100. Landtagssitzung am 23. September 2015 TOP 9 – Gesetzentwurf der Datum: Landesregierung 23.09.2015 Nummer: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes Rede von Innenminister Lorenz Caffier Es gilt das gesprochen Wort Meine Damen und Herren, nachdem die terroristische Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds aufgedeckt wurde, hagelte es Kritik. Die Polizei, die Justiz und auch der Verfassungsschutz sahen sich massiven Vorwürfen ausgesetzt. Rückblickend betrachtet, waren einige öffentliche Urteile überzogen oder gar falsch. Viele Kritikpunkte hatten jedoch ihre Berechtigung. Der Verfassungsschutz von Bund und Ländern hat sich dieser Kritik in einem umfassenden Reformprozess gestellt. Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern Alexandrinenstraße 1 19055 Schwerin Die zahlreichen gesetzlichen Änderungen in Bund und Ländern stehen dabei natürlich nicht nebeneinander. Sämtliche Verfassungsschutzbehörden befinden sich in einem Verbund, der auf den Artikeln 73 und 87 Grundgesetz beruht. Das erfordert eine entsprechende Telefon: +49 385 588-2003 Telefax: +49 385 588-2971 E-Mail: [email protected] Internet: www.im.mv-regierung.de V. i. S. d. P.: Marion Schlender 2 Homogenität der gesetzlichen Grundlagen – insbesondere gegenüber dem Bundesgesetz. Niemand sollte so naiv sein und glauben, jedes Land könne sein eigenes Süppchen kochen. Es gibt einen gewissen Spielraum. Aber es gibt vernünftigerweise auch Grenzen. Der Bundestag hat den Entwurf für das Bundesgesetz am 3. Juli 2015 abschließend beschlossen. Die finale Bundesratsabstimmung soll am 25. September erfolgen. Wir werden übermorgen sehen, welche Mehrheiten sich gebildet haben. Doch unabhängig davon haben wir unser Landesgesetz natürlich parallel zum Gesetzgebungsverfahren des Bundes erarbeitet. Insofern übernehmen wir auch die dortigen Regelungen so weit wie möglich. Diese ergänzen die ohnehin auch im Vergleich mit anderen Ländern differenzierten Regelungen im bestehenden Verfassungsschutzgesetz des Landes zur Informationsübermittlung. Zentrale Änderungsschwerpunkte sind: 1. Die Regelungen für den Einsatz von Vertrauensleuten und Verdeckten Mitarbeitern, 2. Regelungspräzisierungen für die Vernichtung von Akten und den Umgang mit elektronischen Akten, 3. Spezifizierungen der Regelungen zur Informationsübermittlung durch die Verfassungsschutzbehörde insbesondere an die Polizei und 4. die Regelungen zu projektbezogenen gemeinsamen Dateien. Im Fokus – das wissen wir alle – steht natürlich der Einsatz von Vertrauensleuten und verdeckten Mitarbeitern. Die öffentliche Debatte hier in Mecklenburg-Vorpommern nahm dabei durchaus kuriose Züge an. Die Grünen möchten die Möglichkeit, V-Leute einzusetzen, dermaßen beschneiden, dass sie drohen, nutzlos zu werden. Da ist die Linke schon konsequenter: Das ganze V-Leute-System solle abgeschafft werden. Ich sage Ihnen ganz offen: Das sind gefährliche Forderungen und ein Angriff auf die Innere Sicherheit. Das ist mit mir nicht zu machen! 3 Absolut jeder, der sich mit der Arbeit des Verfassungsschutzes und der Abwehr von Extremismus und Terrorismus intensiv beschäftigt, weiß: Der Einsatz von Vertrauensleuten ist – auch mit Blick auf die mir durchaus bekannten Risiken – unverzichtbar. Vertrauensleute liefern wertvolle Informationen über Aufbau und Struktur von verfassungsfeindlichen Organisationen und sie helfen mit, extremistisch motivierte Anschläge auf unsere Gesellschaft zu verhindern. Die Lehre aus dem NSU-Prozess darf daher nicht sein, Vertrauensleute abzuschaffen, sondern ihrem Einsatz ein klares Regelwerk zugrunde zu legen. Und genau das hat der Bund und das haben wir gemacht. Es ist richtig: Vorbestrafte Personen dürfen angeworben werden und Vertrauensleute dürfen auch Straftaten begehen. Hierfür sind allerdings enge Grenzen gesetzt. Eine Güterabwegung ist zwingend erforderlich. Die abzuwehrende drohende Gefahr müsste dabei die durch die Straftat der V-Person begangene Rechtsverletzung sehr deutlich überwiegen. Es macht schließlich einen Unterschied, ob ein Brandanschlag auf ein leerstehendes Gebäude oder ein Terroranschlag mit Dutzenden Toten verhindert wird. Klar ist: Begeht die Vertrauensperson rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung muss die Zusammenarbeit unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet werden. Diese Klarstellung steht nun im Gesetz und stellt einen deutlichen Fortschritt dar. Außerdem wurden die Rechte des Parlamentarischen Kontrollgremiums gestärkt. In der PKK wird über den Einsatz der V-Leute mindestens einmal im Jahr berichtet. Wer sich also an dieser Stelle mit Kritik profilieren möchte, verkennt nicht nur die Anforderungen an die Arbeit eines Verfassungsschutzes, sondern ignoriert die vorgelegten gesetzlichen Verbesserungen sowie deren gesamte Entstehungsgeschichte. Allerdings muss ich gestehen: Mir fällt es schon schwer, den Widerstand von GRÜNEN und LINKEN ernst zu nehmen. Denn letztlich ist es lediglich wohlfeile Oppositionspolitik, um die eigene Klientel zu bedienen. 4 Denn komischerweise dort, wo Sie mitregieren, legen Sie eine ganz andere Haltung an den Tag. Bestes Beispiel ist Baden-Württemberg. Dort hat der Landtag eine nahezu gleichlautende Regelung zum Einsatz von Vertrauensleuten bereits beschlossen. Lieber Kollege Suhr, was ist da schief gelaufen? Oder nehmen wir Thüringen. Da wird erst medienwirksam der Verzicht auf alle V-Leute verkündet, nur um eine paar Tage später kleinlaut einen Rückzieher zu machen: Ein paar Vertrauensleute wolle man dann doch weiterbeschäftigen. Bei den Salafisten wollen die Grünen die Quellen weiter nutzen, in der rechtsextremen Szene aber darauf verzichten. Es sei denn, es geht möglicherweise um Terrorismus. Bitteschön, diese nachvollziehen. Logik kann zumindest ich nicht Das ist das Gegenteil von einer verantwortungsbewussten Sicherheitspolitik. Das ist purer Dilettantismus. So einen Schlingerkurs wird es in MecklenburgVorpommern mit den Regierungsfraktionen und der Landesregierung nicht geben. Wir haben ein klares Regelwerk entwickelt, dass sich eng an das Bundesgesetz anlehnt und in dem eindeutige Vorgaben gemacht werden. « L a u f z Das neue Landesverfassungsschutzgesetz und das neue Sicherheitsüberprüfungsgesetz, bei dem insbesondere datenschutzbedingte Änderungen vorgenommen wurden, sind modern und auf die nächste Zeit ausgerichtet. Sie bieten dem Verfassungsschutz bei aller notwendigen Kontrolle weiterhin die Möglichkeit, die Verfassungsfeinde in unserem Land effektiv zu kontrollieren und zu bekämpfen. e i c h e n » « V o r n a m e » « N a m e »