Raumklima und thermische Behaglichkeit im Passivhaus Abstract / Zusammenfassung des Lernfelds Das Raumklima eines Gebäudes ist unter anderem abhängig vom Außenklima und davon, wie die Räume genutzt werden und wie viel Wärme und Feuchtigkeit innen entstehen. Der wichtigste Aspekt ist die Übertragung von Wärme zwischen innen und außen. In diesem Lernfeld wird beschrieben, wie Wärme in Gebäuden übertragen wird und wie man die Wärmeübertragung baulich steuern kann (z. B. durch die Ausführung der Gebäudehülle und die Wahl der Materialien). Außerdem werden zusätzliche Faktoren erklärt, die ein behagliches Raumklima ausmachen (Luftfeuchtigkeit und -qualität, Oberflächentemperaturen, Luftbewegungen). Beispiele aus den verschiedenen Klimazonen der Erde zeigen schließlich, wie bereits seit Jahrhunderten klimagerecht gebaut wird. 1 Inhaltsverzeichnis 1. LERNZIELE ..................................................................................................................................... 3 2. ZUM NACHDENKEN ... .................................................................................................................. 3 3. EINLEITUNG ................................................................................................................................... 4 4. DER WÄRMEHAUSHALT EINES GEBÄUDES ............................................................................. 5 4.1. Wie wird Wärme übertragen? ................................................................................... 5 4.2. Wärmegewinne ........................................................................................................ 6 4.3. Wärmeverluste ......................................................................................................... 7 4.4. Heizwärmebedarf und Heizlast................................................................................. 7 4.5. Zum Üben... ............................................................................................................. 8 5. BEHAGLICHKEIT UND RAUMKLIMA ........................................................................................... 9 5.1. Oberflächentemperaturen ........................................................................................ 9 5.2. Luftfeuchtigkeit ......................................................................................................... 9 5.3. Luftqualität ..............................................................................................................10 5.4. Luftbewegungen .....................................................................................................10 5.5. Zum Üben... ............................................................................................................10 6. BAUEN IN VERSCHIEDENEN KLIMAZONEN ............................................................................ 11 6.1. Wie wird wo gebaut? ...............................................................................................11 7. TRADITIONELLE KLIMAGERECHTE BAUWEISEN .................................................................. 13 7.1. Zum Üben... ............................................................................................................16 8. QUELLEN...................................................................................................................................... 17 9. ÜBERSICHT AUFGABEN ............................................................................................................ 18 10. ABBILDUNGSVERZEICHNIS .................................................................................................. 19 11. TABELLENVERZEICHNIS ....................................................................................................... 19 12. IMPRESSUM ............................................................................................................................. 