****LESEPROBE**** Bitte bedenken Sie, dass Ihnen diese Leseprobe einen erweiterten Einblick in das Buch INGESCHENK geben soll. Komplett erhältlich als Ebook auf Amazon.de unter: http://www.amazon.de/dp/B00FE1AM6M Erhältlich als Buch auf Amazon.de unter: http://www.amazon.de/dp/149281962X INGESCHENK Roman 3. Auflage 2013 Autor: Steffen Wittenbecher Copyright 2013 Steffen Wittenbecher Covergestaltung: Steffen Wittenbecher Coverfotos: pixabay Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten und liegen bei dem Autor. Dies gilt ebenso für das Recht der mechanischen, elektronischen und fotografischen Vervielfältigung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Handlung und die handelnden Personen, sowie alle Namen sind frei erfunden. Jegli2 che Ähnlichkeit mit lebenden, verstorbenen und/ oder realen Personen ist rein zufällig. Sie erreichen den Autor unter: [email protected] www.fackelputzer.de Twitter: @wittenbechers Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 Kapitel 6 Kapitel 7 Kapitel 8 Kapitel 9 Kapitel 10 Kapitel 11 Kapitel 12 Kapitel 13 Kapitel 14 Kapitel 15 Kapitel 16 Kapitel 17 Helmuts Traum (?) Die Anstalt Das Halloween-Special Über den Autor Erweitertes Impressum 4 Kapitel 8 Detektiv Schmalwieser, der sich noch immer darum bemühte, unauffällig die Kundschaft zu belauern, verbarg sein Gesicht hinter einer der vielen Zeitschriften und ließ ab und an einen seiner geübten Blicke durch die Regale schweifen. Als Frau Ginster ihn am Arm berührte, zuckte die Klänger Kurierschwalbe geräuschvoll mit ihren Flügeln. »Da bekam wohl jemand einen mächtigen Schrecken? Herr Breitfelder, entschuldigen Sie. Ich weiß, ich halte Sie von einer überaus wichtigen Observation ab. Ich bin jedoch jetzt erst von der Polizei fortgekommen.« Detektiv Schmalwieser faltete die Zeitung zusammen und legte sie zurück auf einen der ansehnlichen Zeitungsstapel. »Schon gut, schon gut. Solange die Polizei am Ausgang steht, ist mein Herumstehen hier eher fader Natur. Sie glauben nicht, wie sich die Leute plötzlich benehmen können. Ich wäre beinahe eingeschlafen und das im Stehen. Das letzte Mal ist mir das bei einer Wahl passiert, als Wahlbeobachter. Ich glaube, es war die des örtlichen Ringeltaubenzüchterverbandes. Ich wurde dazu beauftragt, da sich niemand anderes dazu bereit erklärt hatte. Andererseits war der Verein auch selbst schuld. Wie kann man aus solch einer angeblich wichtigen Wahl die Öffentlichkeit heraushalten. Lange Rede, kurzer Sinn. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Reichlich unbeholfen an den Kittelknöpfen herumspielend wusste Frau Ginster nicht so recht, wie sie sich ausdrücken sollte, »wissen Sie, mein Postbote, der Herr Schmidt, ist ein guter Mensch. Er bringt mir normalerweise die Pakete. Doch seit einiger Zeit scheint er spurlos verschwunden zu sein. Ich war schon im Postamt und habe diverse Anrufe getätigt. Er züchtet vornehme Karpfen, und wenn es eine Landkarte mit Teichen gäbe, dann wüsste ich, wo er wohnt. Ich mache mir Sorgen, wissen Sie, und mit jedem Tag wird diese Sorge größer. Der neue Postbote, der Herr Landzunge, der quält Katzen, er hat meinen Helmut getreten. Ich möchte meinen Herrn Schmidt umgehend zurück, doch er wurde wohl unlängst entlassen. Das gefällt mir alles nicht, und da kommen Sie als Detektiv ins Spiel.« 6 »Nun ja, eigentlich«, Detektiv Schmalwieser blickte unglücklich drein und spielte an seiner Sonnenbrille herum, »Wissen Sie, Frau Ginster, ich bin kein Detektiv, wie Sie ihn sich möglicherweise vorstellen. Es besteht nun mal ein kleiner aber feiner Unterschied zwischen einem Detektiv, wie ich es bin, und einem Privatdetektiv. Nicht zuletzt in der Bezahlung.« Etwas ungläubig blickte Frau Ginster Herrn Schmalwieser an. »Ich kann Sie bezahlen, ich müsste nur noch meinen Garten umgraben, das sollte kein Problem darstellen. Würden Sie bitte eine Ausnahme machen?« Einen Moment lang schwieg Detektiv Schmalwieser nachdenklich. »Ich kann mich nach diesem Herrn Schmidt erkundigen. Mein Bruder ist Privatdetektiv.« Er zog einen Schreiblock und einen Kugelschreiber aus seiner Hemdtasche. »Schmidt, Postbote, sagen Sie und Sie sind?« »Ginster, Ingeborg Ginster, Brombeerstrauchweg 65. Melden Sie sich bei mir, sobald Sie ihn haben?« »Ja, ich brauche allerdings mehr Anhaltspunkte. Wissen Sie, wie viele Schmids es möglicherweise gibt, die darüber hinaus auch noch Postboten sind?« Darüber sinnierend kratzte sich Frau Ginster an ihren Ellenbogen. Auf recht eigentümliche Weise verzog sich bald ihr Gesicht. »Recht viele nehme ich an? Aber warten Sie … er hatte Ärger mit seiner Freundin und züchtet vornehme Karpfen …«, an ihren Fingern zählte sie weiter ab, was sie alles über Herrn Schmidt wusste, »… mag kalten Orangensaft, ist Postbote … ach, das hatten wir schon … er besitzt einen Führerschein und einen ordentlichen Ausweis, nehme ich mal an, wurde vor Kurzem entlassen, mag Katzen … genügt das?« »Ich habe noch nichts davon notiert.« Schmalwieser schüttelte seinen Kopf. Da konnte Frau Ginster ihm direkt behilflich sein: »Sie müssen den Kugelschreiber vorne drehen. Ach nein, der hat einen Klicker. Ach herrje, das macht die Sache nicht unbedingt einfacher, wie?« Detektiv Schmalwieser schüttelte nochmals seinen Kopf. »Etwas mehr bräuchte ich schon.« 8 »Verflixt, warum kann er nicht Vereinsvorstand sein, dann hätten wir einen Anhaltspunkt.« »Vereinsvorstand?« Detektiv Schmalwieser sah vom Zettelblock auf. Mittlerweile spielte Frau Ginster aufgeregt an den Knöpfen ihrer Kittelschürze herum. »Ja, in diesem Verein, in dem ich ebenfalls Mitglied bin … wie hieß der noch? Ringeltaubenzüchterverein. Dort wurde ein Herr Schmidt zum Vorstand gewählt. Das dürften Sie doch wissen, Sie waren doch Wahlbeobachter? Der ist ebenfalls verschwunden. Ich fragte mich noch, ob es eine Verschwörung gäbe und nun plötzlich alle Schmidts von dieser Welt verschwinden würden.« »Nein, das muss mir wohl entgangen sein. Ich habe, wie gesagt, nur die Wahl beobachtet. Das ist aber nicht der Herr Schmidt, den Sie suchen?« »Das weiß ich nicht, Sie sind doch der Detektiv, Herr Breitfelder.« Im nächsten Moment umklammerte ihre Hand Detektiv Schmalwiesers Arm. »Ja, im Prinzip bin ich das. Ich fragte Sie jedoch nach weiteren Anhaltspunkten, also solchen, die nicht mit jedem … ach, ich hätte jetzt Lust auf kühlen Orangensaft, Sie nicht auch? Warten Sie, ich besorge uns rasch einen Saft.« Behände lief Detektiv Schmalwieser durch die Gänge, hantierte an einem der Kühlschränke, in denen die gekühlten Getränke standen, und holte zwei Pakete Orangensaft heraus. Mit denen ging er zur Kasse und sagte der Kassiererin, sie solle das Entnommene mit Frau Schubert verrechnen. Die nickte nur und kurze Zeit später schlürften beide, Frau Ginster wie Detektiv Schmalwieser, geräuschvoll einen gekühlten Orangensaft. »Der ist gut, oder?«, erkundigte sich Detektiv Schmalwieser nach einiger Zeit. Als vorläufige Antwort zog Frau Ginster besonders geräuschvoll am Trinkhalm. »Beinahe so gut wie meiner daheim«, stellte sie daraufhin anerkennend fest. »Wenn Sie bei mir vorbeikommen, können Sie sich gerne davon überzeugen. Allerdings sind wir vorhin vom Thema abgekommen. Es ging um Herrn Schmidt, den gewählten Vorstandsvorsit10 zenden, der angeblich verschwunden sein soll. Denken Sie, die Polizei ist an dem Fall dran? Ich meine, wer lässt denn einen Vorstandsjob in einem Taubenzüchterverein so einfach sausen? Da kann doch was nicht stimmen, wenn Sie mich fragen.« »Nun, ich denke, ich sollte als Erstes herausfinden, ob Ihr Herr Schmidt derselbe Herr Schmidt ist, der zum Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde. Ha, ich hätte doch Privatdetektiv werden sollen. Ich habe beinahe den Verdacht, dass die beiden Personen dieselben sind.« »Meinen Sie? Ich weiß nicht. Mein Herr Schmidt züchtet bereits vornehme Karpfen. Ich denke nicht, dass er obendrein auch noch Ringeltauben züchtet. Das wäre doch wie ein Sechser im Lotto, wenn Sie mich fragen.« Beinahe grüblerisch verzog Detektiv Schmalwieser seinen Mund. »Einen Versuch wäre es allerdings wert, auch wenn die Wahrscheinlichkeit eher gering ist.« »Nun gut, dann freut es mich, Sie engagiert zu haben.