Intelligenz, Wissen und Problemlösen Konzeptioneller Rahmen der Fehleranalyse und Entwicklungsdiagnostik Kognitive Entwicklung und Fehleranalyse • Die Fehleranalyse lässt sich auf ein begriffliches und theoretisches Grundgerüst verallgemeinern, das über ein bestimmtes Anwendungsgebiet (z.B. Rechtschreibung) hinausgeht • Tatsächlich ist sie – historisch gesehen – auch wesentlich älter als diese speziellen Anwendungen • Sie stammt aus frühen Analysen der kognitiven Entwicklung, die ihrerseits in einen breiteren theoretischen Rahmen eingebettet ist Kognitive Entwicklung • Die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten ist eng verknüpft mit der Entwicklung der Form, in der das Erlernte im Gedächtnis abgespeichert werden kann (intern repräsentiert ist) • Demgegenüber bezieht sich das Konstrukt der „Intelligenz“ stärker auf die Qualität und die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitungsprozesse Intelligenz • Allgemein: „Intelligenz ist nichts anderes als ein Name für die Gemeinsamkeiten von Verhaltensweisen, die man intuitiv mit den sog. "geistigen Leistungen" in Verbindung bringt“ • Speziell: „Intelligenz ist das, was ein Intelligenztest misst“ Fluide und kristalline Intelligenz • • Dieses Modell wurde von Cattel entwickelt und liegt der Konstruktion des CFT zugrunde Auf der Basis der Untersuchung einer Vielzahl bereits vorhandener Intelligenztests entwickelt er zwei Hauptdimensionen der Intelligenz: 1. General Fluid Ability Faktor oder fluid intelligence 2. General Crystallized Ability Faktor oder "crystallized intelligence" General Fluid Ability Faktor oder "fluid intelligence" • Ist eine eher allgemeine, weitgehend angeborene Leistungsfähigkeit. Sie spiegelt die Fähigkeit wider, sich neuen Problemen und Situationen anzupassen, ohne dass es dazu umfangreicher früherer Lernerfahrungen bedarf. Fluidität zeigt sich in Verhaltensweisen wie "schnelles Schalten", "sofort Im- Bilde-Sein", "instinktiv" in einer neuen Situation das Richtige tun, ohne Zögern das Unwichtige vom Wichtigen trennen, viele Zusammenhänge zwischen Informationen "auf einen Schlag‚ erfassen" und ordnen. Diese Fähigkeiten und Verhaltensweisen lassen sich relativ kulturfrei ("culture fair" oder "culture reduced") erfassen. General Crystallized Ability Faktor oder crystallized intelligence • Sie vereinigt jene kognitiven Fähigkeiten, in denen sich angehäuftes Wissen aus bisherigen Lernprozessen kristallisiert und verfestigt hat. Diese Intelligenz ist gewissermaßen das Endprodukt dessen, was flüssige Intelligenz und Bildung und Ausbildung gemeinsam hervorgebracht haben. Dieser Faktor beinhaltet in hohem Maße kulturspezifische Elemente Intelligenz • Intelligenz im Sinne eines kultur-/wissensfreien Intelligenztests ist eine kognitive Ressource, welche die Geschwindigkeit und Qualität von Informationsverarbeitungsprozessen beeinflusst • Ihre basalen Komponenten sind vermutlich: • • • • • Reizverarbeitung (z.B. Differenzierung) Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit Kurzzeitgedächtnis Verfügbarkeit elementarer Vergleichsprozesse und Heuristiken Neurobiologische Ansätze werden hier neue Methoden zur Messung der Basisintelligenzfaktoren hervorbringen Vererbung und Intelligenz • Zwillings- und Adoptionsstudien zeigen, dass in Regionen mit relativ homogenen und allen zugänglichen Lernbedingungen ca. 