Asthma und allergische Rhinitis Ein Atemweg, eine Erkrankung, ein Therapieansatz 1 Prävalenz von Asthma und allergischer Rhinitis • 20 - 50% aller Rhinitispatienten leiden auch an Asthma • allergische Rhinitispatienten haben ein 3x höheres Risiko, ein Asthma zu entwickeln • 80 % aller Asthmapatienten leiden auch an allergischer Rhinitis 2 Asthma und allergische Rhinitis haben viel gemeinsam • Häufig gemeinsame Auslöser • Beteiligung der gleichen Gewebe • Gleich ablaufende Entzündungsprozesse – Gemeinsame Entzündungszellen – Gemeinsame Entzündungsmediatoren – Gleicher Verlauf der Früh- und Spätreaktion • Klinische Zusammenhänge 3 Gemeinsame Auslöser von Asthma und Rhinitis • Inhalationsallergene – – – – Pollen Schimmelpilze Hausstaubmilben Tierhaare • Nichtinhalationsallergene – Nichtsteroidale Antiphlogistika Azetylsalizylsäure 4 Asthma und AR* basieren auf einer Entzündungsreaktion Asthma basiert auf einer bronchialen Entzündungsreaktion • Die Entzündung der unteren Atemwege führt zu Bronchokonstriktion und bronchialer Hyperreaktivität. Allergische Rhinitis basiert auf einer IgE**-vermittelten Entzündungsreaktion der Nasenschleimhaut • Die Entzündung der Nasenschleimhaut als Reaktion auf eine Allergenexposition löst nasale Symptome aus. **IgE = Immunglobulin E *AR = Allergische Rhinitis 5 Gleiche Entzündungszellen und –mediatoren Membrangebundenes IgE Histamine Leukotriene Prostaglandine Plättchen-aktivierender Faktor (PAF) Mast zelle Frühreaktion Allergen Eosinophile TZellen Zytokine Entzündungsmediatoren Spätreaktion 6 Gleiche Entzündungsprozesse der Schleimhaut Einwanderung von Eosinophilen Allergische Rhinitis Asthma Nasenschleimhaut Bronchialschleimhaut Eos = Eosinophile; Neut = Neutrophile; MC = Mastzellen; Ly = Lymphozyten; MP = Makrophagen 7 Korrelierende Symptome der Früh- und Spätreaktion Obere Atemwege Nasaler Symptomenscore Allergische Rhinitis Schnupfen, Nasenjucken, -verstopfung, Rhinorrhoe Untere Atemwege Asthma FEV1** Änderung in % Spätreaktion Frühreaktion Allergenprovokation 1 3–4 8–12 24 Zeit nach Provokation (h) 100 50 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 24 Zeit (h) ** FEV1: Forciertes exspiratorisches Volumen in 1 Sekunde 8 Allergische Rhinitis und bronchiale Hyperreagibilität Erhöhte bronchiale Hyperreagibilität¹ bei AR während der Pollensaison 60 p<0,02 (n=27) 50 % der Patienten 48 40 30 20 10 11 0 Außerhalb der Pollensaison während der Pollensaison ¹PD20 <1 mg nach Carbachol-Provokation (PD=Provokationsdosis) Untersuchung der bronchialen Hyperreagibilität bei Patienten (mittleres Alter 20 Jahre) mit Heuschnupfen. Provokationen erfolgten im Herbst und ca. 6 Monate später 9 Asthmapatienten mit AR: Erhöhter Bedarf an Notfallspray Notfallspray = kurzwirksame ß2-Agonisten ABAs) Verordnungen pro Patient und Jahr 3,3 3,2 3,1 3,0 2,9 2,8 2,7 2,6 2,5 2,4 p<0,0001 3,2 2,7 0 Patienten mit Asthma n=22 692 Patienten mit Asthma + allergischer Rhinitis n=4 611 Inanspruchnahme medizin. Dienste durch Erwachsene im Alter von 16 bis 55 Jahren mit Asthma und AR in einer allgemeinärztlichen