BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Novy, Traude: Erweitertes Ökonomieverständnis – 5-Sektorenmodell der Gesamtwirtschaft. In: Verein Joan Robinson (Hg); Institut für Institutionelle Und Heterodoxe Ökonomie (Hg); WIDE-Netzwerk Women in Development Europe (Hg): Wirtschaft anders denken. Feministische Wirtschaftsalphabetisierung. – Wien: Eigenverlag, 2010. Das 5-Sektorenmodell der Gesamtwirtschaft Haushaltssektor For Profit Sektor Non Profit Sektor Öffentlicher Sektor – Staat Illegaler-Krimineller Sektor es herrscht eine Interdependenz zwischen diesen Sektoren (= dh sie beeinflussen sich gegenseitig und sind voneinander abhängig) Der Dritte Sektor = der Non Profit Sektor = der Sektor zwischen Staat und Markt Ziel der Organisationen im Non Profit Sektor: Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen Gewinne für die Zwecke der Organisation Non Profit Organisations (NPOs) sind zum Beispiel … kirchliche NPOs autonome Frauenhäuser Genossenschaften Projekte der solidarischen Ökonomie Non Governmental Organisations (NGOs) sind zum Beispiel … Greenpeace das Frauennetzwerk WIDE (Women in Development Europe) Aufgaben von NGOs: Anwaltschaft und Kontrolle (Watchfunktion) Information Bildung machen aufmerksam (zB auf Markt. Und Staatsversagen) BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Rationalitäten des Dritten Sektors Religiöser Glaube Politische Gesinnung Philosophische Überzeugung Altruismus (selbstlose Denk- und Handlungsweise; Uneigennützigkeit) Ethnische Zugehörigkeit Einbindung in eine Bewegung (zB Frauen- oder Umweltbewegung) Genossenschaftsprinzipien (Demokratie-, Identitäts- und Solidaritätsprinzipien) sind alles politisch-ethische Werterationalitäten, die sich auf die Mitmenschen und/oder auf Natur beziehen Menschenbilder des Dritten Sektors Menschenbild des Hilfe benötigenden, des abhängigen Menschen (Gesundheitswesen, sozialer Dienst) Ganzheitliches Menschenbild (Wesen mit Körper, Seele, Geist & Vernunft – Care-Dienstleistungen) Menschenbild das altruistischen Wesens (identitäts- und wertstiftende Gemeinschaften) Menschenbild des/der ExpertIn (Selbstbild von im Dritten Sektor tätigen Personen) Menschenbild des Staatsbürgers/der Staatsbürgerin sowie als TrägerIn von Menschen-/Frauenrechten Menschenbild, bei dem Mensch nicht gleich Mensch ist (zB ausländerfeindliche Organisationen haben ein diskriminierendes Menschenbild) Tätigkeiten des Dritten Sektors NGO’s : Tätigkeitsbereiche: allgemeine Interessen, soziale Gerechtigkeit, Geschlechtergleichstellung, Existenzsicherung, soziale/ökologische Standards, Menschenrechte, … leisten Anwaltschaftsarbeit Lobbying kontrollieren öffentliche Institutionen (zB Einhaltung von Abkommen) leisten Bildungs-, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit NPO’s: Tätigkeitsbereiche: Jugendarbeit, Kulturinitiativen, Wissenschaft, Alternativmedien Schaffen Arbeitsplätze Community Work (zB Brunnen-, Straßen- oder Schulbau, Unterricht, …) BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Läsker, Kristina: Kitt der Gesellschaft. Ehrenamt in Deutschland. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ehrenamt-in-deutschland-kitt-der-gesellschaft1.384655, 27.8.2012. Studie der Versicherung AMB Generali in Deutschland (44.000 Befrage ab 16 Jahren) jeder Dritte (34,3%) der Bevölkerung engagiert sich ehrenamtlich die Freiwilligen leisten 4,6 Milliarden Stunden ehrenamtliche Arbeit pro Jahr ohne diese Leistungen würde der soziale Sektor zusammenbrechen die Arbeit der Freiwilligen entspricht etwa der Arbeitszeit von 3,2 Millionen Vollzeitbeschäftigten wichtigste Organisationen sind Vereine und öffentliche Einrichtungen in den Bereichen Sport, Freizeit, Schule/Kindergarten und Kirche grundlegende Voraussetzungen für Eigeninitiative: je höher der Bildungsgrad und das Einkommen, desto stärker das Engagement Arbeitslose und bildungsfernere Schichten engagieren sich seltener regionale Unterschiede im Süden von Deutschland ist das Engagement höher Wohlstand ist höher; Arbeitslosenquote ist niedriger in Ostdeutschland ist das Engagement niedriger Wohlstand ist niedriger; hohe Arbeitslosigkeit ( mögliche Nachwirkungen der DDR Zeit, da damals die Möglichkeiten sich ehrenamtlich zu engagieren sehr eingeschränkt waren) Stadt-Land Gefälle je kleiner die Gemeinde, desto größer das Engagement „mitmach Effekt“ Hauptstadt Berlin – nur 19% der Bevölkerung engagiert sich ehrenamtlich Gründe: hohe Anonymität, fehlende Anreize, Single-Haushalte, … Strukturwandel im Freiwilligendienst Früher: langfristiges Engagement in Vereinen, Parteien, Gewerkschaften oder Kirche Heute: zeitlich begrenzte, zweckgebundene Projekte (vor allem Jüngere) Häufigste Motive die Gesellschaft „mitgestalten“ Hilfe für Mitmenschen Wunsch nach Geselligkeit, Kontakt mit anderen Menschen BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Nährlich, Stefan: Spenden und Ehrenamt, Vereine und Stiftungen. http://www.aktivebuergerschaft.de/fp_files/Naehrlich_Wozu_braucht_man_Buergerengagement.pdf, 27.8.2012. Volkswirtschaftliche Funktion Bürgerliches Engagement hat volkswirtschaftliche Bedeutung Positive Effekte auf Lebenszufriedenheit, Glücksempfinde, Lebensdauer Deutschland (2009): 4,6 Milliarden Stunden ehrenamtliche Arbeit pro Jahr angenommener Stundenlohn 7,50 Arbeitsleistungen im Wert von ca. 35 Milliarden Euro (jährlich) Dienstleistungsfunktion gemeinnützige Organisationen sind nicht-kommerzielle und nicht-staatliche Anbieter sozialer Dienstleistungen Stiftungen und Vereine sind nicht Teil des Staates können flexibler und unbürokratischer agieren und reagieren die Gewinnerzielung steht nicht im Vordergrund Gesellschaftliche Innovationsfunktion gesellschaftliche Modernisierungsprozesse = Ergebnis handelnder kollektiver Akteure erste Organisationsform im 18. Jahrhundert organisierter Zusammenschluss über alle bisherigen gesellschaftlichen Schranken und Stände hinweg Ablösung der Ständegesellschaft Demokratiefunktion franz. Publizist und Politiker Alexis de Tocqueville (19. Jahrhundert): freiwillige Vereinigungen sind die Grundpfeiler der Demokratie System von Macht und Gegenmacht Verhinderung einer Diktatur Gemeinwohltugenden kann der Staat nicht selbst erzeugen, sie müssen aus sich selbst heraus reproduziert werden. BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Meyer, Michael: Freiwilligenarbeit im Kontext: Individuelle, sozioökonomische und politische Einflussfaktoren. In: Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg.): Freiwilligenarbeit. Symposium 2011. – Wien: Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, 2011. Freiwilligenarbeit = Arbeitsleistung, der kein monetärer Gegenfluss gegenübersteht, die also nicht mit Geld bezahlt wird, und außerhalb des eigenen Haushaltes erbracht wird. formelle Freiwilligenarbeit = Engagement im Rahmen von Organisationen, Institutionen oder Vereinen informelle Freiwilligenarbeit = Engagement ohne