« Frau Ginster reichte Detektiv Schmalwieser ihre Hand. Er wischte seine Hand eilends an seinem Hosenbund ab und schlug ein. »Frau Ginster, lassen Sie mir noch Ihre Telefonnummer hier. Ich rufe Sie an, soweit ich Genaueres weiß.« »Meine Telefonnummer? Oh je, die weiß ich gar nicht aus dem Stegreif. Wann rufe ich mich denn schon selbst an?« »Schon gut. Ich finde Ihre Nummer schon heraus. Immerhin bin ich nun Privatdetektiv«. Detektiv Schmalwieser widmete sich wieder den Kunden des Supermarktes. Frau Ginster lächelte und lief zum Ausgang. Draußen stand noch immer Wachtmeister Spatzeck, der sich angeregt mit Frau Schubert unterhielt. Jungpolizist Polters musste einen draufgängerischen Radfahrer gestoppt haben. Er hatte die Mütze von seinem verschwitzten Kopf abgehoben und unter seinen Arm geklemmt. »Na sicher werde ich Ihr Verhalten zur Anzeige bringen. Sie wären mir doch beinahe über meinen Fuß gefahren und obendrein sind Sie auch noch auf dem Fußgängerweg unterwegs gewesen. Das ist nun mal kein Kavaliersdelikt. Sie gefährden auf diese 12 Weise die nichts ahnenden und vorschriftsmäßigen Benutzer der Fußgängerzone. Ein funktionierendes Fahrradlicht ist Ihnen wohl auch ein Fremdwort, wie mir scheint oder wie soll ich die losen Drähte dort deuten? Was sagten Sie bitte? Wachtmeister Spatzeck! Chef? Wir haben hier ein 014 und obendrein ein 019!« Urplötzlich ließ Wachtmeister Spatzeck Frau Schubert ziehen und lief in Richtung des Radfahrers. Auf dem Weg dorthin versenkte er beide Daumen hinter seinem Gürtel. »Soo, wir haben hier offensichtlich einen Querulanten und jemanden, der nicht einsehen will, dass er einen Fehler begangen hat? Dürfte ich mal um Ihren Ausweis bitten …« Um weiterhin den spannenden Ereignissen beizuwohnen, dazu hatte Frau Ginster leider nicht mehr genügend Zeit. Der Bus würde in zehn Minuten fahren, und den wollte sie dieses Mal keineswegs verpassen. An der Bushaltestelle trat kurz darauf eine verdrießlich dreinblickende Frau Schubert hinzu. »Na, Ginster? Sie hätten ruhig zugeben können, dass Sie es waren. Ich und Marmelade stehlen. Weshalb sollte ich das denn machen?« »Ich weiß nicht, weil die Marmelade Ihnen schmeckt? Es ist übrigens auch meine Lieblingssorte, für die Sie sich entschieden haben.« Frau Ginster lächelte frech und zwinkerte verschmitzt mit ihren Augen, was allerdings Frau Schubert nicht auffiel, da sie einem offenen Sportwagen hinterherblickte. »Helmut mag die Marmelade nicht so sehr. Ich habe ihn mal dabei erwischt, wie er davon probierte, und seitdem rührt er sie nicht mehr an. Ich denke jedoch, es liegt nicht unbedingt an der Tatsache, dass ich ihn erwischt habe. Nein, Marmelade wird einfach nicht sein Geschmack sein. Vögel aller Art jedoch, Maus und selbstverständlich Fisch locken ihn sicherer hinter dem Ofen hervor.« Frau Schubert verzog angewidert ihr Gesicht. »Maus? Ich kann mir Ihr Geschwafel nicht mehr anhören. Beim besten Willen nicht. Hier, das ist für Sie. Ich durfte sie mitnehmen und nun dürfen Sie sie behalten.« Verärgert blickend hielt Frau Schubert ihr das Glas Marmelade entgegen. Frau Ginster griff beherzt zu und bedankte sich überrascht. »Danke und möglich, dass aus Ihnen doch noch eine recht passable Frau 14 wird. Ich meine eine Frau, die es verdient, mit dem Herrn Doktor zusammen zu sein.« Frau Schubert winkte ab und im nächsten Moment hielt auch schon der Bus. Auch diesmal stieg Frau Ginster vorne bei dem Busfahrer ein. »Wie geht es Ihnen denn, Herr Helmut? Einmal bitte wieder zurück.« Der Busfahrer sah erstaunt zu Frau Ginster auf. »In den letzten zwei Stunden hat sich nicht viel verändert. Also nichts, was mir aufgefallen wäre. Aber danke der Nachfrage. Macht 2 Mark 20. Und, haben Sie alles erledigen können?« »Ja, ich bin durchaus zufrieden. Im Supermarkt wurde sogar noch für aufregende Kurzweil gesorgt. Dort gab es einen Detektiv und die Polizei musste erscheinen und die Frau Schubert wurde sogar festgenommen.« Der Busfahrer schüttelte den Kopf und lächelte. »Tatsächlich? Was hat sie denn so derart dringend benötigt?« »Ein Glas Marmelade. Oh, ich habe noch genau 2 Mark 23, das passt ja. Dann landen die 3 Pfennige, die über sind, in meiner Schürzentasche.« Dieses Mal war sogar der Sitz hinter dem Busfahrer frei, und nachdem Frau Ginster Platz genommen hatte, fuhr der Bus bereits los. Auch auf der Rückreise huschten die Häuserzeilen nur so an ihr vorbei und für einen kurzen Augenblick lang entdeckte sie wiederum eine Katze, die sie irgendwie an Helmut erinnerte. Nur, dass diese Katze oder besser gesagt dieser Kater, in Fahrtrichtung und somit in die entgegengesetzte Richtung als vormals lief. Das erinnerte Frau Ginster nun prompt an Helmut, der mit Sicherheit längst vor dem Küchenfenster um Einlass ersuchen würde. »Ach Helmut, mein Ärmster. Du hast sicher längst Hunger und musst nun vor dem verschlossenen Fenster geradezu darben, bis ich zurück bin.« »Was sagten Sie bitte?«, rief der Busfahrer und drehte seinen Kopf halb in ihre Richtung, während er weiter nach vorne blickte. »Nichts, Herr Helmut. Ich sprach nur mit meinem Kater. Er tat mir nur so leid, als ich soeben an ihn dachte.« »Ach so, ich dachte, ich hätte meinen Vornamen gehört und irgendwas von einem ver16 schlossenen Fenster, vor dem ich darben soll.« »Nein, keineswegs waren Sie und ein verschlossenes Fenster gemeint, vor dem Sie darbend zu sitzen glauben. Weshalb denn auch?« Der Bus kam sanft zum Stehen und Frau Ginster verabschiedete sich mehrmals bei dem liebenswürdigen Busfahrer. »Sie sind eine nette Person, Herr Helmut. Bis zum nächsten Treffen. Sie fahren doch dann auch wieder den Bus?« »Ja, ich fahre dann auch wieder Bus.« Doch kalten Orangensaft, wie Frau Ginster rasch herausfand, mochte der Busfahrer nicht so recht trinken. Er war ein Mann des gekühlten Bieres. »Bis zum nächsten Mal, Frau Ginster, und vielleicht haben wir demnächst mal wieder eine gemeinsame Kaffeefahrt?« Soweit Frau Ginster wusste, war eine Kaffeefahrt nicht geplant und woher wusste der Busfahrer überhaupt …? Egal, nein, auch damit konnte sie nicht dienen und sie entstieg dem Bus. An der Bushaltestelle wartete bereits Doktor Schubert, der seine Frau bereits lautstark schimpfend in Empfang nahm. Von irgendwoher oder von irgendjemandem musste er erfahren haben, dass seine Frau mit der Kriminalität in Kontakt geraten war. Frau Ginster hatte jedoch keine Zeit mehr zu vertrödeln und lief auf direktem Wege in Richtung des Brombeerstrauchweges. Auf der Brücke winkte sie dem Bus hinterher, der daraufhin zweimal hupte. Nun müsste sie nur noch links, nein rechts herum gehen und dann wäre bereits ihr Haus in Sichtweite. Als sie um die Ecke bog, entdeckte sie weiter hinten in den vorgelagerten Gärten einen schwarzen Punkt, der ebenfalls dem Brombeerstrauchweg 65 entgegen strebte. »Ingeborg, das ist mit Sicherheit Helmut, der jetzt erst seine Runde beendet. Na, umso besser. So wird er nicht bemerkt haben, dass ich derart lange fort war. Ich werde ihn am besten im Garten in Empfang nehmen, ihn griesgrämig anblicken und erbost fragen, wo er sich so lange herumgetrieben hat. Eine hervorragende Idee, Ingeborg.« Frau Ginster freute sich bereits hämisch über Helmuts Gesichtsausdruck, als sie bemerkte, dass ein Postauto im Brombeerstrauchweg parkte. Ihr Herz schlug unvermittelt höher, als sie daran dachte, dass Herr Schmidt ihr jeden Moment gegenüberstehen könnte. In 18 Höhe des Postautos blieb sie stehen und sah durch die Frontscheibe, ob sie dahinter jemanden entdecken könnte. Auch lief sie einmal um das Auto herum, klopfte und fragte vorsichtig nach, ob sich jemand im verschlossenen Laderaum aufhielt. Das Auto stand jedoch leer. Innerlich aufgewühlt ging sie weiter und blickte währenddessen aufmerksam um sich, ob sie nicht irgendwo den dazugehörigen Postboten entdecken könnte. Doch es war still im Brombeerstrauchweg. An ihrem Gartentor angelangt stellte sie mit Erstaunen fest, dass es einen Spalt offen stand. »Wie konnte das denn geschehen sein! Ich bin mir sicher, dass ich es sorgsam verschlossen habe!« Nachdenklich und auch etwas ärgerlich über sich selbst, lief sie durch das Tor und ließ es für Helmut offen stehen. »Aus Rücksicht vor deiner Wunde, Helmutchen.