50% der Intelligenzunterschiede genetisch determiniert sind. • Vererbt wird nicht ein präziser IQ-Wert, sondern ein Entwicklungsrahmen, innerhalb derer sich Intelligenz ausprägen kann (Spannweite noch nicht messbar) • Es gibt einen Alterseffekt: Der Anteil der genetischen Varianz ist bei Gruppen von älteren Menschen höher als bei Gruppen von jüngeren Menschen. • Der Anteil der genetischen Varianz ist bei der verbalen Intelligenz nicht geringer als bei der nicht verbalen Intelligenz. • Die Umwelt hat einen beachtlichen Einfluss auf die Intelligenentwicklung Intelligenz und Schulleistungen • Für die Bewältigung schulischer (kognitiver) Problemstellungen (z.B. Rechnenlernen) sind sowohl fluide als auch kristalline Intelligenzanteile eine unverzichtbare Ressource • Weitere Ressourcen sind: – Konzentration – Emotionsregulation, Motivation, Selbstkonzept, Selbstregulation – Bildungskapital des Elternhauses, Bildungsziele, strategien • Schulleistung ist also nicht gleich Intelligenz • Intelligenz ist eine Ressource, Schulleistung ist das Endprodukt IQ und Schulleistungen • IQ und Schulleistungen korrelieren im Schnitt zu r=.50 – => 75% der Varianz der Schulleistungen können nicht über den IQ erklärt werden (IQ ist aber der Faktor mit dem größten Einzeleinfluss) • IQ und Ausbildungserfolg korrelieren zu ca. r=.39 – => nur 15% der Varianz des Schulerfolgs werden über IQ erklärt • Sprachliche (kristalline) Intelligenzunterschiede stabilisieren sich (im Regelfall) bald nach Schuleintritt, nicht-sprachliche (fluide) Intelligenzunterschiede hingegen erst am Ende der Grundschulzeit • D.h., ohne institutionalisierte Lernangebote können Kinder ihr Potential nicht optimal entwickeln Einkommen 100,00 90,00 80,00 70,00 60,00 50,00 40,00 30,00 20,00 10,00 0,00 low SES middle SES high SES low middle high Intelligence Zusammenhänge zwischen sozioökonomischem Status (Durchschnittseinkommen) und Intelligenz: Kein direkter Zusammenhang; moderiert Unterschiede zwischen SES Intelligenz / Entwicklungstests Zur Abklärung der Frage, inwieweit im Bereich der kognitiven Basisfähigkeiten Stärken oder Schwächen vorliegen • Lernbehinderungsbereich: IQ <= 1 SD (meist 80-85) & Schulleistungen unter Altersnormalbereich => Überforderung • LR-Schwäche / Probleme in Mathematik: IQ im Normalbereich oder überdurchschnittlich & Fachleistungen unter Altersnormalbereich – Bei Problemen mit der deutschen Sprache: Sprachfreie Testverfahren – Test nicht interpretierbar, wenn: • Testinstruktionen nicht verstanden werden • Test nicht sorgfältig und motiviert bearbeitet wird Intelligenztests • AID 2, HAWIK-IV, K-ABC • Sprachfrei: – CFT, (SPM, Standard Progressive Matrices: alte Normen) – Sprachfreie Subtests des AID 2, K-ABC » AID 2 Adaptives Intelligenz Diagnosticum • Faktorenanalytisch fundierte Intelligenztheorie • Informationsverarbeitung in der gesellschaftlichen Umwelt • Informationsverarbeitung neuer Inhalte • Auffassungskapazität • Reproduktionsfähigkeit durch Strukturierung Die Skalen des AID • • • • • • Verbal-akustische Fähigkeiten 1. Alltagswissen 3. Angewandtes Rechnen 5. Unmittelbares Reproduzieren numerisch 6. Synonyme Finden 9. Funktion abstrahieren 11. Soziales Erfassen & Sachliches Reflektieren • • • • • Manuell-visuelle Fähigkeiten 2. Realitätssicherheit 4. Soziale & sachliche Folgerichtigkeit 7. Kodieren & Assoziieren 