DR. MARTIN RIEMER RECHTSANWALT RA Dr. Martin Riemer Pingsdorfer Str. 89 D-50321 Brühl/Rheinl. PINGSDORFER STR. 89 50321 BRÜHL / RHEINL. Bundesverfassungsgericht Schlossbezirk 3 TELEFON TELEFAX 76131 Karlsruhe (02232) 310 253 (02232) 310 254 www.dr-riemer.de [email protected] Aktenzeichen 104/10 - Riemer ./. Stubbe 18. August 2012 Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Dr. Martin Riemer, Pingsdorfer Straße 89, 50321 Brühl, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalts Dr. Martin Riemer, Pingsdorfer Straße 89, 50321 Brühl gegen a) das Urteil des Oberlandesgerichts Köln 16 U 184/11 vom 18.7.2012, zugestellt am 20.7.2012 b) das Urteil des Landgerichts Köln 5 O 344/10 vom 15.11.2011, zugestellt am 17.11.2011. wegen: Verletzung der Meinungsfreiheit und anwaltlichen Berufsausübungsfreiheit; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör Verletzte Grundrechte: 1. Art. 5 Abs. 1 GG 2. Art. 12 Abs. 1 GG 3. Art. 103 Abs. 1 GG. Ich lege gegen die eingangs genannten Entscheidungen Verfassungsbeschwerde ein. Mitglied der Rechtsanwaltskammer Köln USt-IdNr. DE241152618 Besprechungstermine nach Vereinbarung RA Dr. Martin Riemer S. 2 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Die angegriffenen Entscheidungen wurden bereits im juristischen Schrifttum und der Tagespresse veröffentlicht, woraus sie dem Senat ggf. bereits bekannt sind. Es geht um die Begriffe „Winkeladvokat“ und „Winkeladvokat“, die über einen Anwaltskollegen zu äußern mit das Landgericht und Oberlandesgericht Köln gem. §§ 1004 Abs. 1, S. 2, 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 185 StGB untersagt haben. A. Sachverhalt Der Verfassungsbeschwerde liegen bei - das Urteil des Landgerichts Köln 5 O 344/10 vom 15.11.2011, das Urteil des Oberlandesgerichts Köln 16 U 184/11 vom 18.7.2012, die Verfahrensakte 1. und 2. Instanz Blatt 1 – 283, der Anlagenhefter I Blatt 1 – 89 und der Anlagenhefter II Blatt 1 – 39. Der verfassungsrechtlich relevante Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: 1. Vorprozess Landgericht Köln 3 O 273/09 Im Vorprozess Landgericht Köln 3 O 273/09 habe ich eine Mandantin Frau Dr. K gegen insgesamt sechs Zahnärzte vertreten, die von mir, im Auftrag meiner Mandantin, als Vorund Nachbehandler gesamtschuldnerisch auf Haftung wegen zahnärztlicher Fehlbehandlung in den Jahren 2002 – 2005 in Anspruch genommen wurden. Es waren meiner Mandantin ohne ausreichende (zahn)medizinische Indikation mehrere Zähne im Frontbereich des Ober- und Unterkiefers wie auch des Backbereichs gezogen worden und anschließend Zahnarzt in Form von Brücken und Implantaten in den Kiefer eingebracht worden, wobei weitere Behandlungsfehler (u.a. Infektionen des Knochens) unterlaufen sind. Beteiligt an den Behandlungsfehlern waren niedergelassene Zahnärzte wie auch der Direktor eines Universitätsklinikums. Die Haftpflichtversicherungen der hieran beteiligten Zahnärzte hatten unterschiedlicher Kanzleien mit der Forderungsabwehr beauftragt. Die Sach- und Rechtslage war unübersichtlich, da bei einem der Behandler die Dokumentation einschließlich der Röntgenbefunde komplett verschwunden und bei einem anderen die zahnmedizinischen Modelle abhanden gekommen waren, die zur Behandlungsdokumentation gehörten. Zwei dieser Zahnärzte, die in der MEDECO Zahnklinik Bonn tätig waren und zu denen sich die Frage stellte, ob sie ihre Tätigkeit als Einzelzahnärzte oder in einer Gemeinschaftspraxis verrichtet hatten (Frau Dr. Peters und Herr Dr. Greven), wurden vom RA Dr. Martin Riemer S. 3 zum Schriftsatz vom 18.08.12 späteren Kläger des Unterlassungsrechtsstreits vor dem Landgericht Köln (Az. 5 O 344/10) und Oberlandesgericht Köln (Az. 16 U 184/11), Rechtsanwalt Stubbe, vertreten. Zwei weitere Zahnärzte wurden ebenfalls gemeinsam nur von einem Rechtsanwalt vertreten (Rechtsanwalt Hüwe), der sein Prozessmandat jedoch später niedergelegt hat und von der Staatsanwalt Dortmund und der Rechtsanwaltskammer Hamm in diesem Zusammenhang wegen Parteiverrats und Vertretung widerstreitender Interessen belangt wurde (vgl. Bl. 28 d.A.). Die Fronten zwischen der Patienten- und der Zahnarztseite waren verhärtet. Eine vergleichsweise Lösung erschien nicht möglich, da höchst unklar war, welcher Zahnarzt welche Behandlungsschritte zu verantworten hatte. Aus meiner Sicht stellte sich die Situation während des Verfahrens LG Köln 3 O 273/09 so dar, dass auch Rechtsanwalt Stubbe durch die Übernahme zweier Prozessmandate aus dem Kreis der Gesamtschuldner gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen aus § 43 a Abs. 4 BRAO verstoßen und ggf. sogar Parteiverrat an seinen Mandanten gem. § 356 StGB begehen würde. Denn der haftungsrelevante Sachverhalt war in der Form gelagert, dass zumindest einer der beiden Mandanten des Rechtsanwalts Stubbe für die Folgen der Behandlungsfehler haften musste, wenn auch im Ausgangsverfahren LG Köln 3 O 273/09 bis zur Einholung eines Sachverständigengutachtens diese Frage nicht abschließend geklärt war, was jedoch aus der Begutachtung eines der Vorprozesse, dem Verfahren LG Köln 3 O 138/06, zu ersehen war. Rechtsanwalt Stubbe konnte daher aus meiner Sicht nur für einen seiner Mandanten günstig vortragen und ihn effektiv gegen Haftungsvorwürfe verteidigen, aber nicht für beide. Einen von beiden musste er „verraten“, wenn er die Prozesssituation des anderen günstig stärken wollte. Im haftungs- und berufsrechtlichen Schrifttum wird Rechtsanwälten empfohlen, um nicht in die Situation der Vertretung widerstreitender Interessen zu geraten, in diesem Fall nur einen der Gesamtschuldner zu vertreten, worauf ich Rechtsanwalt Stubbe in einem persönlichen Telefongespräch aufmerksam gemacht habe (vgl. Bl. 27 d.A.). Er blieb jedoch bei der Vertretung beider Gesamtschuldner. Daher habe ich der Rechtsanwaltskammer Köln als gem. § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO für die Berufsaufsicht zuständiger Stelle am 10.11.2010 eine E-Mail geschrieben, in der ich mich über Rechtsanwalt Stubbe beschwert und dabei in Bezug auf seinen Kanzleiauftritt den Begriff – in Anführungszeichen gesetzt – „Winkeladvokatur“ verwendet habe. Die E-Mail liegt vor als Blatt 51 – 52 d.A.. RA Dr. Martin Riemer S. 4 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Diese E-Mail habe ich zusammen mit einem Schriftsatz vom 10.11.2010 in das Verfahren LG Köln 3 O 273/09 eingeführt, um die Arzthaftungskammer auf die Problematik der Vertretung widerstreitender Interessen durch Rechtsanwalt Stubbe aufmerksam zu machen, um ihm ggf. einen richterlichen Hinweis hierzu zu erteilen. Die E-Mail wurde ausschließlich der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln und den weiteren Beteiligten des Verfahrens bekannt. Hintergrund der Verwendung des Begriffs „Winkeladvokatur“ war, dass ich damit den schwer verständlichen Außenauftritt des Rechtsanwalts Stubbe figurativ als „verwinkelte Advokatur“ zu beschreiben suchte: Der Internetauftritt und die schriftlichen Dokumentationen der von ihm vertretenen Mandanten ließ nicht klar erkennen, ob sie sich als Praxisgemeinschaft (= zwei Einzelzahnärzte) oder Gemeinschaftspraxis (= BGBGesellschaft) organisiert hatten, worauf es für die gesamtschuldnerische Haftung des Ausgangsrechtsstreits jedoch wesentlich ankam. Auch Rechtsanwalt Stubbe firmiert unter dem Internetauftritt seiner Kanzlei und in Telefonverzeichnissen mal als Einzelanwalt, dann wieder zugleich auch in Sozietät mit den Rechtsanwälten Dr. Seifert und Schöl. Weder derjenige, der als Mandant mit Rechtsanwalt Stubbe kontraktierte, konnte erkennen, ob er sich mit einem Einzelanwalt oder dem Sozius einer Anwaltssozietät einließ. Noch konnte derjenige, der sich von seinen zahnärztlichen Mandanten behandeln ließ, zweifelsfrei erkennen, ob die Behandlung von zwei Einzelzahnarztpraxen oder einer Gemeinschaftspraxis durchgeführt wurde. Hintergrund dieser „Augmentation“ des Außenauftritts ist, dass sich Freiberufler zu Werbezwecke gerne groß darstellen, dass sie in größeren Berufsausübungsgemeinschaften zusammengeschlossen sind; haftungsrechtlich dann im Regressfall jedoch genau diese Berufsausübungsgemeinschaft negieren. Wie das Landgericht zutreffend auf Urteilsseite 3 wiedergegeben hat, habe ich in Bezug auf Rechtsanwalt Stubbe in meiner Beschwerde-E-Mail vom 10.11.2010 deswegen gegenüber der Rechtsanwaltskammer geäußert: „Ich gehe davon aus, dass es nicht unsachlich ist, eine solche geschickte Verpackung der eigenen Kanzlei – mal als Kooperation, mal als Sozietät (wie es gerade günstig ist) – als „Winkeladvokatur“ zu apostrophieren. […] „Winkeladvokatur“ ist andererseits jedoch wohl nicht verboten; es zeichnet den erfolgreichen Anwalt schließlich aus, dass er sein Mäntelchen in den Wind hängt und sich argumentativ stets zu helfen weiß, jedenfalls solange hierdurch nicht gegen Berufs- und Wettbewerbsrecht verstoßen wird.“ RA Dr. Martin Riemer S. 5 zum Schriftsatz vom 18.08.12 2. Verfahren erster Instanz vor dem Landgericht Köln 5 O 344/10 Rechtsanwalt Stubbe hat daher mit Schriftsatz vom 6.12.2010 im Verfahren Landgericht Köln 5 O 344/10, während der Vorprozess vor der Arzthaftungskammer noch lief, Unterlassungsklage gegen mich erhoben, mit dem Antrag mich zu verurteilen, es zu unterlassen, ihn als Winkeladvokaten zu bezeichnen und/oder das von ihm geführte Büro als Winkeladvokatur zu bezeichnen, ferner ihm entstandene vorgerichtliche Anwaltskosten zu erstatten (vgl. LG Köln 5 O 344/10, Urteilsseite 4). Sein ursprünglicher Klageantrag von Bl. 2 d.A. ging weiter, wurde vom Landgericht jedoch auf dieses Unterlassungsbegehren reduziert. Das Landgericht Köln hat diesem Antrag im angegriffenen Urteil vom 15.11.2011 sodann stattgegeben, mit folgenden Erwägungen: Dem Kläger steht gegen den Beklagten der begehrte Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB zu. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte die "Verpackung" der Kanzlei und damit das Verhalten des dahinterstehenden Rechtsanwalts als Winkeladvokatur bezeichnet hat. Dies ergibt sich eindeutig aus dem zur Akte gereichten E-Mail-Schreiben vom 10.11.2010 an die Rechtsanwaltskammer zu Köln (BI. 51 f. d.A.) und wurde vom Beklagten letztlich auch zugestanden. Nach Auffassung der Kammer stellt die Bezeichnung "Winkeladvokatur" einen rechtswidrigen und schuldhaften Angriff auf die Ehre und die Persönlichkeitsrechte des Klägers dar. Der Begriff "Winkeladvokat" bezeichnet historisch eine Person, die ohne Ausbildung zum Rechtsanwalt Rechtsrat erteilt. Heute wird darunter eine Person verstanden, die entweder intellektuell unfähig ist, ihren Beruf zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben, oder die diesen in einer Art und Weise ausführt, die mit Moral und Gesetz in Konflikt steht. Auch wenn dem Begriff kein einheitlicher Bedeutungsinhalt mehr zukommen mag, ist der Begriff "Winkeladvokat" in jedem Fall negativ besetzt und stellt eine abfällige und kränkende Wertung dar. Die genannten Ausführungen gelten auch für den Begriff "Winkeladvokatur". Der Einstufung als Ehrverletzung steht nicht entgegen, dass die angegriffene Äußerung als Werturteil grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG genießt. Diese tritt nämlich dort zurück, wo es sich bei der Äußerung um Schmähkritik handelt. Schmähkritik liegt dann vor, wenn in einer herabsetzenden Äußerung nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BGH, Urteil v. 16.11.2004, BeckRS 2005,84). Maßgebend ist dabei nicht, wie der Äußernde sie versteht, sondern wie ein unvoreingenommenes und verständiges Durchschnittspublikum sie verstehen durfte. Vorliegend ist die Schwelle zur Schmähkritik überschritten. Die Bezeichnung als "Winkeladvokatur" entbehrt den erforderlichen Sachbezug und muss als bloße Diffamierung angesehen werden. Der Begriff wurde zwar anlässlich einer sachthemenbezogenen Auseinandersetzung benutzt, indem der Beklagte den Außenauftritt des Klägers gegenüber der Rechtsanwaltskammer monierte. Der RA Dr. Martin Riemer S. 6 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Begriff selbst diente jedoch weder der Unterstreichung dieser Position noch als weiteres sachliches Argument, sondern allein dazu, den Kläger bzw. sein Verhalten in ein schlechtes Licht zu rücken, nachdem der Beklagte zuvor mit dem von ihm gegen den Kläger initiierten Verfahren wegen Vertretung widerstreitender Interessen gescheitert war. Auch wenn der Beklagte den Außenauftritt berechtigterweise kritisiert hätte, ändert dies nichts daran, dass mit der Bezeichnung "Winkeladvokatur" die Diffamierung des Klägers im Vordergrund stand. Auf die Frage, wie der Außenauftritt des Klägers und der Rechtsanwälte Dr. Seifert und Schöl rechtlich zu bewerten ist, kommt es daher für den vorliegenden Rechtsstreit nicht an. Die vom Beklagten angeführten Urteile sind mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht vergleichbar; ihnen lagen andere Fallgestaltungen zugrunde. So bewegte sich die Bezeichnung "Terroristentochter" im Bereich der Tatsachenbehauptung. Im Verfahren um die Bezeichnung "realitätsfremder Rechtsverdreher" hatte der gegnerische Anwalt durch seine Schriftsätze konkret zur Äußerung Anlass gegeben. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Zwar können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, regelmäßig nicht mit einer Ehrenschutzklage abgewehrt werden (vgl. BGH, Urteil. v. 16.11.2004, BeckRS 2005, 84). Im Rahmen der Vertretung rechtlicher Interessen seiner Partei ist es einem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt gestattet, mit der gebotenen Schärfe und dem gebotenen Nachdruck vorzugehen. Allerdings muss die betreffende Äußerung einen sachlichen, nachvollziehbaren Bezug zu den maßgeblichen rechtlichen Fragen haben. Ein solcher ist nicht ersichtlich. Dem Beklagten stand es zwar im Rahmen des Verfahrens vor dem Landgericht Köln, 3 0 273/09, frei, den Außenauftritt der vertretenen Zahnärzte mit dem des Klägers und der Rechtsanwälte Dr. Seifert und Schäl zu vergleichen. Es bestand jedoch keinerlei Bedürfnis, zur Wahrung der Rechte seiner Mandantin im Verfahren vor dem Landgericht Köln das an die Rechtsanwaltskammer gerichtete E-Mail-Schreiben vorzulegen, in welchem sich die als Schmähkritik zu wertende Äußerung befand. Die Eingabe des Beklagten an die Rechtsanwaltskammer betraf das frühere Verfahren der Rechtsanwaltskammer gegen den Kläger, nicht das Arzthaftungsverfahren vor dem Landgericht. Das bei der Rechtsanwaltskammer initiierte Verfahren stand auch in keinem Zusammenhang zu dem Verfahren 3 O 273/09 und hatte auf dieses keinen Einfluss. Das im Rahmen des Verfahrens vor der Rechtsanwaltskammer vom Beklagten verfasste E-Mail-Schreiben wies damit keinen hinreichenden sachlichen, Bezug zur Rechtsverteidigung für seine Mandantin mehr auf. Auch im Übrigen kann die Gesamtsituation die Ehrverletzung nicht rechtfertigen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Äußerung des Beklagten ein entsprechender Angriff des Klägers vorausgegangen ist. Allein ein möglicherweise zu beanstandender Außenauftritt der Kanzlei stellt keinen Angriff in diesem Sinne dar; er ist bereits nicht gegen den Beklagten persönlich gerichtet. Auf ein "Recht zum Gegenschlag" hat sich der Beklagte letztlich auch nicht berufen. Eine Beiziehung der Akten zu den früheren Verfahren vor der 3. Zivilkammer war nicht erforderlich, da sich sowohl der konkrete Sachverhalt als auch die Gesamtsituation hinreichend aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Parteien sowie den beigefügten umfangreichen Anlagen ergibt und zudem ohnehin keinen Sachvortrag der Parteien ersetzen kann. RA Dr. Martin Riemer S. 7 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Indem der Beklagte das E-Mail-Anschreiben vom 10.11.2010 als Anlage in einen Rechtsstreit eingeführt hat, an dem mehrere Parteien nebst deren Prozessbevollmächtigten beteiligt waren, hat er seine Äußerung auch öffentlich gemacht, zumal ein Rechtsstreit für einen Anwalt auch immer eine Plattform darstellt, sich und seine Kanzlei zu präsentieren. Die für den Unterlassungsanspruch weiter zu fordernde Wiederholungsgefahr wird durch die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung indiziert. Gründe, die für einen Wegfall sprechen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte keine dahingehende Unterlassungserklärung abgegeben. Auch die Tatsache, dass der Beklagte das seinerzeit innegehaltene Mandat niedergelegt hat, lässt eine Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, dass die Parteien erneut beruflich aufeinander treffen, zumal ihre Kanzleien in demselben OLG-Bezirk liegen. Außerdem hat der Beklagte noch in der Sitzung vom 21.10.2011 sinngemäß geäußert, er könne eine Pflicht zur Unterlassung nicht zu Protokoll erklären, da er sich sonst für die Zukunft bezüglich derartiger Formulierungen binden würde. Damit hat er eindeutig ausgedrückt, dass er sich vorbehält, die Bezeichnung "Winkeladvokatur" auch zukünftig zu verwenden, was für eine Wiederholungsgefahr ausreicht. Vom Unterlassungsanspruch erfasst ist schließlich nicht nur die Bezeichnung als "Winkeladvokatur", sondern auch die Bezeichnung des Klägers als "Winkeladvokat". Der Beklagte hat den Kläger in dem streitgegenständlichen E-Mail-Schreiben zwar nicht unmittelbar als "Winkeladvokaten" bezeichnet. Beide Begriffe sind jedoch eng miteinander verwandt, synonym verwendbar und können nicht voneinander getrennt werden. Ob die Person als "Winkeladvokat" oder die Verhaltensweise bzw. das Büro als "Winkeladvokatur" bezeichnet wird, macht sinngemäß keinen Unterschied. Durch die Umschreibung eines Verhaltens wird auch eine Aussage über die Person getroffen. Denn hinter der als "Winkeladvokatur" bezeichneten "Verpackung" einer Kanzlei steht immer der hierfür verantwortliche Rechtsanwalt. Das angegriffene Urteil des Landgerichts Köln wurde im juristischen Schrifttum veröffentlicht in den BRAK-Mitteilungen 2012, 94 – 96, und in NJW-Spezial 2012, 158. Daneben auch in mehreren Tageszeitungen, z.B. der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14.3.2012, S. 21, und diversen Internetforen, wie eine Online-Suche unter google.de aufzeigt. 3. Verfahren zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Köln 16 U 184/11 Gegen dieses Urteil, mir zugestellt am 17.11.2011, habe ich am gleichen Tag, beim Oberlandesgericht Köln eingegangen am 21.110.2011, form- und fristgerecht Berufung eingelegt (Bl. 165 – 166 d.A.) und diese am 17.2.2012, verbunden mit dem Antrag, das Urteil des Landgerichts Köln 5 O 344/10 vom 15.11.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen, fristgerecht begründet (Bl. 179 d.A.). Das Oberlandesgericht Köln hat die Berufung im Urteil vom 18.7.2011, mir zugestellt am 20.7.2011, zurückgewiesen, mit folgenden Erwägungen: RA Dr. Martin Riemer S. 8 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Unterlassung der in Rede stehenden Äußerung verurteilt. 1) Die Klage ist zulässig. Dem Kläger fehlt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dies scheitert nicht daran, dass der Beklagte die in Rede stehende Äußerung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens getätigt hat. Der Bundesgerichtshof hat zunächst Sachvortrag, der zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren diente, in einem über den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen hinausgehenden Umfang als materiell gerechtfertigt angesehen (BGH Urteil vom 09.04.1987, Az.: I ZR 44/85 Tz 26; BGH NJW 1962,243; 1965, 1803). Nunmehr vertritt er in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass für die Geltendmachung von Unterlassungsoder Widerrufsansprüchen gegen Sachvortrag, der der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem laufenden gerichtlichen Verfahren dienlich ist, schon das Rechtsschutzinteresse zu verneinen ist (BGH MDR 2012, 518; BGH Urteil vom 09.04.1987, Az.: I ZR 44/85 Tz 26; BGH NJW 1965, 1803). Es muss sich allerdings um Äußerungen handeln, die dazu bestimmt und geeignet waren, den Standpunkt des Mandanten darzulegen und zu rechtfertigen (BGH MDR 2012,518,519). Hiervon ausgehend ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers zu bejahen, da die in Rede stehende Äußerung im seinerzeit laufenden Rechtsstreit nicht den erforderlichen Sachbezug aufweist. Dies gilt selbst dann, wenn man den Rechtsschutz nur ausnahmsweise gegenüber Prozessäußerungen, also nur bei deutlichen Fallgestaltung als zulässig erachtet (so OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 162, 164). Für die Rechtsposition der Mandantin des Beklagten im seinerzeitigen Rechtsstreit war es zunächst prozessual nicht von Bedeutung, ob auf der Gegenseite ein Fall der Interessenkollision vorliegt. Die Prozessgegner des dortigen Verfahrens waren wirksam vertreten, weil selbst eine vorliegende Interessenkollision die Wirksamkeit der Prozessvollmacht nicht berührt. Der Bundesgerichtshof hat bislang nicht entschieden, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen (§ 43 a Abs. 4 BRAO) zur Anwendung des § 134 BGB und damit zur Unwirksamkeit des Anwaltsvertrags führt (BGH Urteil vom 14.05.2009, Az.: IX ZR 60/08, Tz 7 – zitiert nach juris -; BGH Urteil vom 23. 10.2003, Az.: IX ZR 270/02,Tz 34 - zitiert nach juris -). Selbst wenn man dies annähme, führt dies jedoch nicht zur Nichtigkeit der Prozessvollmacht (BGH Urteil vom 14.05.2009, Az.: IX ZR 60/08, a.a.O.; vgl. auch BGH NJW 1993, 1926; OLG Rostock, Urteil vom 20.03.2008, Az.: 3 U 84/08 Tz 13 zitiert nach juris -). Der Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass sich aus seiner Sicht merkwürdige und seltsame Übereinstimmungen in der gesellschaftsrechtlichen Organisation des Klägers mit der der von ihm vertretenen Zahnärzte wieder finden lassen. Selbst wenn Anlass bestanden haben sollte zu monieren, dass die am Rechtsstreit beteiligten Zahnärzte ihre gesamtschuldnerische Haftung durch einen wechselnden Außenauftritt verschleiern, ergibt sich kein durchgreifender Ansatz dafür, die in Rede stehende Äußerung zu tätigen. Es ist nicht ersichtlich, welcher auch nur ansatzweise belastbare Rückschluss aus dem Außenauftritt des Prozessbevollmächtigten auf die Außendarstellung und die Haftungsgemeinschaft der Zahnärzte gezogen werden könnte. Soweit der Beklagte darauf verweist, dass es angesichts der Übereinstimmung der Vorgehensweise berechtigt sei, die Frage RA Dr. Martin Riemer S. 9 zum Schriftsatz vom 18.08.12 aufzuwerfen, ob der Kläger das von ihm selber geführte Konstrukt ggf. auch seinen Mandanten empfohlen hatte, erscheint dieser Versuch, einen sachlichen Bezug zu dem seinerzeitigen Rechtsstreit herzustellen, gekünstelt. In dem in Rede stehenden Schriftsatz des seinerzeitigen Verfahrens (Anlage K 12) wird dieser Zusammenhang auch nicht hergestellt. Es wird nur dargelegt, dass aus Sicht des Beklagten bei den Zahnärzten ebenso wie bei dem Kläger Unklarheiten im Außenauftritt bestehen. 2) Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 823 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. 185 StGB gegen den Beklagten auf Unterlassung von Äußerungen im beantragten Umfang zu. a) Die Bezeichnung des Klägers als Winkeladvokat bzw. seines Büros als Winkeladvokatur verletzt sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt unter anderem die soziale Anerkennung des Einzelnen, insbesondere auch gegen Äußerungen, die sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auswirken können, d.h. eine Herabsetzung beinhalten (BGH NJW-RR 2008, 913, Tz 13 - zitiert nach juris -; Sprau in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 823 Rz 110). Dies entspricht vom Schutzbereich her einer Verletzung der Ehre, die sich aus einer Beleidigung gemäß § 185 StGB ergeben kann (BGH NJW 1985, 2644, 2645 zu § 186 StGB -; Sprau, a.a.O.). Das bedeutet, dass bei Erfüllung des objektiven Tatbestands einer Beleidigung zugleich auch eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt. Erforderlich ist eine Äußerung von Missachtung oder Nichtachtung in dem spezifischen Sinn, dass dem Betroffenen der sittliche, personale oder soziale Geltungswert durch das Zuschreiben negativer Qualitäten ganz oder teilweise abgesprochen, ihm also seine Minderwertigkeit bzw. Unzulänglichkeit unter einem dieser drei Aspekte attestiert wird (Lenckner/Eisele in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 28. Aufl., § 185 Rz 2 m.w.N.). Eine den sozialen Geltungswert des Opfers betreffende Beleidigung ist es, wenn diesem ganz oder teilweise die Fähigkeit aberkannt wird, seinen Beruf oder sonstige von ihm übernommene soziale Aufgaben wahrzunehmen (Lenckner/Eisele, a.a.O.). Bei der Prüfung einer Ehrverletzung ist zunächst der objektive Sinn einer Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums zu ermitteln (BVerfG NJW 2009, 3016, 3017). Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Dieser legt aber den Sinn nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt (BVerfG, a.a.O.). Dabei sind auch der Anlass und der Kontext der Äußerung zu beachten (BVerfG, a.a.O.). Hiervon ausgehend liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Unter einem Winkeladvokat ist jedenfalls derjenige zu verstehen, der eine Sache entsprechend seinem Berufsstand nicht verantwortungsbewusst zu vertreten befähigt ist (BGH Urteil vom 09.06.1970, Az.: VI, ZR 18/69, Tz 10 - zitiert nach juris -). Dies bedeutet, dass damit ein Rechtsanwalt gemeint ist, der eine mangelnde fachliche Eignung aufweist und dessen Zuverlässigkeit zweifelhaft ist (vgl. BGH Urteil vom 28.06.1962, Az.: I ZR 32/61 Tz 33 - zitiert nach juris -). Ferner ist darunter derjenige zu verstehen, der sich zwar noch im Rahmen des geltenden Rechts bewegt, aber dessen Grenzen in bedenklichem Maße austestet. Ein so bezeichneter Rechtsanwalt verhält sich dabei nicht nur in zulässiger Weise taktisch, sondern legt RA Dr. Martin Riemer S. 10 zum Schriftsatz vom 18.08.12 eine Verhaltensweise an den Tag, die "hart an der Grenze" ist, um für seinen Mandanten etwas "herauszuholen". Dabei ist dem Rechtsanwalt jeder "Winkelzug" recht, um das für seinen Mandanten günstige Ergebnis zu erreichen. Es geht also um den "gerissenen" Rechtsanwalt, der bereit ist, sich bei der Berufsausübung über Vorschriften hinwegzusetzen und Recht zu verbiegen, wenn ihm dies zum eigenen Vorteil verhilft. Diese Deutung misst auch der Beklagte selbst dem Begriff des Winkeladvokaten zu und räumt ein, dass damit eine abwertende Konnotation verbunden ist. Auch das Bundespatentgericht misst dem Begriff des Winkeladvokaten eine negative, pejorative Bedeutung bei (BPatG, Beschluss vom 08.03.2006, Az.: 29 W (pat) 25/04), Tz 22 -zitiert nach juris-). Auf dieser Basis liegt in der Titulierung als Winkeladvokat eine Ehrverletzung. Aus der Tatsache, dass der Beklagte den Kläger nicht direkt als Winkeladvokat bezeichnet hat, sondern vielmehr das Vorgehen des Klägers bei der Außendarstellung des Kanzleiauftritts als "Winkeladvokatur" bewertet hat, ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Es wird das Verhalten eines Rechtsanwalts kritisiert und entsprechend bewertet. Das läuft zwanglos darauf hinaus, dass derjenige, der in der bemängelten Weise handelt, ein Winkeladvokat sein soll. Diesen Bezug zur Person desjenigen, der in der beanstandeten Form handelt, stellt der Beklagte auch im letzten Absatz der Email vom 10.11.201 0 her, den das Landgericht im angefochtenen Urteil zitiert. Auch der sprachliche Kontext und der Anlass der Äußerung führen dazu, eine Ehrverletzung anzunehmen. Die Äußerung des Beklagten stand zwar im Zusammenhang mit einem aus seiner Sicht zu beanstandenden Prozessverhalten des Klägers. Hierbei ging es um die Frage, ob der Kläger als Sozius oder Kooperationspartner mit den Rechtsanwälten Dr. Seifert und Schöl verbunden war und ob eine Interessenkollision durch die Vertretung zweier Zahnärzte vorlag. Es hätte aber ausgereicht, wenn es um den reinen Sachthemenbezug gegangen wäre, das aus Sicht des Beklagten inkorrekte Verhalten des Klägers weiter zu rügen. Ob dies nach der Mitteilung der Rechtsanwaltskammer Köln vom 13.10.2010 und der Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Parteiverrats durch die Staatsanwaltschaft Bonn, welche allerdings einen früheren Rechtsstreit betrafen, noch zielführend gewesen wäre, kann dahinstehen. Die über die Benennung des kritisierten Verhaltens hinaus gehende Bewertung desselben als "Winkaladvokatur" diente erkennbar der Kundgabe der Missachtung. Auch die Eingangsformulierung "Ich gehe davon aus, dass es nicht unsachlich ist, ..." ist nicht geeignet, den beleidigenden Charakter der Äußerung in Frage zu stellen. Soweit die Parteien auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.06.1970, Az.: VI ZR 18/69, verweisen und daraus unterschiedliche Schlüsse ziehen, gilt Folgendes: Der Bundesgerichtshof hat die Formulierung "hergelaufener schäbiger Winkeladvokat" als unzweifelhafte Ehr- bzw. Persönlichkeitsrechtsverletzung angesehen. Letztlich hat der Bundesgerichtshof die Klage abgewiesen, weil immaterieller Schadensersatz verlangt wurde und der Bundesgerichtshof eine notwendige schwere Rechtsverletzung nicht feststellen konnte. Auch der Verweis des Beklagten auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Köln vom 12.09.2011, Az.: 1-5 W 28/11, verfängt nicht. Diese Entscheidung betraf einen RA Dr. Martin Riemer S. 11 zum Schriftsatz vom 18.08.12 anderen, nicht vergleichbaren Sachverhalt. Dort ging es um die Frage, ob ein gerichtlich bestellter Sachverständigen, der im Rahmen einer Stellungnahme ausgeführt hat, dass einer der Prozessbevollmächtigten "durch Wortklaubereien" im Stile eines "Winkeladvokaten" versuche, von der Kernproblematik abzulenken, damit vorsätzlich oder grob fahrlässig Anlass bietet, ihn als Sachverständigen abzulehnen, so dass sein Vergütungsanspruch entfällt. b) Die Rechtsgutverletzung ist auch widerrechtlich. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf Art 5 Abs. 1 S. 1 GG berufen. Zwar unterfällt die in Rede stehende Äußerung grundsätzlich dem Schutz der Meinungsfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung findet aber nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Grenze an den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gehören (vgl. BVerfG NJW-RR 2004, 1710 Tz 33 - zitiert nach juris - ; BGH NJW-RR 2008, 913). Um die Zulässigkeit einer angegriffenen Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei alle wesentlichen Umstände und die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (BGH NJWRR 2008, 913; vgl. BVerfG, NJW 2008, 358). Eine solche Abwägung ist allerdings dann nicht vorzunehmen, wenn es sich um sogenannte "Schmähkritik" handelt (vgl. BGH NJW-RR 2008, 913). An die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil andernfalls eine umstrittene Äußerung ohne Abwägung dem Schutz der Meinungsfreiheit entzogen und diese damit in unzulässiger Weise verkürzt würde (BGH NJW-RR 2008,913,914). Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, nimmt die Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähung an (BGH NJW-RR 2008, 913, 914; NJW 2000, 1036 Tz 39 - zitiert nach juris -). Hiervon ausgehend kann dahinstehen, ob die in Rede stehende Äußerung bereits als Schmähkritik einzustufen ist. Die Äußerung weist zwar keinen ausreichenden sachlichen Bezug zu dem Rechtsstreit auf, in dessen Rahmen sie gefallen ist. Hierzu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Ob der Bezug der Äußerung zu dem beanstandeten Kanzleiauftritt des Klägers ausreicht, um das Vorliegen einer Schmähkritik zu verneinen, kann dahinstehen, weil die dann erforderliche Interessenabwägung zum Nachteil des Beklagten ausgeht. Die Äußerung war für den Anlass und im oben genannten Kontext vollkommen unangemessen und unnötig. Hinzu kommt, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzung eine gewisse Schwere aufweist. Dies folgt daraus, dass es sich bei einem Rechtsanwalt um ein Organ der Rechtspflege handelt, der die Öffentlichkeit in der Regel ein erhöhtes Maß an Seriosität beimisst. Dementsprechend handelt es sich bei dem in Rede stehenden Angriff um einen solchen, der den Kernbereich des Ansehens eines Rechtsanwalts betrifft. Dass dies bei der Bezeichnung als "Winkeladvokat" im Einzelfall nicht dazu führen muss, eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung anzunehmen, (vgl. BGH Urteil vom 09.06.1970, Az.: VI ZR 18/69), steht der vorgenannten rechtlichen Beurteilung nicht entgegen, weil es dieser Schwere der Verletzung nur bedarf, um ausnahmsweise ein Schmerzensgeld zusprechen zu können. Darum geht es aber vorliegend nicht. Der Beklagte kann sich auch nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Die Frage, ob die Äußerung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens hinzunehmen ist, wird entgegen der früheren Rechtsprechung nicht mehr unter dem RA Dr. Martin Riemer S. 12 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen, sondern schon bei der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses relevant. Hierzu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. c) Auch das Bestehen der Wiederholungsgefahr hat das Landgericht mit zutreffender und nicht ergänzungsbedürftiger Begründung bejaht. d) Vom Unterlassungsanspruch ist, wie das Landgericht zu Recht entschieden hat, nicht nur die Bezeichnung als "Winkeladvokatur" erfasst, sondern auch die Bezeichnung des Klägers als "Winkeladvokat". Hierzu wird auf die obigen. Ausführungen sowie die zutreffenden Urteilsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die Verurteilung zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten hat der Beklagte mit der Berufung nicht konkret angegriffen. Im Übrigen ist die Entscheidung des Landgerichtsauch hierzu in keiner Weise zu beanstanden. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts wurde bereits veröffentlicht in NJW-Spezial 2012, 511. Gegen die genannten Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts wende ich mich mit der Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht. B. Rechtslage Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, annahmefähig und begründet. I. Zulässigkeit Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, da die Voraussetzungen des Art. 93 Abs.1 Nr. 4a GG und der §§ 90 ff. BVerfGG vorliegen. 1. Die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts sind Akte öffentlicher Gewalt i.S.d. Art. 93 Abs.1 Nr. 4a, § 90 BVerfGG. 2. Als natürliche Person bin ich beschwerdefähig. 3. Ferner bin ich beschwerdefähig, da mich die angegriffenen Entscheidungen ihn meinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG selbst, gegenwärtig und unmittelbar verletzen. RA Dr. Martin Riemer S. 13 zum Schriftsatz vom 18.08.12 4. Der Rechtsweg ist gem. § 90 Abs.2 BVerfGG erschöpft, da das Urteil des Oberlandesgerichts vom 18.7.2012 als letzter Akt staatlicher Gewalt mit keinem weiteren Rechtsmittel angreifbar ist, da die Berufung zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen wurde. 5. Die Monatsfrist des § 93 Abs.1 BVerfGG ist gewahrt, da das Urteil des Oberlandesgerichts vom 18.7.2012 am 20.7.2012 zugestellt wurde. Die Frist für die Verfassungsbeschwerde endet damit am Montag, den 20.8.2012. II. Annahmefähigkeit Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist annahmefähig, weil dies zur Durchsetzung meiner Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 lit. b BVerfGG). 1. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist angezeigt, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise betrifft (vgl. BVerfGE 90, 22, 25; 96, 245, 248). „Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze krass verletzt. Eine existentielle Betroffenheit des Beschwerdeführers kann sich vor allem aus dem Gegenstand der Entscheidung oder seiner aus ihr folgenden Belastung ergeben. Ein besonders schwerer Nachteil ist jedoch dann nicht anzunehmen, wenn die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder wenn deutlich abzusehen ist, dass der Beschwerdeführer auch im Falle einer Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde“ (BVerfG NJW 2006, 1652; 1994, 993). 2. Am Maßstab dieser Kriterien ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde im vorliegenden Fall angezeigt. Ich bin durch die angegriffenen Entscheidungen erheblich in meinen Grundrechten auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, auf die Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung RA Dr. Martin Riemer S. 14 zum Schriftsatz vom 18.08.12 aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie in meinem Anspruch auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG betroffen. a) Art. 5 Abs. 1 GG Das Grundrecht der Meinungsfreiheit rechnet zu den „vornehmsten Menschenrechten überhaupt“ (vgl. BVerfGE 7, 198, 208). Für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen ist es konstituierend (vgl. BVerfGE 62, 230, 247; 71, 206, 219 f.; 76, 196, 208 f.). Es sichert, dass jeder frei sagen kann, was er denkt, auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angibt bzw. angeben kann (vgl. BVerfGE 42, 163, 170 f.; 61, 1, 7). Zugleich sollen die geistigen Wirkungen ermöglicht werden, wie sie von Meinungsäußerungen ausgehen (vgl. BVerfGE 61, 1, 7). Das Grundrecht enthält neben dem Abwehrrecht ein „objektives Prinzip“, eine Wertentscheidung, wie die Gesellschaft der Bundesrepublik verfasst sein soll (vgl. BVerfGE 57, 293, 319 f.). Die von mir gewählte Wortwahl „Winkeladvokatur“ stellte eine Meinungsäußerung und keine Tatsachbehauptung dar, da es den Berufsstand der Winkeladvokaten nicht gibt. Indem mir die Zivilgerichte die Verwendung dieses Begriffes – und überdies zugleich auch „Winkeladvokat“ - untersagt haben, haben sie meine Meinungsäußerungsfreiheit beschnitten, da mir untersagt wurde, diese Vokabeln in Bezug auf den Kläger zu verwenden. b) Art. 12 Abs. 1 GG Die von mir verwendete E-Mail vom 10.11.2010 wurde von mir überdies in anwaltlicher Eigenschaft als Interessenvertreter meiner Mandantin Frau Dr. K verwendet; zunächst im Beschwerdeweg gegenüber der Rechtsanwaltskammer Köln; später dann im Arzthaftungsverfahren vor dem Landgericht Köln: Einem Anwaltsprozess, in dem gem. § 78 ZPO anwaltlicher Vertretungszwang bestand. Als deutscher Rechtsanwalt bin ich Träger des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG. Indem mir die Zivilgerichte die Verwendung des Begriffs „Winkeladvokatur“ – und überdies zugleich auch „Winkeladvokat“ – bei meiner anwaltlichen Berufsausübung, z.B. durch Einführung in einen Anwaltsprozess, untersagt haben, wurde überdies auch in die Freiheit meiner Berufsausübung eingegriffen. c) Art. 103 Abs. 1 GG Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist zum einen ein grundrechtsgleiches Recht, zum anderen ein objektiv-rechtliches Prinzip (vgl. BVerfGE 70, 180, 188). Er ist Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 9, 89, 95; 39, 156, 168; 74, 220, 224) und des Menschenwürdeprinzips (vgl. BVerfGE 55, 1, 6; 63, 332, 337). Er sichert die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards (vgl. BVerfG NJW 2003, 1926) und stellt das prozessuale „Urrecht“ des Menschen dar (vgl. BVerfGE 55, 1, 6). „Der Einzelne soll nicht nur Objekt richterlicher Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können“ (vgl. BVerfGE NJW 2003, 1926). RA Dr. Martin Riemer S. 15 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Da die Zivilgerichte dem Beweisantrag aus meinem Schriftsatz vom 27.2.2011, S. 15 (= Bl. 39 d.A.), auf Beiziehung der Verfahrensakte des Vorprozesses LG Köln 3 O 273/09 zur Aufklärung des Kontextes, in dem die streitgegenständlichen Äußerungen stattgefunden haben, nicht entsprochen haben, das Landgericht auch nicht aufgrund meiner Wiederholung dieses Antrages auf Bl. 63 d.A., auch nicht das Oberlandesgericht aufgrund meiner Wiederholung dieses Beweisangebots in 2. Instanz auf Bl. 189 d.A., mich jedoch gleichwohl zur Unterlassung verurteilt haben, wurde mein Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht in beiden Instanzen verletzt. III. Begründetheit Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, weil mich die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts in meinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit), aus Art. 12 Abs. 1 GG (anwaltliche Berufsfreiheit) sowie zugleich aus Art. 103 Abs. 1 GG (rechtliches Gehör) verletzen. 1. Kontrollumfang Entscheidungen der Zivilgerichte sind zwar vom Bundesverfassungsgericht nur in eingeschränktem Umfang überprüfbar. Dieses greift nur bei der Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht auf eine Verfassungsbeschwerde hin ein. Diese Schwelle ist, abgesehen vom Fall des Verstoßes gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 18, 85, 96) aber erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 89, 1, 9 f. m.w.N.). 2. Grundrechtsverletzung Im vorliegenden Fall liegen diese Voraussetzungen vor. Ich wurde durch die angegriffenen Entscheidungen in meinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 und 12 Abs. 1 sowie aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. 2.1 Art. 5 Abs. 1 GG a) Schutzbereich Der Begriff der Meinung ist „grundsätzlich weit zu verstehen“ (vgl. BVerfGE 61, 1, 9). Er umfasst „Werturteile“ (Meinungen i.e.S.) und „Tatsachenbehauptungen … jedenfalls dann, wenn sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind“ (vgl. BVerfGE 94, 1, 7; 61, 1, 8 f.; 65, 1, 41). Für Werturteile ist „die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend“. Tatsachenbehauptungen werden hingegen durch „die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit“ geprägt, die der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. BVerfGE 94, 1, 8; 90, 241, 247; RA Dr. Martin Riemer S. 16 zum Schriftsatz vom 18.08.12 93, 266, 289). Für die Abgrenzung von Werturteil und Tatsachenbehauptung kommt es insbesondere auf den objektiven Sinn der Äußerung an (vgl. BVerfGE 94, 1, 9); in Überschneidungsfällen ist von einer Meinung auszugehen (BVerfGE 85, 1, 15 f.). Werturteile werden vom Grundrechtsschutz stets erfasst, Tatsachenbehauptungen jedenfalls dann, wenn sie meinungsrelevant sind (vgl. BVerfGE 61, 1 8; 94, 1, 7). Vorliegend geht es nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um von mir geäußerte Werturteile über Rechtsanwalt Stubbe, was den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG eröffnet. Keine Rolle spielt, welche Themen berührt werden; die Meinungsfreiheit schützt die Kommunikation in allen Bereichen. Unerheblich ist des Weiteren, ob die Äußerung als wertlos oder abwegig eingestuft wird, ob sie rational oder emotional begründet ist (vgl. BVerfGE 30, 336, 347; 61, 1, 7; 65, 1, 41; 93, 266, 289). Geschützt wird von Art. 5 Abs. 1 GG das Äußern und Verbreiten (z.B. in einem Gerichtsprozess) von Meinungen, also ihre Abgabe wie auch den Prozess der Informationsübertragung (z.B. die Adressierung an ein Gericht), somit der Inhalt, wie auch die Form bzw. die Art und Weise der Äußerung (vgl. BVerfGE 54, 129, 138 f.; 60, 234, 241; 76, 171, 192). b) Eingriff Die angegriffenen Entscheidungen untersagen mir als Träger des Grundrechts, Rechtsanwalt Stubbe als „Winkeladvokaten“ und/oder das von ihm geführte Büro als Winkeladvokatur zu bezeichnen und greifen damit in meine Meinungsfreiheit ein, da mir die zukünftige Verwendung dieser Begriffe in Bezug auf ihn untersagt wurde. Das Grundrecht wird durch jede Anordnung der öffentlichen Gewalt beeinträchtigt, die die Meinungsäußerung oder –verbreitung verbietet, behindert oder gebietet. Darunter fallen auch Rechtsfolgen für bestimmte Äußerungen (vgl. BVerfGE 86, 122, 128). c) Rechtswidrigkeit Der Eingriff ist rechtswidrig. Zwar wird das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht vorbehaltlos gewährt, sondern unterliegt insbesondere der Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG, darunter den allgemeinen Gesetzen und dem Recht der persönlichen Ehre. Beide Anwendungsfälle finden sich in § 185 StGB wieder; der Schutz der persönlichen Ehre ist zudem auch im allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ausgedrückt. Landgericht und Oberlandesgericht haben aber verkannt, dass die Äußerungen in meiner E-Mail vom 10.11.2010 weder eine Beleidigung noch eine Schmähkritik am Kläger darstellten, wie mir in beiden Urteilen jedoch