« Er sollte nicht über den Zaun springen müssen. Kurz darauf erschien auch schon Helmut. Er war über den Zaun gesprungen und lief umgehend und ohne Frau Ginster weiter zu beachten zum Küchenfenster. Dort sprang er auf das Fensterbrett und bemühte sich red- lich um einen mürrischen Gesichtsausdruck. Überaus erfolglos drückte er anschließend gegen das Fenster und forderte offensichtlich, dass ihm jemand unverzüglich öffnen sollte. Dieses Theater hatte sich Frau Ginster mit angesehen und grummelte vor sich hin, »Wirklich komisch, Helmut. Ich sollte eigentlich deinen Gesichtsausdruck angenommen haben und dich ausschimpfen, wo du so lange abgeblieben bist. Dieser Kater bringt meine gesamte Planung durcheinander.« Entschlossen lief sie auf Helmut zu, der sie zwar hin und wieder schlitzäugig anblickte, doch das Innere des Hauses wohl um einiges interessanter fand. »Kerlchen, das gibt nun erst recht einen Begrüßungskrauler.« Als sie Helmut derart unbeschützt sitzen sah, stieg Wut in ihr auf. Vor allem, als sie sich daran erinnerte, was Landau ihm am gestrigen Tag und möglicherweise auch heute bereits angetan hatte. Bei ihm angelangt hob sie ihre Hand, um ihn standesgemäß zu begrüßen. Urplötzlich verging ihr das Lächeln und wich dem Schrecken. Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben. An der hinteren Ecke ihres Hau20 ses stand doch jemand! Sie hielt inne und schwieg entsetzt. Das Atmen fiel ihr schwer. Derjenige hatte sie noch nicht gehört und stand mit dem Rücken zu ihr. Eine Bahn aus Rauch stieg über seinem Kopf empor. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. ›Wie ist der in meinen Garten gelangt?‹, dachte Frau Ginster fieberhaft nach, ›sicher, das Tor stand offen, doch ich bin mir sicher, es vorhin geschlossen zu haben. Was wagt sich der Kerl in meinen Garten und dann auch noch in die Nähe des Kellerfensters! Hoffte er, es offen vorzufinden?‹ Sie betrachte sich den Eindringling genauer. ›Diese Jacke und diese Mütze kenne ich doch? Und diese dreckige Hose erst recht!‹ Sofort stiegen alle möglichen Gefühle in ihr auf. Wut, Abscheu, Respekt vor seiner Dreistigkeit und eine ordentliche Portion Angst vor dem, was sie erwartete. Landau stand an der Ecke ihres Hauses und schien auf etwas zu warten. Sie fasste sich ein Herz, denn sie konnte nicht ewig so stehen bleiben. Oder hätte sie heimlich in ihr Haus gehen sollen? Sie holte tief Luft. »Herr LANDAU!? Was machen Sie in meinem Garten?!« Das hatte gesessen! Beinahe wäre Landau die Zigarette aus der Hand gefallen. Nachdem das unwillkürliche Zucken des Erschreckens verzogen war, drehte er sich blitzartig um. Er bemühte sich, krampfhaft zu lächeln. Doch das Einzige, was dabei herauskam, war nur ein schmieriges Grinsen. »Oh, Frau, Frau Ginser… es ist mit Sicherheit nicht das, was Sie jetzt denken. Im Gegenteil, Sie sind meine letzte Hoffnung. Sehen Sie hier, ich habe ein Paket für Frau Wagner und dachte mir, ich lasse es bei Ihnen. Als ich Sie nicht vorfand, dachte ich weiter, ich könnte noch rasch eine Zigarette rauchen, und damit mich niemand sieht, naja, deswegen stehe ich hier an der Ecke.« Hilfe suchend blickte Frau Ginster auf Helmut, der jedoch noch immer mit nichts anderem beschäftigt war, als in das Haus hinein zu kommen. »Ah ja und wie gelangten Sie in meinen Garten? Sie wissen doch, dass ich das Tor von innen öffnen muss. Und einen Schlüssel für außen besitzen Sie doch wohl kaum?« Landau zog ausgiebig an seiner Zigarette, was ihm wohl Zeit verschaffen sollte. »Das Tor stand weit offen, als ich ankam und ich 22 habe es angelehnt, nachdem ich hindurchgegangen bin.« Frau Ginster wandte sich um und sah zum Tor hinüber. Anschließend blickte sie noch ungläubiger zurück auf Landau. »Und da laufen Sie hindurch, ohne vorher zu läuten? Ohne zu wissen, ob ich daheim bin?« »Doch, doch, ich läutete sehr wohl. Das Tor stand, wie gesagt, offen und ehrlich gesagt … ich dachte, Ihnen könnte irgendetwas passiert sein.« Landaus Blick wurde plötzlich eiskalt. Die ohnehin schon eisblauen Augen dieses Mannes stachen nun förmlich aus ihren Höhlen hervor. Ein Schauer lief über Frau Ginsters Rücken, als sie diese Veränderung in seinem Blick bemerkte. Allerdings war sie nun verwirrt. Denn alles, was er ihr erzählt hatte, klang recht plausibel. Irgendetwas musste sie doch übersehen haben? Irgendetwas. Da fiel ihr etwas Wichtiges ein. »Weshalb werfen Sie nicht einfach eine Benachrichtigung in Frau Wagners Briefkasten, so wie Sie es heute Morgen bei mir getan haben?« Vorsichtig stellte sie den Jutebeutel ab. ›Darauf dürfte der keine Antwort parat haben‹, dachte sie sich währenddessen. ›Mit Sicherheit hat der irgendetwas mit dem Kellerfenster zu tun. Womöglich wollte er nur noch rasch eine qualmen, bevor er es wieder öffnen wollte.‹ Postbote Landau schwieg tatsächlich gleich mehrere Augenblicke lang, bevor er eine Antwort gab. »Nun … nun, ja, das ist eigentlich nicht unsere Vorgehensweise, und ich kann mich nicht erinnern, Ihnen eine Benachrichtigung eingeworfen zu haben.« Nun sah Frau Ginster, die sich soeben wieder aufrichtete, dass Postbote Landau nicht geschwiegen hatte, weil er händeringend nach einer Antwort suchte. Er hatte einen letzten Zug von der Zigarette genommen, die er noch immer und mehrfach vergebens versuchte auszutreten. »Ah ja und wer wirft mir bitteschön eine Benachrichtigung in den Briefkasten, wenn nicht Sie? Die war doch von der Post!« Postbote Landau zuckte mit seinen Schultern. »Das weiß ich nicht. Ich war es jedenfalls nicht. Nehmen Sie nun das Paket an? Sonst nehme ich es wieder mit.« 24 Beinahe war sie bereit, das Paket anzunehmen, doch da fiel ihr noch etwas ein. »Zeigen Sie mir Ihren Ausweis.« Entschlossen hob Frau Ginster ihr Kinn. Landau schwieg einen Moment. »Gut, von mir aus. Das kann ich gerne tun. Warten Sie.« Er stellte das Paket auf dem Gehweg ab, hob mit einer Hand seine Jacke an und mit der anderen zog er eine Brieftasche aus der Gesäßtasche. Er öffnete sie und kramte darin herum. Als er offensichtlich den Ausweis gefunden und herausgezogen hatte, klappte er die Brieftasche geräuschvoll zusammen und ging große Schritte auf Frau Ginster zu. Sie musste sich sehr zusammennehmen, um auf der Stelle zu verharren. Ihr kam die gesamte Situation noch immer nicht geheuer vor und sie wäre am liebsten fortgerannt. »Bleiben Sie da stehen!«, rief sie laut und sah sich um, ob sie nicht der Nachbar möglicherweise hatte hören können. Landau hielt tatsächlich inne. Auf der anderen Seite des Zaunes blieb es jedoch still. Einen Buckel machend und nach vorn übergebeugt überreichte er ihr den Ausweis. Dabei beobachtete sie genau seine Hände. Sie zitterten und waren mit erdigem Schmutz bedeckt. Während Sie zögerlich zugriff, wollte das markante Grinsen einfach nicht aus seinem Gesicht weichen. »Darf ich fragen, was Sie vorhaben?«, fragte Landau mit einer unangenehm bebenden Stimme, die sich zu überschlagen drohte. Frau Ginster ließ sich nicht beirren. »Ich möchte nur sehen, ob Sie es wirklich sind, Herr Landau. Sie können mir doch viel erzählen.« Eigentlich wollte sie hauptsächlich seine Unterschrift sehen. Sie wusste in etwa noch, wie die auf der Benachrichtigungskarte ausgesehen hatte. Sehr einfach gehalten. Beinahe nur ein Häkchen, ein Kreis und ein Strich. Sie bemühte sich, ihre Angst nicht zu offensichtlich zu machen, als sie den Ausweis durchblätterte. Landau beobachtete genau, was sie tat. Endlich, dort war sein Bild, der Name stimmte und die Unterschrift? Ein ausgeschriebenes „Landau“. »Nun gut, Herr Landau. Ihr Ausweis …«. Frau Ginster stellte sich aufrecht, klappte den Ausweis zusammen und gab ihn zurück. »Geben Sie mir das Paket. Ich werde es für Frau Wagner aufbewahren. Gehen Sie nie wieder ohne meine Erlaubnis in meinen Gar26 ten. Ich werde mich ansonsten über Sie beschweren. Man kennt mich bereits gut bei der Post. Und der letzte Postbote, der mir dumm kam, nahm letztlich seinen Hut.« Postbote Landau nickte und wollte sich soeben umdrehen und das Paket aufheben. »Allerdings Landau!« ist da noch etwas, Herr Abrupt hielt Landau inne und stand kurz darauf wiederum vor Frau Ginster. »Ich habe Sie gestern heimlich beobachtet und gesehen, dass Sie meinen Kater getreten haben.