18. April 2014 Adolf Loos' komplett rekonstruierte Inneneinrichtung in der Klatovská 12 wird für kulturelle Zwecke genutzt Zwei im Jahr 2004 rekonstruierte Räumlichkeiten im Gebäude Klatovská 12, die der Architekt Adolf Loos Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts für die Familie des Arztes Josef Vogel entwarf, wurden von der Stadt Pilsen mit Repliken von Originalmöbeln ausgestattet. Damit ist ein weiterer Schritt in der Vorbereitung der speziellen Besichtigungs-Tour getan, mit der einmalige Wohnungsinneneinrichtungen des weltbekannten Architekten Adolf Loos zugänglich gemacht werden sollen. Interessierte konnten diese zwei möblierten Räume zum ersten Mal am 18. April besichtigen. „Adolf Loos ist eine bedeutende Persönlichkeit der modernen Architektur und Pilsen hatte großes Glück, dass die meisten Ausstattungen von Wohnungsinnenräumen gerade hier entstanden sind. Was die Zahl einmaliger Räume angeht, kann es sogar mit Wien konkurrieren. Loos' Inneneinrichtungen gehören zu den Pilsner Juwelen, mit denen wir im Jahr 2015 Europa davon überzeugen, dass wir seine Kulturhauptstadt sind,“ so Oberbürgermeister Martin Baxa. Die Zugänglichmachung der einmaligen Innenausstattungen, entworfen von Adolf Loos, einem Giganten der modernen Architektur, zählt für die Gesellschaft Pilsen 2015 zu den Schlüsselprojekten im Programm der Kulturhauptstadt Europas 2015. "Loos' Innenausstattungen in Pilsen sind viele Jahre von der Fachwelt und der kulturellen Öffentlichkeit nicht beachtet worden. Es freut uns daher sehr, dass sich nun die erste von ihnen auch zu einer anderen Nutzung als nur der Besichtigung öffnet. Wir planen hier eine Reihe von Veranstaltungen, im Mai zum Beispiel die Nacht der Literatur, die wir in Kooperation mit den Tschechischen Zentren in diesem Jahr zum allerersten Mal ausrichten. Ähnliche und andere Veranstaltungen werden dazukommen und ich hoffe inständig, dass die Öffentlichkeit im Laufe des nächsten Jahres auch einen Einblick in die übrigen Innenräume bekommt. Die Reaktion unserer internationalen KollegInnen, Reisebüros und Zeitungen hat gezeigt, dass aus dem Besuch der Innenräume von Adolf Loos in Pilsen ein sehr interessanter TouristInnenmagnet werden kann. Ich glaube, dass wir mit dem Projekt Pilsen 2015 in Zusammenarbeit mit den BesitzerInnen und VerwalterInnen der einzelnen Inneneinrichtungen dazu beitragen können," führt der Programmdirektor Jiří Sulženko aus. Die aufwändige und anspruchsvolle Instandsetzung des Speisesaals und des Wohnzimmers in der Adresse Klatovská 12 wurde auf Basis der Bauzeichnung realisiert, die von einem Team unter Leitung des Architekten Václav Girsa, Professor an der Fakultät für Architektur der Tschechischen Technischen Universität Prag erarbeitet wurde. "Uns standen Fotografien der Inneneinrichtung zur Verfügung und nach diesem Vorbild entstanden die einzelnen Möbelstücke. Außerdem standen wir in Konsultation mit Professor Girsa," erläutert Jan Setikovský von der Verwaltung des öffentlichen Eigentums der Stadt Pilsen. Die Herstellung der Innenraumausstattung wurde fachlich von Vladimír Bok übernommen. Die historischen Fotografien, von denen ausgegangen wurde, stammen aus Loos' privatem Archiv, das in der Wiener Galerie Albertina einlagert. "Bei der Herstellung der Repliken dienten auch originale historische Sessel und Stühle, die uns Michal Brummel, der Besitzer einer weiteren Inneneinrichtung von Loos ausgeliehen hat. Dank der gemeinsamen Anstrengungen vieler Menschen ist es gelungen, beide Räume absolut tadellos zu rekonstruieren," konstatiert Karel Zoch von der Abteilung für Denkmalpflege der Stadtverwaltung. Die in diesem Jahr restaurierte Inneneinrichtung im Haus Klatovská 12 wurde von Adolf Loos im Jahr 1928 für die Familie des Arztes Josef Vogel entworfen. „Interessant ist, dass es sich nicht um die erste Inneneinrichtung des Architekten an diesem Ort handelte. Bereits 1908 hatte Loos die Einrichtung der Wohnung für die vorherigen Mieter, die Familie des Industriellen Otto Beck entworfen, dessen Tochter Klara er später heiratete,“ erinnert Karel Zoch. Familie Beck lebte hier bis Mitte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als sie in die Adresse náměstí Míru 2 umzog. „Die gesamte Innenausstattung wurde damals ausgebaut und mit Hilfe von Loos am neuen Wohnsitz installiert,“ ergänzt Zoch. 20 Jahre später erhielt Loos einen neuen Auftrag für den gleichen Raum von Doktor Vogel. Die Inneneinrichtung unterschied sich komplett von der vorherigen. „Adolf Loos hat sich bei diesem Entwurf die Arbeit in keiner Weise leicht gemacht, was bewundernswert ist,“ fügt Karel Zoch hinzu. Loos entwarf damals nicht nur die Ausstattung für die gesamte Wohnung, also Speise-, Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer, sondern auch die Praxis und das Röntgenzimmer von Doktor Vogel. Die Repliken der Möbelstücke für Teile der Wohnung in der Klatovská třída 12, die vor zehn Jahren renoviert wurde, erwarb die Stadt für knapp zwei Millionen Kronen. In der zweiten Junihälfte soll die Rekonstruktion einer weiteren Wohnung unter der Adresse Bendova 10 fertiggestellt werden. Sie umfasst die Wiederherstellung von Speise-, Wohn- und Schlafzimmer mit Inneneinrichtung von Adolf Loos, aber auch weitere Teile. Das Objekt ist der geeignete Hintergrund für kulturelle und gesellschaftliche Kammerveranstaltungen, genau wie die Räume in der Klatovská 12. Die BesitzerInnen der Wohnung - das Ehepaar Vogel - waren jüdisch. Daher drohten ihnen während der deutschen Besatzung Verfolgung und Tod im Konzentrationslager. Es gelang ihnen aber vor den Nazis zu fliehen und in Kanada weiterzuleben. Im Haus richteten die Deutschen das Arbeitsamt ein. Als Verwaltungsgebäude wurde es auch während des Sozialismus genutzt, als hier ein Wohnungsunternehmen seinen Sitz hatte. Heute ist hier die Verwaltung des öffentlichen Eigentums der Stadt Pilsen untergebracht. An der Rettung von Loos' Inneneinrichtung in der Klatovská 12 hatte die Kunsthistorikerin Věra Běhalová großen Anteil. Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts setzte sie durch, das es als Kulturdenkmal erfasst wurde.