2. Das freiwillige, soziale Jahr in Österreich

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Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe
Ausbildungsschwerpunkt
Business Responsibility Management
Reife- und Diplomprüfung 2013
Fachspezifische Themenstellung
Der Dritte Sektor und
die ehrenamtliche Tätigkeit
im Team
Was spricht für und gegen die Einführung eines
freiwilligen, sozialen Jahres im Falle einer Abschaffung
der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes in
Österreich? Wie soll dieser freiwillige Dienst organisiert
sein und welche gesellschaftlichen Folgen ergeben sich?
Untersucht am Vorbild Deutschland.
Tamara Nagl
Freiwilligenarbeit in Österreich aus Genderperspektive:
Was sind die Ursachen und Hintergründe für die
Unterschiede zwischen den Geschlechtern hinsichtlich
Motiven, Form, Art und Ausmaß der Beteiligung im
Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeit?
Marlies Moser
Betreuung:
MMag. Josef Loibelsberger
EIGENSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG
Wir erklären hiermit, dass wir die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung
anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt haben.
Die aus den fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als
solche kenntlich gemacht.
Wien, am 03.12.2012
Tamara Nagl
Marlies Moser
2
Inhaltsverzeichnis
1. Der Dritte Sektor und die ehrenamtliche Tätigkeit ..........................................................5
1.1. Der Dritte Sektor......................................................................................................5
1.1.1. 5-Sektorenmodell ..............................................................................................5
1.1.2. Definition Dritter Sektor .....................................................................................5
1.2. Ehrenamtliche Tätigkeit ...........................................................................................6
1.2.1. Definition ehrenamtliche Tätigkeit .....................................................................6
1.2.2. Formelle und informelle Tätigkeit ......................................................................6
1.3. Zahlen und Fakten zur ehrenamtlichen Tätigkeit .....................................................6
1.4. Einflussfaktoren auf Freiwilligenarbeit .....................................................................7
1.4.1. Regionale Unterschiede ....................................................................................7
1.4.1.1. Stadt-Land Gefälle......................................................................................7
1.4.1.2. Nord-West nach Süd-Ost Gefälle ...............................................................7
1.4.2. Geschlechterverhältnisse ..................................................................................8
1.4.3. Familienstand ...................................................................................................8
1.4.4. Bildungsniveau .................................................................................................8
1.4.5. Erwerbsstatus ...................................................................................................8
1.5. Motive für ehrenamtliches Engagement...................................................................9
1.5.1. Rationalitäten des Dritten Sektors .....................................................................9
1.5.2. Motive anhand von Zahlen ................................................................................9
2. Das freiwillige, soziale Jahr in Österreich .....................................................................11
2.1. Status Quo: Bundesheer und Zivildienst ................................................................11
2.1.1. Das Bundesheer .............................................................................................11
2.1.2. Der Zivildienst .................................................................................................11
2.2. Berufsheer statt Bundesheer .................................................................................12
2.2.1. Kostenvergleich Bundesheer - Berufsheer ......................................................12
2.3. Zivildienstersatz: Das freiwillige, soziale Jahr ........................................................12
2.3.1. Organisation ...................................................................................................13
2.3.1.1. Agentur.....................................................................................................13
2.3.1.2. Personen ..................................................................................................13
2.3.1.3. Bezahlung ................................................................................................14
2.3.2.4. Arbeitsverhältnis .......................................................................................14
2.3.2.5. Aufgabenbereiche ....................................................................................14
2.3.2.6. Zivildienstersatz als Bildungsförderungsprogramm ...................................14
2.3.2. Kostenvergleich Zivildienst – freiwilliges, soziales Jahr ...............................15
2.3.3. Vorteile des freiwilligen, sozialen Jahres .....................................................17
3
2.3.3.1. Gesellschaftliche Vorteile .........................................................................17
2.3.3.2. Vorteile für die Organisationen .................................................................17
2.3.4. Nachteile des freiwilligen, sozialen Jahres ...................................................18
2.4. Der Bundesfreiwilligendienst in Deutschland .........................................................18
2.4.1. Organisation ................................................................................................18
2.4.1.1. Personen ..................................................................................................18
2.4.1.2. Dauer .......................................................................................................19
2.4.1.3. Bezahlung ................................................................................................19
2.4.1.4. Arbeitsverhältnis .......................................................................................20
2.4.1.5. Aufgabenbereiche ....................................................................................20
2.4.1.6. Der Bundesfreiwilligendienst und Bildung .................................................20
2.4.2. Andere Formen des Freiwilligendienstes .....................................................20
2.4.2.1. Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ...................................................................20
2.4.2.2. Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) ...........................................................21
2.4.2. Erfahrungen in Deutschland ........................................................................21
2.4.3. Vergleich: Freiwilliges, soziales Jahr – Bundesfreiwilligendienst .................21
2.4.3.1. Organisation .............................................................................................21
2.4.3.2. Bezahlung ................................................................................................21
2.4.3.3. Arbeitsverhältnis .......................................................................................21
2.5. Resumée ........................................................................................................22
3. Freiwilligenarbeit aus Genderperspektive in Österreich ...............................................24
3.1. akfjldkf ...................................................................................................................24
3.1.1. akfjldkf ............................................................................................................24
3.1.1.1. lakjdfsl ......................................................................................................24
4. Quellenverzeichnis.......................................................................................................25
5. Abbildungsverzeichnis .................................................................................................25
4
1. Der Dritte Sektor und die ehrenamtliche Tätigkeit
1.1. Der Dritte Sektor
1.1.1. 5-Sektorenmodell
Das 5-Sektorenmodell teilt die Gesamtwirtschaft in den Haushaltssektor, den For-Profit
Sektor, den Non-Profit bzw. Dritten Sektor, sowie den öffentlichen Sektor - Staat und den
illegalen-kriminellen Sektor. 1 Dies ist eine Erweiterung des allgemeinen
Wirtschaftsmodells und weist neben den Akteuren Haushalte, Unternehmen und Staat,
zusätzlich den Non-Profit sowie den illegalen-kriminellen Sektor auf, welche ebenfalls
einen beträchtlichen Einfluss auf die Zusammenhänge der Volkswirtschaft haben. Aus
diesem Grund werden wir uns in weiterer Folge mit der Rolle des Dritten Sektors
beschäftigen.