vorgeworfen wurde. Das Vorliegen einer RA Dr. Martin Riemer S. 17 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Schmähkritik war jedoch Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch, um das Recht zur Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 2 GG einzuschränken. (1) Zur Begründung beziehe ich mich zunächst auf den stattgebenden Kammerbeschluss 1 BvR 1955/94, worin das Bundesverfassungsgericht im amtlichen Leitsatz ausgeführt hat: „Im Hinblick auf die Schranken des Art. 5 Abs 2 GG haben die Gerichte bei ihrer Entscheidung dem Einfluss der Meinungsfreiheit auf die Vorschriften des Zivil- und Strafrechts Rechnung zu tragen. Die Wahrung der wertsetzenden Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 S 1 GG erfordert deshalb regelmäßig eine Abwägung zwischen der in der Unterlassungsverurteilung liegenden Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit einerseits und der Gefährdung des von den genannten Bestimmungen geschützten Rechtsguts durch die Äußerung andererseits. Die Meinungsfreiheit bei herabsetzenden Äußerungen, die sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, tritt regelmäßig hinter den Ehrenschutz zurück (vgl. BVerfG, 1982-06-22, 1 BvR 1376/79, BVerfGE 61, 1, 12). Wegen dieses die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung oder Formalbeleidigung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss sich jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung eines anderen erschöpfen. Hält ein Gericht eine Äußerung fälschlich für eine Formalbeleidigung oder Schmähung, mit der Folge, dass eine konkrete Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unterbleibt, so liegt darin ein verfassungsrechtlich erheblicher Fehler, der zur Aufhebung der Entscheidung führt, wenn diese darauf beruht (vgl. BVerfG, 10.10.1995, 1 BvR 1476/91, BVerfGE 93, 266, 294).“ Gemessen an diesen Grundsätzen hätte dem Klageantrag des Klägers in beiden Vorinstanzen nicht stattgegeben werden dürfen, da weder der Begriff „Winkeladvokat“ (den ich nie verwendet habe) noch „Winkeladvokatur“ eine Beleidigung oder Schmähkritik darstellte. Der Begriff der „Schmähkritik“ ist nach vorgenannter Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eng auszulegen, was die Zivilgerichte in vorliegenden Fall bereits verkannt haben. Zu Unrecht haben die Vorinstanzen überdies angenommen, dass ein sachlicher Bezug meiner Äußerungen aus der E-Mail vom 10.11.2010 zum Arzthaftungsprozess nicht vorhanden gewesen sei. (aa) Die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG, wie etwa „allgemeine Gesetze“, wozu § 185 StGB unzweifelhaft zählt, dürfen die Freiheit des Abs. 1 nicht beliebig einschränken. Sie sind ihrerseits aus „der Erkenntnis der Bedeutung“ dieser Grundrechte „im freiheitlichen RA Dr. Martin Riemer S. 18 zum Schriftsatz vom 18.08.12 demokratischen Staat auszulegen und so in ihrer diese Grundrechte beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken“ (vgl. BVerfGE 71, 206, 214; 7, 198, 208; 66, 116, 150). Diese sog. Wechselwirkung ist eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit; die Einschränkung der Meinungsfreiheit muss somit verhältnismäßig sein (vgl. BVerfGE 59, 231, 265; 71, 162, 181; 77, 65, 75). Notwendig ist eine fallbezogene Güterabwägung zwischen dem beeinträchtigten Kommunikationsgrundrecht (Meinungsfreiheit) und den Interessen, die mit den allgemeinen Gesetzen verfolgt werden (hier: Schutz der Ehre), vgl. BVerfGE 35, 202, 224 f.; 85, 1, 16; 86, 122, 129 f.. Vorliegend ist den Zivilgerichten bereits der Fehler unterlaufen, dass sie ohne nähere Darlegung des Grundes in meiner Äußerung ein strafbare Beleidigung gem. § 185 StGB angenommen haben, jedoch ohne der Wortwahl „Winkeladvokatur“ einen solchen Bedeutungsgehalt beimessen zu können, dann aber gleichwohl zum Ergebnis gelangten, es würde Schmähkritik vorliegen. Das Landgericht führt zum Charakter von „Winkeladvokatur“ als Beleidigung auf Urteilsseite 6 aus: „Nach Auffassung der Kammer stellt die Bezeichnung "Winkeladvokatur" einen rechtswidrigen und schuldhaften Angriff auf die Ehre und die Persönlichkeitsrechte des Klägers dar. Der Begriff "Winkeladvokat" bezeichnet historisch eine Person, die ohne Ausbildung zum Rechtsanwalt Rechtsrat erteilt. Heute wird darunter eine Person verstanden, die entweder intellektuell unfähig ist, ihren Beruf zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben, oder die diesen in einer Art und Weise ausführt, die mit Moral und Gesetz in Konflikt steht. Auch wenn dem Begriff kein einheitlicher Bedeutungsinhalt mehr zukommen mag, ist der Begriff "Winkeladvokat" in jedem Fall negativ besetzt und stellt eine abfällige und kränkende Wertung dar. Die genannten Ausführungen gelten auch für den Begriff "Winkeladvokatur".“ Selbst wenn man dem Landgericht darin beitritt, dass „Winkeladvokatur“ eine herabsetzende Kritik darstellt, ist damit eine Beleidigung i.S.v. § 185 StGB, worauf das Landgericht meine Verurteilung in Verbindung mit § 1004 BGB und § 823 BGB jedoch gestützt hat, nicht ausreichend dargetan. Schließlich geben diese Ausführungen selber zutreffend wieder, dass der Vokabel „Winkeladvokatur“ heute kein einheitlicher Bedeutungsgehalt mehr zukommt, wozu ich in 1. Instanz auf Bl. 40 und 86 d.A. bereits vorgetragen habe Hinzu kommt, dass Rechtsanwalt Stubbe – vom Landgericht nicht angezweifelt - als Prozessvertreter in einem Anwaltsprozess den Anlass zu meiner an ihm geübten Kritik gesetzt hat und damit einer erhöhten Duldungspflicht von Kritik unterlag, als gänzlich an der streitigen Auseinandersetzung unbeteiligte Personen. Diesem Aspekt hat bereits das Landgericht bei der Interessenabwägung zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. RA Dr. Martin Riemer S. 19 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Auf Urteilsseite 6 setzt sich das Landgericht dann weiter mit dem Spannungsverhältnis zwischen Ehrverletzung und Meinungsfreiheit auseinander. Es geht vom Vorliegen einer Schmähkritik deswegen aus, weil nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung von Rechtsanwalt Stubbe im Vordergrund gestanden habe. „Der Einstufung als Ehrverletzung steht nicht entgegen, dass die angegriffene Äußerung als Werturteil grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG genießt. Diese tritt nämlich dort zurück, wo es sich bei der Äußerung um Schmähkritik handelt. Schmähkritik liegt dann vor, wenn in einer herabsetzenden Äußerung nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BGH, Urteil v. 16.11.2004, BeckRS 2005, 84). Maßgebend ist dabei nicht, wie der Äußernde sie versteht, sondern wie ein unvoreingenommenes und verständiges Durchschnittspublikum sie verstehen durfte.“ Hierbei übersieht das Landgericht einerseits, dass meine Äußerung nur gegenüber der Rechtsanwaltskammer, der Arzthaftungskammer des Landgerichts und den Beteiligten des Anwaltsprozesses, nicht aber gegenüber einem „Durchschnittspublikum“ getätigt wurden. Zum anderen sagt das Landgericht nirgends, wie ein „Durchschnittspublikum“ meine Äußerung verstehen würde. Im oben zitierten vorherigen Absatz von Urteilsseite 6 legt es nur da, dass die Begriffe „Winkeladvokat“ und „Winkeladvokatur“ – auch wenn ihnen kein einheitlicher Bedeutungsgehalt zukomme - negativ besetzt seien und eine abfällige und kränkende Wertung beinhalteten. Damit ist „Schwelle zur Schmähkritik“ jedoch noch nicht überschritten worden. Kritik wird nicht jedesmal dann, wenn sie negativ besetzt und abfällig ist, sowie kränkt und in ein „schlechtes Licht“ rückt, bereits aus diesem Grund zur Schmähkritik. Andernfalls würde der Kerngehalt der Meinungsfreiheit, Missstände „auf den Punkt bringen“ zu dürfen, ausgehölt. Im Kammerbeschluss 1 BvR 1955/94 hat das Bundesverfassungsgericht daher zutreffend gemahnt, die Anforderungen an eine Schmähkritik eng auszulegen. Das Landgericht auf Urteilsseite 6 weiter: „Vorliegend ist die Schwelle zur Schmähkritik überschritten. Die Bezeichnung als „Winkeladvokatur“ entbehrt den erforderlichen Sachbezug und muss als bloße Diffamierung angesehen werden. Der Begriff wurde zwar anlässlich einer sachthemenbezogenen Auseinandersetzung benutzt, indem der Beklagte den Außenauftritt des Klägers gegenüber der Rechtsanwaltskammer monierte. Der Begriff selber diente jedoch weder der Unterstreichung dieser Position noch als weiteres sachliches Argument, sondern allein dazu, den Kläger bzw. sein Verhalten in ein schlechtes Licht zu rücken, […].“ Hierbei hat das Landgericht bei der Einstufung meiner Äußerung als Beleidigung die gesetzliche Wertung des § 193 StGB verkannt, wonach Äußerungen, welche zur „Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter RA Dr. Martin Riemer S. 20 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Interessen gemacht werden“, nur insoweit vom Gesetzgeber sanktioniert werden wollten, „als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht“, wovon hier jedoch keine Rede sein kann. Über § 823 Abs. 2 BGB, auf den die Vorinstanzen meine Verurteilung gestützt haben, findet § 193 StGB auch im Bereich des Zivilrechts Anwendung (vgl. BVerfG 1 BvR 1696/98 vom 25.10.2005, Rn. 29 bei juris). Im einfachen Recht drückt sich damit eine Art „Schranken-Schranke“ aus, die für Art. 5 Abs. 2 GG auch verfassungsrechtlich besteht: Die Wahrnehmung rechtlicher (berechtigter) Interessen. Zwar negierte das Landgericht, wie später auch das Berufungsgericht, ich hätte mit meiner Äußerung rechtliche Interessen meiner Mandantin vertreten, sondern hält mir einen Angriff (Verbalinjurie) auf den Kläger vor, aus angeblich „sachfremden Interessen“, ihn „zu diffamieren“. