spiegel, der nicht lacht; im Schatten, der sich
nicht von seiner Lampenmutter trennt in der
75 Hoffnung, dass uns die Pflanzen von der
bösen Schattenwelt befreien, indem sie sie
auffressen. Die kindlichen Deutungen sind also
nicht
entweder
nur
lustig
oder
naturwissenschaftlich falsch. Sie sind eine
80 sachliche Deutung und gleichzeitig eine
Antwort auf das kindliche Welterleben und
seine Versuche, es zu bewältigen.
Dass sich dabei subjektive Weltdeutung und
klares Erkennen der physikalischen Vorgänge
85 nicht im Weg stehen müssen, zeigt ein Junge,
der begonnen hat, mit den Schatten zu
experimentieren. Er hat die nächtliche
Situation auf dem Papier nachgestellt: Laterne
und Mensch aus Draht gebogen, eine
90 Taschenlampe
als
Lichtquelle
von
verschiedenen Seiten auf die Laterne
gerichtet. Immer sind die Schatten anders,
weisen in eine andere Richtung, sind lang oder
kurz. Man kann das festhalten, indem man sie
95 aufs Papier malt. Das wiederum ist ein
Ausgangspunkt für Überlegungen, wie Licht
und Schatten zusammengehören. Diese Bemühungen, das Entstehen der Schatten über
die Imagination zu begreifen, stellt sich nicht
100 quer zu den Phantasien und Deutungen, die
mit den dunklen Schatten noch verbunden
sind: Man kann die Herkunft der Schatten
erforschen und muss dennoch nicht den
Zusammenhang, beispielsweise mit einem
105 Schattenselbst, den realistischen Einsichten
opfern.
Kann man den Kindern also helfen, ihre
eigenen Denkmodelle immer weiter zu
entwickeln, dann brauchen sie dabei die
Pädagogische Implikation der Lern- und Entwicklungstheorien • Lernen in Tageseinrichtungen für Kinder
Kognitive Entwicklung und menschliches Lernen aus Sicht Jean Piagets • Vertiefung
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Verbindung
zu
den
anderen
Verständnisdimensionen dieses Phänomens
nicht aufgeben. Sie können die verschiedenen
Perspektiven nebeneinander bestehen lassen.
Phantasie und Verstand bilden keinen
115 Gegensatz,
sondern
ergänzen
sich
gegenseitig.
110
Quelle: Schäfer, Gerd E. (2005). Bildungsprozesse im
Kindesalter. Selbstbildung, Erfahrung und Lernen in der
frühen Kindheit. Weinheim: Juventa, S. 272-273
120 MGFFI & MSW
Naturwissenschaftlich-technische Bildung
„Das Erstaunen ist der Beginn
Naturwissenschaften“ (Aristoteles).
aller
Wie fliegen Vögel? Woher kommt der
Regenbogen? Wieso sprudelt Brause? Ein
Kind kann in wenigen Minuten mehr solcher
Fragen stellen, als ein Nobelpreisträger in
seinem ganzen Leben beantworten kann.
Kinder sind ständig dabei, mit Fragen und
130 Ausprobieren
etwas über ihre Umwelt
herauszufinden.
125
Sie verfolgen mit großem Interesse die
Vorgänge ihrer Umgebung, beobachten sie
unvoreingenommener als Erwachsene und
135 können
noch
staunen,
wenn
etwas
Unvorhergesehenes
passiert.
Mit
ihren
Warum-Fragen fordern sie Erklärungen
geradezu hartnäckig ein und geben sich dabei
mit oberflächlichen Antworten selten zufrieden.
140 Sie möchten hinter die Dinge schauen und sie
verstehen.
In
diesem
Sinne
findet
Selbstbildung durch „Aneignung von Welt“
statt.
Erwachsene,
die
kindliche
145 Forschungstätigkeiten
beobachten,
sind
beeindruckt von dem eigenaktiven Tun und
von dem, was offensichtlich in den Köpfen der
Kinder vor sich geht. Dabei gehen Kinder
keinesfalls so systematisch und rational wie
150 Erwachsene vor. Stattdessen probieren sie
allerlei aus, beobachten, was passiert,