Abbildung 1: 5-Sektorenmodell
1.1.2. Definition Dritter Sektor
Der Dritte Sektor wird auch Non-Profit Sektor oder Sektor zwischen Staat und Markt
genannt.2 Das heißt, er umfasst alle wirtschaftlich handelnden als auch nicht-wirtschaftlich
handelnden Organisationen und deren Tätigkeiten zwischen diesen beiden Polen. 3
Charakteristische Bereiche im Dritten Sektor sind beispielsweise Vorsorge, Fürsorge oder
Solidarität, 4 was somit illegale Aktivitäten ausschließt.
Im Dritten Sektor werden nicht nur Wohlfahrtsleistungen und Sozialmaßnahmen
umgesetzt, auch die Demokratiefunktion spielt eine entscheidende Rolle. So sagt zum
Beispiel der französische Publizist und Politiker Alexis Toqueville, dass die freiwilligen
Vereinigungen und das bürgerschaftliche Engagement, die Grundpfeiler einer Demokratie
seien und somit würde, durch ein System von Macht und Gegenmacht, eine Diktatur
verhindert werden. 5
vgl. Novy, Traude: Erweitertes Ökonomieverständnis – 5-Sektorenmodell der Gesamtwirtschaft. In: Verein
Joan Robinson (Hg): Wirtschaft anders denken. Feministische Wirtschaftsalphabetisierung. – Wien:
Eigenverlag, 2010, S. 35
1
2
vgl. Novy, 2010, S. 48
vgl. Birkhölzer, Karl; Kistler, Ernst; Mutz, Gerd: Der Dritte Sektor. Partner für Wirtschaft und Arbeitsmarkt. –
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2004, S.11
3
4
5
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dritter-sektor.html, 8.11.2012
vgl. Nährlich, Stefan: Spenden und Ehrenamt, Vereine und Stiftungen. http://www.aktive-
buergerschaft.de/fp_files/Naehrlich_Wozu_braucht_man_Buergerengagement.pdf, 27.8.2012.
5
1.2. Ehrenamtliche Tätigkeit
1.2.1. Definition ehrenamtliche Tätigkeit
Unter ehrenamtlicher Tätigkeit versteht man „eine Arbeitsleistung, die freiwillig (d.h. ohne
gesetzliche Verpflichtung) geleistet wird, der kein monetärer Gegenfluss gegenübersteht
(die also unbezahlt geleistet wird) und deren Ergebnis Personen außerhalb des eigenen
Haushaltes zufließt.“ 6
1.2.2. Formelle und informelle Tätigkeit
Formelle Freiwilligenarbeit wird im Kontext einer Organisation, einer Institution oder
eines Vereines erbracht, wie beispielsweise gemeinnützige Arbeit bei Greenpeace, WWF
oder Amnesty International.
Von informeller Freiwilligenarbeit spricht man, wenn Leistungen, ohne institutionellen
Rahmen einer Organisation oder eines Vereines und außerhalb des eigenen Haushaltes
erbracht werden. Somit entsteht ein direkter Austausch von Leistung zwischen freiwillig
Engagierten und Leistungsempfängern auf privater Basis. 7 8 Ein Beispiel hierfür ist
Nachbarschaftshilfe.
1.3. Zahlen und Fakten zur ehrenamtlichen Tätigkeit
Im Jahr 2006 wurde eine Mikrozensus-Zusatzerhebung von Statistik Austria, im Auftrag
des Sozialministeriums und in Kooperation mit dem Institut für interdisziplinäre Non-Profit
Forschung der WU, durchgeführt. 9 Dabei wurde eine Gesamtheit von 6.897.901
Personen über 15 Jahren, bezüglich Freiwilligenarbeit, befragt.
Das Ergebnis dieser Auswertung zeigt, dass sich insgesamt 43,8% der österreichischen
Bevölkerung ab 15 Jahren, freiwillig engagieren. Davon sind 27,9% formell freiwillig tätig
und 27,1% informell engagiert. 10
Abbildung 2: Beteiligungsquoten und Anzahl der Freiwilligen nach Bereichen
6
7
More-Hollerweger, Eva; Sprajcer, Selma: Freiwilliges Engagement in Österreich. – Wien, Juni 2009, S. 6
vgl. More-Hollerweger; Sprajcer, 2009, S.6
8
vgl. Meyer, Michael: Freiwilligenarbeit im Kontext: Individuelle, sozioökonomische und politische
Einflussfaktoren. In: Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg.): Freiwilligenarbeit. Symposium
2011. – Wien: Manz‘sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, 2011. S. 2
9
http://www.statistik.at/web_de/services/mikrodaten_fuer_forschung_und_lehre/datenangebot/stan
dardisierte_datensaetze_sds/index.html, 15.10.20012
10 vgl. More-Hollerweger; Sprajcer, 2009, S.51
6
Abbildung 2. zeigt die Erhebung die Bereiche in denen Freiwilligenarbeit am häufigsten
geleistet wird. Man kann also entnehmen, dass Kultur, Sport, Religion, sowie
Katastrophenhilfe, die Tätigkeitsfelder mit der höchsten freiwilligen Beteiligung sind. 11
Außerdem gibt es klare Unterschiede in Hinblick auf das Alter der Freiwilligen. Am
meisten engagiert sich die Bevölkerung zwischen 40 und 59 Jahren mit einer
Beteiligungsquote von ca. 32%, aber auch Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren
engagieren sich regelmäßig (31,4%). Im Durchschnitt beteiligen sich ca. 28% der
Österreicher Österreicherinnen in freiwilligen Organisationen. 12
Zusätzlich zum Alter spielt auch der Zeitaufwand eine wichtige Rolle. Im österreichischen
Durchschnitt beträgt dieser 4,9 Wochenstunden. Multipliziert man nun die durchschnittlich
geleisteten Wochenstunden mit der Anzahl der freiwillig Tätigen in Österreich, so erhält
man ein Arbeitsvolumen von ca. 15 Millionen Arbeitsstunden pro Woche. 13
1.4. Einflussfaktoren auf Freiwilligenarbeit
1.4.1. Regionale Unterschiede
1.4.1.1. Stadt-Land Gefälle
Ein ausschlaggebender Einflussfaktor auf Freiwilligenarbeit ist das sogenannte „StadtLand Gefälle“. Dies bedeutet, dass in ländlichen Gebieten mehr Freiwilligenarbeit geleistet
wird, als in großen Städten. Dies hängt damit zusammen, dass der gesellschaftliche
Zusammenhalt in kleinen Gemeinden einen größeren Wert hat, als in Großstädten, was
man beispielsweise an Organisationen wie der Freiwilligen Feuerwehr oder Sportvereinen
erkennen kann.