20 2 1. Lernziele Erklären können, wie Wärme in ein und aus einem Gebäude übertragen wird Bauliche Lösungen auswählen können, um Wärmeverluste zu vermeiden Den Heizwärmebedarf auf Basis von Wärmeverlusten und -gewinnen berechnen Einflussfaktoren für das Raumklima aufzählen Vorschläge machen können, wie der Energiebedarf eines Gebäudes angepasst an das Klima verringert werden kann Beispielgebäude aus verschiedenen Klimazonen beurteilen 2. Zum Nachdenken ... Aufgabe 1: Wie werden Gebäude „gewärmt“, und wie entsteht thermische Behaglichkeit in den Innenräumen? Abbildung 1: Eine (eher ungewöhnliche) Möglichkeit, Gebäude zu wärmen (Quelle: Stefan Prokupek, GrAT) 3 3. Einleitung Ein Gebäude ist wie ein Kleidungsstück: Es wärmt, es schützt vor Regen und vor Sonne. Wenn es draußen heiß ist, sind Stoffe angenehmer, die luftdurchlässig sind, im Winter trägt man lieber gefüttertes Gewand. Genauso ist es auch mit Gebäuden. Eine Dämmschicht schützt vor Wärmeverlust, und atmungsaktive Baustoffe sorgen für ein behagliches Raumklima. So wie Wärme durch die Kleidung auf den Körper übertragen wird, gelangt sie auch in ein Gebäude (v. a. mit der Sonneneinstrahlung, was die sogenannten „solaren Gewinne“ ergibt). Gleichzeitig entsteht im Innenraum Wärme, die von den Körpern der BewohnerInnen erzeugt wird. Jeder Mensch gibt circa 80 Watt Wärmeenergie ab. In einem Gebäude geben neben den NutzerInnen auch Geräte Wärme ab. Zusammen ergibt das die „internen Gewinne“. Die Wärme wird durch Öffnungen, z. B. beim Lüften, oder durch die Materialien der Außenhülle wieder nach außen abgegeben. All diese Wärmegewinne und Wärmeverluste ergeben den Wärmehaushalt eines Gebäudes. Abbildung 2: Wärmegewinne und Wärmeverluste bei Gebäuden (Quelle: Grafik nach http://ecologicarchitecture.org/main/index.php?id=46&L=1%3F3d206648; 21.12.2011) Sind die Wärmegewinne höher als die Wärmeverluste, erwärmt sich der Innenraum, und im Extremfall kann Kühlung notwendig werden. Sind umgekehrt die Wärmeverluste höher als die Wärmegewinne, muss Heizenergie zugeführt werden, um die Temperaturen im Komfortbereich zu halten. Diese Kühl- und Heizlasten können vermieden oder verringert werden, indem man Wärmegewinne und -verluste bereits beim Planen eines Gebäudes beachtet. Bauliche Lösungen, wie sie z. B. für Passivhäuser verwendet werden (ausreichende Wärmedämmung, Luftdichtheit, Kompaktheit des Baukörpers etc.), sorgen für einen ausgeglichenen Wärmehaushalt und machen zusätzliche Heizung und Kühlung (fast) überflüssig. 4 Wichtig für ein behagliches Raumklima sind neben der Lufttemperatur auch Oberflächentemperaturen, die Luftfeuchtigkeit, Luftqualität und Luftbewegungen. 4. Der Wärmehaushalt eines Gebäudes Der Energiebedarf für die Heizung (und evtl. für die Kühlung) der Innenräume eines Gebäudes ist abhängig davon, wie viel Wärme ins Gebäudeinnere gelangt oder dort entsteht (Wärmegewinne) und wie viel Wärme an den Außenraum übertragen wird (Wärmeverluste). Stellt man Wärmegewinne und Wärmeverluste einander gegenüber, so kann man anschließend auch Heizwärmebedarf und Kühlbedarf genauer bestimmen. Dafür ist es zunächst wichtig, zu wissen, wie Wärmeenergie überhaupt zwischen Außen- und Innenraum übertragen wird. 4.1. Wie wird Wärme übertragen? Prinzipiell wird Wärme übertragen, wenn unterschiedliche Temperaturen innerhalb eines Mediums oder zwischen zwei Medien auftreten. Dann fließt zum Ausgleich die Wärmeenergie von der wärmeren zur kälteren Seite. Diese Wärmeübertragung findet auf verschiedene Arten statt: Wärmeleitung (Konduktion): die Übertragung von Schwingungsenergie innerhalb oder zwischen aneinandergrenzenden Materialien (z. B. in Bauteilen) Wärmeströmung (Konvektion): der Transport von Wärme, wenn sich Gase und Flüssigkeiten bewegen (z. B. in Lüftungsströmen) Wärmestrahlung: die Absonderung elektromagnetischer Strahlungsenergie von einem Körper (z. B. der Sonne oder einem