entwickeln spielend und forschend weitere
Ideen, setzen sie um und nähern sich so auf
ihre Art neuen Erkenntnissen. Gerade
155 Naturphänomene der unbelebten Natur lassen
sich durch „Wenn-dann-Bezüge“ deuten und
entsprechen damit also in besonderer Weise
der Vorgehens- und Denkweise von Kindern
und ihrem großen Wissensdrang. Neben der
160 Beschäftigung
mit der belebten Natur,
Datum: ___________
beispielsweise mit Tieren und Pflanzen – die
traditionell von großer Bedeutung in der
Bildungsarbeit in Kindertagesstätten und an
Grundschulen ist – steht und fällt die
165 Etablierung
der
naturwissenschaftlichen
Bildung mit der Resonanz der Kinder auf die
Hinführung zur Beschäftigung mit der
unbelebten Natur, also beispielsweise mit
Elementen wie Wasser, Feuer und Luft etc.
170 Neben der Beobachtung als Methode nimmt
dabei auch das Experiment einen hohen
Stellenwert ein. Damit ist jedoch keinesfalls
gemeint, ein Experiment an das andere zu
reihen. Einige wenige gut ausgewählte
175 Experimente mit Materialien, die den Kindern
aus ihrem Alltag ohnehin bekannt sind (z. B.
Wasser, Sand, Kerzen, Gläser, Trinkhalme,
Luftballons,
Papier
etc.)
und
an
Fragestellungen der Kinder oder aktuelle
180 Begebenheiten anknüpfen, versprechen eine
größere
Wirkung
als
fremdbestimmte
Versuchsreihen. Es geht auch nicht um
vorschnelle Beantwortung von Fragen oder
das Ansammeln von Faktenwissen in
185 Einzeldisziplinen wie Biologie, Physik oder
Chemie. Vielmehr sollen Kinder ausreichend
Gelegenheit erhalten, selbsttätig zu forschen,
Erfahrungen zu machen und sich kreativ und
aktiv
handelnd
mit
Problemen
und
190 Fragestellungen
auseinanderzusetzen. Sie
erleben sich als kompetent, indem sie
Antworten
auf
Fragen
finden,
neue
Erkenntnisse gewinnen und Zusammenhänge
entdecken. Es erfüllt sie zu Recht mit Stolz,
195 wenn sie etwas entdeckt oder herausgefunden
haben, und bestärkt sie in dem Bestreben, sich
weiter auf forschendes Lernen einzulassen.
Offene Fragen können also ein Anlass sein,
weitere Experimente durchzuführen oder
200 andere Spuren zu verfolgen.
Eine wesentliche Bedeutung im Zuge
naturwissenschaftlicher Bildung nimmt die
Haltung der begleitenden Fach- und Lehrkräfte
ein. Die oft vorherrschende Angst, auf die
205 vielen
Fragen
der
Kinder
keine
wissenschaftlich abgesicherten Antworten
geben zu können, ist unbegründet. Kinder
erwarten dies im Grunde auch gar nicht.
Allerdings erwarten sie, dass ihre Fragen nicht
210 übergangen werden.
Bildungsbegleiter, die sich gemeinsam mit den
Kindern auf forschendes Lernen einlassen
können, die selbst Begeisterung und Interesse
für
naturwissenschaftliche
Phänomene
Pädagogische Implikation der Lern- und Entwicklungstheorien • Lernen in Tageseinrichtungen für Kinder
Kognitive Entwicklung und menschliches Lernen aus Sicht Jean Piagets • Vertiefung
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entwickeln, sind für Kinder positive Vorbilder,
von denen sie gern etwas lernen möchten.
Dabei kommt es besonders auf das
Bewusstsein an, dass Lernsituationen im
naturwissen-schaftlich-technischen
220 Bildungsbereich
anfällig
sind
für
geschlechterstereotype Zuschreibungen und
Erwartungshaltungen, die es aufzulösen gilt.
215
Naturwissenschaftliches Lernen lässt sich in
vielen Alltagssituationen aufgreifen (beim
225 Waldspaziergang,
beim
Basteln,
beim
Plätzchenbacken etc.) und realisiert sich
besonders ertragreich in Verbindung mit