Das heißt also, im urbanisierten Raum, gibt es eine deutlich niedrigere Zahl an
Freiwilligen, was wiederum meist daran liegt, dass man in Städten mehr Möglichkeiten hat
seine Freizeit zu gestalten und es keinen gesellschaftlichen Druck gibt, sich zu
engagieren. 14
1.4.1.2. Nord-West nach Süd-Ost Gefälle
Ein weiterer regionaler Unterschied ist das Nord-West nach Süd-Ost Gefälle, welches sich
hinsichtlich Freiwilligenarbeit in Europa abzeichnet, wie eine Zusatzerhebung zum
European Social Survey 2002 zeigt.
Das bedeutet, dass vor allem europäische „Staaten mit einem starken Sozialsystem,
hohem Staatsanteil und größerem Wohlstand, […] ein hohes Niveau an
zivilgesellschaftlichen Engagement“ 15 haben.
So sind es zum Beispiel die skandinavischen Staaten und die BENELUX-Länder die eine
besonders hohe Engagement-Quote aufweisen, wohingegen Länder wie Portugal,
Spanien, Italien und Griechenland im Süden Europas und die ehemaligen Ost-Block
Staaten, nur einen sehr geringen Anteil an Freiwilligen haben. Somit befinden sich Länder
11
vgl. More-Hollerweger, Eva; Sprajcer, Selma: Freiwilliges Engagement in Österreich. - Wien, Juni 2009, S.
52
12 vgl. More-Hollerweger; Sprajcer, 2009, S. 57
13 http://www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/freiwilligenarbeit/index.html, 18.10.2012
14 vgl. Meyer, Michael: Freiwilligenarbeit im Kontext: Individuelle, sozioökonomische und politische
Einflussfaktoren. In: Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg.): Freiwilligenarbeit. Symposium 2011. –
Wien: Manz‘sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, 2011, S. 10-11
15 Meyer, 2011, S. 8
7
wie Frankreich, Deutschland und Österreich eher im Mittelfeld was das freiwillige
Engagement betrifft. 16
Ein möglicher Grund für dieses regionale Phänomen ist die unterschiedliche Bildung und
das Schulsystem in skandinavischen Ländern, da diese eine beträchtliche Auswirkung auf
das freiwillige Engagement haben. Aber auch die staatliche Unterstützung der Bürger und
Bürgerinnen was die aktive Zivilbürgerschaft betrifft spielt eine entscheidende Rolle. Somit
leisten Menschen in Ländern mit einen starken Sozialsystem am häufigsten freiwilligen
Dienst in der Gesellschaft.
1.4.2. Geschlechterverhältnisse
Die Geschlechterverhältnisse in der ehrenamtlichen Tätigkeit sind sehr unterschiedlich.
Allgemein beteiligen sich mehr Männer als Frauen ehrenamtlich, allerdings gibt es große
Unterschiede in den verschiedenen Bereichen. So arbeiten zum Beispiel mehr Männer in
den Bereichen Katastrophenhilfe, Politik und Sport. Dahingegen arbeiten überwiegend
Frauen in den sozialen Bereichen wie Bildung und Religion.
Ein weiterer Unterschied zwischen Männern und Frauen ist die Form der Beteiligung.
Dabei spielt die vertikale Segregation eine wichtige Rolle, was bedeutet, dass vor allem
Männer die leitenden Positionen in Organisationen bzw. Vereinen innehaben und Frauen
meistens ausführende Arbeiten erledigen. 17
1.4.3. Familienstand
Auch der Familienstand der freiwillig Tätigen ist ein wichtiger Aspekt. So engagieren sich
großteils ledige und verheiratete Menschen mit einer Beteiligungsquote von jeweils ca.
30% aller Freiwilligen in Österreich. 18 Dies ist womöglich auch darauf zurückzuführen,
dass ledige Menschen mehr Zeit investieren können um sich zu engagieren, wohingegen
verheiratete Menschen oftmals ein gesteigertes Sozialverhalten zeigen, welches sich
durch die Beziehung zu einem anderen Menschen ergibt.
1.4.4. Bildungsniveau
Betrachtet man den Bildungsstatus der Ehrenamtlichen, so kann man erkennen, dass je
höher der Bildungsgrad eines Menschen ist, desto höher ist auch die Bereitschaft sich
ehrenamtlich zu betätigen. Die höchste Beteiligungsquote von 44,9% weisen Absolventen
und Absolventinnen einer Fachhochschule bzw. Universität auf. Am geringsten beteiligen
sich Pflichtschulabsolventen und Pflichtschulabsolventinnen mit einer Quote von 19,4%. 19
1.4.5. Erwerbsstatus
Hinsichtlich des Erwerbsstatus zeigt die Mikrozensus-Zusatzerhebung, dass sich großteils
berufstätige Personen ehrenamtlich engagieren, vor allem Vertragsbedienstete und freie
16
vgl. Meyer, Michael: Freiwilligenarbeit im Kontext: Individuelle, sozioökonomische und politische
Einflussfaktoren. In: Kommunalwissenschaftliche Gesellschaft (Hg.): Freiwilligenarbeit. Symposium 2011. –
Wien: Manz‘sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, 2011, S.8 -10
17 vgl. More-Hollerweger, Eva; Sprajcer, Selma: Freiwilliges Engagement in Österreich. - Wien, Juni 2009, S.
90 -103
18 vgl. Hollerweger; Sprajcer, 2009, S. 58
19 vgl. Meyer, 2011, S. 16
8
DienstnehmerInnen. Arbeitslose engagieren sich dahingegen mit einer nur sehr geringen
Quote von 17,1%, was wiederum auf den Bildungsgrad zurückzuführen ist. 20
1.5. Motive für ehrenamtliches Engagement
1.5.1. Rationalitäten des Dritten Sektors
Menschen die freiwillig tätig sind haben unterschiedliche politisch-ethische
Werterationalitäten. Das bedeutet, dass Menschen sich aus den verschiedensten
Gründen, Glauben oder Überzeugungen engagieren. Einige Rationalitäten des Dritten
Sektors wären beispielsweise der religiöse Glaube, die politische Gesinnung,
philosophische Überzeugungen oder Altruismus. 21 Daraus ergeben sich verschiedene
Motive, die die Menschen leiten sich aktiv zu beteiligen.
