Die «Schnüffelchips» beim Einkaufen sind da

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Die «Schnüffelchips» beim Einkaufen sind da
01. Nov 2007 10:45
Mit Kaufhof und Karstadt machen nun zwei große Ketten erste
Versuche mit der so genannten RFID-Technik. Die Konzerne wollen
Zusatzinformationen weitergeben, Datenschützer sprechen von
Überwachung.
Was soll's? RFIDKarten bei Karstadt
Foto: DPA
Es sind winzig kleine Chips, die die Wirtschaft von immer leichteren Arbeitsabläufen in
Supermärkten, Warenhäusern oder an Ticketschaltern träumen lassen. Die ersten großen
Ketten haben die Chips jetzt eingeführt. Die Befürworter der Technik versprechen Kunden
beim Einkauf zum Beispiel schnelle und individuelle Zusatzinformationen per Monitor. Bei
Verbraucher- und Datenschützern löst die Radiofrequenz-Technik RFID allerdings große
Sorgen aus: Im schlimmsten Fall drohe den Menschen eine weitgehende Überwachung, und
Kriminelle könnten die Daten der Chips missbrauchen.
Mehr in der Netzeitung:
Bei der RFID-Technik wird ein Computerchip mit Antenne in
ein Etikett oder eine Plastikkarte an der Ware integriert. Auf
 Sex.info ist ganz billig 17. dem Chip ist in der Regel ein Nummerncode gespeichert - die
Aug 2007 13:30
Weiterentwicklung des heutigen Strichcodes. Damit werden
 Staat hat Datenschutz
Informationen verschlüsselt, die in einer Datenbank hinterlegt
«sträflich vernachlässigt» 24. sind. So enthält jeder Gegenstand eine unverwechselbare
Apr 2007 17:36
Identität und kann jederzeit gefunden werden, weil er zum
Beispiel im Kaufhaus Signale an einen Empfänger an der Tür,
 Durch Technik mehr
Besucher in Bibliothek 05. Jan der Kasse oder der Rolltreppe sendet. Zukunftsmusik ist das
heute schon nicht mehr.
2007 14:06
Kaufhof & Karstadt
 Datenschützer für mehr
Gefahrenbewusstsein 21. Dez
Die Warenhauskette Kaufhof hat zum Beispiel Ende
2006 19:18
September in Essen ein Pilotprojekt zur breiten Einführung
der RFID-Technik im Verkauf gestartet. In der Filiale sind jetzt 30.000 Artikel in der
Herrenabteilung mit solchen Funketiketten ausgerüstet. Und wenn Kunden ein Stück in die
Hand nehmen, sollen auf Monitoren Zusatzinformationen wie zusätzlich verfügbare Größen
erscheinen. Zehn Tage vorher hatte Konkurrent Karstadt in einer seiner Jeans-Abteilungen in
Düsseldorf mit einem ähnlichen Versuch begonnen.
Langfristig soll die neue Technik den Unternehmen die Logistik erleichtern, Diebstähle
vermeiden und Kosten sparen - denn die aufwendige Jahresinventur entfällt, und falsch
einsortierte Ware werde mit Hilfe von RFID-Scannern leichter und schneller gefunden.
Karstadt versprach zugleich, dass der Datenschutz eingehalten wird: Die Produktdaten
würden mit den Kundendaten nicht verknüpft, die RFID-Chips an der Kasse entfernt.
Fußball, U-Bahn, Binliothek
Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten breiter als der Warenverkauf. Bei der
Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland waren RFID-Chips in die Tickets integriert,
und auch Bundesligavereine versehen ihre Dauerkarten mit den Chips. Praktischen Nutzen
können sie auch in Skipässen und Monats- oder Jahreskarten des Öffentlichen Nahverkehrs
haben. Auch für Supermärkte und Bibliotheken rechnen Experten in der Zukunft mit einem
verstärkten RFID-Einsatz.
Für einen
differenzierten Blick
auf die Technik wirbt
Patrick von

Halten Sie RFID-Chips für unbedenktlich?
Braunmühl, der
Leiter des

Fachbereichs
 JA
Wirtschaftsfragen
 Ja, sie bieten lediglich mehr Informationen über das Produkt
beim
Verbraucherzentrale