8. Antizipieren, Kombinieren 10. Analysieren & Synthetisieren Verbal-akustische Fähigkeiten 1. Alltagswissen • Fähigkeit, sich Sachkenntnisse über Inhalte anzueignen, die in der heutigen Gesellschaft alltäglich sind • mündlich gestellte und mündlich zu beantwortende Wissensfragen 3. Angewandtes Rechnen • Anwendung passender Rechenoperationen zur Lösung alltäglicher Probleme • Textaufgaben lösen; leichte nur vorlesen, schwierige dürfen mitgelesen werden 5. Unmittelbares Reproduzieren numerisch • verbal-akustischer Aspekt der Konzentrationsfähigkeit, Kapazität serieller Informationsverarbeitung • • Wiederholen vorgesagter Zahlenreihen´- Vorwärts und rückwärts 6. Synonyme Finden • Bedeutung sprachgebundener Begriffe erfassen und Alternativen finden; prüft den passiven Wortschatz 9. Funktionen abstrahieren • durch Abstraktion zu einer Begriffsbildung gelangen 11. Soziales Erfassen & sachliches Reflektieren • Sachzusammenhänge der „gesellschaftlichen“ Umwelt begreifen bzw. über sozial angepasste Verhaltensweisen und gesellschaftliche Bedingungen Bescheid wissen Manuell-visuelle Fähigkeiten 2. Realitätssicherheit • Inwieweit die Wirklichkeit über Dinge des Alltags verstanden wird bzw. kontrolliert werden kann • Gegenstände mit fehlenden Details, die entdeckt werden müssen 4. Soziale und Sachliche Folgerichtigkeit • Fähigkeit, die Abfolge sozialen Geschehens bzw. alltäglichen Sachgegebenheiten zu verstehen und zu kontrollieren • Bilderfolgen ordnen 7. Kodieren & Assoziieren • Schnelligkeit der symbolischen Informationsverarbeitung im manuell-visuellen Bereich • Lernfähigkeit: in Problemsituationen selbständig Lösungsstrategien oder Fertigkeiten entwickeln • Symbole nach einer Vorlage kodieren, 2min Bearbeitungszeit, dann freies Reproduzieren 8. Antizipieren & Kombinieren • Schlussfolgerndes Denken: Teile eines Ganzen erkennen und dieses Ganze zu gestalten • • Teile einer Figur richtig zusammen setzen 10. Analysieren & Synthetisieren • durch Strukturierung komplexe Gestalten reproduzieren. • Geometrische Muster mit Würfeln nachlegen, Zeitvorgabe Testformen und Durchführungsdauer • Standardmäßig: 75 min • Kurzformen: – alle Untertests, davon 5 in Kurzform – nur 6 Untertests AID 2 Adaptives Testen • Items sind an das Fähigkeitsniveau des jeweiligen Kindes angepasst => „branched Testing“ – (außer Untertest 5 und 7: dort konventionelle Testung) • In Abhängigkeit von individueller Testleistung (niedrig oder hoch) in Ausgangsaufgabe wird die folgende Aufgabe ausgewählt – Kürzerer Test oder – Höhere Messgenauigkeit Alterstufe gibt Startgruppe vor (3 – 6) 0 oder 1; 2 oder 3; 4 oder 5 Aufgaben richtig gelöst Verzweigung zu entsprechend einfacherer, gleichschwieriger oder anspruchsvollerer Aufgabengruppe Intelligenzmaße des AID 2 • Globales Maß der kognitiven Fähigkeiten des Probanden = (untere Grenze der) „Intelligenzquantität“ • Minimaler T-Wert im Gesamttest=> intellektuelle Mindestfähigkeit der Tp • – Verbal-akustisch • – Manuell-visuell Intelligenzmaße des AID 2 • Streuungsmaß: Range der Intelligenz: • Maximale Differenz der Testwerte in den 13 Testkennwerten (der Untertests) (größterkleinster Wert) • Maß der Homogenität /Differenzierung des mit dem AID erfassten Fähigkeitsspektrums • Schätzung, in welchem Maße die Mindestfähigkeit überschritten wird Kognitive Entwicklung und Intelligenz • Man könnte sagen, die