Europa-Universität Viadrina Dr. Robert Frau Sommersemester 2012 Sachverhalt Moot Court Im Jahr 2005 gab es zwischen den europäischen Staaten Arkadien und Bethanien einen bewaffneten Konflikt, der auf dem Staatsgebiet von Bethanien ausgetragen wurde. Im Herbst 2006 endete der Konflikt mit dem Sieg von Arkadien über Bethanien. In der Folge wurde das gesamte politische System von Bethanien erneuert, wobei zivile Berater von Arkadien und Vertreter der Vereinten Nationen Hilfe leisteten. Seit dem Herbst 2006 bauen die arkadischen Streitkräfte ihre Präsenz in Bethanien immer weiter ab. Allerdings verbessert sich die Sicherheitslage in Bethanien nicht. In vielen Gegenden stellen bewaffnete Banden eine große Gefahr da. Diese Banden bestehen aus Kriminellen und Anhängern der gestürzten bethanischen Regierung. So ist auch die Lage in der Provinz Kabrana problematisch. Bethanische Behörden sind nicht in der Lage, in Kabrana Hoheitsgewalt auszuüben. Sie sind im öffentlichen Leben kaum präsent. Daher versuchen die letzten verbliebenen arkadischen Streitkräfte, grundlegende staatliche Funktionen auszuüben. In der Hauptstadt der Provinz, der Stadt Sarras, befindet sich der arkadische Stützpunkt, Camp Sontag, in dem die arkadischen Truppen stationiert sind. Von dort aus patrouillieren kleinere Einheiten regelmäßig durch Sarras und in unregelmäßigen Abständen durch die gesamte Provinz. Zu den Aufgaben gehören vor allem die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung; daneben stehen die Soldaten auch als Ansprechpartner für die Bewohner zur Verfügung und melden jedes Problem weiter an den Stadtkommandanten von Sarras, den arkadischen General Gaston. Dieser entscheidet nach Einzelfall, ob etwas zu tun ist und wenn ja, welche Maßnahme ergriffen wird. Am 23. März 2012 ereignet sich der folgende Vorfall. Auf einem Rundgang durch Sarras identifiziert eine arkadische Einheit die beiden bethanischen Staatsangehörigen Taner und Ulvi. Die beiden Personen werden verdächtigt, Straftaten gegen die arkadischen Streitkräfte begangen zu haben. Gegen beide liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Als die arkadische Patrouille versucht, die beiden Personen zu verhaften, leisten beide Gegenwehr. Es gelingt den Soldaten, Taner festzunehmen. Ulvi aber wird im Laufe der Festnahme getötet. Taner wird auf den Stützpunkt Camp Sontag gebracht. Dort erwartet er seinen Prozess. Der Tod von Ulvi wird nicht weiter untersucht. Zwar ist nicht geklärt, wie es zu dem Tod von Ulvi gekommen ist, die arkadischen Behörden gehen aber davon aus, dass de arkadischen Soldaten rechtmäßig gehandelt haben. Mit den Maßnahmen der arkadischen Streitkräfte sind Taner und die Angehörigen von Ulvi nicht einverstanden. Sie legen daher Beschwerde bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Arkadien ein. Sie rügen eine Verletzung ihrer Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). So seien insbesondere Ulvis Recht auf Leben und Taners Recht auf Freiheit der Person verletzt. Europa-Universität Viadrina Dr. Robert Frau Sommersemester 2012 Arkadien ist hingegen der Auffassung, dass die EMRK für Handlungen auf fremdem Staatsgebiet gar nicht gilt. Erst recht haben die gerügten Handlungen auch keine Rechte aus der EMRK verletzt. Daneben legen die Vertreter von Taner und Ulvi auch Beschwerde gegen Bethanien ein. Sie sind der Auffassung, dass Bethanien dadurch die Rechte aus der EMRK verletzt habe, weil Bethanien sich aus der Region zurückgezogen habe. Es sei einem Staat aber nicht möglich, Staatsgebiet einfach so „aufzugeben“ und sich so seinen Verpflichtungen aus der EMRK zu entziehen. 1. Sie sind Prozessvertreter von T und U. Begründen Sie in Ihrem Schriftsatz die zulässige Beschwerde gegen Arkadien! 2. Sie sind Prozessvertreter Arkadiens. Begründen Sie in Ihrer Beschwerdeerwiderung (=Klageerwiderung im Sinne des Kodex) Ihre Auffassung! Gehen Sie dabei auf die Argumente der Kläger ein! 3. Ggf: Sie sind Prozessvertreter Bethaniens. Begründen Sie in Ihrer Beschwerdebegründung, warum Bethanien keine Rechtsverletzung begangen hat. Bearbeitungshinweis: Gehen Sie davon aus, dass beide Staaten Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie aller weiteren einschlägigen Verträge sind! Halten Sie sich bei der Erstellung des Schriftsatzes bitte an die Vorgaben des Lehrstuhls sowie an den ELSA-Kodex.