1.5.2. Motive anhand von Zahlen
Wie die von Statistik Austria durchgeführte Mikrozensus-Zusatzerhebung (2006)
außerdem zeigt, sind die Motive für ehrenamtliches Engagement sehr unterschiedlich.
64% der Befragten gaben an Spaß am Ehrenamt zu haben und 58% der
ÖsterreicherInnen engagieren sich, um anderen Menschen zu helfen. Aber auch die
Werte „Menschen treffen“ und „neue Freunde gewinnen“, sowie „eigene Fähigkeiten und
Kenntnisse einbringen“, sind ausschlaggebende Motive.
Im Gegensatz dazu, begründen nur 3% der Befragten ihr Engagement damit, dass sie
dadurch Vorteile haben, einen bezahlten Job zu finden und weitere 9% erhoffen sich auf
Grund der freiwilligen Tätigkeit eine persönliche Bereicherung, die ihrem Berufsleben zu
Gute kommt.
Abbildung 3: Motive für Freiwilliges Engagement
20
vgl. More-Hollerweger, Eva; Sprajcer, Selma: Freiwilliges Engagement in Österreich. - Wien, Juni 2009, S.
60
21 vgl. Novy, Traude: Erweitertes Ökonomieverständnis – 5-Sektorenmodell der Gesamtwirtschaft. In: Verein
Joan Robinson (Hg): Wirtschaft anders denken. Feministische Wirtschaftsalphabetisierung. – Wien:
Eigenverlag, 2010, S. 49
9
Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe
Ausbildungsschwerpunkt
Business Responsibility Management
Reife- und Diplomprüfung 2013
Fachspezifische Themenstellung
Der Dritte Sektor und
die ehrenamtliche Tätigkeit
im Team
Was spricht für und gegen die Einführung eines
freiwilligen, sozialen Jahres im Falle einer Abschaffung
der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes in
Österreich?
Wie soll dieser freiwillige Dienst organisiert sein und
welche gesellschaftlichen Folgen ergeben sich?
Untersucht am Vorbild Deutschland.
Tamara Nagl
Betreuung:
MMag. Josef Loibelsberger
10
In Österreich muss jeder männliche, österreichische Staatsbürger nach der Erfüllung des
18. Lebensjahres zum Bundesheer gehen oder Zivildienst verrichten. Doch im Jahr 2013
soll es Veränderungen in diesem Bereich geben. Die österreichische Regierung will
diesen Zwangsdienst abschaffen und statt dem Bundesheer ein Berufsheer einführen und
als Zivildienstersatz soll das freiwillige, soziale Jahr dienen. Diesbezüglich wird es am 20.
Jänner 2013 eine Volksbefragung geben. Doch wäre ein freiwilliges, soziales Jahr in
Österreich möglich? Diese Frage wird in diesem Teil der Arbeit genau beantwortet.
2. Das freiwillige, soziale Jahr in Österreich
2.1. Status Quo: Bundesheer und Zivildienst
2.1.1. Das Bundesheer
Nach Artikel 9a, Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetz ist jeder männliche,
österreichische Staatsbürger nach der Erfüllung des 18. Lebensjahres wehrpflichtig. Das
heutige Bundesheer besteht laut Angaben des Verteidigungsministeriums aus ca. 14.300
Berufs- und Zeitsoldaten und Soldatinnen, 21.000 Milizsoldaten und Milizsoldatinnen und
ca. 11.000 Grundwehdienern und dauert 6 Monate. 22
Die Aufgaben des Bundesheeres sind die militärische Landesverteidigung, der Schutz der
verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und der demokratischen
Freiheiten der Einwohner, die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren
Österreichs, die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen
außergewöhnlichen Umfanges, die Hilfeleistung im Ausland bei Maßnahmen der
Friedenssicherung, der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe sowie der Such-und
Rettungsdienst. 23
2.1.2. Der Zivildienst
Alle österreichischen, männlichen Staatsbürger, welche die Wehrpflicht verweigern oder
sie aus bestimmten Gründen nicht verrichten können, haben die Pflicht einen Ersatzdienst
(Zivildienst) zu verrichten. Die Wehrpflicht ist die Voraussetzung für den Zivildienst und
dauert 9 Monate. Laut dem Innenministerium werden rund 13.500 Zivildiener den
verschiedensten Organisationen zugeteilt und ca. 9.600 Zivildiener sind ständig im
Einsatz.24
22
Landes-Medienzentrum Salzburg (Hg.): Informationen zu Volksbefragung 20. Jänner 2013. Berufsheer und
bezahltes Sozialjahr oder Wehrpflicht und Zivildienst. – Salzburg, 3.12.2012, S. 8
23 §2 WG Aufgaben des Bundesheeres,
http://www.jusline.at/index.php?cpid=ba688068a8c8a95352ed951ddb88783e&lawid=74&paid=2
24 vgl. Landes-Medienzentrum Salzburg (Hg.): Informationen zur Volksbefragung 20. Jänner 2012, S. 9
11
Die Aufgabenbereiche des Zivildienstes sind Arbeiten in Krankenanstalten,
Rettungswesen, Sozialhilfe, Behindertenhilfe, landwirtschaftliche Betriebshilfe,
Altenbetreuung, Betreuung Drogenabhängiger, Arbeiten in Justizanstalten,
Katastrophenhilfe und Zivilschutz, Zivile Landesverteidigung, Arbeiten bei inländischen
Gedenkstätten, Umweltschutz, Jugendarbeit und Kinderbetreuung. 25
2.2. Berufsheer statt Bundesheer
Das vom Verteidigungsministerium entwickelte Berufsheermodell soll ab 2014 ein
Freiwilligen- bzw. Berufsheer sein. Somit werden keine Grundwehrdiener einberufen.26
Das Berufsheer soll die Kernaufgaben, sprich die Landesverteidigung, Katastrophenhilfe
sowie Luftraumüberwachung übernehmen. Ebenfalls werden 1.100 Soldaten und
Soldatinnen für Auslandseinsätze und 55.000 Soldaten und Soldatinnen im Falle einer
Mobilmachung zur Verfügung stehen.27 Dienste, wie zum Beispiel Chauffeurdienste
werden nicht vom Berufsheer übernommen.28
2.2.1. Kostenvergleich Bundesheer - Berufsheer
Der Grundwehrdienst kostet pro Jahr insgesamt mindestens 430 Mio. Euro im Jahr. Diese
Kosten sind in 200 Mio. Euro für Verpflegung, Sold, Unterkunft und Ausbildung der
Grundwehrdiener plus 70 Mio. Euro für deren Pensionsbeiträge sowie 160 Mio. Euro an
Ausfällen bei Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben einzuteilen. 29
Ein Berufsheer würde voraussichtlich 100 Mio. Euro mehr kosten als das Bundesheer.