« Frau Ginster sah zu Helmut hinüber, der mittlerweile auf der Fensterbank lag. »Zu Ihrem Glück ist nicht viel geschehen. Wie Sie sehen, geht es ihm gut. Erwische ich Sie allerdings noch einmal dabei, wie Sie ihm irgendetwas antun, und sei es auch nur, dass Sie ihn schief anschauen ...«, Landau stand schweigend da, »… dann schwöre ich Ihnen, so wahr ich hier stehe, dann hole ich den Spaten aus meinem Keller und ziehe diesen, ohne zu zögern, über Ihren Schädel. Anschließend vergrabe ich Ihre Leiche in meinem Garten … gleich dort vorne, sehen Sie.« Sie wies auf eine Stelle neben dem Komposthaufen. »Dort werden Sie anschließend liegen und einen guten Kompost abgeben. Möglicherweise pflanze ich sogar ein hübsches Blümchen obenauf. Oder gar Katzenminze, die dem Kater anschließend recht viel Freude bereiten wird. Doch das werde ich mir überlegen, wenn es dann soweit ist. Haben wir uns verstanden?« Während der letzten Sätze war das Blut aus Landaus Gesicht gewichen. Mit aufgerissenen Augen starrte er sie sprachlos an. Anscheinend nahm er sehr ernst, was Frau Ginster soeben angekündigt hatte. Was sie selbst wiederum sehr verwunderte. Zudem war sie von ihrem plötzlichen Wutausbruch geradezu überrascht worden. Doch es ging um Helmut, und da gab es keinerlei Grund, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und Grund zur Gnade erst recht nicht. Herr Landau stammelte, dass er sie sehr gut verstanden habe und ging, ohne das Paket zu beachten, Richtung Gartentor. »Herr Landau? Haben Sie nicht etwas vergessen?« Er griff sich an den Kopf. Sein schmieriges Grinsen war zwar wieder da und dennoch sah er noch immer reichlich 28 blass aus. »Natürlich, Frau Ginster. Einen Moment … Oh, ich habe das Klemmbrett vorhin vergessen. Ich hole es mal eben aus dem Postauto.« Frau Ginster nickte. »Ja, das sollten Sie dann wohl tun.« Währenddessen nahm sie den Jutebeutel, den sie vorher an der Hauswand abgestellt hatte, lief einige Schritte und hob das Paket der Frau Wagner auf. Anschließend ging sie zur Haustür. Dort legte sie beides auf die Türschwelle und wartete auf Landau. Der war reichlich außer Atem, als er in der Nähe der Stufen anlangte. Mit langem Arm überreichte er hastig das Klemmbrett und seinen Kugelschreiber. Frau Ginster fielen abermals seine schlammbedeckten Hosen auf, und sie wunderte sich, dass er diese seit gestern nicht gewechselt hatte. Kurzerhand drehte sie die Spitze des Kugelschreibers. »Wo muss ich unterschreiben?« Postbote Landau stellte sich auf die Zehenspitzen und zeigte weit nach vorn gelehnt die entsprechende Stelle. Ungläubig blickte sie abwechselnd auf das Klemmbrett und auf den Postboten. »Nur eine Unterschrift? Ges- tern wollten Sie doch gleich vier Unterschriften von mir?« »Ähm ja, die waren notwendig, weil es mein erster Tag war. Versicherungstechnische Dinge«, erklärte der noch immer verstört wirkende Landau. »Ach, mit so etwas kenne ich mich nicht aus.« Wenig später war Frau Ginster einfach nur froh, dass der Postbote aus ihrem Garten verschwunden war. »Herr Landau, schließen Sie das Tor hinter sich!«, rief sie ihm rasch hinterher. Kommentarlos und laut scheppernd klinkte sich daraufhin die Torverriegelung ein. Außerhalb des Gartens hielt Landau einen Moment inne, senkte seinen Kopf und hob seine Hände an seinen Mund. Während er weiter zum Postauto lief, stiegen dichte Rauchschwaden über seinem Kopf auf. Verstohlen blickte er noch einmal über den Zaun in Richtung Frau Ginsters Haus. Er wollte wohl überprüfen, ob sie ihn weiterhin beobachtete. Das war seines Erachtens nicht der Fall und so öffnete er hastig die Tür des Postautos, ergriff das Lenkrad und zog sich auf den Fahrersitz. Dort drückte er mit bei30 den Armen gegen das Lenkrad und presste sich auf diese Weise tief in den Sitz. Plötzlich hielt er inne und schien sich über irgendetwas zu empören. Abrupt riss er den Kopf hoch und rüttelte und drehte wütend am Lenkrad und schrie sich offensichtlich selbst an. Mit einer hohlen Hand wischte er sich mehrmals über die Stirn und das Gesicht. Dass er trotzdem noch beobachtet wurde, hatte er schlecht sehen können, da Frau Ginster in ihrem Wohnzimmer stand und verborgen am Fenster hinter der Gardine lauerte. Ohne ein Hilfsmittel und schon gar nicht mit bloßem Auge konnte sie diese seltsamen Krümel nicht einordnen. Kopfschüttelnd stand sie auf und ging in die Diele an eine der vielzähligen Schubladen des Dielenschränkchens. »Wo ist sie denn abgeblieben? In der Küche ist sie jedenfalls nicht. In den Schubladen hier ebenfalls nicht.« Endlich, als ob sie es geahnt hätte. Die Leselupe befand sich anscheinend noch immer an dem Ort, an dem sie sie zurückgelassen hatte. Im Badezimmer. Was sie allerdings mit der Leselupe im Badezimmer vorgehabt hatte, dar- über mochte sie in diesem Moment lieber nicht weiter nachdenken. In die Küche zurückgekehrt nahm sie einen der Krümel mit dem angefeuchteten Zeigefinger auf. Nach einigen fachlich angelegten Monologen, die die Frage zu klären versuchten, ob mögliche Irrtümer ausgeschlossen werden könnten, war sie sich schließlich sicher. Nein, war sie sich doch noch nicht. Erst nachdem die Frage geklärt war, ob nicht selbst dem weisesten Kriminalinspektoren einmal ein Fehler unterlaufen könnte - da war sie sich wirklich sicher: »Ingeborg, das ist doch Tabak! Wer schickt mir denn ein Paket mit einigen Krümeln Tabak darin?« Wenig später war es ihr bereits müßig, sich selbst solcherlei Fragen zu beantworten. »Mir ist das doch egal. Schickt mir doch alle euren Krümeltabak. In ein bis zwei Jahren habe ich genug für einen Pfeifenkopf beisammen und werde mir diese Pfeife in aller Ruhe genehmigen.« Doch ihre Unbeschwertheit hielt nicht lange vor. »Worin besteht denn der Sinn eines augenscheinlich leeren Päckchens? Was will mir der Absender damit mitteilen? Ist irgendetwas leer oder zeitlich abgelaufen? „Leere“ 32 bedeutet „nichts“ oder könnte auch „Klarheit“ bedeuten. Möchte der Absender, dass irgendetwas geklärt wird? Bei einer Pfeife möglicherweise? Ist das eine Friedenspfeife? Es würden mir einige einfallen, die mit mir am liebsten Frieden schließen würden. Warum dann allerdings so wenig Tabak? Das bringt mich nicht weiter … Helmut? Helmutchen? Wo ist denn der Kater urplötzlich hin?« Leise murrend erhob Frau Ginster sich und ging in das Wohnzimmer. Dort entdeckte sie nach einigem Nachforschen Helmut, der seitlich auf der Ledercouch lag und sie rücklings anblinzelte. »Du hast wohl geschlafen? Seltsam, dass du mich gehört hast? Du hast mich doch gehört, oder? Weißt du, Helmutchen …«, sie ließ sich vorsichtig neben ihm nieder, »manchmal denke ich, du bist überhaupt nicht taub und du tust nur so. Ist das eine Art Lügengebäude, das du dir irgendwann einmal errichtet hast und nun unbedingt beibehalten möchtest? Ich kann das verstehen … durchaus gut verstehen.« Ihr lang gestreckter Zeigefinger kitzelte an Helmuts Ohr herum. »Ich will dir auch nicht im Wege stehen und dir begreiflich machen, was du tun und was du lassen sollst. Nein, wenn du denkst, es soll so sein, dann ist es richtig so. Es ist eben, wie es ist, und ich akzeptiere es. Du bist Helmut, und du hast dich entschieden, nichts zu hören. Bis auf einige Ausnahmen selbstverständlich … du wirst lachen … entschuldige, nein, wirst du nicht … jedenfalls, haben auch wir Menschen jeder sein eigenes kleines Lügenhäuschen, das wir uns in mühevoller Kleinarbeit errichtet haben. Einen Haufen Arbeit macht es, sich dieses aufzubauen. Und ragt es erst einmal in den Himmel, dieses mächtige Gebäude, schützt man es, wo man nur kann. Wie gesagt, Helmut, ich nehme dir das nicht krumm. Dazu habe ich dich viel zu gern.« Beinahe nachdenklich blickte Helmut Frau Ginster an und sie lächelte zurück. Sie zwinkerte mit den Lidern und seine Augen schlossen sich kurzzeitig und öffneten sich wieder. Schließlich warf er sich auf die Seite und drückte seine vier Pfoten in ihre Schenkel. »Aua, Helmut … Du willst mich wohl von der Couch haben? Nehme ich dir zu viel Platz weg? Oder nervt mein Gerede das Katerchen? Ha, gib es zu … Schon gut, schon gut, ich gehe schon. Ich sehe dich dann 34 gleich in der Küche. Es könnte gut möglich sein, dass du noch vor mir da bist.