kognitive Entwicklung bezieht sich auf das Niveau und die Struktur, auf dem, bzw. in dem Wissen abgespeichert werden kann • (Fluide) Intelligenz bezieht sich hingegen auf die Geschwindigkeit und den Umfang, in dem Wissen angewendet und verändert werden kann • Auf der Produktionsseite der Denkleistungen (dem Output) wirken beide Aspekte – Wissen und fluide Intelligenz zusammen. • Wenn Wissen ungünstig im Gedächtnis gespeichert ist, kann leicht darauf zugegriffen werden • Wenn Problemlösestrategien leicht zugänglich sind, können sie effektiv angewandt werden Wissen • Man unterscheidet u.a. grundsätzlich zwei Formen von Wissen – Deklaratives Wissen • Fakten, Zusammenhänge, etc. • (Wissen, „was“) – Prozedurales Wissen • Handlungswissen, Problemlösestrategien, etc. • (Wissen, „wie“) Formen interner Repräsentation • Die „Grundbausteine“ interner Repräsentationen sind Konzepte, d.h., Begriffe auf mehr oder weniger hohem Abstraktionsniveau – z.B. „Schiff“, „MS Bremen“, „Natürliche Zahlen“, „1“, „2“, „7“, „Buchstaben“, „korrekt geschriebene Worte“ Schiffe Oberbegriff Ordnungsrelation MS Bremen Queen Elizabeth Unterbegriff Kategoriale Konzepte • Das vorige Beispiel kennzeichnet kategoriale Konzepte, die nach dem Prinzip der Klassenzugehörigkeit verknüpft sind und eine Konzept, bzw. Wissensstruktur bilden • Zu einem solchen Konzept gehören bestimmende, bzw. akzentuierende Merkmale, die es von anderen Konzepten abgrenzen • [SCHIFF] -> - schwimmt - ist leblos (=> kein [Schwimmtier] • Natürliche Objekte und Gegebenheiten lassen sich nicht immer eindeutig einander zuordnen • Die Ordnungsrelationen sind dann unscharf, „fuzzy“, mit fließenden Übergängen („fuzzy concepts“) • Viele Konzeptstrukturen sind daher an „beste Beispiele“ geknüpft, sog. Prototypen • Kinder lernen Konzepte zunächst auf der Grundlage solcher Prototypen • Bei abstrakten Begriffen finden prototypische Repräsentationen schnell ihre Grenzen • Bsp.: Gerechtigkeit • Ein Prototyp kann hier ein situatives, selbst erlebtes oder konstruiertes Beispiel einer Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit sein • Doch man muss lernen, dass die charakteristischen Merkmale dieser Situation nicht auch notwendigerweise relevante Merkmale von „Gerechtigkeit“ sind • Konzepte können untereinander nicht nur durch Ordnungsrelationen verknüpft sein, sondern auch durch andere Formen der Verknüpfung. Man spricht dabei allgemein von „Propositionen“ • Konzepte können darüber hinaus in verschiedenen Modi repräsentiert sein Schema • Deklaratives und Wissen ist im Gedächtnis daher in sehr komplexer Form gespeichert • Man spricht hier von einem „Schema“ (Plural. Schemata) • Ein Schema ist eine geordnete Wissensstruktur, die bedeutsame Merkmale in abstrakter Form enthält • Es besteht aus Konzepten (u.a. Prototypen) und ihren propositionalen Verknüpfungen • Schemata spielen beim Verstehen und Verarbeiten von Informationen eine Schlüsselrolle • Jede neue Erfahrung wird auf ihrer Grundlage bearbeitet und beurteilt • Bsp.: – „Als Lisa mit ihrem Ballon von dem Geschäft zurückkehrte, fiel sie hin, und der Ballon schwebte davon“ • Aufgrund unserer deklarativen Schemata können wir u.a. folgendes aus diesem Satz ableiten: – Lisa ist wahrscheinlich ein Kind – Der Ballon ist mit einem leichten Gas gefüllt – Er ist an einem Band (o.