„46,5 Mio. Euro kostet alleine die jährliche Anerkennungsprämie von 5.000 Euro.
Dienstgradzulagen, Monatsgelder und Milizprämien während der Übungen verursachen
weitere Kosten von rund 13 Mio. Euro pro Jahr. Hinzu kommen Kosten für die Vor- und
Nachbereitung dieser Übungen, Kosten für Verpflegung, Unterkunft, Flurschäden,
Munition, Fahrkostenersatz und dergleichen. Dazugerechnet werden müssten zudem
Ausgaben für Werbemaßnahmen, für die Eignungsüberprüfungen, für die Ausbildung
sowie für die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen, damit sich 9.300 Freiwillige
melden“ 30
2.3. Zivildienstersatz: Das freiwillige, soziale Jahr
Im Falle der Abschaffung der Wehrpflicht fällt auch der Zivildienst weg. Für diesen wurde
als Ersatzmodell das freiwillige, soziale Jahr entwickelt, welches für Männer und Frauen
sowie für jede Altersgruppe zugänglich ist. Die Dauer des freiwilligen, sozialen Jahres
beträgt ein Jahr.31
25
Zivildienstserviceagentur (Hg.).: Zuweisung 2011 nach Sparten und Bundesland. Zuweisungen
Zivildienstpflichtiger – Österreich 2011 aufgegliedert nach Bundesländern und Dienstleistungssparten, 2011
26 vgl. Landes-Medienzentrum Salzburg (Hg.): Informationen zur Volksbefragung 20. Jänner 2013, S. 10
27 http://profiheer.at/profiheer/
28 vgl. Sachse, Charlotte: Interview am 30.11.2012
29 vgl. http://www.news.at/a/berufsheer-debatte-profis-millionen
30 http://www.news.at/a/berufsheer-debatte-profis-millionen
31 vgl. Sachse, 30.11.2012
12
2.3.1. Organisation
Abbildung 4: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales
Jahr, November 2012
2.3.1.1. Agentur
Wie auch schon beim Zivildienst, wird beim freiwilligen, sozialen Jahr eine Agentur
Personen an die Organisationen vermitteln und weiterleiten. Sollten zu wenig „Freiwillige“
zur Verfügung stehen, so kann die Agentur nachhelfen. Doch es liegt auch bei den
Organisationen selbst Werbung zu betreiben und auf sich aufmerksam zu machen.32
Weitere Aufgaben der Agentur sind die Lohnverrechnung, die Abwicklung der
Förderungen für das freiwillige, soziale Jahr an die Organisationen, die Kontrolle der
Förderbedingungen (z.B. Ausbildungen) sowie auch die Gewährleistung von Hilfestellung
bei der Organisation der Ausbildungen, aber auch die Zertifizierung der Tätigkeit der
Zivildienstersatzausführende für die weitere Verwertbarkeit des sozialen Jahres. 33
2.3.1.2. Personen
Für das freiwillige, soziale Jahr stehen 8.000 Arbeitsplätze pro Jahr zur Verfügung. Diese
sollten problemlos besetzt werden, denn allein im Jahr 2011 ergriffen 91.500
unselbstständig Beschäftigte einen Beruf im Gesundheits- und Sozialbereich neu auf.34
Somit kann ein Mangel an Zivildienstersatzausführende ausgeschlossen werden.
Der Zivildienstersatz ist zugänglich für Männer und Frauen. Außerdem können Personen
jeder Altersgruppe, vorausgesetzt sie haben das 18. Lebensjahr abgeschlossen und
32
vgl. Sachse, 30.11.2012
vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales Jahr, November 2012
34 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
33
13
keinen Pensionsbezug in Anspruch nehmen, dieses Jahr absolvieren.35 Diese sollten
entsprechend qualifiziert sein, dennoch brauchen sie vor Antritt des freiwilligen, sozialen
Jahres keine Ausbildung im Gesundheits- und Sozialwesen.36
2.3.1.3. Bezahlung
Während des freiwilligen, sozialen Jahr bezieht jede Ausführende und jeder Ausführender
ein Bruttogehalt von 1.386 Euro welches 14-mal, umgelegt auf 12 Monate, ausgezahlt
wird. Dies entspricht einem Nettogehalt von 1.284 Euro. 37 38
2.3.2.4. Arbeitsverhältnis
Personen, welche ein freiwilliges, soziales Jahr ausführen, arbeiten in einem
Beschäftigungsverhältnis mit einer Entlohnung von 1.386 Euro brutto. 39 Zusätzlich bietet
das freiwillige, soziale Jahr allen Ausführenden eine sozialversicherungsrechtliche
Absicherung. 40
2.3.2.5. Aufgabenbereiche
Grundsätzlich sollen die Aufgabenbereiche übernommen werden, welche bereits vom
Zivildienst abgedeckt werden. Diese sind das Rettungswesen, die Alten- und
Krankenbetreuung, die Behinderten- und Sozialhilfe, die Arbeit in Krankenanstalten sowie
der Katastrophen- und Zivilschutz. 41 42
Kleinere Aufgabengebiete wie z.B. die Schulwegsicherung oder auch die
landwirtschaftliche Betriebshilfe werden durch das freiwillige, soziale Jahr nicht mehr
abgedeckt. Diese Gebiete müssen sich nach einer Abschaffung des Zivildienstes selbst
organisieren, da sie überschaubarer sind als z.B. das Rettungswesen und die Abdeckung
dieser Gebiete weniger essentiell sind als die Abdeckung großer Aufgabengebiete
(Vergleich jetziger Aufgabenbereiche von Zivildienern: Rettungswesen 43,9% landwirtschaftliche Betriebshilfe 1%). 43 44
2.3.2.6. Zivildienstersatz als Bildungsförderungsprogramm
Der Zivildienstersatz gilt ebenfalls als Förderungsprogramm, da Organisationen zur
Weiterbildung der Angestellten verpflichtet sind, welche sie selbst finanzieren. Die
Intention der Weiterbildung ist die Verwertbarkeit der Ausbildung in der Zukunft, vor allem
für junge Menschen, welche eine zusätzliche Ausbildung gegen Bezahlung erhalten.45
35
vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
vgl. Sachse, Charlotte: Interview am 30.11.2012
37 vgl. Sachse, 30.11.2012
38 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
39 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
40 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
41 vgl. Sachse, 30.11.2012
42 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
43 vgl. Sachse, 30.11.2012
44 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
45 vgl. Sachse, Charlotte: Interview am 30.11.2012
36
14
2.3.2. Kostenvergleich Zivildienst – freiwilliges, soziales Jahr
Dem Zivildienstersatz würden jährliche Kosten von 211 Mio. zugeschrieben werden.