Kachelofen) auf einen anderen, ohne dass die Luft dazwischen wesentlich erwärmt wird Wärmespeicherung Zusätzlich zur Wärmeübertragung kann man die Wärmespeicherung berücksichtigen. Bauteile im Innenraum, die Wärme speichern (wie der Boden oder Zwischenwände), geben diese nach einiger Zeit wieder ab. Durch Materialien mit hoher Wärmespeicherkapazität kann daher untertags z. B. Sonnenenergie gespeichert und in der Nacht wieder abgegeben werden. Das ist von Vorteil, wenn es draußen sehr heiß ist, weil die starke Mittagshitze nicht sofort und vollständig ins Gebäude dringt, sondern erst nach und nach. Man nennt das auch Phasenverschiebung. Andererseits hilft die Wärmespeicherung, wenn es nachts draußen kühl wird, denn die untertags gespeicherte Wärme wird dann noch immer abgegeben – die Räume kühlen also weniger schnell aus. 5 Faustregel: Materialien mit hoher Rohdichte haben eine höhere Wärmespeicherkapazität und schützen daher besser vor sommerlicher Überhitzung und vor dem Auskühlen der Räume. 4.2. Wärmegewinne Wärmegewinne im Gebäudeinneren setzen sich zusammen aus solaren und internen Gewinnen. Solare Gewinne (QS) werden auch als passive Solarenergienutzung bezeichnet (im Gegensatz zur aktiven Solarenergienutzung mithilfe von Photovoltaik und Solarthermie). Die Gewinne entstehen durch die Sonneneinstrahlung auf das Gebäude und werden über Fensterflächen, aber auch durch das Dach oder die Wände ins Innere des Gebäudes geleitet. Wie hoch die solaren Gewinne sind, hängt von mehreren Faktoren ab (Jahres-/Tageszeit, Standort, Bewölkung, Verschattung usw.) und kann durch planerische Entscheidungen auch beeinflusst werden. Die Fensterflächen können entsprechend dimensioniert und ausgerichtet werden. Großflächige Verglasungen an der Südseite bringen mehr solare Gewinne. Die solaren Gewinne müssen aber nicht immer erwünscht sein. Im Sommer können sie zu einer Überhitzung der Innenräume führen und den Kühlbedarf erhöhen. Um die Sonnenenergie nur dann zu nutzen, wenn sie benötigt wird, helfen Lösungen wie flexible Sonnenschutzelemente, Verschattung durch Laubbäume oder Ähnliches. (vgl. das Lernfeld „Grundlagen Passivhaus“ auf www.e-genius.at) Interne Gewinne (QI) entstehen durch die Wärmeenergie, die von Menschen und Geräten im Gebäude abgegeben wird. Je nach Anzahl und Aktivität und je nach Raumnutzung sind die Gewinne höher oder niedriger (z. B. generell höher in Bürogebäuden mit vielen Geräten und MitarbeiterInnen). Faustregel: Für Wohngebäude kann man mit 3,75 W/m2 an internen Gewinnen rechnen. 6 4.3. Wärmeverluste Wärmeenergie wird aus dem Inneren eines Gebäudes durch Wärmeleitung und Wärmeströmung nach außen übertragen. Das ergibt die Transmissionswärmeverluste (Q T) und Lüftungswärmeverluste (QV). Transmissionswärmeverluste entstehen an: Bauteilen, die direkt oder indirekt (z. B. über einen Wintergarten) an die Außenluft grenzen, Bauteilen, die die Erde berühren, sowie Wärmebrücken. Der U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) von Bauteilen ist ein wesentlicher Faktor für die Transmission. Je höher der U-Wert von Bauteilen der Gebäudehülle, umso höher sind die Wärmeverluste. Wärmedämmstoffe mit niedrigem U-Wert helfen dabei, Wärmeverluste zu verhindern. Eine kompakte Gebäudeform verringert ebenfalls die Transmissionswärmeverluste, genauso wie Streifen- oder Punktfundamente. Geometrische und stoffliche Wärmebrücken, wie z. B. Balkonanschluss oder Dübel, sollten so weit wie möglich vermieden werden. Lüftungswärmeverluste treten auf, wenn über Fenster und/oder Türen gelüftet wird, aber auch bei einer undichten Gebäudehülle. Abluftanlagen, Dunstabzugshauben in der Küche, Abluftventilatoren im Bad sowie Kamine führen ebenfalls zu Wärmeverlusten. Verringern kann man Lüftungswärmeverluste durch eine luftdichte Gebäudehülle sowie durch eine Lüftungsanlage, da damit weniger über die Fenster gelüftet werden muss. Kombiniert mit Wärmerückgewinnung