ä.) befestigt und wird daran von ihr in der Hand gehalten – Als Lisa fiel, hat sie das Band losgelassen – Möglicherweise hat sie sich dabei verletzt – Möglicherweise hat sie den Ballon im Geschäft erhalten Skripte • Es gibt nicht nur Schemata für Objekte, sondern auch für Situationen, Handlungsabläufe, Ereignisse und Prozesse • Nicht nur für menschliche Aktivitäten, sondern auch für natürliche Vorgänge • Man spricht hier auch von „intuitivem“ oder „naivem“ Wissen (im Unterschied zum Schul- oder Expertenwissen) Ereignis-Schema Netzwerke • Die Gesamtheit des deklarativen Wissens besteht aus vielen, untereinander verbundenen Schemata • Man nennt diese Strukturen auch „Netzwerke“ Fehleranalyse • Die förderdiagnostische Aufgaben- oder Fehleranalyse versucht nichts anderes, als die von den Schülern zur Aufgabenbearbeitung verwendeten Schemata und/oder Problemlösestrategien zu identifizieren und mit pädagogischen Standardschemata zu vergleichen • Traditionell bezieht sich das auf Sprache und Mathematik, doch es ist prinzipiell für jedes Lerngebiet möglich • Lernen bedeutet, bereits vorhandene Schemata (deklarative und/oder prozedurale Schemata) zu verändern • Fördern bedeutet, Hilfen bei diesen Veränderungsprozessen zu geben, die sich am Stand des Schemas und des Entwicklungsniveaus orientiert, um möglichst leicht akzeptiert werden zu können Schemaveränderung • Die Erweiterung eines bestehenden Schemas um eine neue Information nennt man die Assimilation dieser Information in das Schema • Die Anpassung eines Schemas an neue, mit dem Schema in Widerspruch stehende Informationen nennt man die Akkommodation eines Schemas • Schemata haben Vor- und Nachteile: – Sie gestatten es, auf der Basis weniger Informationen weitreichende Schlüsse zu ziehen, die oft sehr zuverlässig sind – Sie sind relativ veränderungsresistent. Wenn neue Informationen nicht zum Schema passen, werden sie eher ignoriert oder uminterpretiert, als dass das Schema geändert wird • Schemakongruenz / Schemainkongruenz • Das geschieht umso eher, je elaborierter das Schema ist Hoch elaborierter Bereich Niedrig elaborierter Bereich Je elaborierter ein Schemabereich ist (auf je mehr Erfahrungen er beruht, desto ähnlicher muss eine neue Erfahrung sein, um akzeptiert zu werden (Ähnlichkeit = Nähe in der Abbildung) • Damit eine neue Information trotz Schemainkongruenz akzeptiert wird, muss sie in einer subjektiv bedeutsamen Weise „erfolgreicher“ sein als das vorhandene Schema • Dennoch darf der Veränderungsaufwand nicht zu groß sein – Sprunghafte Schemaänderungen, „Einsichten“ sind möglich, lassen sich aber nicht systematisch erzwingen • Falls sprunghafte, einsichtgeleitete Schemaänderungen ausbleiben, muss das neue Schema aus dem alten abgeleitet werden können Piaget • Doch dieses Prinzip bezieht sich nicht nur auf die inhaltliche Struktur eines Schema, sondern auch auf sein Entwicklungsniveau • Eine wichtige Theorie, welche die altersabhängige Veränderung kognitiver Schemata darstellt, ist Piagets Theorie der geistigen Entwicklung • Piaget entwickelte seine Theorie auf der Basis von Beobachtungen und Interviews, die er mit Kindern führte, die bestimmte Aufgaben lösten • -> Theorie basiert auf Form der Fehleranalyse Piaget – Stadien (Stufen) der kognitiven Entwicklung • In Piagets Theorie entwickeln sich die internen Repräsentationen von Objekten und Gegebenheiten (Schemata), sowie die Fähigkeit, auf der Basis solcher Konzepte Schlüsse zu ziehen (sog. Operationen), in qualitativen Stufen (sog. Stadien) • Kognitive Probleme bei der Verarbeitung von neuen Erfahrungen/Aufgaben zwingen zur Veränderung der Schemata Neue Zahlen 60,70,997 Assimilation neuer Zahlen und Operationen ins Zahlenschema Neue Operationen Division, ... Neues Schema z.B. Dezimalzahlen 1, 1,1; 1,12; ... 