Dipl.Psych. Sybille Herold, Hasselwerder Str. 5, 12439 Berlin, Tel.: 030 63331661 Wenn Sie Strafen und Grenzen setzen (nach M. Mickley) Kinder gewöhnen sich an hohe Dosen von Bestrafung oder Kritik leider rasch. Dann müssen Sie diese weiter steigern oder Sie geben irgendwann auf. – Beides stellt keine gute Lösungsmöglichkeit des Problems dar. Setzen Sie deshalb stärker als bisher auf Lobe, Anreize und Anerkennung! Es ist einfacher, Dinge zu erlernen, als solche zu verlernen. Konzentrieren Sie sich also lieber auf den Aufbau und die Förderung des erwünschten Verhaltens. Strafen machen Kinder leider oft nur cleverer, diese zu vermeiden. Ein sinnvolleres Verhalten haben sie deshalb trotzdem noch nicht erlernt. Strafen belastet die Beziehung und führt häufig nur zu Eltern-strafenden Gegenreaktionen der Kinder. Gemeinsame Ärgerkreisläufe sind dann vorprogrammiert. Strafen, von denen wir hier sprechen, schließen auf jeden Fall körperlichen Schmerz zufügende Maßnahmen aus! Ebenso absolut verboten Sind Trennungsdrohungen! Entweder Ihr Kind nimmt Sie ernst. Dann wäre es schwer verunsichert. Und müsste sich im zweiten Schritt emotional unverletzbar (und damit für Sie unerreichbar) machen. Oder Sie werden unglaubwürdig. Strafen Sie schnell, milde, nachvollziehbar. Bleiben Sie immer handlungsfähig (Das sind sie bei 7 Wochen Stubenarrest, die sich angesammelt haben, nicht mehr!) Erwarten Sie nicht, dass die Strafe das Verhalten unmittelbar verändert. In der Regel müssen strafende Konsequenzen über mehrere Wochen angewandt werden, bevor diese Veränderung eintritt. Strafen Sie nicht, wenn Sie sehr ärgerlich und auf der Palme sind. Vertagen Sie die Verkündigung Ihrer Maßnahme auf den nächsten Tag. Sonst verletzen Sie Ihr Kind, und damit ist niemandem gedient. Achten Sie auf Ihre Stimme: Bleiben Sie ruhig und fest. Sagen Sie ggf. zu sich selbst „Stopp!“ und verlassen kurz das Feld. Lernen Sie, Ihren Ärger effektiv zu regulieren. Ihr Kind soll dies schließlich auch lernen. Lassen Sie sich Zeit. Sprechen Sie langsam. (Je schneller Sie agieren, desto eher verfallen Sie in alte Muster.) Bleiben Sie „strategisch“! Sie wollen die Kontrolle über die Situation behalten. Denken Sie daran: - das alle Eltern solche Konflikte mit ihren Kinder durchstehen müssen, - dass Ihr Kind auch sehr liebenswerte Seiten hat, - dass Sie solche eine schwierige Situation schon einmal bewältigt haben, - dass so manches nicht so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde, - dass Ihr Kind sich eigentlich wünscht, dass Sie stolz auf es sind und Sie beide gut miteinander klarkommen. Vermeiden Sie Kränkungen, Demütigungen und Bloßstellungen! Halten Sie sich an 4:1-Verhältnisse. Vier Lobe sollten einer Kritik folgen! Meinen Sie, was Sie sagen und sagen Sie, was Sie meinen: Sagen Sie nicht zynisch „Toll hast du das wieder hingekriegt!“ Drohen Sie nichts an, was Sie nicht wirklich durchsetzen wollen. Sagen Sie, dass Sie verstehen, dass das Kind ärgerlich ist oder was es will. Dass Sie aber bei Ihrer Forderung, Ihrem Verbot… bleiben. Seien Sie präzise: Sagen Sie nicht: „Kannst du nicht einmal aufhören mich zu nerven?“ oder „Streng dich doch endlich mal an!“, sondern: „Ich möchte, dass du mich kein einziges Mal mehr fragst, ob du nicht doch…!