Somit würden zusätzlich 3 Mio. Euro Budgetkosten anfallen als bisher, da der Zivildienst
Kosten von 208 Mio. Euro verursacht.46
Die Gesamtkosten des freiwilligen, sozialen Jahres (211 Mio. Euro) teilen sich in folgende
Kosten auf:
Der Förderanteil des Bundes beträgt 171 Mio. Euro inkl. Der Lohnsteuer von 5,6 Mio.
Euro.47
Die restlichen 40 Mio. Euro sind der Trägeranteil der verschiedenen Organisationen.
Dieser besteht aus Ausbildungskosten und allfälligen Kosten wie z.B. für Bekleidung
sowie einem Beitrag an die Agentur. 48
Die Kosten des Zivildienstes sind in direkte und indirekte Kosten zu teilen. Die direkten
Kosten tragen das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, das
Bundesministerium für Inneres und die Träger selbst. Diese betragen insgesamt
142 Mio. Euro.49
Doch man muss auch die indirekten Kosten bedenken, welche 66 Mio. Euro betragen.50
Diese sind jene Kosten, die durch das Nichtzahlen von Steuern und
Sozialversicherungsbeiträgen, welche Zivildiener während dieser Zeit nicht zahlen,
entstehen.51 52
Die monatlichen Kosten eines Zivildieners sind niedriger, als die Kosten verursacht von
einem Zivildienstersatzausführendem oder einer Zivildienstersatzausführenden. Die
Kosten eines Zivildieners belaufen sich auf 1.799,90 Euro im Monat, wobei die Kosten pro
Person, welche ein freiwilliges, soziales Jahr durchführen um 397,77 Euro höher sind
(monatl. Kosten – 2.197,67 Euro / Person). 53
Hierbei sind die indirekten Kosten, verursacht von einem Zivildiener, zu bedenken.
46
vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales Jahr, November 2012
vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
48 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
49 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
50 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
51 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
52 vgl. Völker, Michael: Soziales Jahr: 8000 Freiwillige sollen den Zivildienst ersetzen. In: Der Standard,
16.11.2012
53 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
47
15
Abbildung 5: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales
Jahr, November 2012
Abbildung 6: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales
Jahr, November 2012
Das freiwillige, soziale Jahr würde 3 Mio. Euro mehr kosten als der Zivildienst 54, doch
würden bei diesem Ersatzmodell keine indirekten Kosten anfallen, da aufgrund des
Beschäftigtenverhältnis Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden. 55
Somit sind beide Modelle kostendeckend.
54
55
vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales Jahr, November 2012
vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
16
2.3.3. Vorteile des freiwilligen, sozialen Jahres
Aufgrund der genannten Daten und Fakten können daraus Vorteile sowie Nachteile für
das freiwillige, soziale Jahr gezogen werden.
2.3.3.1. Gesellschaftliche Vorteile
Aufgrund der demographischen Veränderung gilt die stetige Verringerung der
Zivildiener.56 Dies ist auf die sinkende Geburtenrate zurückzuführen. Vergleicht man die
Geburtenanzahl junger Männer in den Jahren 1994 und 1999 so ist ein Rückgang von
7.000 Personen festzustellen (1994: ca. 45.000; 1999: ca. 38.000) 57. In Zukunft kann der
Zivildienst nur schwer von jungen Männern abgedeckt werden.
Das freiwillige, soziale Jahr ist eine Alternative, welche auch in Zukunft die Abdeckung der
Sozialbereiche, in welchen derzeit Zivildiener eingesetzt werden, garantiert, da nicht nur
junge Männer, sondern auch Frauen und Personen jeden Alters zugelassen sind.
Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache der Ausbildung mit Verwertbarkeit. Mit Verwertbarkeit
ist die Anrechnung von Modulen für die weitere Berufsausbildung, die Anrechnung auf
geforderte Praxiszeiten in einer weiteren Ausbildung, Zusatzpunkte bei Aufnahmetests in
Schulen, Fachhochschulen und Universitäten sowie die Anrechnung als Vordienstzeit im
Öffentlichen Dienst gemeint. 58
Außerdem werden diverse mögliche Ausbildungen geboten, z.B. ein
Fahrsicherheitstraining, ein Erste-Hilfe-Kurs, die Ausbildung zum Rettungssanitäter und
zur Rettungssanitäterin, eine Heimhelfer- und Heimhelferinnenausbildung uvm. 59
Da keine Ausbildung im Gesundheits- und Sozialwesen vor Antritt des Zivildienstersatzes
verlangt ist, können viele Menschen, welche nicht mehr zufrieden mit ihrer derzeit
ausgeführten Tätigkeit sind, etwas Neues ausprobieren. Auch für junge Menschen bietet
der Zivildienstersatz eine Möglichkeit, ein neues Arbeitsfeld zu erforschen. Der große
Vorteil daran ist die relativ gute Bezahlung und die Sozialversicherung. 60
2.3.3.2. Vorteile für die Organisationen
Das Ersatzmodell bietet aber auch einige Vorteile für die Organisationen. Zunächst wäre
eine administrative Erleichterung für die Organisationen gegeben, da die
Lohnverrechnung und die Abwicklung der Sozialversicherungsbeiträge und der
Förderungen von der Agentur verwaltet werden.61
Zusätzlich wird es keine große Systemumstellung für die Organisationen geben, da
dieses dem System des Zivildienstes sehr ähnlich ist. Weitere Vorteile sind Lebens- und
berufserfahrenes Personal sowie Planungssicherheit. 62
56
vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales Jahr, November 2012
vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
58 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
59 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
60 vgl. Sachse, Charlotte: Interview am 30.11.2012
61 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
62 vgl. BMASK: Soziales Jahr, 2012
57
17
Da nicht nur junge Männer zugelassen werden, würde es keine schwankenden Zahlen
mehr geben, sowie derzeit bei den Zivildienern. 63 Durch die Aufhebung der
Einschränkung der Auswahl von Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen würde einem
Personalmangel vorgebeugt bzw. entgegengewirkt werden.
