Ein Experte für Gesundheit, Ernährung und Sport Ingo Froböse im Interview Ingo Froböse wurde 1981 als Meister über 200 Meter sowie deutscher Vizemeister über 100 Meter. Bei den LeichtathletikHalleneuropameisterschaften 1982 in Mailand errang er den vierten Platz. Heute ist Froböse Professor für Prävention und Rehabilitation im Sport sowie Präsident des Zentrums für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Laufen bewegt: Herr Froböse, wie überzeugen Sie die Menschen, sich mehr zu bewegen? Ingo Froböse: Sie müssen wissen, dass dem Menschen ein Energiesparmodus in die Wiege gelegt worden ist. Für viele Menschen bedeutet das, dass sich ihnen das positive Gefühl, das aus körperlicher Aktivität resultiert, verschließt. Aktiv sein heißt nicht, unbedingt Hochleistungssport betreiben zu müssen. Mit Bewegung ist vielmehr ein positives Gefühl verbunden. Laufen bewegt: In den Medien sieht man immer häufiger übergewichtige und unbewegliche Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche. Wie viele Schritte legen wir denn noch am Tag zurück? Ingo Froböse: Der Durchschnittsbürger legt etwa 800 bis 1.000 Schritte zurück. Kinder ein bisschen mehr. Insgesamt sind 1.000 Schritte aber als Reizsetzung für den menschlichen Organismus viel zu wenig. Laufen bewegt: Wie viele Schritte legen Sie denn am Tag zurück? Ingo Froböse: Wir gehen davon aus, dass die optimale Reizsetzung des Organismus bei etwa 10.000 Schritten am Tag liegt. Da ich fünfmal in der Woche etwa zehn Kilometer laufe, sind das rund 10.000 Schritte Laufen bewegt: Was treibt Sie eigentlich an, die Menschen in Bewegung zu bringen? Ingo Froböse: Jeder Mensch sollte eine ganz bestimmte Aufgabe für sich erschließen. Ich sehe meine, nicht zuletzt als ehemals aktiver Sportler, darin, den Menschen den Spaß an der Bewegung zu vermitteln. Laufen bewegt: Dabei setzen Sie sich auch für die Gesundheitskampagne LAUFEN BEWEGT ein. Warum? Ingo Froböse: Die Menschen erfahren durch LAUFEN BEWEGT ein Gefühl für Ihren Körper. Sie realisieren so ihre Umwelt und reflektieren ihr eigenes Handeln. Die Reflexion des eigenen Handelns in Bezug auf die Umwelt ist für uns eine völlig ungewohnte Aufgabe. Diese ungewollte Aufgabe stellte sich unseren Vorfahren in der Steinzeit ständig. Unsere Vorfahren musste einschätzen, wie weit sie überhaupt noch laufen konnten, wie viele Kräfte sie noch für den Rückweg von einer Jagd aufbringen konnten. Die eigene körperliche Einschätzung sicherte das Überleben. Heute brauchen wir dieses aktive Körperempfinden nicht mehr, weil wir uns auf externe Apparaturen verlassen, die uns bewegen und transportieren. Laufen bewegt: Welche Wirkung hat ein Mehr an Bewegung auf Gesundheit und Wohlbefinden der Teilnehmenden? Ingo Froböse: Alle unsere Organe leben von Bewegung. Bewegung ist lebenswichtig, um die Funktion unserer Zellen, Organe, Nerven und unseres Blutsystems zu erhalten. Darüber hinaus ist Bewegung wichtig für die körperliche und geistige Entwicklung sowie für die eigene Lernfähigkeit. Daran erkennt man, dass die Biologie des Menschen von Reizsetzung lebt und Bewegung ist der einzige Reiz, der alle unsere Systeme des Körpers gleichzeitig herausfordert. Laufen bewegt: Kann jeder an „Laufen bewegt“ teilnehmen? Ingo Froböse: Ja, mit den vier Modulen ist es ein sehr niederschwelliges Angebot. Wer die Herausforderung von 200 Metern nicht für sich durchhalten kann, sollte besser therapeutisch behandelt werden. Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Dr. Froböse. Dr. Froböses Tipps, um auf einfache Weise mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren: Lassen Sie den Fahrstuhl links liegen. Legen Sie kleine Wege nicht mit dem Auto zurück. Gehen Sie gelegentlich zu Ihrem Büronachbar und verzichten Sie auf die EMail. Stehen Sie beim Telefonieren auf. In der Freizeit besteht natürlich die Möglichkeit, Sport zu treiben, einen Spaziergang zu machen oder in den Garten zu gehen. Die Menschen müssen erkennen, dass mangelnde Bewegung auf Dauer sehr schädlich ist. So kämpfen wir heute mit Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, wie Diabetes beispielsweise, die wir so früher nicht gekannt haben. Besonders die nachhaltige Leistungsfähigkeit lässt nach. Kurzfristig kompensiert der Körper relativ viel, nur verzeiht er langfristig nichts. Und irgendwann tragen die meisten Menschen eine Zeitbombe in sich. Was wir sehen ist das Spiegelbild dessen, was wir derzeit erleben: Bewegungsmangel und Fehlernährung.