« Frau Ginster lächelte abermals und wartete einen Moment ab. Helmut rührte sich jedoch nicht. »Ah, das ist aber auch gemütlich hier.« Sie legte ihren Kopf auf die Rückenlehne und beobachtete mit einem Auge, ob Helmut doch reagierte, falls sie sitzen bliebe. Aber er schlief tatsächlich fest. »Nun gut, ich stehe auf und du hast diese riesige Couch für dich ganz allein.« Sie ergriff streichelnd seine Pfoten, die sie noch immer schmerzhaft drückten und stand ohne viel Aufsehen zu erregen auf. Nun begann sie gar zu flüstern. »Da, nun ist sie leer. Das ist doch das, was du wolltest? Kannst jetzt ungesehen irgendwelchen Unsinn machen. Hättest mir doch auch gleich ein leeres Paket schicken können, mit reichlich Katzenfutterkrümel darin. Ich hätte die Botschaft verstanden.« Da fiel es ihr brennend heiß ein. Das war der einzige Sinn des Päckchens gewesen! Sie sollte aus dem Haus verschwinden, es sollte leer sein, dass jemand ungesehen Unsinn darin machen konnte. Landau fiel ihr als Nächstes ein. ›Er war derjenige, der sich in der Zwischenzeit am Haus aufgehalten hat. Und könnte der Tabak nicht auch von einer Zigarette stammen? Dreht sich Landau etwa seine Zigaretten selbst? Wie soll ich das nun wieder herausfinden? Ein Anruf bei der Post, ob Landau sich seine Zigaretten selbst dreht? Quatsch, draußen dürften genug von seinen Zigaretten herumliegen.‹ Klopfenden Herzens lief Frau Ginster an die Haustür und wollte sie soeben öffnen, als sie bereits von Helmut eingeholt wurde. »Hab ich es mir doch gedacht, mein kleiner Strolch. Ich habe allerdings nur so getan, als ob ich sie öffnen würde. Damit hast du nun nicht gerechnet, oder? Nun gut, ich muss dennoch raus.« Sie bückte sich, um ihn zu kraulen. Helmut wich jedoch geschickt aus und hatte nur noch die Haustür im Kopf. »Ist doch schon gut, Ingeborg. Du siehst ihn doch gleich wieder.« Sie öffnete die Tür und wollte soeben hinausgehen, als Helmut im Türrahmen innehielt. »Was ist denn los? Nieselt es?« Frau Ginster streckte den Arm aus und fühlte einen Moment, ob die Luftfeuchtigkeit hoch war oder es gar regnete. »Helmut, es nieselt nicht und wie sollte es denn auch. Es scheint doch die 36 helllichte Sonne. Manchmal verstehe ich dich wirklich nicht und ich meine damit nicht deinen kätzischen Akzent.« Sie entschloss sich dazu, die Tür einfach geöffnet zu lassen und befand sich bereits an der Hausecke, als sie von Helmut überholt wurde. »Ich verstehe Helmut, du zahlst mir das mit der „beinahe geöffneten“ Tür heim. Es ist nur recht so. Mir fällt schon etwas ein, wie ich es wieder dir heimzahlen kann.« Derzeit noch vergnügt blickte Frau Ginster einen Moment später höchst aufmerksam drein. An der Stelle, an der Landau seine Zigarette ausgetreten hatte, untersuchte sie mit schweifender Genauigkeit den Boden. »Na, wo ist sie denn nur hin? Das gibt’s doch nicht, Ingeborg! Hat Landau sie etwa mitgenommen?« Sie lief um die Stelle herum, und als dies erfolglos blieb, vergrößerte sie den Suchkreis. »Wann soll er sich denn danach gebückt haben? Als ich den Beutel abstellte? Nein, das wäre zu auffällig gewesen. Wer nimmt schon eine ausgetretene Zigarette mit, wenn er nichts zu verbergen hat? Allerdings hat er sie mitgenommen und hat somit auch etwas zu verbergen. Sie könnte ihm allerdings auch am Schuh kleben geblieben sein. Dann werde ich umgehend den Weg absuchen. Ach nein, vorher sollte ich besser um das Haus herum gehen.« Tatkräftig lief sie einmal um das gesamte Haus herum. Die Fenster, die geschlossen sein sollten, waren es augenscheinlich. An jedes einzelne drückte sie dennoch gegen und trat sogar ein Stück zurück, um zu sehen, ob die oberen Fenster ebenfalls verschlossen waren. Selbst die Stufen der Haustür hatte sie nicht ausgelassen zu untersuchen. Im Türrahmen stand wiederum Helmut und wartete mürrischen Blickes darauf, dass Frau Ginster endlich an die Futterdose heimkehrte. »Wenn hier irgendwo ein Zigarettenrest liegen würde, dann hätte ich ihn mit Sicherheit entdeckt.« Aufmerksam auf den Boden blickend schritt sie den gesamten Weg bis zum Gartentor ab, der noch immer wie gerade eben gefegt aussah. Nur der ständig wiederkehrende Löwenzahn, der abermals seinen angestammten Platz zwischen den Gehwegplatten eingenommen hatte, lauerte geradezu darauf, wieder herausgezupft zu werden. 38 »Jedes Mal, wenn ich an dir vorbeikomme, bist du wieder da. Ist das denn die Möglichkeit? Den Garten habe ich bereits aufgegeben. Doch du hast dir den denkbar ungünstigsten Platz ausgesucht. Geh doch in den Garten, dort kannst du wachsen und gedeihen. Dazu ist er doch da. Das interessiert dich nicht, oder? Ist recht so. Komme ich eben weiterhin hier vorbei und zupfe dich heraus. Bis ich entweder tot oder du verdorrt bist.« Da fiel es ihr ein, dass Landau sogar noch am Auto eine Zigarette geraucht hatte. Sie lief an die Stelle, an der das Postauto geparkt hatte, und suchte auch dort alles weiträumig ab. »Endlich, Ingeborg, beinahe hättest du dieses Schmuckstück übersehen!« Vor ihr lag tatsächlich ein Zigarettenrest. Hoch erfreut nahm sie den Stummel auf und hielt ihn hoch in das Licht. Als sie erkannte, dass es eine selbst gedrehte Zigarette gewesen sein musste, platzten weitere Worte der Erleichterung aus ihr heraus. »Mein Gott, danke!« Sie verzog ihren Mund zu einem breiten und triumphalen Grinsen und steckte das Überbleibsel in die Schürzentasche. »Kann denn eine einzelne Person derart viel Glück haben?« »Wenn es um das Auffinden von Zigarettenstummeln geht? Sie anscheinend schon, Frau Ginster.« Frau Wagner war irgendwann aus ihrer Haustür heraus und an das Gartentor herangetreten und hatte wohl schon länger beobachtet, was Frau Ginster um ihr Haus herum so alles getrieben hatte. »Sie scheinen allerdings gefunden zu haben, was Sie suchten? Das freut mich … nicht.« Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte sich Frau Wagner ab. Sie wollte soeben in ihr Haus zurückkehren, als Frau Ginster hocherrötet ihre Sprache wiederfand. »Ähm ja, Sie fragen sich sicherlich, was ich hier tat, nicht wahr?« Frau Wagner schüttelte schweigend ihren Kopf. »Nein, soweit es Sie betrifft, stellen sich mir keine Fragen mehr. Was soll ich davon auch bitteschön halten? Reicht Ihre mickrige Rente nicht mehr für … ganze Zigaretten? Die werden auch in Schachteln abgepackt, zu zwanzig Stück jeweils. Falls Ihnen mal wieder danach sein sollte. Pfui, kann ich dazu nur sagen.« Peinlich berührt zog Frau Ginster einige Falten aus ihrer Kittelschürze. »Ähm, ja. Ich könnte nun versuchen, Ihnen zu erklären was ich hier tat oder es auch lassen. Diese 40 Geschichte ist allerdings ziemlich lang, und ich möchte nicht Ihre kostbare Zeit verschwenden. Einen schönen Abend Ihnen noch.« Schweigend wandte sich Frau Wagner nun endgültig um. Frau Ginster sah noch, wie sie mit dem Kopf schüttelte, als ihr plötzlich das Paket einfiel. »Frau Wagner? Frau Wagner? So warten Sie doch bitte einen Moment.« Etwas erleichtert lief Frau Ginster an das nachbarschaftliche Gartentor. »Wann haben Sie denn vorgehabt, es abzuholen? Ich möchte Ihnen etwas vorschlagen. Ich hole gleich Ihr Paket aus meinem Haus und Sie vergessen dafür dieses kleine Missverständnis hier?« Ihre beiden Hände ergriffen das wagnerische Gartentor, während sie sich redlich darum bemühte, freundlich zu lächeln. Von dem Angebot sichtlich überrascht weiteten sich Frau Wagners Augen und gleichzeitig legte sich ihre Stirn in Falten. »Paket? Welches Paket denn? Ich habe es doch gestern Abend bei Ihnen abgeholt. Wissen Sie das denn nicht mehr? Oh man. So langsam mache ich mir wirklich Sorgen, und ich bin mir nicht einmal sicher, ob nicht vielleicht auch etwas Angst vor Ihnen mit im Spiel ist. Ich wohne direkt in der Nachbarschaft Ihres Hauses. Wer weiß, was Ihnen noch alles einfällt in nächster Zeit?« Von der Antwort zumindest überrascht zog Frau Ginster ein entsprechendes Gesicht. So dachte sie tatsächlich darüber nach, ob es überhaupt ein Paket für Frau Wagner war, welches in ihrer Diele lag. Oder, ob es tatsächlich Frau Wagners Paket war und sie es vielleicht doch bereits abgeholt hatte? Obendrein überlegte Frau Ginster, ob das Paket nicht eigentlich für sie selbst bestimmt gewesen war. Ihre Gedanken verdrehten sich stetig weiter. ›Ist es möglich, dass nie ein Paket in meiner Diele gelegen hat?