werden weitere Wärmeverluste vermieden. Mehr Details zu Wärmebrücken und Luftdichtheit in Passivhäusern finden sich im Lernfeld „Grundlagen Passivhaus“ auf www.e-genius.at. 4.4. Heizwärmebedarf und Heizlast Wenn ein Gebäude so geplant und gebaut wird, dass Wärmegewinne erhöht und Wärmeverluste reduziert werden, kann der Heizwärmebedarf so weit verringert werden, dass keine oder nur mehr eine kleine Heizung notwendig ist. Das ist der Fall bei Passivhäusern. Der Heizwärmebedarf (HWB) kann aus den Wärmeverlusten QT und QV und den Wärmegewinnen QI und QS berechnet werden. Dazu wird zusätzlich der Ausnutzungsgrad η benötigt, der angibt, wie viel der Gewinne tatsächlich genutzt werden kann. Generell kann für schwere Bauweisen (also solche mit hoher Wärmespeicherkapazität) ein Ausnutzungsgrad von 1,0 angenommen werden, für leichte Bauweisen 0,9. 𝑄𝐻𝑊𝐵 = (𝑄𝑇 + 𝑄𝑉 ) − 𝜂 × (𝑄𝐼 + 𝑄𝑆 ) Um abzuschätzen, wie die Heizung dimensioniert werden soll (also wie viel Leistung sie erbringen muss), muss man die Heizlast kennen. Die Heizlast ist jene Menge an Wärme, die 7 gebraucht wird, um im kältesten Fall (also an sehr kalten Wintertagen und -nächten) die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Die Heizlast wird in kW angegeben und für jeden Raum extra berechnet (z. B. wird für ein Wohnzimmer eine höhere Temperatur angestrebt als für einen Abstellraum). Mit diesem Online-Rechner kann die Heizlast gemäß der ÖNORM B 8135 berechnet werden: http://www.ifea.tugraz.at/hp_old/heizlast/heizlast.htm Wird die Heizungsanlage überdimensioniert, so läuft sie an den meisten Tagen im Teillastbetrieb, denn selten wird wirklich der Extremfall der kältesten Außentemperaturen erreicht. Der Teillastbetrieb ist weniger effizient und erhöht dadurch den Brennstoffbedarf und damit auch die Kosten, eine Überdimensionierung der Heizungsanlage sollte also vermieden werden. 4.5. Zum Üben... Aufgaben zum Üben oder als Anregung für den Unterricht Aufgabe 2: Was ist Konduktion von Wärme? Aufgabe 3: Wie nennt man die Übertragung von Wärme durch Luftströme? Aufgabe 4: Wie können solare Gewinne erhöht werden? Aufgabe 5: Was sind interne Gewinne? Aufgabe 6: An welchen Stellen eines Gebäudes treten Transmissionswärmeverluste auf? Aufgabe 7: Wie lassen sich Lüftungswärmeverluste verringern? Aufgabe 8: Berechnen Sie den jährlichen Heizwärmebedarf für ein Gebäude mit folgenden Wärmeverlusten und gewinnen und dem Ausnutzungsgrad 0,95. QT = 95.099 kWh/a, QV = 20.971 kWh/a, QI = 20.918 kWh/a, QS = 15.094 kWh/a 8 5. Behaglichkeit und Raumklima Für ein behagliches Raumklima sind neben der Lufttemperatur auch noch andere Faktoren ausschlaggebend. Dazu zählen unter anderem: Oberflächentemperaturen Luftfeuchtigkeit Luftqualität Luftbewegungen 5.1. Oberflächentemperaturen Auch wenn die Lufttemperatur in einem Raum warm genug ist, kann den BewohnerInnen unangenehm kühl sein. Das hängt oft damit zusammen, dass die Oberflächentemperaturen, also z. B. die Temperatur der Außenwand, niedriger ist als die Lufttemperatur. Kalte Wände geben zu wenig Wärmestrahlung ab, aber gerade Strahlungswärme wird als angenehm empfunden. Deshalb reichen bei warm strahlenden Oberflächen (z. B. einem Kachelofen oder einer Wandheizung) geringere Lufttemperaturen für das gleiche Behaglichkeitsempfinden aus. Die gefühlte Temperatur entspricht dem Durchschnitt aus Luft- und Wandtemperaturen. Gut gedämmte Wände, aber auch Wandheizungen sorgen für behaglichere Temperaturen. Generell gilt, dass die Wände nicht um mehr als 3 °C kälter sein sollten als die Luft. 5.2. Luftfeuchtigkeit Die Luftfeuchtigkeit in einem Gebäude ist ein wichtiger Faktor für die Behaglichkeit. Ist sie zu niedrig, wirkt die Luft zu trocken, was sich auch negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Ist sie zu hoch, wird das Raumklima schwül, außerdem besteht die Gefahr von Kondensatund Schimmelbildung an Bauteilen. Die ideale Luftfeuchtigkeit