institutionellen Rahmen, jedoch außerhalb des eigenen Haushaltes (zB Nachbarschaftshilfe) Freiwilliges Engagement ist von verschiedenen Faktoren abhängig Zwiebelmodell: Kern: Art und Intensität „1. Schale“: Person unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale (Extrovertiertheit, höhere Lebenszufriedenheit, höhere Soziabilität, …) Einstellungen und Motive Religiosität Vertrauen in andere Menschen „2. Schale“: soziale Herkunft Sozialisation Rollenmodelle der Herkunftsfamilie/des Herkunfsmilieus Stellenwert von Freiwilligenorganisationen „3. Schale“: aktueller sozialer Kontext soziale Klassenzugehörigkeit Beruf, Einkommen, Bildung (je höher desto mehr Freiwilligenengagement) soziale Netzwerke & Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen „4. Schale“: gesellschaftlich-kultureller Kontext verschiedene politische und kulturelle Faktoren hohe Engagementquoten: skandinavische Staaten & Niederlande niedrige Engagementquoten: Ost- und Südeuropa Bedeutung von Kirche & Familie BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser staatliche Institutionen verpflichtender Sozialdienst, Wehrpflicht, ziviler Ersatzdienst, … Empirische Eckdaten zur Freiwilligenarbeit in Österreich In Österreich gibt es bisher nur drei Erhebungen zur Freiwilligenarbeit letzte in Jahr 2006, durchgeführt von Statistik Austria Grundgesamtheit der Befragung: Österreichische Bevölkerung ab 15 Jahren (6.897.901 Personen) Stichprobe von 26.128 Personen 45% davon beteiligten sich an der Erhebung zur Freiwilligenarbeit (11.661 Personen) 43,8% der österr. Bevölkerung engagieren sich freiwillig 27,9% in Organisationen (formelle Freiwilligenarbeit) höchster Beteiligungsgrad: 40-49 und 50-59-Jährige (49,5 und 48,2%) Wien: 34,5% (Gebiet mit dem niedrigsten Wert) Oberösterreich: 48,8% (Gebiet mit dem höchsten Engagement) die wichtigsten Bereiche: Kultur Sport Religion Katastrophenhilfe fast 14,7 Mio. Arbeitsstunden pro Woche (2006) umgerechnet in Vollzeitäquivalente Arbeitsvolumen von ca. 405.000 Vollzeiterwerbstätigen insgesamt 1,9 Mio. formelle Freiwillige davon: 57% Männer 43% Frauen Bereiche mit überwiegend männlichem Engagement: Katastrophenhilfe Rettungsdienste Feuerwehren Politische Freiwilligenarbeit Sport Bereiche mit überwiegend weiblichem Engagement: Religion Bildung Soziales BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser European Social Survey 2002 - Erhebung zum zivilgesellschaftlichen Engagement in Europa Staaten mit starkem Sozialsystem, hohem Staatsanteil und größerem Wohlstand hohes Niveau des zivilgesellschaftlichem Engagements wiederspricht These von Toqueville ein starker Staat ist hinderlich für die Entwicklung einer lebendigen Zivilgesellschaft hohe Engagement-Niveaus in Skandinavien und den BENELUX Ländern mittleres Niveau in Deutschland und Österreich niedriges Niveau in Süd- und Osteuropa Nord-West nach Süd-Ost Gefälle Unterschiede im der Freiwilligenarbeit zwischen städtischen und ländlichen Regionen: ländliche Regionen mehr freiwilliges Engagement städtische Regionen weniger freiwilliges Engagement Einflussfaktoren auf Freiwilligenarbeit: Staaten mit geringen Einkommensunterschieden (Gini-Koeffizient) Staaten mit höherer Urbanisierung Staaten mit höheren Sozialausgaben Einbettung der Freiwilligen in soziale Netze Werte Religiosität Bildungsniveau Wohnsitz am Land Vertrauen in andere Menschen politische Institutionen BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Hollerweger, Eva: „Freiwilligenarbeit – quo vadis?