‹ Plötzlich wurde sie ganz kleinlaut. »Sie meinen, bei mir liegt kein Paket von Ihnen? Was ist denn mit dem Postboten und der Benachrichtigung?« Sichtlich fassungslos schüttelte Frau Wagner ihren Kopf. »Ich war den ganzen Tag zu Hause. Wenn mir einer ein Paket bringen wollte, dann hätte er doch wohl geklingelt. Weshalb sollte der Postbote Ihnen mein Paket bringen, während ich zu Hause bin? Nein, das bilden Sie sich 42 nur ein. Passen Sie auf, ich beweise es Ihnen.« Entschlossen öffnete Frau Wagner ihr Gartentor und lief zügig staksend an den Briefkasten. Insgeheim war es für Frau Ginster bewundernswert mit anzusehen, wie zielstrebig Frau Wagner den Briefkastenschlüssel aus dem riesigen Bund fischte und wie sie den Schlüssel gleich beim ersten Versuch in das Schloss stecken konnte. »Da sehen Sie, es liegt kein Zettel drinnen. Na, was hab ich Ihnen gesagt? Verrückte …« Frau Ginster wollte ihr das nicht glauben und sah ebenfalls genau hin. »Ha, oh doch, Frau Wagner, da liegt ein Zettel drinnen. Sie sehen ihn nur schlecht im Abendlicht.« Schlagartig fühlte sie sich rehabilitiert. »Ha, und ich soll also eine verrückte Alte sein? Das wollten Sie doch eben sagen, nicht wahr? Wenn Sie nicht stets auf Ihrem Ross schweben würden … hier unten könnte ich mich wunderbar mit Ihnen unterhalten. Ja, Sie vielleicht sogar etwas mögen.« Bedrückt nachdenklich schloss Frau Wagner den Briefkasten. »Nun, was soll ich sagen. Ich habe ihn tatsächlich nicht gesehen. Ein gelber Zettel auf gelbem Briefkastenblech. Entschuldigen Sie, Frau Ginster. Ich meine es ernst mit meiner Entschuldigung.« Etwas ungläubig blickte Frau Wagner auf die Benachrichtigung in ihrer Hand. »Ja, schon gut.« Unübersehbar triumphierend verschränkte Frau Ginster ihre Arme. »Sicher befanden Sie sich unter der Dusche, als der Postbote bei Ihnen geklingelt hat? Ich selbst war auch nicht da und entdeckte ihn erst, als ich zurückkam. Das war am späten Nachmittag. Darf ich die Benachrichtigung bitte mal sehen?« Bereitwillig übergab Frau Wagner die Benachrichtigung und schüttelte währenddessen ihren Kopf. »Ich dusche erst vor dem Schlafen wieder. Allerdings habe ich auch kein Paket erwartet, wissen Sie. Möglich auch, dass der Postbote es erst gar nicht bei mir versucht hat. Ich höre doch sonst immer die Klingel.« Die Schrift auf der Benachrichtigung war schlecht zu erkennen, daher drehte sich Frau Ginster in die Abendsonne. »Der Postbote ist doch neu in diesem Geschäft. Seit Anfang der Woche, nehme ich an.« Nun konnte 44 sie die Unterschrift erkennen. Es war ein ausgeschriebenes „Landau“. Etwas enttäuscht gab sie die Benachrichtigung zurück. »Er kann nicht wissen, dass Sie oft außer Haus sind. Warten Sie, ich bin gleich zurück.« Ohne noch einmal zurückzublicken oder eine Antwort abzuwarten, lief Frau Ginster los, um das Paket der Frau Wagner zu holen. Auf dem Weg dorthin dachte sie über Postbote Landau nach. ›Soso, der Herr klingelte also nicht einmal bei ihr. Jetzt passt alles zusammen. Ein leeres Päckchen, was ich abholen soll, für ein leeres Haus. Er wollte ungehinderten Zutritt. Die Tabakkrümel waren mit Sicherheit von ihm. Also sind das leere Päckchen und die Benachrichtigung auch von ihm. Die ausgeschriebene Unterschrift auf der Benachrichtigung kann ich getrost vernachlässigen. Ich hätte auf dem Paket auch nicht „Landau, Justizvollzugsanstaltshausen, Ganovengasse“ als Absender angegeben. Dieser Landau! Nun stellt sich die Frage, was er in meinem Haus wollte? Nein, diese Frage stellt sich nicht, Ingeborg. Er wird nach etwas gesucht haben. Nur, dass es schon weg ist oder offensichtlich gut versteckt? Da fällt mir wieder der Garten ein. Heute schaffe ich es nicht mehr, ihn umzugraben.‹ Wenig später war Frau Ginster an ihrem Haus angelangt. ›Ob er bereits im Haus war? Oder stand er nur da und dachte darüber nach, wie er in das Haus gelangen könnte? Er war schlecht vorbereitet. Solch ein Aufriss mit dem leeren Paket und steht am Haus und raucht. Möglich, dass ich für sein Empfinden zu früh von der Post zurück war. Wie lange, dachte er denn, würde ich benötigen? Stunden? Tage? Mein Gott, so alt bin ich nun auch wieder nicht. Wollte er durch das offene Kellerfenster und nun hatte ich es bereits entdeckt? Wie bekam er das Fenster überhaupt auf? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Fragen türmen sich auf. Mein Kopf raucht auch längst. Ganz so wie seiner vorhin.‹ Die Haustür stand noch immer offen. Sie betrat das Haus und ergriff das Paket. Bevor sie wieder zu Frau Wagner zurücklief, sah sie noch rasch in der Küche nach, ob sich Helmut wieder auf seinem Lieblingsplatz eingefunden hatte. Da dies nicht der Fall war, schloss sie das Küchenfenster und diesmal auch die Haustür und ging zurück. 46 Frau Wagner erwartete sie bereits mit einem Lächeln. »Das ist wirklich nett von Ihnen.« Frau Ginster lächelte ebenfalls und bemühte sich kurz darauf wieder um ein ernstes Gesicht. »Ja, durchaus … Hören Sie, ich möchte Sie warnen. Denn ich habe die berechtigte Vermutung, dass der Postbote vorhin in mein Haus wollte. Bevor Sie jetzt wieder sagen, dass ich verrückt bin, lassen Sie mich es bitte kurz erläutern.« Sie übergab das Paket und erwartete eine Reaktion. Frau Wagner nickte nur und stellte das Paket ab. Das war ein ausreichendes Zeichen eines offenen Ohres. »Heute Vormittag fand ich eine Benachrichtigung in meinem Briefkasten, und wie Sie sicherlich wissen, war ich da. Ich bin immer da. Sie können jeden in der Nachbarschaft befragen.« »Das brauche ich nicht, ich weiß das«, sprach Frau Wagner und nickte. »Gewiss, ich vergaß, Sie sind ja auch Nachbarschaft. Jedenfalls, das wusste wohl auch der Postbote und so ersann er sich einen Plan, wie ich mit Sicherheit das Haus verlassen müsste. Und wie tat er das? Indem er mir ein leeres Paket schickte. Nun gut, er hätte auch irgendetwas Belangloses hineintun können, es wäre nicht weniger aufregend gewesen. Doch nein, es war ein leeres Paket oder eher Päckchen. Ich kann das nicht auseinanderhalten. Es spielt allerdings auch keine tragende Rolle in meiner Vermutung. Auf alle Fälle war es leer, bis auf einige Tabakkrümel.« »Und Sie sind sich sicher, dass sich keiner einen Scherz erlaubt hat?«, unterbrach sie Frau Wagner. »Könnte es sein, dass Sie gar nicht so beliebt sind in der Nachbarschaft, wie Sie vielleicht annehmen?« »Das weise ich weit von mir und gleichzeitig betrübt mich Ihre Annahme. Natürlich bin ich mir sicher. Ich bin Frau Ginster, ich nehme doch die Pakete der Nachbarschaft an. Es würde mich allerdings erfreuen, wenn Sie mir weiterhin zuhören würden. Ich fand im Päckchen solche Tabakkrümel, wie Pfeifentabak ihn hinterlässt, oder aber auch selbst gedrehte Zigaretten. Nun wissen Sie auch, weshalb ich so energisch hinter diesem Stumpen her war.« Überzeugt von ihrer Geschichte zog Frau Ginster den Zigaretten48 rest aus ihrer Schürzentasche und hielt ihn hoch. »Eine selbst gedrehte Zigarette.« »Sie wissen aber, dass es durchaus filterlose Zigaretten gibt? Wenn Sie die mögen? Ich könnte Ihnen einige Marken nennen.« »Ja, natürlich weiß ich das, und ich mag keine Zigaretten. Doch würde man am Anfang der Zigarette nicht den Hersteller sehen? Da, sehen Sie genau hin. Kein Hersteller zu sehen.« Den staubigen Zigarettenrest hielt Frau Ginster derart nah vor das Gesicht der Frau Wagner, dass sie ihn beinahe schon riechen konnte. Erschrocken drückte ihr Handrücken Frau Ginsters Hand weg. »Ich bitte Sie, das können Sie mir auch sagen. Wer weiß, wer schon alles daran genuckelt hat!« Über das erschrockene Gesicht der Frau Wagner ebenfalls erschrocken zog Frau Ginster ruckartig den Zigarettenrest zurück. »Ausschließlich der Postbote hat daran genuckelt, Frau Wagner, und niemand anderes. Das verspreche ich Ihnen.« Darüber verzog sich Frau Wagners Gesicht erst recht angewidert. »Und weil es nur der Postbote war, stecken Sie mir das eklige Ding beinahe in den Mund? Und noch etwas. Könnte es sein, dass es eine filterlose Zigarette war und an der Herstellerseite entzündet wurde. Der Hersteller ist einfach verbrannt. Wie alle Hersteller verbrennen sollten.