hängt auch mit der Lufttemperatur zusammen. Abbildung 3: Behaglichkeitsdiagramm (Quelle: eigene Grafik nach Inhalten von http://ecologicarchitecture.org/main/index.php?id=48; 21.12.2011) 9 Feuchtigkeit wird in den Räumen an die Luft abgegeben durch Menschen und Pflanzen, aber auch durch Duschen, Waschen oder Kochen, also überall dort, wo sich Wasserdampf bildet. Wo die Luft gesättigt ist, d. h. eine relative Luftfeuchtigkeit von 100 % erreicht hat, wird die überschüssige Feuchtigkeit in Wasserform abgeschieden (Kondensat, auch Tauwasser genannt). Kondensation findet an kalten Flächen statt (wie z. B. an kalten Fenstern), weil kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als warme. Wenn die Bauteile (vor allem die Wände) Feuchtigkeit gut aufnehmen können (wie z. B. Lehm oder viele nachwachsende Rohstoffe), wird die Luftfeuchtigkeit im Raum ausgeglichen. Das trägt zu einem guten Raumklima bei. 5.3. Luftqualität Schadstoffe können entweder von außen in ein Gebäude gelangen (z. B. Abgase) oder im Gebäudeinneren an die Luft abgegeben werden (wie Emissionen von Baustoffen oder Möbeln). Auch durch die Atmung des Menschen wird der Luft Sauerstoff entzogen und die Luftqualität verschlechtert. Deshalb muss für eine ausreichende Frischluftzufuhr gesorgt werden. Diese kann durch das Lüften über die Fenster erreicht werden oder auch durch eine kontrollierte Wohnraumlüftung, wie sie in Passivhäusern eingebaut wird. 5.4. Luftbewegungen Luftbewegungen in Innenräumen können vor allem im Winter unerwünscht sein (Zugluft), im Sommer jedoch willkommen. Luftbewegungen ab 0,2 m/s können als unangenehm empfunden werden. 5.5. Zum Üben... Aufgaben zum Üben oder als Anregung für den Unterricht Aufgabe 9: Welche Faktoren beeinflussen das Raumklima? 10 6. Bauen in verschiedenen Klimazonen Das Raumklima eines Gebäudes hängt stark vom Außenklima ab. Die baulichen Maßnahmen müssen daher auf das außen vorherrschende Klima abgestimmt werden, um Heiz- und Kühllasten zu verringern und ein angenehmes Raumklima zu erzeugen. Das gilt auch für Passivhäuser: Je nachdem, in welcher Klimazone das Haus steht, muss es mehr oder weniger stark gedämmt werden, um ohne konventionelle Heizung auszukommen. 6.1. Wie wird wo gebaut? Grundsätzlich werden folgende Klimazonen auf der Erde unterschieden: polar/subpolar: z. B. Arktis, Antarktis, Grönland. (Sehr) niedrige Temperaturen, geringe Niederschläge, geringe Temperaturunterschiede gemäßigt: z. B. Nord- und Mitteleuropa. Warmgemäßigt bis kaltgemäßigt, teilweise starke Temperaturunterschiede (Sommer/Winter, Tag/Nacht), ganzjährige Niederschläge, mittlere bis hohe Luftfeuchtigkeit, häufig bewölkt subtropisch: z. B. Mittelmeerraum, Süden der USA. Temperaturen warmgemäßigt bis hoch, unterschiedliche Niederschläge und Luftfeuchtigkeit je nach Region tropisch: z. B. Zentralafrika, Südostasien. Hohe Temperaturen, geringe Temperaturunterschiede, hohe Niederschläge in der Regenzeit Abbildung 4: Klimazonen der Erde (Quelle: Grafik nach LordToran 2007; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Klimag%C3%BCrtel-der-erde.svg?uselang=de) Folgende Tabelle zeigt, welche baulichen Maßnahmen in den verschiedenen Klimazonen notwendig sind, um ein angenehmes Raumklima zu schaffen. 11 Polares/ subpolares Klima Subtropisches Klima Tropisches Klima abhängig von der Region geringe Masse* notwendig abhängig von der Region vor allem bei Dachflächen und künstlich klimatisierten Bauten sommerlicher Wärmeschutz sinnvoll zur Phasenverschiebung sinnvoll zur Phasenverschiebung und Abschwächung der Spitzentemperaturen Warm-/kaltgemäßigtes Klima Baumasse Wärmedämmung notwendig Wärmespeicherung Heizung notwendig notwendig regional im Winter nicht notwendig Aktive Kühlung nicht notwendig in den meisten Fällen vermeidbar häufig notwendig häufig notwendig, oft auch zur Entfeuchtung eingesetzt Lüftung kontrolliert kontrolliert erhöhte Lüftung* ganzjährig erhöhte