2.3.4. Nachteile des freiwilligen, sozialen Jahres
Da dieses Ersatzmodell dem Zivildienst sehr ähnlich ist, jedoch einige Erweiterungen mit
sich bringt, sind aus den davor genannten Daten, Fakten und Argumenten keine Nachteile
und Gegenargumente gegenüberzustellen.
2.4. Der Bundesfreiwilligendienst in Deutschland
In Deutschland wurde der Zivildienst bereits durch den Bundesfreiwilligendienst im Jahr
2011 ersetzt.64
„Der Bundesfreiwilligendienst in Deutschland, abgekürzt BFD, ergänzt die bisherigen auf
Länderebene bestehenden Freiwilligendienste, das freiwillige soziale Jahr (FSJ) und das
Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ).“ 65
2.4.1. Organisation
2.4.1.1. Personen
In Deutschland fördert die Bundesregierung jährlich 35.000 Plätze für den
Bundesfreiwilligendienst. 66 Diesen Dienst können Frauen sowie Männer absolvieren. Bei
dem Zivilersatzdienst ist kein Höchstalter und auch kein Mindestalter vorgesehen.
Dennoch ist die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht Voraussetzung. 67 Die Nachfrage
des Bundesfreiwilligendienstes steigt kontinuierlich. So konnte das Bundesamt für Familie
und zivilgesellschaftliche Aufgaben bis April 2012 42.241 Vereinbarungen zum
Bundesfreiwilligendienst registrieren. 68
63
vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Soziales Jahr, November 2011
vgl. http://www.bundesfreiwilligendienst.de/der-bundesfreiwilligendienst/ueber-den-bfd.html
65 http://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-freiwilliges-soziales-jahr/
66 vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/bfd/
67 vgl. http://www.soziale-berufe.com/inhalt/fsj-oder-bfd.html
68 vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/bfd/
64
18
Bundesland
Frauen
Schleswig-Holstein
563
Hamburg
491
Niedersachsen
1.634
Bremen
137
Nordrhein-Westfalen
4.033
Hessen
864
Rheinland-Pfalz
642
Baden-Württemberg
2.237
Bayern
1.629
Saarland
217
Berlin
548
Brandenburg
930
Mecklenburg-Vorpommern 432
Sachsen
3.090
Sachsen-Anhalt
1.091
Thüringen
1.471
Bund gesamt
20.009
Männer Gesamt
782
1.347
489
980
1.993
3.627
124
261
4.898
8.931
1.146
2.010
678
1.320
2.845
5.082
2.217
3.846
199
416
715
1.263
801
1.731
636
1.068
2.475
5.565
897
1.988
1.335
2.806
22.232
42.241
Gesamt in %
3,19 %
2,32 %
8,59 %
0,62 %
21,14 %
4,76 %
3,12 %
12, 03 %
9,10 %
0,98 %
2,99 %
4,10 %
2,53 %
13,17 %
4,71 %
6,64 %
100 %
Abbildung 7: Übersicht über die Anzahl der Vereinbarungen für den BFD nach Ländern
und Geschlecht (http://www.bundes-freiwilligendienst.de/bfd/)
2.4.1.2. Dauer
Im Normalfall dauert der Bundesfreiwilligendienst 1 Jahr. Es sind aber auch Einsätze mit
einer Dauer von 6 Monaten, 18 Monaten oder 2 Jahren möglich. 69
2.4.1.3. Bezahlung
Eine Entgeltzahlung gibt es während des Bundesfreiwilligendienstes nicht, da dieser auf
ehrenamtlichem Engagement basiert. Die freiwillig Tätigen in Deutschland erhalten jedoch
ein Taschengeld von max. 336 Euro, welches von der jeweiligen Organisation gezahlt
wird.70
Verschiedene Organisationen bieten auch Unterkünfte und Verpflegung gratis an,
welches nicht verpflichtend ist. 71
69
vgl. http://www.soziale-berufe.com/inhalt/fsj-oder-bfd.html
vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/bfd/
71 vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/bfd/
70
19
2.4.1.4. Arbeitsverhältnis
Der Bundesfreiwilligendienst basiert auf freiwilligem Engagement.
Bei der Sozialversicherung ist der Bundesfreiwilligendient einem Ausbildungsverhältnis
gleichzustellen 72, d.h. die Freiwilligen zahlen keine Sozialversicherungsbeiträge.
Die gesamten Kosten, also Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung,
Krankenversicherung und Unfallversicherung, trägt die jeweilige Organisation, bei welcher
die Freiwilligen eingesetzt sind. 73
2.4.1.5. Aufgabenbereiche
Der Bundesfreiwilligendienst kann in den verschiedensten Bereichen absolviert werden.
Zu diesen Bereichen zählen der Zivil- und Katastrophenschutz, Umwelt- und Naturschutz,
der Sportbereich, Integration, Kultur- und Denkmalpflege, Bildung sowie der
Sozialbereich.74 Zu dem Sozialbereich zählen die Kinder- und Jugendhilfe, Jugendarbeit,
Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege sowie Behindertenhilfe. 75
2.4.1.6. Der Bundesfreiwilligendienst und Bildung
Für alle Ausführenden des Bundesfreiwilligendienstes besteht die Pflicht zur Absolvierung
eines Seminars, welches sie auf den Dienst vorbereitet. Eine pädagogische Begleitung
unterstützt die Bundesfreiwilligendiener (Bufdis) während des Dienstes. 76
Aufgrund der Tatsache, dass politische Bildung sehr wichtig ist, muss ein Seminar an
einem Bildungszentrum des Bundesamtes für Familie und zivilrechtliche Fragen
durchgeführt werden. 77
2.4.2. Andere Formen des Freiwilligendienstes
2.4.2.1. Freiwillige Soziale Jahr (FSJ)
„Das Freiwillige Soziale Jahr, abgekürzt: FSJ, ist ein Freiwilligendienst in sozialen
Bereichen.“ 78 Dieser Dienst steht für Jugendliche und junge Erwachsene unter 27 Jahren
zur Verfügung. 79
Die Intention des freiwilligen Jahres basiert auf dem im Jahr 1962 von Gertrud Rückert
entwickelten „Philadelphischen Dienst“. Abiturienten und Abiturientinnen sollten die
Möglichkeit erhalten, sich nach der Schule persönlich und beruflich zu orientieren. 80
72
vgl. http://www.bundesfreiwilligendienst.de/der-bundesfreiwilligendienst/oft-gestellte-fragen.html
vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/news/bundesfreiwilligendienst-bfd/sozialversicherung-tragereinsatzstellen-des-fsj-und-bfd-tragen-beitrag-allein/
74 vgl. http://www.bundesfreiwilligendienst.de/der-bundesfreiwilligendienst/oft-gestellte-fragen.html
75 vgl. http://www.bundesfreiwilligendienst.de/der-bundesfreiwilligendienst/oft-gestellte-fragen.html
76vgl. http://www.bundesfreiwilligendienst.de/der-bundesfreiwilligendienst/paedagogische-begleitung.html
77 vgl. http://www.bundesfreiwilligendienst.de/der-bundesfreiwilligendienst/paedagogische-begleitung.html
78 http://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-freiwilliges-soziales-jahr/
79 vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-freiwilliges-soziales-jahr/
80 vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/fsj-freiwilliges-soziales-jahr/
73
20
2.4.2.2. Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ)
Das Freiwillige Ökologische Jahr ist, wie das Freiwillige Soziale Jahr, ein
Jugendfreiwilligendienst. Während dieser Zeit haben junge Menschen unter 27 Jahren die
Möglichkeit, sich ehrenamtlich für die Natur und für die Umwelt zu engagieren. 81
2.4.2. Erfahrungen in Deutschland
Zu Beginn des Bundesfreiwilligendienstes gab es einige Schwierigkeiten, da die
Nachfrage sehr niedrig war. Jedoch hat sich dies im Laufe der Zeit geändert.
