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MEMO/10/84
Brüssel, 17. März 2010
Europäische
Kommission
schlägt
Verhandlungsrichtlinien für den Beitritt der Union zur
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)
vor – Häufig gestellte Fragen
Was ist die EMRK?
In der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sind die Menschenrechte
und Grundfreiheiten verankert; sie gilt gemeinhin als das wichtigste
Menschenrechtsinstrument in Europa. Die Konvention wurde von 47 Staaten
unterzeichnet (darunter von allen 27 EU-Mitgliedstaaten, aber bisher nicht von der
EU als solcher) und wird vom Europarat verwaltet. Sie ist ein völkerrechtlicher
Vertrag, durch den die Regierungen für Menschenrechtsverletzungen zur
Verantwortung gezogen werden können. Missachtet ein Staat die in der Konvention
verankerten Rechte, kann jeder, der der Gerichtsbarkeit einer der Vertragsparteien
unterliegt, nach Ausschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Beschwerde gegen eine
Vertragspartei führen.
Stellt das Straßburger Gericht die Verletzung von Rechten und Garantien aus der
EMRK durch einen Mitgliedstaat fest, verkündet es ein entsprechendes Urteil.
Entscheidungen des Straßburger Gerichts sind rechtsverbindlich und müssen von
den betreffenden Staaten vollzogen werden. Im Schnitt gehen jährlich 30 000
Beschwerden ein (2009 waren es 57 000). Im Jahr 2009 verkündete das Gericht
2 000 Urteile.
Die EMRK wurde 1950 durch die Mitglieder des gerade erst gegründeten Europarats
unterzeichnet und trat am 3. September 1953 in Kraft.
Wie funktioniert das Rechtsschutzsystem der EMRK nach dem Beitritt
der EU?
Wenn die EU Vertragspartei der Konvention wird, kann der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte alle Rechtsakte der Organe und Einrichtungen der EU auf ihre
Übereinstimmung mit der EMRK überprüfen. Dies würde bedeuten, dass jemand,
der sich durch ein EU-Organ in seinen Rechten verletzt sieht, nach Ausschöpfung
aller innerstaatlicher Rechtsbehelfe die Sache vor den Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte bringen kann. Das Straßburger Gericht wäre dann die letzte und
höchste Instanz, um den Schutz der Grundrechte zu erwirken.
Was bedeutet der Beitritt der EU zur EMRK für die EU-Charta der
Grundrechte?
Mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags am 1. Dezember 2009 wurde die EUGrundrechtecharta für die EU-Institutionen und für Mitgliedstaaten im
Zusammenhang mit der Umsetzung von EU-Recht rechtsverbindlich. Die Charta
enthält sämtliche Rechte, die auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention
festgeschrieben sind, sowie sonstige Rechte und Grundsätze, die sich aus den
gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten, der ständigen
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und sonstigen völkerrechtlichen
Instrumenten herleiten. Mit inbegriffen sind auch sogenannte Grundrechte der
„dritten Generation“ wie Datenschutz und Garantien in Bezug auf bioethische
Grundsätze oder eine gute und transparente Verwaltung. Artikel 53 der Charta stellt
klar, dass das Schutzniveau der Charta nicht unter dem der Konvention liegen darf.
Warum sollte die EU der EMRK beitreten?
Vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon konnte die EU die Konvention
mangels Rechtspersönlichkeit nicht unterzeichnen, auch wenn alle 27
Mitgliedstaaten zu den Unterzeichnern gehören. Der Lissabon-Vertrag liefert jetzt mit
Artikel 6 Absatz 2 EUV die Rechtsgrundlage für den Beitritt zur EMRK („Die Union
tritt (…) bei“).
Der Beitritt ergänzt das EU-Grundrechtsschutzsystem und hat daher für EU-Bürger
und jede in der Union lebende Person hohe symbolische und praktische Bedeutung.
Symbolische Bedeutung deshalb, weil die EU als Behörde durch den Beitritt ihr
ganzes Handeln einer externen gerichtlichen Begutachtung und Kontrolle in punkto
Menschenrechte unterwirft. Dadurch gewinnen das Menschenrechtssystem in
Europa und die EU-Politik im Bereich der Außenbeziehungen an Glaubwürdigkeit.
Praktische Bedeutung deshalb, weil durch den Beitritt zur EMRK die Bürger, die sich
in ihren Grundrechten verletzt sehen, über ein weiteres Rechtsmittel verfügen, um
sich Recht zu verschaffen.
Wie sieht das Beitrittsverfahren aus?
Das Beitrittsabkommen erfordert gemäß Artikel 218 Absatz 8 AEUV einen
einstimmigen Beschluss des Rates. Außerdem müssen alle 47 Vertragsparteien der
EMRK dem Abkommen gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften
zustimmen. Nach Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a Ziffer ii AEUV muss der Rat die
Zustimmung des Europäischen Parlaments zum Abschluss des Beitrittsabkommens
einholen. Artikel 218 Absatz 10 AEUV schreibt vor, dass das Europäische Parlament
in jeder Phase der Verhandlungen umfassend informiert wird.
Hat der Beitritt Auswirkungen auf die Rechtsordnung der EU oder der
Mitgliedstaaten?
Der Beitritt bewirkt keine Änderungen in der EU-Rechtsordnung. Die Stellung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Verhältnis zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte wird vergleichbar sein mit der eines nationalen
Verfassungsgerichts oder Obersten Gerichtshofs Ein für die EU gewählter Richter
brächte dem Straßburger Gericht zusätzliche Sachkenntnis in Bezug auf das EURechtssystem. Dies würde der Einheitlichkeit der Rechtsprechung beider Gerichte
zugute kommen und die Entwicklung eines Grundrechtsschutzsystems für ganz
Europa erleichtern.
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Ein Beitritt der EU hätte keinen Einfluss auf die Positionen von EU-Mitgliedstaaten
als Vertragsparteien der EMRK oder auf die Zuständigkeiten der EU. Der EuGH wird
weiterhin für Streitigkeiten zwischen EU-Mitgliedstaaten und/oder EU-Institutionen
zuständig sein.
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