Lüftung* (Querlüftung) Luftdichtheit notwendig notwendig notwendig nur bei künstlicher Klimatisierung Verschattung (ohne Blendschutz) selten notwendig temporär im Sommer notwendig notwendig *bei fehlender künstlicher Klimatisierung Tabelle 1: Bauliche Maßnahmen in verschiedenen Klimazonen (Grafik: via-media.at; Quelle der Inhalte: http://ecologic-architecture.org/main/index.php?id=100&L=0; 21.12.2011) 12 7. Traditionelle klimagerechte Bauweisen Ein bekanntes Beispiel für traditionelles klimagerechtes Bauen ist das Iglu im polaren Klima. Die Halbkugel ist eine sehr kompakte Bauform, die möglichst geringe Außenfläche bei möglichst großem Innenraumvolumen bietet und dadurch Wärmeverluste so niedrig wie möglich hält. Ein tieferliegender Zugangstunnel verhindert außerdem, dass Kaltluft von außen eindringt. Abbildung 5: Iglu (Quelle: http://images.cdn.fotopedia.com/flickr-112970054-original.jpg) In kaltgemäßigten Gebieten (z. B. in Nordeuropa) ist es wichtig, im Winter möglichst viel von der tiefstehenden Sonne zu nutzen (durch die Ausrichtung von Fenstern oder Wintergärten nach Süden oder auch mit Solaranlagen) und zugleich Schutz vor Wind, Kälte und Schneefall zu bieten (z. B. durch steile Dächer, wie sie auch aus der Alpenarchitektur bekannt sind). Abbildung 6: Steildach alpiner Berghütte (Quelle: http://de.fotopedia.com/items/flickr-44589656) 13 Das steile Dach dieser alpinen Berghütte leitet Schneelasten ab und schützt vor Wind. Hier ist die traditionelle Bauweise mit der Nutzung von Photovoltaik verbunden. In Regionen, die im Sommer mit hohen Temperaturen rechnen müssen, wo es im Winter und in der Nacht aber dennoch abkühlt, wie z. B. im Mittelmeerraum, bewähren sich seit Jahrhunderten kompakte, massive Bauformen mit kleinen Fensteröffnungen und enge, schattige Gassen. So wird direkte Sonneneinstrahlung verhindert, und die massiven Wände dämpfen durch ihre Wärmespeicherkapazität die Mittagshitze und speichern die Tageswärme für die Nacht. Helle Farben reflektieren zusätzlich die Sonnenstrahlen. Abbildung 7: Griechische Architektur: Helle, kompakte Gebäude mit kleinen Fensteröffnungen verhindern Überhitzung (Quelle: Josim; http://www.flickr.com/photos/josim/30665499/sizes/z/in/photostream/) In heißen Trockengebieten, wie im Orient, haben sich Windfänge und Windtürme entwickelt. Das sind Hohlräume, die vom Boden bis über das Dach hinaus ins Gebäude integriert sind und sich den sogenannten Kamineffekt zunutze machen. Dabei strömt warme Luft aufgrund ihrer geringeren Dichte hinauf und oben aus dem Windturm hinaus, kalte Luft hingegen strömt von oben in den Turm hinein und kühlt die Innenräume. 14 Abbildung 8: Funktionsweise eines Windturms. Anmerkung: Ein Qanat ist ein horizontaler Brunnen (Quelle: Williamborg 2009; http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/aa/Wind-Tower-andQanat-Cooling-1_DE.jpg) In tropischen Gebieten herrscht das ganze Jahr über heißes, feuchtes Klima – hier kühlt es auch im Winter oder in der Nacht nicht stark ab. Deshalb ist es möglich und sinnvoll, offene Bauweisen aus leichten Baustoffen zu verwenden, die durchgehend für eine gute Durchlüftung sorgen und die Wärme nicht lange speichern. Beschattung ist hier ebenfalls wichtig – durch Pflanzen oder große Dachüberstände. Pfahlbauten ermöglichen beispielsweise eine ständige Belüftung von unten und bieten außerdem, sofern sie nicht im Wasser errichtet wurden, einen überdachten Schattenbereich unter dem Haus. Gleichzeitig schützen sie vor Ratten, Schlangen und anderen Eindringlingen. Abbildung 9: Pfahlbauten auf einer philippinischen Insel (Quelle: http://www.flickr.com/photos/lonqueta/4252346802/in/photostream/) 15 7.1. Zum Üben... Aufgaben zum Üben oder als Anregung für den Unterricht Aufgabe 10: Welche Bauweisen haben sich im Mittelmeerraum bewährt? Aufgabe 11: Welche Form der Wärmeübertragung machen sich Windtürme zunutze? Aufgabe 12: Sind in gemäßigten Klimaten Wärmedämmung und Wärmespeicherung notwendig? Aufgabe 13: Wieso sind in den Tropen offene Bauweisen sinnvoll, bei uns jedoch nicht? 