Die gestiegene Nachfrage ist einerseits auf die derzeitig prekäre Arbeitssituation in
Deutschland, zurückzuführen.82 Viele nutzen den Bundesfreiwilligendienst als
Übergangslösung von der Arbeitslosigkeit in das Berufsleben. 83 Doch für die Dauer ist
der Bundesfreiwilligendienst keine Lösung aufgrund der niedrigen Bezahlung.
2.4.3. Vergleich: Freiwilliges, soziales Jahr – Bundesfreiwilligendienst
2.4.3.1. Organisation
In Österreich werden, wie jetzt auch beim Zivildienst, 8.000 Stellen von einer Agentur
vermittelt und Personen, mit Berücksichtigung der persönlichen Wünsche, auf
verschiedenen Organisationen zugeteilt.
In Deutschland gibt es keine Agentur, welche Freiwillige an Organisationen vermittelt und
zuteilt. Die Organisationen müssen selbst aktiv Werbung betreiben und Freiwillige
anwerben.
2.4.3.2. Bezahlung
In Anbetracht der Bezahlung gibt es enorme Unterschiede zwischen dem österreichischen
freiwilligen, sozialen Jahr und dem deutschen Bundesfreiwilligendienst.
Zivildienstersatzausführende in Österreich erhalten 14 Mal ein Monatsbruttogehalt von
1.386 Euro. Von diesem Betrag werden Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeitrag
abgezogen. Somit erhält jeder ein Nettogehalt von 1.284,75 Euro.
Zivildienstersatzausführende in Deutschland erhalten nur ein Taschengeld. Dieses darf
maximal 336 Euro betragen. Die Sozialversicherung wird jedoch nicht von diesem Betrag
abgezogen, da die Organisationen für diese Kosten aufkommen.
2.4.3.3. Arbeitsverhältnis
In Österreich wird das freiwillige, soziale Jahr innerhalb eines Arbeitsverhältnisses
absolviert. Im Gegensatz dazu basiert der Bundesfreiwilligendienst in Deutschland auf
freiwilligen bzw. ehrenamtlichen Engagement.
81
vgl. http://www.bundes-freiwilligendienst.de/news/freiwilliges-soziales-jahr-fsj/was-bedeutet-bfd-fsj-foj/
vgl. Sachse, Charlotte: Interview am 30.11.2012
83 vgl. Sachse, 30.11.2012
82
21
2.4.3.4. Bildungsaspekt
Beim österreichischen freiwilligen, sozialen Jahr werden die Ausführenden gezielt auf
Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen geschult und ausgebildet, damit diese
Ausbildung in Zukunft in diesem Bereich verwertet werden kann.
In Deutschland hingegen werden Ausführende für ihr ehrenamtliches Jahr geschult ohne
Intention der Verwertbarkeit für das weitere Berufsleben.
Dennoch wird in beiden Systemen die Persönlichkeitsentwicklung gefördert und
unterstützt.
2.5. Resumée
Das freiwillige, soziale Jahr bietet nicht nur ein kostendeckendes System als Ersatz des
Zivildienstes, sondern es bietet auch vielen Menschen, egal welchen Alters oder
Geschlechts, verschiedenste Möglichkeiten im Gesundheits- und Sozialwesen und würde
auch, v.a. für junge Menschen, zur Berufsorientierung sowie zur
Persönlichkeitsentwicklung beitragen.
In Deutschland wurde ein solches Jahr bereits vor zwei Jahren eingeführt und man spricht
von Erfolg.
In Österreich würde ein solcher Zivildienstersatz viele Vorteile mit sich bringen, sei es für
den Staat oder auch für die Gesellschaft.
Es ist ein kostendeckendes System, wobei keine indirekten Kosten mehr entstehen
würden. Aufgrund des freiwilligen, sozialen Jahres würden nicht nur die Aufgaben des
Zivildienstes übernommen, sondern auch eine Ausbildung für die
Zivildienstersatzausführenden geboten werden.
Resultierend aus den Daten und Fakten wäre dieses System ein durchaus denkbar
möglicher Ersatz für den Zivildienst, von welchem alle, aufgrund der genannten Vorteile,
profitieren und keiner benachteiligt werden würde.
22
Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe
Ausbildungsschwerpunkt
Business Responsibility Management
Reife- und Diplomprüfung 2013
Fachspezifische Themenstellung
Der Dritte Sektor und
die ehrenamtliche Tätigkeit
im Team
Freiwilligenarbeit in Österreich aus Genderperspektive:
Was sind die Ursachen und Hintergründe für die
Unterschiede zwischen den Geschlechtern hinsichtlich
Motiven, Form, Art und Ausmaß der Beteiligung im
Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeit?
Marlies Moser
Betreuung:
MMag. Josef Loibelsberger
23
3. Freiwilligenarbeit aus Genderperspektive in Österreich
3.1. akfjldkf
3.1.1. akfjldkf
3.1.1.1. lakjdfsl
24
4. Quellenverzeichnis
5. Abbildungsverzeichnis
25
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