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diese Auslegung meiner Intension jedoch „zu weit“. Meine E-Mail an die Rechtsanwaltskammer war eine ihre Natur nach von § 193 StGB und § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO geschützte Mitteilung über berufsrechtliche Verfehlungen des Rechtsanwalts Stubbe, in Wahrnehmung berechtigter Interessen für meine Mandantin als Klägerin des Gerichtsverfahren LG Köln 3 O 273/09, die an einem zügigen Abschluss des Schadensersatzverfahrens interessiert war. Damit kollidierte, wenn ein Rechtsanwalt der Gegenseite zu einem späteren Zeitpunkt bei Fortgang des Verfahrens wegen Verstoßes gegen § 43 a Abs. 4 BRAO oder gar § 356 StGB sein Mandat niederlegen musste, wie zuvor Rechtsanwalt Hüwe, und z.B. Beweisaufnahmen, an denen der seine Partei verratende Rechtsanwalt mitgewirkt hatte, aus diesem Grund ggf. wiederholt werden mussten (argumentum ex § 580 Nr. 4 ZPO). Ebenso bestand ein rechtliches Interesse, auch die Arzthaftungskammer des Landgerichts über diesen Vorgang zu informieren, um Rechtsanwalt Stubbe ggf. richterliche Hinweise zu seiner Interessenkollision zu erteilen, um einer Verfahrensverzögerung entgegen zu wirken: Hätte das Landgericht meine Auffassung bestätigt, dass Rechtsanwalt Stubbe Gefahr lief, widerstreitende Interessen zu vertreten, war davon auszugehen, dass die hinter seinen zahnärztlichen Mandanten stehenden Haftpflichtversicherungen ihn abberufen hätten. Dass diesem Schreiben an das Gericht Bl. 76 ff. des Anlagenhefters I (= Anl. K12) Abschriften für die weiteren Verfahrensbeteiligten beizufügen waren, folgte aus § 133 Abs.1 ZPO. Natürlich waren die weiteren Verfahrensbeteiligten, die gem. § 299 Abs. 1 ZPO schließlich auch ein Akteneinsichtsrecht hatten, über meine Korrespondenz mit dem Landgericht zu informieren. Soweit ich mit der Anfertigung von Abschriften zu meinem RA Dr. Martin Riemer S. 21 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Schriftsatz Bl. 76 ff. des Anlagenhefters I nur meiner Verpflichtung aus § 133 Abs. 1 ZPO entsprochen habe, durfte das Landgericht an den Modus meines Vorgehens jedoch keine „Schmähkritik“ knüpfen. Ein Arzthaftungsprozess ist kein „in camera“-Verfahren, bei dem der Klägeranwalt nur und ausschließlich mit dem Gericht korrespondiert: Was ich dem Gericht zu sagen hatte, musste ich über die Anfertigung von Abschriften auch die weiteren Verfahrensbeteiligten wissen lassen. Überdies stützt sich die falsch verstandene Ehrverletzung – entgegen der Annahme des Landgerichts - auf Kritikpunkte, die einen sachlichen Bezug zur streitigen Angelegenheit sehr wohl aufwiesen: Wenn meine Kritik aus der Verwendung des Wortes „Winkeladvokatur“ dahin interpretiert wurde, ich habe Rechtsanwalt Stubbe vorgeworfen, „intellektuell unfähig“ zu sein, seinen Beruf „zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben“ oder „diesen in einer Art und Weise ausführt, die mit Moral und Gesetz in Konflikt steht“, hätte es die nähere Auseinandersetzung mit dem Grund meiner Beschwerde zur Rechtsanwaltskammer Köln nicht dahinstehen lassen dürfen, vgl. hierzu Urteilsseite 6 unten: „Auch wenn der Beklagte den Außenauftritt berechtigterweise kritisiert hätte, ändert dies nichts daran, dass mit der Bezeichnung „Winkeladvokatur“ die Diffamierung des Klägers im Vordergrund stand. Auf die Frage, wie der Außenauftritt des Klägers und der Rechtsanwälte Dr. Seifert und Schöl rechtlich zu bewerten ist, kommt es daher für den vorliegenden Rechtsstreit nicht an.“ Wenn das Landgericht den Außenauftritt des Klägers nicht aufklärte, konnte es den Sachbezug zum Rechtsstreit LG Köln 3 O 273/09 naturgemäß auch nicht erkennen. Dann ist es jedoch methodisch unzulässig und vorschnell, meine Äußerungen als „Schmähkritik“ einzustufen, ohne ihren Kontext in Erfahrung gebracht zu haben. Zur Verdeutlichung, dass kein Fall von „Schmähkritik“ vorlag, habe ich auf Bl. 132 d.A. eine Parallele zum Urteil des Bundesgerichtshofs VI ZR 45/05 vom 5.12.2006 gezogen, worin der Bundesgerichtshof in der Bezeichnung als „Terroristentochter“ keine Schmähkritik oder Beleidigung erkannt hat. Ferner auch zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 2272/04 vom 12.5.2009 zur von der Meinungsfreiheit geschützten Äußerung „durchgeknallter Staatsanwalt“. Ferner auch zum Beschluss des Landgerichts Köln 171 StL 6/10 vom 12.11.2010, dass die Titulierung eines Rechtsanwalts als „realitätsferner Rechtsverdreher“ nicht unsachlich sei. Keine dieser Parallelen wollte das Landgericht zum streitigen Fall erkennen, vgl. Urteilsseite 7 oben. Zu Unrecht: „Winkeladvokatur“ bleibt an Schärfe deutlich hinter „Terroristentochter“ zurück. RA Dr. Martin Riemer S. 22 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Auf Urteilsseite 7 verkennt das Landgericht dann noch einmal, dass meine Äußerung „Winkeladvokatur“ angeblich keinen Sachbezug zum Rechtsstreit LG Köln 3 O 273/09 aufgewiesen habe, wozu das Landgericht zuvor auf Urteilsseite 6 – 7 jedoch schon eingeräumt hatte, sich mit dem Außenauftritt des Klägers nicht befasst zu haben. Auf Urteilsseite 8 oben räumt das Landgericht ein, auch die zu Beweiszwecken auf Bl. 39 und 63 d.A. angeführten Akten des Vorprozesses LG Köln 3 O 273/09 nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Somit muss dem Landgericht vorgehalten werden, seine Entscheidung unter Außerachtlassung wesentlichen Streitstandes getroffen zu haben und daher vorschnell zur Annahme von Schmähkritik gelangt zu sein: Zumindest die Akten des Vorpozesses, in dem meine Äußerungen gefallen waren, hätte es beiziehen müssen, anstatt sich hierzu letztlich nur auf den Klägervortrag zu stützen, der von mir substantiiert bestritten worden war. Übertragen hat das Landgericht den Unterlassungsanspruch auf Antrag des Klägers auch auf die Verwendung des Begriffs „Winkeladvokat“, der von mir – unstreitig – zu keiner Zeit verwendet worden war. Das Rechtsschutzinteresse des Klägers an dieser Art „Analogie“ wurde quasi freihändig bejaht, lediglich deswegen, weil diese Begriffe Synonyme darstellten, so das Landgericht auf Urteilsseite 9. Mit der gleichen Argumentationslogik hätte der Kläger sein Unterlassungsbegehren wohl auf eine ganze Reihe weiterer Begriffe ausdehnen können. Für den Eingriff in den Schutzbereich hielt das Landgericht dies - nicht nachvollziehbar für ausreichend, um mir auch Äußerungen zu untersagen, die von mir zu keiner Zeit getätigt worden waren. (bb) Gleicher Fehler ist auch dem Berufungsgericht unterlaufen, die Anforderungen aus dem Kammerbeschluss 1 BvR 1955/94 zu den engen Voraussetzungen von Schmähkritik verkannt zu haben, welches meine Verurteilung zur Unterlassung ebenfalls auf § 185 StGB i.V.m. §§ 1004, 823 BGB gestützt hat, ohne meine Äußerung unter die Tatbestandsvoraussetzungen einer Beleidigung subsumieren zu können. Auf Bl. 3 des Berufungsurteils führt das Oberlandesgericht, welches ebenfalls wie die Vorinstanz die Verfahrensakte LG Köln 3 O 273/09 weder beigezogen, noch sich mit dem von mir beanstandeten Außenauftritt des Klägers näher befasst hatte, aus, dass „die in Rede stehende Äußerung im seinerzeit laufenden Rechtsstreit nicht den erforderlichen Sachbezug aufweist.“ RA Dr. Martin Riemer S. 23 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Wie das Berufungsgericht zu dieser Annahme gelangte, ohne auch nur den Kontext des Vorprozesses gekannt zu haben, sucht der Leser im Berufungsurteil vergebens. Gleichwohl sah es sich in der Lage zu schlussfolgern, vgl. Berufungsurteil S. 3 letzter Absatz: „Für die Rechtsposition der Mandantin des Beklagten im seinerzeitigen Rechtsstreit war es zunächst prozessual nicht von Bedeutung, ob auf der Gegenseite ein Fall der Interessenkollision vorliegt.“ Diese Bewertung lässt sich ohne Kenntnis der Akte des Vorprozesses jedoch schon nicht treffen, zumal dann nicht, wenn damit eine Beschränkung der Meinungsfreiheit einher gehen soll. Wenn mir das Oberlandesgericht damit „Polemik“ vorhalten wollte, ist zu entgegnen, dass auch polemische und übersteigerte Äußerungen von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt werden (vgl. BVerfGE 61, 1, 9 f.; 85, 1, 15; 93, 260, 289). Neben der eigentlichen Sache setzt sich das Oberlandesgericht auf Urteilsseite 3 – 4 stattdessen mit der Frage der Wirksamkeit der Prozessvollmacht des Rechtsanwalts Stubbe bei einer Interessenkollision auseinander, bevor es dann auf Urteilsseite 4 ausführt: „Der Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass sich aus seiner Sicht merkwürdige und seltsame Übereinstimmungen in der gesellschaftsrechtlichen Organisation des Klägers mit der der von ihm vertretenen Zahnärzte wieder finden lassen. Selbst wenn Anlass bestanden haben sollte zu monieren, dass die am Rechtsstreit beteiligten Zahnärzte ihre gesamtschuldnerische Haftung durch einen wechselnden Außenauftritt verschleiern, ergibt sich kein durchgreifender Ansatz dafür, die in Rede stehende Äußerung zu tätigen. Es ist nicht ersichtlich, welcher auch nur ansatzweise belastbare Rückschluss aus dem Außenauftritt des Prozessbevollmächtigten auf die Außendarstellung und die Haftungsgemeinschaft der Zahnärzte gezogen werden könnte.“ Auch solcherlei Bewertungen, „nicht ersichtlich, welcher auch nur ansatzweise belastbare Rückschluss“ gezogen werden könnte, beruhten letztlich auf der Unkenntnis der Akten des Vorprozesses, die auch das Oberlandesgericht nicht besaß. Mit etwas abgewandelten Formulierungen begibt sich das Berufungsgericht auf Urteilsseite 4 - 5 dann auf ungefähr denselben Prüfungspfad, den zuvor auch das Landgericht beschritten hatte. Der Begriff „Winkeladvokatur“ würde schon aus sich heraus das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers und seine davon geschützte soziale Anerkennung in der Öffentlichkeit verletzen. Darauf entnimmt der Oberlandesgericht auf Urteilsseite 5 oben bereits eine Beleidigung i.S.v. § 185 StGB, da die im Streit stehende Vokabel ihm „Minderwertigkeit bzw. Unzulänglichkeit“ hinsichtlich seines sittlichen, personalen oder sozialen Geltungswerts bescheinigt hätte. RA Dr. Martin Riemer S. 24 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Dass von der Meinungsfreiheit geschützte Kritik in den so beschriebenen Rechtskreis des Klägers durchaus eingreifen darf, erachtete das Berufungsgericht zu prüfen nicht weiter für erforderlich: Es sei eine nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckte „Beleidigung“, wenn dem Kläger „ganz oder teilweise die Fähigkeit aberkannt wird, seinen Beruf oder sonstige von ihm übernommene soziale Aufgaben wahrzunehmen.“, was jedoch oftmals – und auch unter § 193 StGB geschützt – gerade Gegenstand berechtigter Kritik ist, wenn ein Rechtsanwalt z.B. – wie hier – seine Berufsausübungsform verschleiert, ob er im Haftungsfalle nur alleine in Anspruch zu nehmen ist, oder auch Dritte, die gesellschaftsrechtlich mit ihm zusammen arbeiten; wie auch im Vorprozess entscheidungserheblich bei seinen Mandanten zu klären war. Die Verallgemeinerung des Rechtssatzes, den das Oberlandesgericht damit implizit aufstellt, ein Rechtsanwalt würde in strafrechtlich relevanter Form beleidigt, wenn man ihm vorhielte, seinen Beruf oder sonstige von ihm übernommene „soziale Aufgaben“ nicht befähigt wahrnehmen zu können, würde diese Berufsgruppe gegen solchermaßen gelagerte Kritik, die vielfach an ihren Mitgliedern (inzwischen knapp 160.000 Rechtsanwälte bundesweit) mit unterschiedlichen sprachlichen Nuancierungen jedoch geübt wird und auch zu üben ist, durch die Hintertür des Straf- und Unterlassungsrechts praktisch immunisieren. Sodann gelangt das Oberlandesgericht auf Urteilsseite 5 zu der Überzeugung: „Hiervon ausgehend liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Unter einem Winkeladvokat ist jedenfalls derjenige zu verstehen, der eine Sache entsprechend seinem Berufsstand nicht verantwortungsbewusst zu vertreten befähigt ist (BGH Urteil vom 09.06.1970, Az.: VI, ZR 18/69, Tz 10 - zitiert nach juris -). Dies bedeutet, dass damit ein Rechtsanwalt gemeint ist, der eine mangelnde fachliche Eignung aufweist und dessen Zuverlässigkeit zweifelhaft ist (vgl. BGH Urteil vom 28.06.1962, Az.: I ZR 32/61 Tz 33 - zitiert nach juris -). Ferner ist darunter derjenige zu verstehen, der sich zwar noch im Rahmen des geltenden Rechts bewegt, aber dessen Grenzen in bedenklichem Maße austestet. Ein so bezeichneter Rechtsanwalt verhält sich dabei nicht nur in zulässiger Weise taktisch, sondern legt eine Verhaltensweise an den Tag, die "hart an der Grenze" ist, um für seinen Mandanten etwas "herauszuholen". Dabei ist dem Rechtsanwalt jeder "Winkelzug" recht, um das für seinen Mandanten günstige Ergebnis zu erreichen. Es geht also um den "gerissenen" Rechtsanwalt, der bereit ist, sich bei der Berufsausübung über Vorschriften hinwegzusetzen und Recht zu verbiegen, wenn ihm dies zum eigenen Vorteil verhilft. Diese Deutung misst auch der Beklagte selbst dem Begriff des Winkeladvokaten zu und räumt ein, dass damit eine abwertende Konnotation verbunden ist. Auch das Bundespatentgericht misst dem Begriff des Winkeladvokaten eine negative, pejorative Bedeutung bei (BPatG, Beschluss vom 08.03.2006, Az.: 29 W (pat) 25/04), Tz 22 -zitiert nach juris-).