16 8. Quellen Bisanz, Carsten; Mangold, Dirk; Feist, Wolfgang; Werner, Johannes (o. J.): Ein Vorschlag zur Heizlastauslegung im Passivhaus. URL: http://www.solites.de/download/literatur/Carsten%20Bisanz_Heizlast.pdf (26.10.2011). Schnieders, Jürgen (2009): Passive Houses in South West Europe. Passivhaus Institut. Schütze, T.; Willkomm, W. (2000): Klimagerechtes Bauen in Europa. Planungsinstrumente für klimagerechte, energiesparende Gebäudekonzepte in verschiedenen europäischen Klimazonen. FH Hamburg. Muench Group: Energie – Grundlagen. URL: http://ecologicarchitecture.org/main/index.php?id=71 (21.12.2011). 17 9. Übersicht Aufgaben Aufgabe 1: Wie werden Gebäude „gewärmt“, und wie entsteht thermische Behaglichkeit in den Innenräumen? ......................................................................................................... 3 Aufgabe 2: Was ist Konduktion von Wärme? ......................................................................... 8 Aufgabe 3: Wie nennt man die Übertragung von Wärme durch Luftströme? ......................... 8 Aufgabe 4: Wie können solare Gewinne erhöht werden? ...................................................... 8 Aufgabe 5: Was sind interne Gewinne? ................................................................................. 8 Aufgabe 6: An welchen Stellen eines Gebäudes treten Transmissionswärmeverluste auf? ... 8 Aufgabe 7: Wie lassen sich Lüftungswärmeverluste verringern? ........................................... 8 Aufgabe 8: Berechnen Sie den jährlichen Heizwärmebedarf für ein Gebäude mit folgenden Wärmeverlusten und gewinnen und dem Ausnutzungsgrad 0,95. QT = 95.099 kWh/a, QV = 20.971 kWh/a, QI = 20.918 kWh/a, QS = 15.094 kWh/a ......................................... 8 Aufgabe 9: Welche Faktoren beeinflussen das Raumklima? ............................................... 10 Aufgabe 10: Welche Bauweisen haben sich im Mittelmeerraum bewährt? .......................... 16 Aufgabe 11: Welche Form der Wärmeübertragung machen sich Windtürme zunutze? ....... 16 Aufgabe 12: Sind in gemäßigten Klimaten Wärmedämmung und Wärmespeicherung notwendig? ................................................................................................................... 16 Aufgabe 13: Wieso sind in den Tropen offene Bauweisen sinnvoll, bei uns jedoch nicht? ... 16 18 10. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Eine (eher ungewöhnliche) Möglichkeit, Gebäude zu wärmen (Quelle: Stefan Prokupek, GrAT) ............................................................................................................ 3 Abbildung 2: Wärmegewinne und Wärmeverluste bei Gebäuden (Quelle: Grafik nach http://ecologic-architecture.org/main/index.php?id=46&L=1%3F3d206648; 21.12.2011) 4 Abbildung 3: Behaglichkeitsdiagramm (Quelle: eigene Grafik nach Inhalten von http://ecologic-architecture.org/main/index.php?id=48; 21.12.2011) ............................... 9 Abbildung 4: Klimazonen der Erde (Quelle: Grafik nach LordToran 2007; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Klimag%C3%BCrtel-der-erde.svg?uselang=de) ..................................................................................................................................... 11 Abbildung 5: Iglu (Quelle: http://images.cdn.fotopedia.com/flickr-112970054-original.jpg) ... 13 Abbildung 6: Steildach alpiner Berghütte (Quelle: http://de.fotopedia.com/items/flickr44589656) .................................................................................................................... 13 Abbildung 7: Griechische Architektur: Helle, kompakte Gebäude mit kleinen Fensteröffnungen verhindern Überhitzung (Quelle: Josim; http://www.flickr.com/photos/josim/30665499/sizes/z/in/photostream/) ......................... 