“ oder „Ich will, dass du jetzt diese 10 Aufgaben löst.“ Bestrafen Sie ein Verhalten regelmäßig, wenn Sie das angekündigt haben. Benutzen Sie klare, konkrete und positive Aufforderungen. Keine Predigten oder Erklärungen! Manchmal muss ein klares „Stopp!“ reichen. Arbeiten Sie nach der 10er-Methode: Unerwünschtes Verhalten kostet einen von 10 Punkten. Wenn die verbraucht sind, erhält das Kind eine vereinbarte kleine Vergünstigung nicht! Hängen Sie Schilder auf: schreiben Sie auf eine Seite das Verhaltensziel auf. Malen Sie auf die andere Seite die angekündigte Belohnung auf und streichen Sie sie durch. Stecken Sie um das Schild 10 Klammern und entfernen Sie für jeden Regelverstoß (der dieses Verhaltensziel betrifft) eine Klammer. Sind alle Klammern weg, entfällt die Belohnung. Führen Sie nur Strafen durch, die Sie vorher möglichst angekündigt haben. Strafen Sie nicht mit Häme oder Sarkasmus. Es geht nicht darum, Recht zu haben oder sich zu rächen, sondern um eine negative Konsequenz für unerwünschtes Verhalten. Machen sie für sich und für Ihr Kind eine Dreiteilung zwischen leichten, mittleren und schweren Vergehen und reagieren Sie abgestuft darauf. z.B. leichte: den Bruder geschubst, Verspätungen, Haushaltspflicht vergessen, HA vergessen, schlechte Note nicht gezeigt, nicht Musikinstrument geübt… mittlere: Vereinbarungen nicht eingehalten, trotz Verbot Kinder in die Wohnung gelassen, Ladendiebstahl, kokeln… schwere: schwere körperliche Attacken, schwänzen, nicht nach Hause kommen, wiederholtes Stehlen… Entwickeln Sie parallel ein dreistufiges System von Konsequenzen (Bußkatalog). Leichte: sich entschuldigen, eine leichte Zusatzarbeit übernehmen, die doppelte Zeit üben, auf den nachmittäglichen Besuch beim Freund verzichten… Mittlere: zur Entschuldigung eine Wiedergutmachung z.B. ein kleines Geschenk an den Geschädigten, Gestohlenes zurückbringen, Wochenende mit Übernachtung des Freundes fällt aus, kein Kino… Schwere: einen Straftag im leer geräumten Zimmer, den doppelten Wert des gestohlenen ersetzen, 8 Stunden gemeinnützige Arbeit für die Familie… Lassen sie sich bei unerwarteten Vorkommnissen ruhig Zeit, eine geeignete Konsequenz zu finden. Weitere „dosierbare“ Strafen wären: Stellen Sie eine Sammlung von 5-Minuten-Strafarbeiten im Haushalt auf. Geld kürzen Telefon-/Internetbenutzung einschränken Privilegien einschränken: abends aufzubleiben, TV, fortzubleiben… Für begrenzte Zeit Gegenstände pfänden (mit Pfandschein s. Vorlage): Handy, Fahrrad, mp3, PC, DVD… Wenn Sie Stubenarrest verhängen, dann nie länger als einen Tag, dafür möglichst am Wochenende und mit Entzug von anderen angenehmen Tätigkeiten wie TV, Telefon, Anlage, PC etc gekoppelt. Bei Fehlern beim Lernen sollten Sie nie strafen! Lernen aus Angst ist sehr mühsam und löst oft gegenteilige Effekte aus (Versagen aus Angst). Fehler gehören zum Lernen. Nur aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug, wie der Volksmund sagt. Nach der Strafe ist Zeit für einen Neuanfang. Kramen Sie alte Vergehen nicht immer wieder hervor. Lassen sie Ihr Kind spüren, dass Sie es trotz allem lieben und zu ihm stehen. Passen sie Ihr Vorgehen immer wieder dem Alter des Kindes, den familiären Gegebenheiten und der gemeinsamen Entwicklung an. Ihre Sybille Herold