Thomas Summer Genau zehn Jahre ist es nun her, dass ich mit der Matura am Sportgymnasium meine schulische Karriere beendet habe. Noch feucht hinter den Ohren, hatte ich, wie viele andere, wenig Vorstellungen darüber, was ich nun machen sollte, und kam so eher zufällig zum Medizinstudium. Nach mehr als nur einer Sinnkrise konnte ich dieses sogar abschließen und wurde folglich, im November 2012, auf die Menschheit (die meisten davon – logischerweise – mehr oder weniger krank) losgelassen. Doch, anders als nach der Matura, hatte ich jetzt durchaus konkretere Vorstellungen davon, wohin meine Reise gehen soll. Als ehemaliger Sportgymnasiast und Leistungssportler liegt ein Bezug zum Sport natürlich nahe und so habe ich von Beginn meiner beruflichen Karriere an, alles daran gesetzt, mich hin zu diesem Bereich zu entwickeln. Schon immer hat mich besonders die konservative Orthopädie – also, sehr vereinfacht gesagt, den Bewegungsapparat ohne operieren wieder hinzubiegen – interessiert. Fast schon eine Legende in diesem Bereich ist Dr. Jopp, der bis vor kurzem in Dornbirn eine Praxis mit eigener Physiotherapie betrieben hat. Kurzerhand bewarb ich mich also bei ihm um eine Lehrpraxisstelle. Obwohl, mit fast siebzig Jahren, noch immer schwer beschäftigt, nahm er mich ohne Probleme auf, um bei ihm drei Monate zu lernen. Es wurde eine sehr intensive und lehrreiche Zeit, in der ich wohl mehr als in manchen Studienjahren gelernt habe. Damit kam ich nach drei Monaten an meine nächste Weggabelung. Zum Glück wartete dort schon ein alter Laufkollege – Dr. Dieter Langenscheidt, ehemaliger Mittelstreckenläufer und nun Oberarzt der Neurologie im LKH Rankweil. Da die Laufszene in Vorarlberg recht überschaubar ist, kennen wir uns schon länger, und so sah er nun die Gelegenheit gekommen, mich in Richtung Neurologie zu ziehen. Durchaus ein sehr interessantes Fach, welches mich sehr fasziniert. Daher musste ich nur kurz nachdenken, als er mir eine Assistenzarztstelle am LKH Rankweil anbot. Noch dazu ist eine gute neurologische Ausbildung auch für jeden Sportmediziner, der sich mit dem Bewegungsapparat beschäftigt, sehr wichtig. Ich hatte meinen nächsten Leermeister gefunden und sog zwei Jahre lang alles über das Gehirn und die Nerven in mich auf. Bevor ich in Rankweil begonnen hatte, hatte ich einige Bewerbungen verschickt. Unter anderem wurde ich auch zu einem Bewerbungsgespräch nach Deutschland, an eine große Rehaklinik, eingeladen. Da der ärztliche Leiter dieser Klinik selbst ein guter Läufer war, verstand ich mich von Anfang an sehr gut mit ihm. Er riet mir sogar, zuerst für eine gewisse Zeit Erfahrungen in der Neurologie zu sammeln. Er würde mir für später eine Stelle freihalten. Kurz vor Ende der zwei Jahre in Rankweil rief ich also in Bad Wiessee am Tegernsee an, bekam die endgültige Zusage der Assistenzarztstelle und konnte nahtlos meine berufliche Laufbahn fortsetzen – so einfach. Nun arbeite ich also seit März 2015 bei Medical Park in Bad Wiessee, in einer orthopädischen Rehaklinik. Ich bin, kurz gesagt, dafür zuständig, dass Leute nach Hüft-, Knie- oder Wirbelsäulenoperationen wieder fit werden, genauso aber auch nach Sportunfällen und Verletzungen. Da die Klinik einen sehr guten Ruf genießt und auch viele Kooperationen mit dem Spitzensport bestehen, kommen immer wieder prominente Sportler, zur Rehabilitation, an unser Haus. Ich habe somit die Möglichkeit viel Sportmedizin und konservative Orthopädie anzuwenden und zu lernen, also genau das zu tun, was ich als Arzt gerne mache. Ein weiterer toller Abschnitt meines Weges. Ein Weg durch die Bayrischen Alpen, sanft mäandernd, entlang am Ufer des Tegernsees. Ideale Laufwege. Auch mit dem ein oder anderen Gipfelgrat. Ein wirklich ideales Trainingsgebiet für einen Marathon- und Bergläufer. Hier kann ich, neben meiner beruflichen Karriere, auch meine leistungssportlichen Ambitionen noch voll ausleben. Mein neuer Chef, besagter ehemaliger Leistungssportler, hat dafür vollstes Verständnis und unterstützt mich wie er nur kann. Ich kann mich wirklich sehr glücklich schätzen, mit so einem Mann zusammenarbeiten zu können. Prof. Dr. Thomas Wessinghage war nämlich einer der erfolgreichsten deutschen Leichtathleten überhaupt. 1982 Europameister über 5000m, Deutscher Leichtathlet des Jahres 1981, 4x Halleneuropameister über 1500m, mit 3:31,58min (1980) immer noch deutscher Rekordhalter über 1500m, um nur einige seiner Erfolge zu nennen. 1980 wäre er zudem Goldfavorit der Olympischen Spiele gewesen, wurde allerdings, wegen des Boykotts, um seinen Erfolg gebracht. Daneben hat er viele Bücher über das Laufen geschrieben und leitet nun, auf ärztlicher Seite, die Kliniken von Medical Park. Eine beeindruckende Persönlichkeit und mit 63 Jahren immer noch so fit, dass er mir, im Laufschritt, die Trainingsstrecken rund um den Tegernsee zeigen kann. Und wenn wir zusammen laufen darf ich sogar „Du“ zu ihm sagen.