“ RA Dr. Martin Riemer S. 25 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Wenn ich mich zur „Zuverlässigkeit“ eines Kollegen äußere, der mal als Einzelanwalt, dann wieder als Sozius einer Anwaltssozietät auftritt, liegt darin noch keine Beleidigung. Auch habe ich Rechtsanwalt Subbe sicherlich nicht vorgehalten, dass ihm „jeder Winkelzug“ recht sei, sondern nur der konkret im Kontext meiner Äußerungen aus der EMail vom 10.11.2010 von mir beschriebene. Die gegenteilige Annahme auch des Oberlandesgerichts wird der Aufforderung im Kammerbeschluss 1 BvR 1955/94, die Grenzen der Schmähkritik eng auszulegen, ebenfalls nicht gerecht. Zwar trennen Landgericht und Oberlandesgericht bei ihrer rechtlichen Würdigung nicht zwischen der Prüfung der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Rechtsanwalt Stubbe und einer strafbaren Beleidigung zu seinem Nachteil, sondern lassen beides ineinander übergehen. Mit diesen Worten hat jedoch auch das Oberlandesgericht eine strafbare Beleidigung begründet, ohne damit zureichend unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 185 StGB subsumiert und einschlägige Rechtfertigungsgründe abschließend geprüft zu haben. Meine Meinungsäußerung in Bezug auf Rechtsanwalt Stubbe wurde so von den Zivilgerichten übereinstimmend zur strafbaren Beleidigung stilisiert, wogegen ich mich wende. Denn beide Gerichte haben letztlich nur unter die Voraussetzungen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers subsumiert, auch wenn dies zuweilen unter der Überschrift der Prüfung einer Beleidigung gem. § 185 StGB erfolgte. Dies wird auch daran erkennbar, dass die Erwägungen zu den Rechtfertigungsgründen für meine Äußerungen nur sehr knapp abgehandelt und Rechtfertigungsgründe mehr pauschal als einzeln geprüft negiert wurden. Durchgehend bei den angegriffenen Entscheidungen zu beobachten ist ferner, dass In einer Art Zirkelschluss sowohl das Landgericht wie auch das Oberlandesgericht bereits aus dem Umstand, dass einer Persönlichkeitsrechtsverletzung erfolgt sei, eine Schmähkritik im Sinne einer Beleidung entnehmen. Offenbar sind die Zivilgerichte davon ausgegangen, dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zugleich eine Beleidigung darstelle. Wenn jedoch der einheitliche Bedeutungsgehalt von „Winkeladvokatur“ in der heutigen Zeit bereits fehlte, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, und auch das Oberlandesgericht letztlich zugeben musste, war eine Verurteilung nur möglich, indem die Vorinstanzen die verfassungsrechtlichen Anforderungen aus dem Kammerbeschluss 1 BvR 1955/94 unbeachtet ließen. (2) Ferner beziehe ich mich auf den stattgebenden Kammerbeschluss 1 BvR 2520/05 vom 28.2.2007, worin das Bundesverfassungsgericht im amtlichen Leitsatz ausgeführt hat: RA Dr. Martin Riemer S. 26 zum Schriftsatz vom 18.08.12 „Der Einfluss des Grundrechts auf Meinungsfreiheit wird verkannt, wenn sich die Gerichte unter mehreren objektiv möglichen Deutungen für die zur Verurteilung führende entscheiden, ohne die anderen unter Angabe schlüssiger Gründe auszuschließen (vgl. BVerfG, 11.03.2003, 1 BvR 426/02, BVerfGE 107, 275, 281 f.).“ Der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht sind alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht beeinträchtigen. Wie ich auf Bl. 184 ff. d.A. auch gegenüber dem Oberlandesgericht aufgezeigt habe, lässt der Begriff „Winkeladvokatur“ wie auch „Winkeladvokat“ eine Vielzahl an Deutungsmöglichkeiten zu. Es existiert z.B. ein Spielfilm (vgl. Bl. 31 – 33 des Anlagenhefters II) und Romanliteratur (vgl. Bl. 226 d.A.), die den Begriff „Winkeladvokat“ im Titel führen, ebenso ein Lustspiel bereits aus dem Jahre 1922 (vgl. Bl. 227 d.A.). Der Begriff wird im Volksmund immer mehr auch scherzhaft verwendet, vgl. Bl. 209 d.A., dabei keineswegs nur bezogen auf Juristen oder Rechtsbeistände, sondern ganz allgemein dort, wo es geschäftlich oder privat im weitesten Sinne um Interessenvertretung geht, entweder zu eigenen Gunsten oder zugunsten Dritter. Die deutsche Sprache hat den Begriff „Winkeladvokat“ in den letzten 200 Jahren aus seinem ursprünglichen Kontext in ganz andere Zusammenhänge adaptiert, so dass zwar noch ein regelmäßig abwertender Bedeutungsgehalt damit verbunden ist, was mit Schmähkritik jedoch nicht länger automatisch verbunden werden kann. (3) Ferner beziehe ich mich auf den stattgebenden Kammerbeschluss 1 BvR 2883/11 vom 29.2.2012, worin das Bundesverfassungsgericht im amtlichen Leitsatz zu einem vergleichbaren Sachverhalt ausgeführt hat. „Für Meinungen, nicht jedoch auch für Tatsachenbehauptungen gilt eine Vermutung zugunsten der freien Rede (vgl. BVerfG, 13.04.1994, 1 BvR 23/94, BVerfGE 90, 241, 248). […] Wird zwischen der Meinungsfreiheit einerseits und dem Rechtsgut, in deren Interesse sie eingeschränkt werden kann, andererseits abgewogen, so muss den Umständen des Einzelfalls gebührende Bedeutung beigemessen werden. Relevant kann etwa sein, dass die für strafwürdig erachteten Äußerungen im sogenannten "Kampf ums Recht" getätigt wurden (vgl. BVerfG, 16.03.1999, 1 BvR 734/98, NJW 2000, 199, 200), oder dass die Äußerungen ausschließlich an die zuständige Behörde gerichtet wurden, ohne dass sie Unbeteiligten zur Kenntnis gelangen konnten (vgl. BVerfG, 10.03.2009, 1 BvR 2650/05, NJW-RR 2010, 204, 206 f.).“ Und unter Rn. 16: „Befindet sich der Beschwerdeführer im sogenannten "Kampf ums Recht", ist es ihm zur plastischen Darstellung seiner Position grundsätzlich erlaubt, auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, ohne jedes Wort auf die Waagschale legen zu müssen (vgl. BVerfGE 76, 171, 192; RA Dr. Martin Riemer S. 27 zum Schriftsatz vom 18.08.12 BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Juli 1996 - 1 BvR 873/94 -, NStZ 1997, S. 35 und der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. März 1999 - 1 BvR 734/98 -, NJW 2000, S. 199, 200).“ Ob diese Voraussetzungen vorlagen, konnten weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht zutreffend entscheiden, ohne die Verfahrensakte des Vorprozesses LG Köln 3 O 273/09, die zu Beweiszwecken und zu meiner Verteidigung beizuziehen ich auf Bl. 39 und 63 d.A. unter konkreter Bezugnahme auf darin enthaltene Schriftsätze beantragt hatte, zu kennen. Denn „die Umstände des Einzelfalls“, die der Kammerbeschluss 1 BvR 2883/11 hervorhebt, ergaben sich aus dem Kontext dieses Verfahrens; nicht lediglich aus den vom Kläger auszugsweise vorgelegten Unterlagen. Die angegriffenen Entscheidungen gehen zu spitzfindig mit meiner E-Mail vom 10.11.2010 um; sie legen diese E-Mail tatsächlich „auf die Waagschale“. (3) Zwar beziehen sich die vorstehend zitierten Kammerbeschlüsse auf den Fall einer strafoder bußgeldrechtlichen Sanktion, nicht auf Unterlassungsansprüche, und zutreffend hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss 1 BvR 1696/98 vom 25.10.2005 festgehalten: „Verletzt eine mehrdeutige Meinungsäußerung das Persönlichkeitsrecht eines anderen, scheidet ein Anspruch auf deren zukünftige Unterlassung - anders als eine Verurteilung wegen einer in der Vergangenheit erfolgten Äußerung, etwa zu einer Strafe, zur Leistung von Schadensersatz oder zum Widerruf - nicht allein deshalb aus, weil sie auch eine Deutungsvariante zulässt, die zu keiner Persönlichkeitsbeeinträchtigung führt.“ Dabei ging es jedoch um die Verbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, nicht wie hier um eine Meinungsäußerung. Mehrdeutige Meinungsäußerungen bereits im Vorfeld für alle denkbaren späteren Kontexte zu verbieten, wie Landgericht und Oberlandesgericht es im Ergebnis durch den Unterlassungstitel getan haben, greift in den Kernbereich des Art. 5 Abs. 1 GG ein und war übermäßig. (4) Meine grundrechtlich verbürgte Meinungsfreiheit wird durch die angegriffenen Beschlüsse auch deswegen rechtswidrig verletzt, weil aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 15.11.2011 nicht klar hervorgeht, welches Gebilde mir untersagt wird, als „Winkeladvokatur“ zu bezeichnen. Der Tenor des Landgerichts lautet: RA Dr. Martin Riemer S. 28 zum Schriftsatz vom 18.08.12 „Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger als Winkeladvokaten zu bezeichnen und/oder das von ihm geführte Büro als Winkeladvokatur zu bezeichnen.“ Während die Zuordnung, den Kläger nicht als „Winkeladvokaten“ zu bezeichnen, zu einer bestimmten Person – nämlich dem Kläger – noch möglich ist, ist es mir vom objektiven Standpunkt aus unmöglich zu erkennen, was mit der Tenorierung „das von ihm geführte Büro“ gemeint sein soll. Rechtsanwälte dürfen sich auch in anderen Nebenberufen betätigen und sich dabei auch gesellschaftsrechtlich als Personen- oder Kapitalgesellschaften mit Dritten zusammenschließen. Jedes „Büro“, welches der Kläger „führt“, ob als Rechtsanwalt oder aufgrund eines anderen Berufes, darf von mir aufgrund des Unterlassungstitels somit nicht als „Winkeladvokatur“ bezeichnet werden. Weder definiert das Landgericht den Begriff „Büro“, noch den Begriff „führen“. Hierzu existiert auch keine Legaldefinition. Der Begriff „führen“ wird vom Gesetz zwar verwendet, z.B. an mehreren Stellen des Waffengesetzes; die dort gemeinte Bedeutung der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Waffen passt auf den vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht. Bei Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Vorschriften haben die dafür zuständigen Fachgerichte die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, 25.10.2005, 1 BvR 1696/98, BVerfGE 114, 339, 348). Bei der Anwendung des quasi-negatorischen Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB sind die Zivilgerichte demnach verpflichtet, klar zu umgrenzen, welche dem Grunde nach von der Meinungsfreiheit umfassten Meinungsäußerungen wegen Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Dritten oder gar wegen Verstoßes gegen Strafgesetze (hier: § 185 StGB) zukünftig zu unterlassen sind. Diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen jedenfalls im Hinblick auf „Winkeladvokatur“ nicht gerecht. Da für mich vom objektiven Standpunkt jedoch nicht erkennbar ist, welche „Büros“ der Kläger „führt“ (woran sollte dies von außen erkennbar sein ?) und was damit konkret gemeint ist, ist es mir faktisch unmöglich, mich zum Urteil des Landgerichts in Gestalt des Berufungsurteils rechtskonform zu verhalten, denn weder im Urteil des Landgerichts noch des Oberlandesgerichts wird zu diesen unbestimmten Vokabeln näher ausgeführt. Gilt der Unterlassungstitel etwa auch dann, wenn der Kläger zusammen mit Dritten ein Büro führt, z.B. als BGB-Gesellschaft, und kritikwürdiges Verhalten dieser dritten Personen aufkommt ? Darf die Kritik „Winkeladvokatur“ an einem solchen mit dem Kläger verbundenen Dritten auch etwa dann nicht geäußert werden, wenn der Kläger selber nur stiller Teilhaber dieses „Büros“ ist ? RA Dr. Martin Riemer S. 29 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Eine solch umfangreiche Tenorierung zum Schutz des Klägers durch die Zivilgerichte war übermäßig. Es hätte ausgereicht, zu tenorieren, dass mir untersagt wird, vom Kläger betriebene „Rechtsanwaltskanzleien“ nicht als „Winkeladvokatur“ zu bezeichnen. Denn Rechtsanwälte betreiben letztlich keine „Büros“, sondern unterhalten gemäß ihrer aus § 27 BRAO folgenden Kanzleipflicht eine „Kanzlei“. Darüber ist das Landgericht in seiner Tenorierung jedoch deutlich hinausgegangen: Es ging dem Kläger ausweislich seines eigenen Vortrages wohl jedoch nur um den Schutz seiner Anwaltskanzlei. Eine Kanzlei hat sicherlich auch ein Büro; aber nicht jedes Büro eines Rechtsanwalts ist zugleich eine Kanzlei. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen damit auch gegen das – aus rechtsstaatlichen Grundsätzen ausfließende – Gebot, einen gerichtlichen Unterlassungstitel klar und bestimmt abzufassen, damit der Unterlassungsschuldner sich rechtstreu verhalten und den zu unterlassenden Tatbestand, an dessen Verwirklichung sich im Wiederholungsfall die Sanktion eines Bußgeldes knüpfen kann, erkennen kann. 2.2 Art. 12 Abs. 1 GG a) Schutzbereich Als Beruf ist jede Tätigkeit einzustufen, die in ideeller wie in materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient bzw. dazu beiträgt (vgl. BVerfGE 97, 228, 252 f.; 102, 197, 212; 105, 252, 265). Der von mir ausgeübte Beruf des Rechtsanwalts zählt hierzu. Im Bereich der Rechtsanwälte gilt der Grundsatz der freien Advokatur (vgl. BVerfGE 76, 171, 188). b) Eingriff Neben Eingriffen in den Schutzbereich durch Akte der Legislative und Exekutive sind gleichermaßen – wie hier - auch Akte der rechtsprechenden Gewalt möglich. Indem die Vorinstanzen mir in meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt die Wiederholung von Äußerungen untersagt haben, welche ich – auftragsführend für meine Mandantin – in einem Anwaltsprozess getätigt habe, wurde in den Schutzbereich der anwaltlichen Berufsausübungsfreiheit eingegriffen. c) Rechtswidrigkeit Der Eingriff ist rechtswidrig. Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG wird nicht vorbehaltlos gewährt, sondern steht insbesondere unter dem Eingriffsvorbehalt des S. 2 „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“. § 185 StGB ist ein Gesetz, welches die Berufsausübungsfreiheit beschränken darf, da Beschränkungen auf der Stufe der Berufsausübungsfreiheit durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden können (vgl. BVerfGE 70, 1, 28; 78, 155, 162; 85, 248, 259; 103, 1, 10). RA Dr. Martin Riemer S. 30 zum Schriftsatz vom 18.08.12 (1) Zum einen haben das Landgericht und das Oberlandesgericht jedoch verkannt, dass eine strafbare Beleidigung zum Nachteil von Rechtsanwalt Stubbe durch die streitigen Äußerungen nicht erfolgt ist, wie ich oben unter 2.1 bereits dargelegt habe, so dass § 185 StGB nicht einschlägig ist und dem sich darauf stützenden quasi-negatorischen Unterlassungsanspruch nicht hätte stattgegeben werden dürfen, weil die Klage unbegründet war. Zum anderen war die Klage des Rechtsanwalts Stubbe gegen mich bereits aus dem Grund unzulässig, weil ich im Anwaltsprozess LG Köln 3 O 273/09 lediglich als Prozessvertreter meiner Mandantin aufgetreten bin und dabei deren Interessen, nicht aber meine eigenen vertreten habe (vgl. Bl. 28 d.A.). Passivlegitimiert für die Unterlassungsklage war somit nicht ich, sondern meine Mandantin. Unter dem Aspekt der Berufsfreiheit gewinnt der Fehler der Zivilgerichte, die Klage gegen mich zuzulassen, deswegen grundrechtliche Relevanz, weil ein Rechtsanwalt, der lediglich als Parteivertreter, nicht aber als Partei eines Zivilrechtsstreits auftritt, in seinem Anspruch auf freie anwaltliche Berufsausübung ohne ersichtlichen Rechtfertigungsgrund verletzt wird, wenn ihm Äußerungen, die er geschäftlich für einen Mandanten vorträgt, als quasi persönliches Risiko zugeschrieben werden, sollte sich z.B. eine Tatsachenbehauptung als falsch erweisen oder eine Meinungsäußerung als übersetzt darstellen. Es bedeutet einen unzulässigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, sodann den Anwalt als (Unterlassungs-)Schuldner in Anspruch zu nehmen, der als Organ der Rechtspflege seinem Auftrag aus § 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BRAO folgend dabei eine Mandantin und ihre rechtlichen Interessen, nicht aber seine eigenen vertreten hat. (2) Als Rechtsanwalt im Alter von 40 Jahren liegen noch mindestens 25 – 30 Berufsjahre vor mir. Während dieser Zeit werde ich eine Vielzahl von Mandanten vertreten, die ggf. mit dem Kläger Rechtsanwalt Stubbe in Konflikt geraten können. Da aus dem Unterlassungstitel des Landgerichts, gegen welchen das Oberlandesgericht die Berufung verworfen hat, nicht mit hinreichender Bestimmtheit und Bestimmbarkeit hervorgeht, welche Gebilde („Büros“) ich nicht als „Winkeladvokatur“ bezeichnen darf, verletzen mich die angegriffenen Entscheidungen auch in meiner Berufsausübungsfreiheit, mich im „Kampf ums Recht“ mit deutlichen Worten den Interessen meiner Mandanten zu widmen. RA Dr. Martin Riemer S. 31 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Der Eingriff war übermäßig, da es die Zivilgerichte in der Hand hatten, konkret klarzustellen, wie nicht, welche der vom Kläger „geführten Büros“ vom Unterlassungstitel umfasst sein sollten. Für einen derart tiefen Eingriff in meine Berufsausübungsfreiheit, zunächst quasi Nachforschungen anstellen zu müssen, ob ein „Büro“ vom Kläger geführt wird, bevor ich darüber Äußerungen als Interessenvertreter meiner Mandanten tätige, bestand kein Rechtsfertigungsgrund i.S.v. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG. 2.3 Art. 103 Abs. 1 GG a) Schutzbereich Der Anspruch auf rechtliches Gehör besteht in jedem Verfahren vor staatlichen Gerichten und bestand somit auch in den Verfahren vor dem Landgericht und Oberlandesgericht.. Als Partei dieses Verfahrens war ich grundrechtsberechtigt. b) Eingriff Indem weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht meinem Beweisantrag von Bl. 39 und 63 d.A. auf Beiziehung der Verfahrensakte LG Köln 3 O 273/09 zur Aufklärung des Kontextes, in dem meine Äußerungen gefallen waren, entsprochen haben, auch das Oberlandesgericht nicht aufgrund meiner Beanstandungen im Umfang mit diesem Beweisangebot in der Vorinstanz auf Bl. 189 d.A., wurde mir rechtliches Gehör verweigert und hierdurch in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG eingegriffen. c) Rechtswidrigkeit Ein Gericht hat die Pflicht, vor dem Erlass einer Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör gewährt wurde (vgl. BVerfGE 36, 85, 88; 65, 227, 235; 72, 84, 88). Dieser Eingriff, das Ignorieren meines Beweisantrages von Bl. 39 und 63 d.A., war durch die beiden Vorinstanzen auch rechtswidrig und hat entscheidungserheblich zu meiner Verurteilung auf Unterlassung beigetragen, weil sich weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht einen zutreffenden Eindruck aus der Verfahrensakte LG Köln 3 O 273/09 gemacht haben, in welchem konkreten prozessualen Kontext die Äußerung die Begrifflichkeit „Winkeladvokatur“ von mir verwendet und in den Vorprozess eingeführt wurde, woran die Vorinstanzen jeweils eine Beleidigung i.S.v. § 185 StGB geknüpft haben. Da die beiden Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangten, der Kläger sei von mir in strafrechtlich relevanter Form beleidigt worden und hieran Unterlassungsansprüche knüpften, musste mir zu meiner Verteidigung rechtliches Gehör durch Stattgabe des Beweisantrages zu diesem Vorwurf gewährt werden. Die vom Kläger auszugsweise vorgelegten Schriftstücke waren nicht geeignet, den Vorinstanzen ein zutreffendes Bild RA Dr. Martin Riemer S. 32 zum Schriftsatz vom 18.08.12 davon zu geben, wie der Vorprozess vor der Arzthaftungskammer gelagert war, in welchen ich meine E-Mail vom 10.11.2010 eingeführt hatte. IV. Letztlich führen die angegriffenen Entscheidungen eine Art „Vorzensur“ i.S.v. Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG für zukünftige Fälle herbei; so wurden sie auch im juristischen Schrifttum verstanden. Die Journalistin Frau Wille wählte daher in ihrer Glosse Bl. 216 d.A. die Überschrift: „Sag niemals Winkeladvokat“. Die Begriffe „Winkeladvokat“ und „Winkeladvokatur“ werden vom Landgericht und Oberlandesgericht im Ergebnis für sämtliche denkbaren Kontexte als Beleidigung verbrämt, ohne zu berücksichtigen, dass sich ihr Bedeutungsgehalt in der entwicklungsoffenen deutschen Sprache in den zurückliegenden 200 Jahren, sehr geändert hat, vgl. Bl. 207 a d.A.. Das rechtshistorische Schrifttum vermag nicht bestimmt und klar zu sagen, was genau „Winkeladvokaten“ früher einmal gewesen sind. So hat es auch z.B. im ärztlichen Berufsstand früher einmal „Winkelärzte“ gegeben (vgl. Bl. 28 des Anlagenhefters II). Was Landgericht und Oberlandesgericht jedoch mit Sicherheit meinen sagen zu können, ist, dass „Winkeladvokatur“ und „Winkeladvokat“ eine Beleidigung i.S.v. § 185 StGB darstellten. Abweichende Meinungen hierzu lassen die angegriffenen Entscheidungen offensichtlich nicht gelten. Aufgrund des schon jetzt hohen Verbreitungsgrades auch des Berufungsurteils, wenn dieses knapp vier Wochen nach seiner Verkündung bereits in NJW-Spezial veröffentlicht wurde, wie auch in der Tagespresse und über das Internet, ist somit davon auszugehen, da die angegriffenen Entscheidungen auf die Strafbewährung durch § 185 StGB hinweisen, dass die im Streit stehenden Begriffe für lange zukünftige Zeit in der deutschen Sprache – frei von ihrem Verwendungskontext - quasi „gesperrt“ sind. Wenn es bei den angegriffenen Entscheidungen bleibt, ist die deutsche Sprache sozusagen um zwei Vokabeln ärmer geworden. Diese weit über den vorliegenden Prozess hinausgehende Konsequenz haben die Zivilgerichte in Kauf genommen, um ihr Ergebnis begründen zu können. Die für die Judikative erforderliche Sensibilität mit Begriffen, die einem historischen Wandel unterworfen sind, haben sie dabei – auch in den Urteilsbegründungen - vermissen lassen. D. Ergebnis Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. RA Dr. Martin Riemer S. 33 zum Schriftsatz vom 18.08.12 Die angegriffenen Entscheidungen waren übermäßig, sowohl im Tenor wie auch in der Begründung. Es wird daher gebeten, das Urteil des Landgerichts Köln 5 O 344/10 vom 15.11.2011 in Gestalt des Berufungsurteils des Oberlandesgerichts Köln 16 U 184/11 vom 18.7.2012 aufzuheben. Dr. Martin Riemer - Rechtsanwalt - Anlagen angegriffene Urteile nebst Verfahrensakte in Kopie Verteiler 3-fach