anderen Themenbereichen wie beispielsweise
Mathematik, Ökologie und insbesondere der
230 Technik. Kindern sind technische Geräte
vertraut (Radio, Kassettenrekorder, CD-Player,
Computer, Toaster, Fön etc.) und sie gehen
selbstverständlich mit ihnen um. Sie wissen,
dass technische Geräte hergestellt werden,
235 dass sie kaputt gehen können und dass man
sie wieder reparieren kann. Mit einfachen
Werkzeugen und Werkstoffen (Säge, Hammer,
Schraubenzieher, Holz, Leder, Stoffe etc.)
können
solche
Herstellungsund
240 Veränderungsprozesse nachgeahmt werden.
Kinder haben ein Interesse daran, die
Funktionsweise
technischer
Geräte
zu
ergründen. Mit großer Akribie nehmen sie alte
Geräte, wie z. B. Wecker oder Radio,
245 auseinander und erkunden interessiert deren
Innenleben. Erste Wirkungszusammenhänge
können so erfahrbar gemacht werden, auch
wenn man sie sonst nicht sehen kann.
Technik ist kein isolierter Bereich, sondern eng
250 mit
Gesellschaft, Politik, Ökologie etc.
verbunden. Auf der einen Seite sind
technische Errungenschaften heute nicht mehr
wegzudenken, auf der anderen Seite gibt es
viele weitere Aspekte des technischen
255 Fortschritts, die unseren Lebensraum und
unsere Gesellschaft betreffen (Abfall, Lärm,
Reduzierung von Arbeitsplätzen, Begrenztheit
von Ressourcen wie Wasser etc.). Für die
Kinder bedeutet die Beschäftigung mit
260 technischen Fragestellungen zum einen also
Entwicklung
zu
einem
positiven
Technikbewusstsein, um sich in unserer
technisch
geprägten
Umwelt
gut
zurechtzufinden, zum anderen aber auch die
265 Möglichkeit eine kritische Haltung
technische
Problemstellungen
weiter
aufgegriffen. Dabei geht es insbesondere
darum, eine einmal entwickelte Fragehaltung
aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Darüber
hinaus steht neben den Inhalten vor allem die
Erweiterung methodischer Kompetenzen im
275 Hinblick auf entdeckendes, eigenständiges
und forschendes Lernen im Mittelpunkt. Kinder
entwickeln,
erproben
und
reflektieren
Problemlösestrategien und nutzen dabei
altersgemäße Formen der Dokumentation und
280 Präsentation.
270
Leitidee
Ausgehend von originären Begegnungen mit
der Natur und Naturvorgängen entdecken
Kinder Zusammenhänge, beginnen sie zu
285 verstehen
und
einzuordnen.
Vielfältige
Angebote regen zum Staunen, Fragen,
Experimentieren und Suchen von Lösungen
an. Sie verfolgen eigene und sich ergebende
Fragestellungen,
finden
Antworten
und
290 gewinnen dadurch Vertrauen in ihre eigenen
Fähigkeiten. Dabei erweitern sie ihre
individuellen Strategien, indem sie angebotene
Methoden und Problemlösestrategien kennen
lernen und nutzen. Sie erfahren die Bedeutung
295 der behandelten Themen für ihre eigene
Lebenswelt und übernehmen im Rahmen ihrer
Möglichkeiten Verantwortung für den Umgang
mit der Natur. Ihre Neugier und Fragehaltung
wird unterstützt und führt zu einer positiven
300 Haltung gegenüber naturwissenschaftlichen
und technischen Fragestellungen.
Kinder
setzen
sich
handelnd
und
experimentierend mit vielfältigen Materialien,
Werkzeugen und technischen Vorgängen
305 auseinander. Sie erleben Wirkungszusammenhänge und nutzen sie zur Lösung von
Problemstellungen und kreativen Tätigkeiten.
Die Bedeutung technischer Errungenschaften
und ihre Auswirkungen auf ihre Lebenswelt
310 können sie einschätzen und dazu eine Haltung
einnehmen.
Bildungsmöglichkeiten
Kindern wird die Möglichkeit gegeben,