Bundesverband
 NEIN
(vzbv) in Berlin:
 Nein, damit können die Kunden leicht überwacht werden
«Man sollte diese
Technologie nicht
verteufeln. Wir sehen

 EGAL
sowohl Chancen als

auch Risiken.» Wenn
sich für die
Unternehmen
Abläufe vereinfachen
AbstimmenErgebnis
ließen, könnten
Verbraucher zum
Beispiel durch sinkende Preise profitieren. Oberstes Gebot sei aber Transparenz:
«Unternehmen sollten darauf hinweisen, wenn sie RFID einsetzen.»
MEINUNG
Verbrauchern rät von Braunmühl, «wachsam zu sein» und darauf zu achten, wo die Technik
verwendet wird. Verbraucher, die sich im Zusammenhang mit der RFID-Technik vor
Überwachung fürchten, sollten nach seinen Worten mit ihrer Vorsicht früher ansetzen als im
Laden. «Ich empfehle Datensparsamkeit. Viele Verbraucher geben persönliche Daten für die
geringsten Vorteile freiwillig heraus.»
Keine flächendeckende Überwachung
Eine zumindest vorläufige Entwarnung gibt auch das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) in Bonn: «Die möglichen Risiken für den Verbraucher hängen von
der Art der Anwendung ab - Kunden brauchen daher derzeit keine Angst zu haben», sagt
Referatsleiter Markus Ullmann. «Es werden vielfach falsche Bedrohungsszenarien
aufgestellt.» So sei zum Beispiel die Gefahr, dass gegen den Willen eines Verbrauchers Daten
ausgelesen werden, durch die technischen Möglichkeiten begrenzt.
Mit Lesegeräten müssten Kriminelle ungefähr auf zehn Zentimeter an den RFID-Chip
herankommen, um ihn auszulesen. Zudem müssten dann auf dem Chip auch noch Daten
enthalten sein, mit denen Fremde etwas anfangen können. Eine flächendeckende
Überwachung von Bürgern sei allenfalls ein Szenario für die Zukunft: «Soweit sind die
technischen Möglichkeiten noch nicht, aber es ist wichtig, dass den Menschen bezüglich der
möglichen Gefahren die Augen geöffnet werden.»
Im Öffentlichen Nahverkehr und bei Ticketverkäufen sei wohl als erstes und in naher Zukunft
mit einem stärkeren Einsatz der RFID-Technik zu rechnen. «Das BSI arbeitet an Richtlinien.
Dabei geht es zum Beispiel um Transparenz», sagt Ullmann - «dass Anbieter zum Beispiel
klar sagen, dass sie RFID einsetzen.»
Schutzmaßnahmen
Aber auch die Datenschützer schlafen nicht. Im Internet werden schon
Produkte zum Schutz gegen die sogenannten «Schnüffelchips» angeboten.
Der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs
(FoeBuD) in Bielefeld hat zum Beispiel eine «RFID-Kartenschutzhülle» - eine
Visitenkartenhülle aus Metall - aufgelegt. Sie soll die elektromagnetischen Strahlen
abschirmen und so verhindern, dass etwa Kundenkarten heimlich ausgelesen werden.
Ullmann und von Braunmühl halten den Kauf solcher Produkte allerdings für unnötig.
FoeBuD selbst räumt ebenfalls ein, dass Bürger derzeit auch ohne die Schutzhülle keine
Sorge vor flächendeckender Überwachung haben müssen. «Wir wollen warnen und
aufklären», heißt es. Denn die Interessen der Wirtschaft seien eindeutig: Wenn Verbraucher
überall anhand von RFID-Chips in ihrer Kleidung und von Kundenkarten identifiziert werden
könnten, dann werde es - bei entsprechender Verbreitung der Technik - zum Beispiel möglich,
auf Werbedisplays den zum jeweiligen Menschen passenden Werbespot einzublenden. Die
Datenschützer raten daher, «Respekt vor dieser Technik» zu haben. Und sie fordern dazu auf,
Läden zu boykottieren, die mit solchen Mitteln «in die Privatsphäre eingreifen wollen».
(Stefan Waschatz/dpa)
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