« Verwundert legte Frau Ginster ihren Kopf schräg. »Was ist da los, Frau Wagner? Eben wollten Sie mir noch mehrere Hersteller nennen und nun sollen sie verbrennen? Herrje, was habe ich in Ihnen nur erweckt?« Frau Wagners Augen funkelten böse. »Sie mischen aber auch überall mit? Ich hab die Dinger mal geraucht und bin froh, dass ich davon los bin.« Noch immer sah Frau Ginster keinerlei Anlass, ihren Kopf gerade zu rücken. Stattdessen zeigte sich eine tiefe Falte auf ihrer Stirn. »Und weil Sie mit den Dingern fertig sind, sollten am besten die Hersteller verbrennen?« »Ach, Sie wissen doch genau, wie ich das meine. Legen Sie doch nicht jedes meiner Worte auf die Goldwaage.« »Könnte es sein, dass Sie die Dinger nie wirklich überwunden haben und es Ihnen dadurch leichter fallen würde, dass Sie nicht 50 wieder rückfällig werden? Sie haben es nicht für sich getan, oder? Sonst würden Sie nicht solch einen Aufstand darum machen. Hätten Sie es für sich getan, aus freien Stücken, mit einem offenen Herzen, dann wären Ihnen die Hersteller schlicht egal.« »Das könnte sein. Was geht Sie das überhaupt an? Waren wir nicht bei Ihrem Postboten, der angeblich in Ihr Haus wollte?« »Das ist nicht mein Postbote. Mein Postbote war der Herr Schmidt. Dieser hier ist schlicht ein Gauner, der sich ungehinderten Zugang zu meinem Haus verschaffen wollte. Ich wollte Sie außerdem nur warnen, also pampen Sie mich nicht so an! Möglich, dass er vorhat, bei Ihnen ebenfalls einzusteigen.« »Haben Sie denn die Polizei benachrichtigt?« Plötzlich druckste Frau Ginster auffallend herum. »Nun … nein … Helmut, wissen Sie. Mein kleiner Dieb, er ist auf der Flucht und ich möchte nicht unbedingt die Polizei mit hineinziehen.« »Welcher Helmut? Und meinen Sie mit „Flucht“ das, was ich denke? Beherbergen Sie etwa einen Verbrecher und regen sich darüber auf, dass ein anderer Verbrecher in Ihr Haus will? Oh mein Gott, mir bleibt aber auch nichts erspart.« Beschwichtigend hob Frau Ginster ihre Hände. »Beruhigen Sie sich bitte wieder.« Aufmerksam sah sie sich um, ob einer der anderen Nachbarn ihnen zugehört hatte. Was selbstverständlich nicht der Fall war. »Helmut ist mein Kater, ein diebischer obendrein und ich hatte stets den Eindruck, dass er vor irgendwem auf der Flucht ist. Vollkommen erschöpft stand er eines Mittags einfach in meiner Küche und bettelte um Essen. Als suchte er bei mir nach einem Unterschlupf.« Befreit lachte Frau Wagner laut auf. Als sie sich wieder beruhigt hatte, bemühte sie sich um ein ernstes Gesicht. »Frau Ginster, Sie denken also, dass Ihr Kater, der auch noch Helmut heißt, auf der Flucht ist? Kam er denn durch das Fenster, wie es sich für einen richtigen Verbrecher gehört?« »Ja, woher wissen Sie denn das?« Mitleidig sah sie auf Frau Ginster und rang nach Worten. »Woher ich das weiß? Ich weiß es natürlich nicht mit Gewissheit. 52 Nein, möglich, dass Ihr Kater tatsächlich auf der Flucht ist. Wenn Sie das sagen, dann wird es so sein. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Heute war es zur Abwechslung mal ganz nett, mich mit Ihnen zu unterhalten. Vielleicht sollten wir das irgendwann wiederholen.« »Ja, das sollten wir durchaus. Ich weiß allerdings noch immer nicht, woher Sie das wissen?« Sichtlich von der Situation genervt holte Frau Wagner tief Luft. »Frau Ginster … Helmut ist ein Kater, ein Flohzirkus, wenn Sie so wollen. Ein wandernder Geselle. Aber eines ist er gewiss nicht - auf der Flucht. In gewisser Weise ist er wohl tatsächlich ein Gauner. Kommt er manchmal vollgefressen zu Ihnen nach Hause? Falls ja, dann sollten Sie wissen, dass Ihr Helmut auch noch woanders Futter bekommt. Kater wie er jagen ganz gewiss nicht. Im Grunde ist er … wir würden sagen, er tanzt auf mehreren Hochzeiten. Während er hier bei Ihnen ist, sehnt sich irgendwo in dieser Gemeinde eine einsame … eine andere Dame ebenfalls nach Ihrem Kater.« »Helmut ist kein Flohzirkus … Sie meinen also, dass Helmut auch so einer wie der Peter ist?« Frau Ginster senkte ihren Kopf und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Tröstlich blickend ging Frau Wagner etwas in die Knie, während ihre Augen nach Frau Ginsters Augen suchten. »Ist doch schon gut. Peter? Wer ist das denn nun wieder? Haben Sie etwa noch einen Kater?« Leise schniefte Frau Ginster. »Kennen Sie denn meinen Mann nicht?« An einem Zipfel ihrer Kittelschürze ziehend suchte sie verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihre Augen zu trocknen. »Die Jugend ist nur noch mit sich selbst beschäftigt. Ich werde besser gehen. Helmut wartet sicher bereits. Und ich denke nicht, dass Helmut wie er handelt. Helmut ist anders … er weiß, wo sein zu Hause ist.« »Wie Sie meinen, Frau Ginster … ich wollte …«, Frau Wagner sah in den Himmel und dachte angestrengt darüber nach, ob sie es wirklich tun sollte, »Frau Ginster, ich wollte Ihnen nicht wehtun … das war ganz und gar nicht meine Absicht … passen Sie auf: Kommen Sie am Wochenende einfach zu mir und wir trinken gemeinsam Kaffee. Was 54 halten Sie davon?« Ihre Hand legte sich auf Frau Ginsters Schulter. »Dann reden wir über Helmut und Ihren Mann und alles, was Sie sonst noch so bedrückt. Ich bin alleine dieses Wochenende. Also keine Sorge, mein Freund wird Sie nicht filmen wollen. Allerdings könnten wir uns zusammen ein paar Filme von mir ansehen, wenn Sie mögen.« Plötzlich konnte Frau Ginster wieder lächeln. Doch es war eher ein angestrengtes Lächeln. »Ja, ich werde sehen, ob es sich einrichten lässt. Nett, dass Sie mich zu sich einladen. Ich erlebe das nicht jeden Tag. Einen schönen Abend Ihnen noch, Frau Wagner.« Frau Wagner ergriff das Paket und balancierte es geschickt auf einer Hand durch das Gartentor. Als sie hindurchgetreten war, schloss sie es wieder mit der anderen Hand. Verstohlen lächelte sie Frau Ginster noch einmal zu, ergriff das Paket sicher mit beiden Händen und lief zügig in ihr Haus. Nachdenklich blieb Frau Ginster noch einige Zeit stehen und beobachtete Frau Wagner, bis sie in ihr Haus gegangen war. ›Helmut, ich denke, sie schätzt dich vollkommen falsch ein. Wir beide wissen doch ganz ge- nau, dass du kein solcher Hallodri bist. Allerdings beschäftigt mich noch etwas anderes. Woher wusste Landau, dass Frau Wagner heute ein Paket erhält? Oder lagen meine Benachrichtigung und das Paket bereit, bis sie oder jemand anderes in der Nachbarschaft ein Paket erhalten? Falls Landau überrascht wird, wollte er eine gute Ausrede parat haben. Eine Ausrede, die selbst vor der Polizei Bestand haben würde. Er scheint keineswegs naiv zu sein und um keine Ausrede verlegen, als ob er sich bereits vorher darum Gedanken gemacht hätte. Gar nicht mal übel, Landau. Du bist ein Fuchs. Und doch bist du nicht Fuchs genug. Du hast dich bereits gestern mit den Ginsters angelegt. Ingeborg und Helmut Ginster werden dir schon das schmierige Grinsen aus deinem Gesicht vertreiben.‹ »Ist noch etwas, Frau Ginster?« Überraschend war Frau Wagner noch einmal aus ihrem Haus herausgetreten und blickte verwundert zu Frau Ginster hinüber. Sie stand noch immer wie angewurzelt vor dem Gartentor und Frau Wagner dachte wohl, sie bewache nun das Haus, um sie vor dem mysteriösen Einbrecher zu schützen. Er56 schrocken kam Bewegung in Frau Ginster. »Nein, entschuldigen Sie. Ich dachte nur nach. Danke, dass Sie sich erkundigen.« Sie winkte ihr noch einmal zu und ging in ihren Garten. »Nun gut, ich wollte es nicht zugeben vor der Wagner. Das mit den filterlosen Zigaretten hatte ich keinen Moment bedacht. Könnte jemand, der sich gut genug damit auskennt, die Zigaretten so drehen, dass sie wie maschinell hergestellt aussehen? Peter wüsste das mit Sicherheit. Es nützt nichts, Ingeborg. Im Zweifel bedeutet es wohl für den Angeklagten ...« In Gedanken vertieft blickte Frau Ginster auf das Wohnzimmerfenster ihres Hauses. Doch plötzlich stockte ihr der Atem. Während ihr Blick das Wohnzimmerfenster gestreift hatte, war es ihr so gewesen, als ob sie im Augenwinkel einen Schatten entdeckt hätte. Eine finstere Silhouette, die hinter ihrer Gardine lauerte. »Oh nein, Ingeborg, was war das?