Praxis in Großbritannien (Retrospektive Kohortenstudie (Price D et al. Clin Exp Allergy 2005) 10 Asthmapatienten mit AR: Verdopplung der Notfallaufnahmen 4,0 p=0,029 3,5 3,6 3,0 2,5 Patienten (in %) 2,0 1,5 1,7 1,0 0,5 0 Patienten mit Asthma n=597 Patienten mit Asthma und allergischer Rhinitis n=893 Notfallaufnahmen bei Asthmapatienten mit und ohne begleitender allergischer Rhinitis über 52 Wochen 11 Ein Atemweg, eine Erkrankung Empfehlungen der internationalen ARIA*-Leitlinie *ARIA = Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma 12 Auszug aus der internationalen ARIA*-Leitlinie Allergische Rhinitis ist eine bedeutende Atemwegserkrankung - häufig - beeinfluß die Lebensqualität der Patienten die Leistungsfähigkeit im Beruf und Alltag - aufgrund ihrer sozioökonomischen Folgen - enge Verbindung mit Asthma - und Begleiterkrankungen wie z. B. Konjunktivitis, Sinusitis… Allergische Rhinitis ist Risikofaktor für das Entstehen eines Asthma bronchiale *ARIA = Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma 13 ARIA*-Leitlinie: Empfehlungen zur Diagnostik • Bei persistierender allergischer Rhinitis wird eine Asthma Abklärung empfohlen: • Anamnese, klinische Untersuchung, Lungenfunktion • Bei Asthma nach Symptomen einer Rhinitis fragen, eine klinische Untersuchung der Nase durchführen *ARIA = Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma 14 Wer behandelt das Asthma? Pneumologen 13% Internisten 17% Marktforschungsdaten 2004 Pädiater 9% Sonstige 1% Allgemeinärzte 60% 15 Basisuntersuchungen bei Verdacht auf Asthma 1. Anamnese mit Schwerpunkt Dyspnoe 2. Klinische Untersuchung 3. Spirometrie (eventuell mit Bronchospasmolysetest) 4. Serielle Lungenfunktionsmessung (z.B. PEF) 5. Allergieanamnse und -diagnostik zur Ursachenklärung (Haut-, Provokations- und eventuell in vitro Tests) 16 Weiterführende Untersuchungen 5. Bodyplethysmographie mit Bronchospasmolysetest oder bronchialer Provokation zur Prüfung der Hyperreagibilität (z. B. Carbachol, Acetylcholin, Metacholin, Histamin) 6. Blutgasanalyse 7. Spiroergometrie 8. Diffusionskapazitätsmessung 9. Evtl. weiterführende Maßnahmen wie Röntgen, CT, Bronchoskopie, etc. 17 Grundlagen der Allergiediagnostik • Anamnese • Hauttests – Pricktest – Intrakutantests • Labortests (In-vitro-Diagnostik) • Provokationstests 18 Drei Fragen zur Diagnostik der allergischen Rhinitis 1) Leiden Sie unabhängig von einer Erkältung unter Niesreiz, wässrigem Nasensekret, Post Nasal Drip, Nasenverstopfung? 2) Leiden Sie häufig oder dauernd unter Kopfschmerzen, Gesichtsschmerzen, verfärbtem Nasensekret? 3) Leiden Sie dauernd unter Geschmacks- und Geruchsverlust, Nasenverstopfung ? 