Protokoll zur Sitzung: Institutioneller Rassismus Seminar: Theorie und Praxis rassismuskritischer Bildungsarbeit Datum: 23.06.2015 Protokollantin: Amelie Reisenauer I Anknüpfung an die letzte Stunde: RASSISMUS Muster der Unterscheidung, anknüpfend an Rasse-/Kulturvorstellungen Pos./neg. Bewertung (Eigen- und Fremdzuschreibung); implizite Selbstauskünfte bleiben unhinterfragt, Beispiel: „Türkische Männer sind Machos.“ Deutsche Männer sind keine Machos Funktion: Definition des Eigenen, z.B. Selbstaufwertung Legitimation von Machtund Herrschaftsstrukturen Binäre Unterscheidungen z.B. deutsche und türkische Kultur; Ressource, auf die gerne zurückgegriffen wird, um Gegebenheiten einfach zu erklären KRITIK Hinterfragen/Thematisieren von gesellschaftlichen Mechanismen Stellungnahme/Positionierung/Infragestellen Offenlegen, bewusst machen Wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Rassismusbegriff und Weiterentwicklung Rassismuskritik bedeutet, sich mit rassistischen Normen und Normierungen beschäftigen, sich selbst als regiert zu verstehen und zu verstehen, was und welche Diskurse mein Denken, Handeln und Fühlen prägen. Darauf folgt eine Auseinandersetzung damit. II Stundengestaltung: Der Anti-Bias-Ansatz in der Erwachsenenbildung Geschichte: - Stammt aus dem Bereich der anti-rassistischen Bildung und Erziehung - Wird erstmals Anfang der 80er Jahre in den USA von Louise Derman-Sparks und Carol BrunseonPhillips im Rahmen der Kleinkindpädagogik konzipiert Ausschlaggebend für die Entwicklung Kritik an den bisherigen dominanzkulturellen, multikulturell-touristischen und farbenblinden Ansätzen (konzipiert zur Bekämpfung von Rassismus) Der Anti-Bias-Ansatz ebnet den Weg, Rassismus in seiner Verstrickung mit weiteren Diskriminierungsformen zu thematisieren Grundidee: Bildungseinrichtungen in Orte der Vielfalt und Anerkennung zu verwandeln und Ma0nahmen zu entwickeln, um den Prozess nachhaltig zu unterstützen - Ende der 90er Jahre: Anti-Bias-Ansatz erstmals in Deutschland; maßgebliche Anwendungsbereiche waren hauptsächlich Einrichtungen interkultureller und antidiskriminierender Pädagogik im Kontext frühkindlicher und schulischer Erziehung und dem Bereich der Erwachsenenbildung als Schwerpunkten 1 Was ist der Anti-Bias-Ansatz? - „Bias“ (engl.) = „Voreingenommen“ oder „Schieflage“ - = pädagogische Interventionsform zur Verringerung von Vorurteilen und sozialer Diskriminierung - Aktivierender Ansatz, der auffordert, gegen jegliche Formen von Diskriminierung und Unterdrückung einzuschreiten bezieht sich neben Rassismus auch auf Geschlecht, Behinderung etc. - Durch pädagogisches Handeln soll die „Kausalkette von individuellen und kulturellen Prägungen“ und deren Reproduktion erkenntlich werden und versucht werden, sie zu durchbrechen. Dafür ist eine ständige Reflexion der Denk- und Handlungsweise nötig - Der Anti-Bias-Ansatz spricht alle Menschen an. Jeder bewegt sich in Ungleichheitsverhältnissen; man geht davon aus, dass jeder Mensch Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht hat kein Mensch ist vorurteilsfrei! Die Auseinandersetzung mit eigenen Erfahrungen in beiden Positionen und Vermeidung der Festschreibung Einzelner auf Rollen von Tätern und Opfern Ziele des Anti-Bias-Ansatz: - Entfaltung einer Lebensphilosophie, die auf einer selbstreflexiven, gesellschaftskritischen und demokratiebewussten Haltung beruht - Ein realistischer und vorurteilsbewusster Umgang mit Diversität sowie reflektierende Analyse eigener Möglichkeiten und Grenzen, mit dem Ziel, diskriminierendes Verhalten auf zwischenmenschlicher, soziokultureller und struktureller Ebene zu erfassen und darauf bezogene Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln Anwendungsbereiche: - Pädagogische Methoden zur Optimierung der Bildungsprozesse in Arbeit mit heterogenen Gruppen - Kompetenzförderung von PädagogInnen in ihrem Umgang mit Vorurteilen und Diskriminierung III Gruppenarbeit: Themenbausteine des Anti-Bias-Ansatzes 2x2 und 2x3 Gruppen; Zeit: ca. 20 Minuten, anschließend Präsentation der einzelnen Gruppen durch Moderationskarten 1) Macht und Internalisierung: Individuum und Gesellschaft beeinflussen sich gegenseitig; jeder Mensch hat (Ohn-)Machtspositionen und ist an der Reproduktion von Machstrukturen beteiligt Reflexion ermöglicht Veränderungen 2) Umgang mit Widerständen: Phase der Abwehr – Phase der Verunsicherung und des Ungleichgewichts (Widerspruch zum angestrebten Selbstbild) – Phase des Wideraufbaus 3) Die Anderen: Distanz, sowie positive und negative Zuschreibungen 4) Handlungskompetenz: Gesellschafts- und Situationsanalyse, professionelles Handeln, Selbstreflexion 5) Identität und Identitätsbildung: Identität als narratives Konstrukt: Mehrfachzugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Gruppen Vielschichtiges Selbst. Identität konstruiert sich aus multiplen Faktoren, die in der Subjektbildung eine Rolle spielen 2 6) Eigene soziokulturelle Eingebundenheit: Identitätsstiftende Interaktion zwischen Individuum und Gesellschaft; wichtig, positives Verhältnis zu eigenen vielfältigen Hintergründen schaffen“ 7) Stereotype und Vorurteile: Stereotype = Schemata zur Vereinfachung; dient der Kategorisierung, Stereotypisierung und Urteilsbildung (Anti-Bias-Ansatz: Konfrontation und Auseinandersetzung, individuell und gesellschaftlich); Vorurteile = pos./neg. Bewertungen, die der intellektuellen und moralischen Rechtfertigung von Ungleichheitsverhältnissen dienen 8) Ausgrenzung und Diskriminierung: Ausgrenzung = Ausschluss aus bestimmten Strukturen; Diskriminierung = Benachteiligung durch Individuen, Strukturen und Institutionen (Anti-Bias-Ansatz: Alle Formen miteinander in Beziehung setzen und Motive, etc. benennen) IV Arbeit mit dem Anti-Bias-Ansatz: - Über Experten Anti-Bias-Bausteine erfahren und den Ansatz er-/ausarbeiten Selbstreflexion - Möglichkeit: Aus Fragenpool Leitfäden erstellen, die verschiedene Ansätze bieten, um mit dem AntiBias-Ansatz zu arbeiten Grenzen: Wille zur Veränderung muss da sein. Wenn Veränderungen an rassistischen Strukturen nicht notwendig erscheinen hat der Anti-Bias-Ansatz keine Wirkung! V Methode der „Power Flower“: Lernziel und Verwendungsmöglichkeit: Reflexion der eigenen gesellschaftlichen Positionierung, Erkennen, welchen sozialen Gruppen man angehört, Vielschichtigkeit der eigenen Identität bzw. Machtstellungen bewusst machen Wenn sich TN selbst zuordnen sollen, bemerken sie häufig kritisch, dass sie nicht in das dualistische Schema der „Power Flower“ hineinpassen. 3