Presseunterlage

Werbung
PRESSEKONFERENZ
mit
Abg. z. NR Franz Kirchgatterer, SPÖ-Volksgruppensprecher
Prof. Rudolf Sarközi, Vorsitzender des Volksgruppenbeirates der Roma
und des Kulturvereins Österreichischer Roma
Dr. Marjan Sturm, Obmann des Zentralverbandes slowenischer
Organisationen und Vorsitzender des Beirats für die slowenische
Volksgruppe
Martin Ivancsics, Präsident des Kroatischen KulturDokumentationszentrums und stellvertretender Vorsitzender
Volksgruppenbeirats der BurgenlandkroatInnen
„Für eine/n EU-Kommissar/in mit
Schwerpunkt Roma“
Donnerstag, 15. Mai 2014, 10.00 Uhr
Stützpunktzimmer, SPÖ-Klub, Parlament
und
des
Für eine/n EU-Kommissar/in mit Schwerpunkt Roma
1. Ausgangsbedingungen
Hundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist es die erste Aufgabe
von Politik und Gesellschaft, eine friedliche Entwicklung in Europa abzusichern
und zu gewährleisten. Die Europäische Union als Friedensunion soll dazu ihren
Beitrag leisten, sei es durch politische Programme, sei es institutionell.
Um eine friedliche Entwicklung in Europa und insbesondere der Europäischen
Union zu gewährleisten, ist es erforderlich, bestehende und mögliche
Konfliktfelder zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu setzen, um ein
Ausbreiten oder Eskalieren von Konflikten zu vermeiden.
In Europa leben rund zehn bis zwölf Millionen Roma (Sammelbegriff mehrerer
Gruppen). Sie stellen die größte ethnische Minderheit in Europa dar. Sechzig
Prozent dieser Roma leben in der Europäischen Union. Während die kulturellen
Leistungen der Roma in der Musik und in der bildenden Kunst mittlerweile
vollkommen anerkannt sind, bleibt ihnen oft die Anerkennung in sozialer und
wirtschaftlicher Hinsicht verwehrt. Vielen sind auch die Rechte, wie sie etwa in
der EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse festgelegt
sind, nicht hinlänglich bekannt. Aus einer Umfrage der Agentur der EU für
Grundrechte geht hervor, dass von den befragten Roma 33 Prozent arbeitslos
sind, 50 Prozent über keine Krankenversicherung verfügen und 90 Prozent unter
der Armutsgrenze leben. Besonders besorgniserregend ist die Situation der
Roma in Rumänien, Bulgarien, Ungarn, dem Kosovo, der Slowakei, aber auch
noch in anderen europäischen Staaten.
Aufgrund der außerordentlich schwierigen Verhältnisse in den osteuropäischen
Staaten mit schlechter Wohnsituation, mangelnder gesundheitlicher Versorgung,
geringen Bildungschancen und hoher Arbeitslosigkeit ist die teils auch
organisierte Armutswanderung entlang des Wohlstandsgefälles vorprogrammiert.
Durch das Inkrafttreten der Freizügigkeit innerhalb der EU wird dieses Phänomen
noch weiter verstärkt.
2
2. EU-Kommissar/in zur Bekämpfung der Diskriminierung der Roma und
anderer ethnischer Minderheiten in Europa
Es scheint dringend erforderlich, dass sich die Europäische Union verstärkt um
diese Problematik kümmert und wesentlich mehr Bemühungen als bisher darauf
konzentriert, zu Lösungen beizutragen: Dazu würde sich besonders eignen, wenn
ein/e
EU-Kommissar/in
schwerpunktmäßig
für
die
Bekämpfung
der
Diskriminierung der Roma zuständig wäre. Natürlich wäre es sinnvoll, wenn
sich diese/r Kommissar/in auch mit Migration und der Lage anderer ethnischer
Minderheiten in Europa beschäftigt.
3. Weitere Forderungen
Die Weltbank hat 2010 errechnet, dass die Integration der Roma in den
Arbeitsmarkt von Bulgarien, Rumänien, Serbien und der Tschechischen Republik
diesen
Volkswirtschaften
bis
zu
zehn
Milliarden
Euro
an
zusätzlichen
wirtschaftlichen und 3,5 Milliarden Euro an zusätzlichen steuerlichen Erträgen pro
Jahr einbringen würde. Nicht eingerechnet sind jene Kosten, die den Staaten mit
ihrer derzeitigen Roma-Politik heute an Sozialleistungen und Folgekosten
anfallen.
Ein spezielles Problem für die Roma ist auch, dass sie in manchen Ländern
zunehmend Angriffen paramilitärischer rechtsextremer Kräfte ausgesetzt sind,
wie etwa in Ungarn. Besonders schlimm ist auch die Lage im Kosovo, wo von den
Nationalist/innen ganze Siedlungen der Roma zerstört und die Menschen
vertrieben wurden.
Dringend notwendig wäre deshalb neben der Zentralforderung nach einem/einer
Kommissar/in für Roma Folgendes:
 Umsetzung aller Programme, die zu einer nachhaltigen Verbesserung der
rechtlichen Situation, der Wohnverhältnisse, des Gesundheitszustandes, der
Bildungschancen,
des
Beschäftigungsgrades
und
der
Entfaltungsmöglichkeit der Roma in allen Staaten der EU führen.
3
kulturellen
 Schutz der Roma vor rassistisch motivierter Verfolgung und ein entschiedenes
Auftreten aller EU-Mitgliedstaaten gegen solche rassistisch motivierten
Übergriffe gegen die Volksgruppe der Roma.
4. Lage in Österreich
Festzuhalten ist, dass in Österreich die Situation der Roma im Vergleich zu
zahlreichen anderen EU-Mitgliedstaaten relativ positiv ist. Mit der Anerkennung
der Roma als autochthone Volksgruppe im Jahr 1993 wurde ein Meilenstein
gesetzt, der sich seitdem in vielen Verbesserungen niedergeschlagen hat.
Trotzdem ist es heute, am 15. Mai, dem Jahrestag des Abschlusses des
Staatsvertrages
von
1955,
angebracht,
auch
in
Österreich
weitere
Verbesserungen insbesondere für die soziale Lage der Roma, aber auch mehr
Förderung ihrer kulturellen Entfaltung anzustreben.
Besonders werden die österreichische Bundesregierung und ihre zuständigen
Mitglieder ersucht, sich auch auf europäischer Ebene für die eingangs
dargelegten Anliegen der Roma und gegen die Diskriminierung der größten
europäischen Minderheit aktiv einzusetzen.
5. Artikel 8 Abs. 2 B-VG des Staatsvertrags
Mit dem Abschluss des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 war die Grundlage für
die Wiedererlangung der vollen Souveränität der Republik Österreich errungen.
Im Staatsvertrag von Wien finden sich auch Bestimmungen, die wichtige Rechte
für
die
Volksgruppen
einfordern,
wobei
allerdings
namentlich
nur
die
slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und der
Steiermark genannt werden. Für uns heute ist klar, dass entsprechend der in
Artikel 8 Abs. 2 B-VG festgelegten Staatszielbestimmung alle autochthonen
Volksgruppen
SlowakInnen
(SlowenInnen,
und
Roma)
zu
KroatInnen,
schützen
UngarInnen,
und
zu
fördern
TschechInnen,
sind.
Diese
Verfassungsbestimmung lautet: „Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden)
bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in
den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur,
Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu
fördern.“
4
Herunterladen