Lernen Erwachsener Hauptseminar Einführung in die Erwachsenenbildung Prof. Dr. Heiner Barz SS 2003 Referenten: Thorsten Ingenrieth, Wiebke Westhoff „Jetzt ist es wissenschaftlich bewiesen: Die Lernfähigkeit nimmt ab dem 15. Lebensjahr rapide ab - spätestens mit 40 ist neues Lernen nicht mehr möglich.“ GdW 19. Ergänzungslieferung Nov. 1995 Themenübersicht 1. Vorurteile gegenüber dem Lernen Erwachsener 2. Heutiger Stand der Wissenschaft 3. Beeinflussende Faktoren 4. Was können Erwachsene lernen? 1. Vorurteile gegenüber dem Lernen Erwachsener Lernfähigkeit nimmt im Erwachsenenalter unaufhaltsam ab Für Erwachsene gibt es keine lohnenswerten Gründe zum Lernen Beruf und Familie sind mit Lernen nur schlecht vereinbar Lernen ist unangenehm und freudlos Ursachen der Vorurteile Schlechte Erfahrungen aus der Schulzeit Negative Selbsteinschätzung Bequemlichkeit Ältere (falsche) Untersuchungsergebnisse Kognitiver Lernbegriff Abbau der Vorurteile Notwendig, da Lernen in kulturellen, wirtschaftlichen und technologischen Bereichen gefordert “life-long learning“ Neuer Lernbegriff: „Wir lernen, wenn wir in der aktiven Auseinandersetzung mit der sozialen oder gegenständlichen Umwelt Erfahrungen sammeln und daraufhin Verhalten oder Einstellungen verändern bzw. neu erwerben.“ Reimann-Rothmeier & Mandl, 1993 2. Heutige Erkenntnisse I Alter hat weniger Einfluss als angenommen, dafür aber sind soziale, kulturelle und lebensgeschichtliche Aspekte wichtig Lernfähigkeit ist abhängig von Selbstvertrauen und Anspruchsniveau Individuelle Unterschiede nehmen mit dem Alter zu Alterskrankheiten beinträchtigen die Lernfähigkeit Heutige Erkenntnisse II Kompensationsthese: Funktionsabbau kann durch Optimierung anderer Leistungen ausgeglichen werden Motivation beeinflusst stark die Lernleistung im Erwachsenenalter Lernwiderstand = mangelnde Lernfähigkeit? Erwachsene kennen nicht ausreichend viele Lerntechniken Selbstbild psychischer Zustand Gesundheit biologisches Alter Lerntechniken Schulbildung Bezugspersonen LernBeruf Hobbies umgebung Ausgangsbegabung Übung Lernfähigkeit Interessen Verwendungssituationen Zukunftspläne Milieu gesellschaftl. Werte Massenmedien Demokratie Quelle: Horst Siebert: Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung 2. Auflage Neuwied: Luchterhand 1997 3. Beeinflussende Faktoren a) Lerntyp b) Geschlecht c) Motivation - Interesse d) Biographie e) Lernumfeld a) Lerntypen Wichtigste Erkenntnis: Jeder Mensch lernt anders!!! Verschiedene Möglichkeiten der Einteilung in Lerntypen, zum Beispiel: 1. 3er Gliederung (Hören-Sehen-Machen) 2. Komplexere psychologische Einteilung 3. Differenzierend / Vereinfachend 3er Gliederung Einfachste Einteilung, da nach Sinnesorganen Lerntypen sind: auditiver Lerntyp visueller Lerntyp taktil - motorischer Lerntyp Learning-Channel-Preference Checklist Lest die folgenden Sätze gründlich durch und tragt spontan eine der Ziffern von 1 bis 5 in die nebenstehenden Kästchen ein. 5 = fast immer 4 = oft 3 = manchmal 2 = selten 1 = fast nie Auswertung: Tragt die jeweilige Punktzahl hinter der Aufgabennummer ein und addiert sie. Faustregel Auf Grund der verschiedenen Lerntypen sollten bei Vermittlungsprozessen möglichst alle menschlichen Sinne angesprochen werden. Der Mensch behält durch Hören 20% Sehen 30% Sehen und Hören 50% Sehen, Hören und eigenem Erarbeiten 90% Komplexere psychologische Einteilung Lernstiltest von David Kolb Bewertung von Adjektiven Auswertung in zwei Schritten Unterteilung in: Erfahrungslernen Beobachtungslernen analytisch - begriffliches Lernen experimentierendes Lernen 1. Spalte 2. Spalte 3. Spalte 4. Spalte 1. Zeile unterscheidend ausprobierend beteiligt/engagiert praktisch 2. Zeile aufnehmend bedeutsam analytisch unparteiisch 3. Zeile fühlend beobachtend denkend handelnd 4. Zeile zustimmend risikofreudig überprüfend bewusst 5. Zeile einfühlend produktiv logisch in Frage stellend 6. Zeile abstrakt betrachtend konkret aktiv 7. Zeile gegenwartsbezogen nachdenkend zukunftsbezogen pragmatisch 8. Zeile Erfahrung Beobachtung Entwurf / Plan Experiment 9. Zeile intensiv zurückhaltend rational verantwortlich b) Geschlecht Lernen ist auch geschlechtsspezifisch Männer lernen so: Frauen lernen so: Dies ist wissenschaftlich aber sehr schwer zu belegen, da natürlich auch vieles für Lernen als rein individuellen Prozess spricht. So lernen Frauen: Intensiver Ordentlicher Zeiteffizienter Geduldiger Abwägender Perfektionistischer Kommunikativer Komplexere Sachverhalte Eher geistes- / sozialwissenschaftliche Stoffe Sprachbegabter So lernen Männer: Zielstrebiger Selbstbewusster Chaotischer Learning by doing Weniger differenziert Selektiver Eher Fakten Eher naturwissenschaftl. Stoffe 4. Was können Erwachsene lernen? In der Theorie können Erwachsene alles lernen, wenn sie nur wollen. Lernwiderstand mangelnde Lernfähigkeit häufig Selbstschutz Wichtig: Praxisbezug Eigeninitiative autonomer Lernprozess Kurz: Ohne Motivation geht gar nichts !!! Fazit: „Erwachsene sind lernfähig, aber unbelehrbar.“ Siebert: Handeln in der Erwachsenenbildung 2. Auflage Neuwied: Luchterhand Literatur Reimann-Rothmeier, Gabi / Mandl, Heinz: Lernen als Erwachsener Artikel 6.10.10 in Grundlagen der Weiterbildung Praxishilfen 19. Ergänzungslieferung von November 1995 Nuissl, Ekkehard: Einführung in die Weiterbildung Neuwied: Luchterhand 2000 Siebert, Horst: Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung: Didaktik aus konstruktuvistischer Sicht 2. Auflage Neuwied: Luchterhand 1997