315


aufzubauen.
In der Schule werden im Rahmen des
Sachunterrichts naturwissenschaftliche und
Datum: ___________
320
Vorgänge in der Natur zu beobachten, sie
genau zu beschreiben und daraus Fragen
abzuleiten,
Fragen zu stellen und Antworten zu
suchen,
Informationen
durch
Beobachten,
Vergleichen, Bewerten zu sammeln und
einzuordnen,
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Kognitive Entwicklung und menschliches Lernen aus Sicht Jean Piagets • Vertiefung
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
325



330


Schuljahr 20___/____
zu experimentieren (z.B. mit Feuer,
Wasser oder Luft) und dabei erste
Erfahrungen von Stoffeigenschaften
und Stoffveränderungen zu machen,
Verantwortung zu übernehmen, z.B. bei
der Haltung eines Tieres, beim Pflegen
eines Stücks
Natur (z.B. Baum, Gärtchen, Pflanze,
Schulgarten),
eigene Konstruktionen mit Spiel- und
Baumaterial zu erfinden,
…
375


380

385
Leitfragen zur Unterstützung und
335 Gestaltung von Bildungsmöglichkeiten


340

345
350



355

360

Gebe ich Kindern die Gelegenheit,
Hypothesen aufzustellen und eigene Ideen
zu entwickeln, um sie zu überprüfen?
Werden Möglichkeiten, z.B. bei einem
Spaziergang, genutzt, um sich an der
Natur zu erfreuen, darüber zu staunen?
Können Vorgänge in der Natur beobachtet
werden, im Garten, im Wald, am
Himmel…?
Bekommen Kinder die Gelegenheit, mit
Alltagsmaterialien herumzutüfteln und
entwickeln sie dabei eigene Vorstellungen
zur Funktion von Geräten? Wie wird mit
den Vorstellungen umgegangen?
Experimentieren sie mit Alltags- und
Spielmaterialien und machen dabei eigene
„Erfindungen“?
Werden für Erklärungen von Vorgängen
„Wenn-dann-Beziehungen“ herangezogen
(z.B.: Wenn die Kerze keine Luft mehr
bekommt, dann geht sie aus.) und wie
können sie überprüft werden?
Sind naturwissenschaftlich/ technische Erfahrungen für Mädchen und Jungen
gleichermaßen möglich?
…
Materialien/ Settings als Denkanstöße

365

370


Naturbeobachtungen durchführen (ein
Gewitter,
den
Sternenhimmel,
Sonnenaufgang,
helle
und
dunkle
Jahreszeiten, Kleintiere auf der Wiese,
Wachsen von Pflanzen beobachten),
Langzeitbeobachtungen (einen Baum ein
Jahr lang beobachten, Jahreszeiten),
Exkursionen (Recyclinghof, Wasserwerk,
Kläranlage,
Sonnenkollektoren
an
Hausdächern, Planetarium),
Backen und Kochen (Messen, Wiegen,