14 Abbildung 8: Funktionsweise eines Windturms. Anmerkung: Ein Qanat ist ein horizontaler Brunnen (Quelle: Williamborg 2009; http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/aa/Wind-Tower-and-Qanat-Cooling1_DE.jpg) ..................................................................................................................... 15 Abbildung 9: Pfahlbauten auf einer philippinischen Insel (Quelle: http://www.flickr.com/photos/lonqueta/4252346802/in/photostream/) ........................... 15 11. Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Bauliche Maßnahmen in verschiedenen Klimazonen (Grafik: via-media.at; Quelle der Inhalte: http://ecologic-architecture.org/main/index.php?id=100&L=0; 21.12.2011) 12 19 12. Impressum Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich: GrAT – Gruppe Angepasste Technologie Technische Universität Wien Wiedner Hauptstraße 8-10 1040 Wien Austria T: ++43 1 58801-49523 F: ++43 1 58801-49533 E-Mail: contact(at)grat.at http://www.grat.at Projektleiterin und Ansprechperson: Dr. Katharina Zwiauer E-Mail: katharina.zwiauer(at)grat.at AutorInnen und Fachdidaktisierung: Magdalena Burghardt MA, Dr. Robert Wimmer Lektorat: Mag. Silvia Grillitsch Finanziert durch: Nutzungsbedingungen: Alle Inhalte sind unter folgender Creative-Commons-Lizenz lizensiert: e-genius steht unter einer Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 3.0 Austria Lizenz. Das bedeutet: 20 Sie dürfen das Werk bzw. den Inhalt vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen, Abwandlungen und Bearbeitungen des Werkes bzw. Inhaltes anfertigen. Zu den folgenden Bedingungen: Namensnennung — Sie müssen den Namen des Autors/Rechteinhabers in der von ihm festgelegten Weise nennen. Keine kommerzielle Nutzung — Dieses Werk bzw. dieser Inhalt darf nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Weitergabe unter gleichen Bedingungen — Wenn Sie das lizenzierte Werk bzw. den lizenzierten Inhalt bearbeiten oder in anderer Weise erkennbar als Grundlage für eigenes Schaffen verwenden, dürfen Sie die daraufhin neu entstandenen Werke bzw. Inhalte nur unter Verwendung von Lizenzbedingungen weitergeben, die mit denen dieses Lizenzvertrages identisch oder vergleichbar sind. Hinweise zur Namensnennung/Zitierweise: Texte: AutorInnen des Lernfelds, Titel des Lernfelds. Hrsg.: GrAT, www.e-genius.at Bilder: Nennung der Rechteinhaberin/des Rechteinhabers und www.e-genius.at Haftungsausschluss: Sämtliche Inhalte auf der Plattform e-genius wurden sorgfältig geprüft. Dennoch kann keine Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität und Verfügbarkeit der Inhalte übernommen werden. Der Herausgeber übernimmt keinerlei Haftung für Schäden und Nachteile, die allenfalls aus der Nutzung oder Verwertung der Inhalte entstehen. Die Zurverfügungstellung der Inhalte auf e-genius ersetzt keine fachkundige Beratung, die Abrufbarkeit der Inhalte ist kein Anbot zur Begründung eines Beratungsverhältnisses. e-genius enthält Links zu Webseiten Dritter. Das Setzen von Links ist ein Verweis auf Darstellungen und (auch andere) Meinungen, bedeutet aber nicht, dass den dortigen Inhalten zugestimmt wird. Der Herausgeber von e-genius übernimmt keinerlei Haftung für Webseiten, auf die durch einen Link verwiesen wird. Das gilt sowohl für deren Verfügbarkeit als auch für die dort abrufbaren Inhalte. Nach Kenntnisstand der BetreiberInnen enthalten die verlinkten Seiten keine rechtswidrigen Inhalte, sollten solche bekannt werden, wird in Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen der elektronische Verweis umgehend entfernt. Inhalte Dritter sind als solche gekennzeichnet. Sollten Sie trotzdem auf eine Urheberrechtsverletzung aufmerksam werden, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis. Bei Bekanntwerden von Rechtsverletzungen werden wir derartige Inhalte umgehend entfernen bzw. korrigieren. Link zur Lernplattform: http://www.e-genius.at 21