« Sie fürchtete sich, noch einmal hinzusehen, lief jedoch nun langsamer. Der Löwenzahn, der sich sonst auch auf dieser Höhe befand, kam ihr da gerade recht. Sie tat so, als ob sie ihn eben erst entdeckt hatte und nun auszupfen wollte. Um alles in der Welt wollte sie Zeit zum Nachdenken gewinnen. ›Nur nichts überstürzen, Ingeborg. Von dort aus sieht der Schatten nicht, ob ich wirklich etwas herauszupfe.‹ Das Schlucken fiel ihr schwer, ihr Mund wurde trocken. Sie spürte ihr Herz bis in den Kopf, während sie sich nach dem vermeintlichen Löwenzahn bückte. ›Was willst du tun, Ingeborg? Wenn jemand im Haus ist, könntest du es verschließen und die Polizei rufen. Wenn derjenige dich jedoch telefonieren hört, könnte es zu spät sein. Du könntest umkehren. Dann wüsste er, dass du ihn entdeckt hast, und würde verschwinden. Schließt du das Haus einfach nur ab, verschwindet er durch ein Fenster. Nie wieder in deinem Leben hättest du eine ruhige Minute.‹ Auf einmal blickte sie entschlossen und stand kurz danach wieder aufrecht. ›Ingeborg, du bist seit einiger Zeit der Herr in deinem Haus. Du wirst dich jetzt selbst darum kümmern müssen. Ich sehe keinen anderen Weg.‹ Sie schlenkerte mit ihrem Arm und wollte zur Komplettierung der gezeigten Vorführung andeuteten, dass sich 58 etwas Herausgerissenes in ihrer Hand befunden hatte. ›Soviel dazu, ich hoffe, es hat dir gefallen. Ingeborg, sobald du drin bist, verschließt du die Tür und greifst dir etwas, womit du zuhauen kannst. Was käme da Geeigneteres infrage als ein Nudelholz? Allerdings … wo um Himmels willen habe ich es beim letzten Mal hingetan? Herrje, egal, sobald du im Haus bist, gehst du in die Küche und greifst dir das erstbeste Schwere. Verhalte dich möglichst unauffällig. Sei du selbst. Ach Gott, nein, nicht ich selbst sein, das wäre alles andere als unauffällig. Das wäre geradezu grotesk. Er wird sofort denken, ich hätte etwas bemerkt. Ach herrje, dann verhalte dich … ja, verhalte dich wie die Wagner. Unauffälliger geht es nicht.‹ Schließlich war sie an der Haustür angelangt. Ihr Haus kam ihr plötzlich unglaublich riesig vor. Als würde sie Stunden damit verbringen müssen, einen Eindringling zu suchen, der hinter jeder Ecke lauern könnte. Ihre Knie zitterten und wurden bereits schwach. Der Mut verließ sie, und sie mochte sich nur noch setzen. ›Jetzt reiß dich mal zusammen, Ingeborg. Finde beim ersten Versuch das Schloss und drehe den Schlüssel sicher herum. Zögere nicht, Ingeborg, sonst steht er gleich hinter der Tür. Und denke jetzt nicht länger nach. Die Wagner benötigt keine zehn Sekunden, um in ihr Haus zu gelangen.‹ Ihre Hand hielt den Schlüsselbund krampfhaft umklammert. Der Schlüssel bebte geradezu vor dem Schloss. Schließlich stieß sie im vermeintlich richtigen Moment zu. Allerdings ging der erste Versuch daneben. Sie atmete tief durch. Der zweite ebenfalls. ›Ingeborg, er merkt, dass du nervös bist. Hoffe inständig, dass er das nicht ausnutzt und sich sicher fühlt … die Überraschung ist das Wichtigste. Denkst du eigentlich, es ist Landau? D e n k s t du, es ist Landau, Ingeborg? Ja, herrje, das denke ich! Sein eiskalter Blick ließ dich erschauern. Du weißt genau warum. Ja, er verrichtet auch noch anderes, als nur die Post auszufahren. Du hast es in seinen Augen gesehen, nicht wahr? Er schlachtet Menschen, Ingeborg. Landau ist ein M ö r d e r. Landau, ist ein Mörder!‹, weit hinten in ihrem Kopf verborgen krächzten ihre Gedanken plötzlich derart bösartig 60 und laut, dass sie diese beinahe zu hören vermochte. ›Wie kommst du denn nur auf solcherlei Verdächtigungen? Denke nur daran, was er Helmut angetan hat. Er wird dafür büßen! Und du wirst diejenige sein, die seinem Tun Einhalt gebietet. Ingeborg, du oder er! Oder möchtest du vor deiner Zeit in die kalte Erde? Willst du Humus für den Löwenzahn sein?‹ Frau Ginster drückte den Schlüssel ein weiteres Mal und hoffentlich im richtigen Moment hinein. Diesmal saß er fest im Schloss. Sie verlor keine weitere Zeit. Beherzt drehte sie ihn herum und ließ die Tür aufspringen. Im ersten Moment fiel es ihr schwer, in der Diele etwas zu erkennen. Von draußen aus dem Licht kommend benötigten ihre Augen schrecklich viel Zeit. Dennoch lief sie los und schloss hinter ihrem Rücken tastend die Haustür. Als Nächstes die Diele entlang. Diese wurde mit jedem Schritt schmaler. Ganz wie ihre Gedanken schrumpfte ihr Blickfeld auf das Wesentliche. ›Nur noch an der Kellertür vorbei.‹ Diese erschien ihr nun so mächtig und breit wie ein Scheunentor. Sie drehte etwas ihren Kopf und horchte hinter sich. ›Ich höre nur meine Schritte. Die Küche, Ingeborg. Greife das Erstbeste. Rede jetzt nicht. Niemand redet mit sich selbst. Er würde sofort denken, du redest mit ihm. Du bist die Wagner, Ingeborg, und sie würde höchstens … Oh nein, Helmut sitzt auf seinem Stuhl. Was jetzt? Er weiß sicherlich, dass Helmut im Haus ist. Würde die Wagner mit ihrer Katze reden?‹ Während sie noch darüber nachdachte, erklangen bereits erste Worte aus ihrem Mund. Sie hörte sich und sie hörte gleichzeitig Frau Wagner reden. Frau Ginsters Stimme klang seltsamerweise viel höher und jugendlicher als sonst. Beinahe hörte sie sich nun genauso wie Frau Wagner an, »Hallo, Katerchen. Du hast bestimmt Hunger?« Frau Ginster machte schnalzende Geräusche. »Das war vielleicht ein anstrengender Tag. Ich kann dir sagen … Ich gebe dir sofort etwas. Vorher gedulde dich noch einen Moment. Als Allererstes esse ich und dann erhältst du umgehend dein PremiumNassfutter. Für mich gibt es Spiegelei mit Brokkoli und möglicherweise rauche ich vorher noch eine Feierabendzigarette.« 62 Vorsichtig ergriff sie die schwere Eisenpfanne und schob lautstark eine viel kleinere aus Aluminium auf den Herd. Die Eisenpfanne legte sie allerdings nicht wieder ab, sondern balancierte sie bedächtig in ihrer Hand. Sie war wie geschaffen dafür, ordentlichen Schaden anzurichten. ›Ingeborg, du hast den Schatten hinter der Gardine gesehen. Der war mannshoch. Du gehst jetzt in das Wohnzimmer und danach in das Schlafzimmer. Das muss zügig vonstattengehen. Er muss allerdings denken, du willst dort etwas Belangloses tun. Krame kurz weiter herum, halte nicht still.‹ …. ****LESEPROBE**** Bitte bedenken Sie, dass Ihnen diese Leseprobe einen erweiterten Einblick in das Buch INGESCHENK geben soll. Komplett erhältlich als Ebook auf Amazon.de unter: http://www.amazon.de/dp/B00FE1AM6M Erhältlich als Buch auf Amazon.de unter: http://www.amazon.de/dp/149281962X …. Über den Autor Geboren 1972 wuchs Steffen Wittenbecher in der ehemaligen DDR auf und lebt heute zwischen den manchmal immer noch ungleichen Welten des Ostens und des Wes64 tens Deutschlands in Nordrhein-Westfalen. Hauptberuflich IT-ler hatte er bereits seit vielen Jahren das Bedürfnis, Gedanken niederzuschreiben und seiner regen Fantasie auf diese Weise Ausdruck zu verleihen. Die Ideen zu seinen Geschichten kommen plötzlich, während alltäglicher Situationen in sein Bewusstsein und reifen. Längst hat er sich damit abgefunden, dass es Dinge gibt, die man nicht beschreiben kann, sondern ausschließlich selbst erfahren muss, um sie wirklich verstehen zu können. Doch davon wollte er sich nicht entmutigen lassen und zumindest versuchen, sie zu beschreiben. Als Kind liebte er die Märchen der Gebrüder Grimm und Welten, deren Zeitrechnungen weit in der Zukunft lagen. Er las viel und ausgiebig und die Grenze bildete nicht nur das Inventar der kleinen Bibliothek seines Wohnblocks. Eines Nachts, und bereits jenseits der 40, im September 2012 entschloss er sich, einfach die Gedanken niederzuschreiben, die in seinem Kopf herumschwirrten. Das zu tun, wofür sein Herz brennt, etwas aus seiner Kindheit zurückzugeben und die Grenze von damals für zukünftige Generationen zu erweitern. Dortmund, 25.09.2013 Steffen Wittenbecher Erweitertes Impressum Ingeschenk 3. Auflage und das Halloween Special 1. Auflage 66 von Steffen Wittenbecher Alle Rechte vorbehalten. Steffen Wittenbecher, Hostedder Straße 43, 44329 Dortmund Gewidmet meiner Nicola Ingeschenk und das Halloween Special ist als Ebook und Buch bei Amazon erhältlich.