“. – Wien: Institut für interdisziplinäre Nonprofit Forschung an der Wirtschaftsuniversität Wien, 20.9.2006. http://www.integra.at/files/Wels_Vortrag%20_Hollerweger.pdf, 13.9.2012. ehrenamtliche Arbeit ist Ausdruck für Werte wie Solidarität, Altruismus und Nächstenliebe Nonprofit Organisationen sind Nachfrager von freiwilliger Arbeitskraft Wandel von „traditionellen“ und „klassischen“ zur „neuen“ oder „modernen“ Freiwilligenarbeit Entstehung neuer Arbeitsfelder (zB Umweltschutz) früher: „lebenslange“ Ausübung von Freiwilligenarbeit heute: zeitlich begrenzte Freiwilligenarbeit (zB Projekte) Wandel ist kaum empirisch bestätigt es gibt nur wenige Daten zur ehrenamtlichen Arbeit ehrenamtliche Arbeit = Arbeitsleistung, der kein monetärer Gegenfluss gegenübersteht (unbezahlt gleistet), und deren Ergebnis KonsumentInnen außerhalb des eigenen Haushaltes zufließt. (dh keine Hausarbeit) Ehrenamtliche Arbeit ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor! starke geschlechtsspezifische Segregation es engagieren sich mehr Männer als Frauen; ABER: unterschiedliche Ausprägung in den einzelnen Tätigkeitsbereichen: - religiöse und soziale Dienste mehr Frauen - Katastrophenhilfe und Sport mehr Männer es engagieren sich mehr … … jüngere als ältere Menschen … erwerbstätige als nicht-erwerbstätige Menschen … Menschen mit hohem Bildungsniveau als Menschen aus bildungsfernen Schichten … Menschen mit höherem Einkommen als Menschen mit niedrigerem Motive ehrenamtlicher Arbeit persönliche Bereicherung (Freunde finden, Spaß, Möglichkeit dazuzulernen, Erweiterung der Lebenserfahrung, gesellschaftliche Anerkennung) politisches/zivilgesellschaftliches Engagement (sich selbst um etwas kümmern, etwas bewegen, aus politischer Überzeugung, …) BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Engagement für andere (anderen helfen, aus religiöser Überzeugung, etw. für das Gemeinwohl beitragen, gesellschaftliche Anerkennung) Berufsbezogene Beweggründe (hilft im Beruf, einzige Möglichkeit zu arbeiten, hilft einen besseren Job zu finden) 24% der Ehrenamtlichen erhalten Schulungen und Trainings BRM Leseliste 5HBA Marlies Moser Baumann, Birgit: „Bufdis“ sind schlecht bezahlt, aber mit Freude dabei. In: der Standard, 5.9.2012. Deutschland: Abschaffung der Wehrpflicht ebenfalls Wegfall des Zivildienstes seit Juli 2011 – Bundesfreiwilligendienst („Bufdis“) 35.000 Stellen für „Bufdis“ geschaffen 60.000 Interessenten gemeldet 32.000 Stellen besetzt Dauer: 12 Monate (normal) 6 Monate (mindestens) 18 Monate (höchstens) Bezahlung: 336€ pro Monat (=wenig) Ausgaben: bisheriger Zivildienst – 631 Millionen Euro neuer Bundesfreiwilligendienst – 350 Millionen Euro Altersstruktur: bisheriger Zivildienst – jung und männlich neuer Bundesfreiwilligendienst - Großteil unter 27 Jahre - 20% älter als 50 Jahre - mehr Männer als Frauen John, Gerald; Weißensteiner, Nina: SPÖ will beim Sozialjahr nachbessern In: der Standard, 5.9.2012. keine Wehrplicht – kein Zivildienst Ersatz: freiwilliges soziales Jahr Hundsdorfer: 1300 € brutto pro Jahr für Engagement + Goodies wie Steuererleichterungen oder den Erlass der Studiengebühren Kritik: Entlohnung liegt unter dem Mindestlohn; laut Kollektivvertrag wären 1400 € angemessen Sorge bei Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz – 4000 Zivildiener pro Jahr (=größter Arbeitgeber) nach Dienstende engagiert sich die Hälfte aller Zivildiener weiter freiwillig