390


395



Datum: ___________
Mischen,
Erwärmen,
Erhitzen,
Veränderlichkeit von Stoffen etc.),
Mischversuche mit Alltagsgegenständen
(Becher, Gläser etc.),
Farben zum Malen selber herstellen (aus
Pflanzen, Mineralien),
Forscherecken oder -labore einrichten, in
denen
Kindern
ungefährliche
Alltagsmaterialien zum Experimentieren
jederzeit zur Verfügung stehen,
großflächige Möglichkeiten zum Bauen
und
Konstruieren
im
Innenund
Außenbereich,
vielseitiges
Bauund
Konstruktionsmaterial,
auch
ohne
Festlegung,
Material (alte technische Geräte wie
Fotoapparat, Kassettenrekorder, Becher,
Lupen, Baukästen,
Teelichter,
Taschenlampen,
Spiegel,
Bücher, Werkzeuge, etc.)
Mitarbeit von Eltern, die beruflichen Bezug
zu
naturwissenschaftlichen
oder
technischen Themen
haben,
…
400 Quelle: Ministerium für Generation, Familie, Frauen und
Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MGFFI) &
Ministerium für Schule und Weiterentwicklung des Landes
Nordrhein-Westfalen (MSW) (Hrsg.) (2010): Mehr
Chancen durch Bildung von Anfang an – Entwurf 405 Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder 0 bis 10
Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im
Primarbereich in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, S. 7982
Gisela Lück
410
Kognitives Denken entwickelt sich heute
früher
Die Frage nach der Verbindlichkeit der
altersspezifischen Stufentheorie Piagets ist
schon seit langem Diskussionsgegenstand.
415 Seit den achtziger Jahren haben sich
Anzeichen gehäuft, die auf eine Verschiebung
der Entwicklungsstufen hindeuten. So konnte
beispielsweise in empirischen Untersuchungen
gezeigt werden, dass die formal-operationale
420 Entwicklungsstufe, deren Erreichen Piaget ab
etwa dem 12. Lebensjahr annahm, erst von
einem Viertel der 15 - bis 16-jährigen
Gymnasialschüler erlangt wird (Gräber 1984,
257 f.) und selbst bei Erwachsenen nicht
425 immer vorausgesetzt werden kann. Was die
präoperationale Phase und insbesondere das
anschaulich-intuitive
Entwicklungsstadium
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Kognitive Entwicklung und menschliches Lernen aus Sicht Jean Piagets • Vertiefung
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Datum: ___________
betrifft, so wird dagegen vielfach eine
Vorverlagerung
beobachtet.
Zu
den
430 Vertreter/innen dieser
Auffassung zählen
beispielsweise Sturm, Novak oder aber
Collins, der gezeigt hat, dass sogar schon
Vierjährige die konkret-operationale Stufe
erreichen (Novak 1990, S. 941; Collins 1984,
435 S. 73 f.).
Zwei Faktoren würden zusätzlich für diese
Altersverschiebung sprechen. Zum einen gibt
es Kritik an der Untersuchungsmethode
Piagets, der die Kinder im Rahmen von
440 Einzelinterviews
befragt
hat.
Die
Sprachgebundenheit der Befragungen sowie
deren Schwierigkeitsgrad brachte vermutlich
ein Ergebnis hervor, das auf eine spätere
geistige Entwicklung verwies, während die
445 Einbindung
nonverbaler Aufgaben eine
deutliche Vorverlegung der Entwicklungsstufen
zeigen könnte (vgl. Wilkening 1978, S. 99 f.).
Donaldson zeigt z. B. in ihrem Buch „Wie
Kinder denken", dass Kinder dann in der Lage
450 sind, kognitive anspruchsvollere Probleme zu
lösen, wenn die gestellten Aufgaben in Inhalt
und Form dem kindlichen Alltag' entstammen
und dadurch für die Kinder bedeutsam werden
(Donaldson 1982, S. 9). Zum anderen werden
455 aber auch der Einfluss des sozialen Umfelds,
der Medien, der zunehmenden Technisierung
und der damit hervorgerufenen Konfrontation
auch
jüngerer
Kinder
mit
naturwissenschaftlichen Fragestellungen zu
460 einer
Beschleunigung
der
geistigen
Entwicklung im frühen Kindesalter beigetragen
haben.
Die Konsequenzen einer Vorverlagerung bzw.
Akzelerierung
der
geistigen
465 Entwicklungsstufen im frühen Kindesalter
liegen auf der Hand: Eine frühere Hinführung
zu Naturphänomenen ist möglich, da die für
einen
kognitiven
Zugang
zu
den
Naturdeutungen erforderlichen Operationen
470 bereits erworben worden sind.
Quelle:
Lück,
Gisela
(2003):
Handbuch
der
naturwissenschaftlichen Bildung. Theorie und Praxis für
die Arbeit in Kindertageseinrichtungen. Freiburg: Herder:
S. 30-31
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