19 Indikationen für den RAST-Test in der Praxis • Hauttestung nicht durchführbar (Ekzem etc.) • Vor dem Hauttest mit stark sensibilisierenden Allergenen wie Penizillin, Insektengiften ) • Unterbrechung antiallergischer Therapie (Kortikosteroide, Antihistaminika) ungünstig • Diskrepanz zwischen Anamnese, Haut- und Provokationstest • Erfolgskontrollen der Hyposensibilisierung 20 Indikationen für den nasalen Provokationstest • • • • • • Unklarer Prick- und / oder RAST-Test Diskrepanz zwischen Anamnese, Hauttest und RAST Gutachterliche Fragestellung (s. Berufsstoffe) Geplante Hyposensibilisierung Überprüfung der Wirksamkeit einer Hyposensibilisierung Therapiekontrolle während / nach Immuntherapie 21 Ein Atemweg, eine Erkrankung Leukotriene - wesentliche Entzündungsmediatoren bei Asthma und allergischer Rhinitis 22 Leukotriene: Entzündungsmediatoren bei Asthma Gesteigerte Sekretbildung Verminderter Sekrettransport Kationische Proteine (Epithelzellschädigung) Bronchialepithel Freisetzung von Tachykininen Sensorische C-Fasern Blutgefäße Leukotriene Glatte Musklatur Ödem Entzündungszellen (z.B. Mastzellen, Eosinophile) Kontraktion und Proliferation Leukotriene: Wichtige Mediatoren der nasalen Obstruktion 150 125 NAR¹Veränderung (%) * * 100 Provokation (n=7) Stunden 1/2 1 3 5 7 9 11 LTD4 war ca. 5000 mal wirksamer als Histamin bei Auslösung nasaler Symptome ¹NAR = Nasaler Atemwegswiderstand *p<0,05 vs. Ausgangswert Studie zur klinischen Bedeutung von LTD4 im Vergleich zu einem Antigen und Histamin bei erwachsenen Patienten (Durchschnittsalter 25,0-26,4 Jahre in allen Gruppen). Die nasale Provokation erfolgte durch seriell gesteigerte Dosen von LTD4, Histamin oder einem Antigen 24 Leukotrien-Freisetzung bei allergischen Rhinitis Allergische Frühreaktion (innerhalb Minuten) Allergische Spätreaktion (innerhalb 4 Stunden) Vorherrschende Mediatoren Leukotriene Histamin Leukotriene Cytokine Häufigste Allergiesymptome Niesen Nasenjucken Rhinorrhö Verstopfte Nase Anhaltend verstopfte Nase 25 Leukotrienkonzentration bei zunehmender Provokation p=0,01** 600 500 Leukotrienkonzentration (pg/0,1mll) p=0,02** 400 300 200 p=0,004** p=0,03* 100 (n=17) 0 Ausgangs Laktose als 10 -wert “Provokations- Pollen lösung” 100 Pollen 1000 Pollen 5000 Pollen Provokation mit Beifußpollen Creticos PS et al. N Engl J Med 1984;31:1626-1630 26 Leukotrienkonzentration bei zunehmender Symptomatik Symptomatik (n=16 beifußallergische Kinder) LTC4 Konzentration (n=16) p<0,05 12 12 10 10 Mittlere 8 LTC4 -Konzentration (ng/ml) Mittlerer 8 SymptomenScore p<0,001 6 5,52 0,7 4 2 1,87 0,43 0 vor 6 4,45 1,04 10,6 1,5 7,8 2,1 6,8 1,6 4 2 während nach Beifuß-Saison Volovitz B et al. J Allergy Clin Immunol 1988;82:414-418 0 vor während nach Beifuß-Saison 27 Ein Atemweg, eine Erkrankung, ein Therapieansatz Montelukast 10 mg bei Asthmapatienten mit saisonaler allergischer Rhinitis 28 Effekt auf die Rhinitissymptome bei Asthmatikern Studiendesign Phase I Einfachblinde Einschlußphase Phase II Doppelblinde Behandlungsphase Montelukast 10 mg/tgl. (n=415) Plazebo Plazebo/tgl. (n=416) 3 bis 5 Tage 0 2 Wochen Asthmapatienten mit saisonaler allergischer Rhinitis Multizentrische Studie zum Effekt von Montelukast 10 mg auf die Symptome der allergischen Rhinitis bei Asthmapatienten im Alter von 15 bis 85 Jahren mit saisonaler allergischer Rhinitis. In beiden Gruppen wurden kurzwirksame Beta2Agonisten bei Bedarf eingesetzt Philip G et al. Curr Med Res Opin 2004;20(10):1549–1558: 1549–1558: 29 Effekt auf die Rhinitissymptome bei Asthmatikern 0 Rhinitissymptome Rhinitissymptome gesamt/24h tagsüber Nächtliche Symptome –0,1 Mittlere Veränderung* –0,2 zum Ausgangs–0,3 wert –0,4 –11,8% –11% –18,2% –10,5% –18% p0,001 –18,7% p0,001 p0,001 –0,5 Plazebo/tgl. (n=416) Montelukast 10 mg/tgl. (n=415) Asthmapatienten mit saisonaler allergischer Rhinitis *Score gemessen auf einer 4-Punkte-Skala (von 0-3) Philip G et al Curr Med Res Opin 2004;20(10):1549–1558. 30 Effekt auf Asthmasymptome bei Rhinitispatienten Allgemeine Einschätzung der Asthmaerkrankung* Plazebo (n=416) Montelukast 10 mg/tgl. (n=415) 2,8 Behandlungs- 2,6 score (Mittelwert) 2,4 p<0,01 p<0,05 2,52 2,52 2,34 2,28 2,2 0 Patienteneinschätzung Arzteinschätzung Montelukast reduzierte den Verbrauch von Beta2-Agonisten signifikant (p0.005 vs. Plazebo) Asthmapatienten mit saisonaler allergischer Rhinitis Philip G et al Curr Med Res Opin 2004;20(10):1549–1558. *bewertet auf einer 6-Punkte-Skala 31 Effekt von Montelukast 10 mg auf die Asthmakontrolle Studiendesign COMPACT: Behandlungsphase (12 Wochen) Doppelblind Einschlußphase Einfachblind Montelukast 10 mg (1xtgl.) + Budesonid 800 µg (2 x 400 µg tgl.) Budesonid 800 µg/tgl (2 x 400 µg/tgl) Plazebo (1 x 1) 0 1 Budesonid 1600 µg (2 x 800 µg tgl.) + Montelukast Plazebo (1xtgl.) 4 16 Wochen Price DB et al. Thorax 2003; 58: 211-16 32 Effekt auf den morgendl. Peakflow der Gesamtpopulation ( l/min, adjustierter Mittelwert) Morgendlicher PEF* [l/min] Änderung gegenüber Ausgangswert 50,0 40,0 30,0 p=0,36 20,0 10,0 Budesonid 800 µg/tgl + Montelukast 10 mg/tgl (n=448) Budesonid 1600 µg/tgl + Plazebo 1xtgl (n=441) 0,0 0 4 8 Wochen 12 *PEF: Expiratorischer Peakflow Price DB et al. 33 Effekt auf den morgendl. Peakflow: Patienten mit A+AR Morgendlicher PEF** [l/min] Änderung gegenüber Ausgangswert (l/min, adjustierter Mittelwert) 70,0 60,0 50,0 40,0 p<0,02 30,0 20,0 10,0 0,0 0 -10,0 -20,0 4 8 Budesonid 800 µg/tgl + Montelukast 10mg/tgl (n=33) 12 Wochen Budesonid 1600 µg/tgl + Plazebo (n=23) Asthmapatienten mit saisonaler allergischer Rhinitis Price DB et al. 34 Ein Atemweg, ein Therapieansatz Schlussfolgerung zu Montelukast 10 mg • In der Subgruppe der Asthmapatienten mit begleitender saisonaler allergischer Rhinitis führte die zusätzliche Gabe von Montelukast 10 mg zu Budesonid zu einer signifikant stärkeren Verbesserung der morgendlichen Peak-flow-Werte als die Verdoppelung der BudesonidDosis. Price DB et al. 35 Schlussfolgerungen zum Ein-Atemweg-Konzept • Allergische Rhinitis und Asthma haben viel gemeinsam: • Die allergische Rhinitis erhöht die Morbidität und den therapeutischen Aufwand bei Asthmapatienten. • Bei Vorliegen von Asthma und AR empfiehlt ARIA einen kombinierten Therapieansatz der oberen und unteren Atemwege. • Leukotriene sind wesentlliche Entzündungsmediatoren bei Asthma und bei allergischer Rhinitis. • Bei Asthmapatienten mit allergischer Rhinitis verbesserte der Leukotrien-Antagonist Montelukast 10 mg sowohl die Asthmaals auch die Symptome der allergischen Rhinitis signifikant. 36