5.4; ... Akkommodation des Zahlenschemas Operationen z.B. Addition Erlaubt,ermöglicht Schema z.B. Natürliche Zahlen 1,2,3 ... 5 ... 10 Manche Divisionen funktionieren nicht 6/4 = ? Stadien der geistigen Entwicklung nach Piaget • Die Entwicklungssprünge geschehen nach einem bestimmten System 1. 2. 3. 4. Sensumotorische Phase Voroperatorisches, anschauliches Denken Konkret-operatorisches Stadium Formal-operatorisches Stadium 1. Sensumotorisches Stadium • Angeborene Mechanismen – Reflexe, Greifreflex • Primäre Kreisreaktionen – eine erfolgreiche Handlung wird wiederholt & auf neue Objekte ausgeweitet -> Assimilation • Sekundäre Kreisreaktionen – Differenzierung von Mittel und Zweck (eine bestimmte Handlung führt zum immer gleichen Ergebnis • Koordination und Anwendung auf neue Situationen • Tertiäre Kreisreaktionen – Entdeckung neuer Schemata durch Experimentieren 2. Voroperatorisches Stadium • Unangemessene Generalisierungen, animistische Erklärungen, finalistische Erklärungen – Berge sind groß gewordene kleine Steine • Egozentrismus – „Andere denken genauso wie ich“ • Perspektivenübernahme • Zentrierung auf einen Aspekt des Problems – Versuch zur Mengeninvarianz Versuch zur Mengeninvarianz • Eine bestimmte Flüssigkeitsmenge wird in zwei breite, niedrige Gläser A und B geschüttet. • Frage: „Ist in beiden Gläsern gleich viel drin? • Eins der Gläser wird in ein schmales, höheres Glas C umgeschüttet • Frage: „Ist diesem Glas (C) soviel wie in diesem Glas (A)? • Manche Kinder werden sagen, es sei in C mehr, weil es höher ist. Andere Kinder werden sagen, es sei weniger drin, weil das Glas schmaler ist 3. Konkret-operatorisches Stadium • Invarianz von Mengen bezüglich der Anordnung -> Zahlbegriff • Ordnungsbildung mehrerer Objekte nach einer Dimension (z.B. Länge) ohne Paare zu bilden • Additive Komposition von Klassen; Klassenhierachie • Multiplikation von Klassen 4. Formal-operatorisches Stadium • Heranwachsende urteilen und folgern nicht nur auf der Basis der aktuell vorgegebenen Informationen. Sie beziehen weitere Informationen ein, die sie aktiv eruieren • Kombination mehrerer Dimensionen bei der Analyse von Situationen / Objekten / Prozessen Problemlösen • Neben dem deklarativen Wissen benötigt man zur Aufgabenbearbeitung auch das „Gewusst, wie“, d.h., prozedurales Wissen (sog. Aufgabenbearbeitungs- oder Problemlösestrategien) – Algorithmische Strategien – Heuristische Strategien Algorithmische Strategien • Ein Algorithmus ist eine regelhafte Problemlösestrategie, die eine Problemlösestrategie garantiert, wie die algorithmischen Regeln genau beachtet werden • Die Lösung ist garantiert, weil alle theoretisch möglichen Wege, die zum Ziel führen, berücksichtigt werden Heuristische Strategien • Betrachtet man, wie Menschen Aufgaben bearbeiten, so sieht man, dass sie nicht nur algorithmische aus dem Gedächtnis abrufen, sondern dass sie auch Handlungsschemata verwenden, wenn es sich um Aufgaben handelt, für die sie keinen Algorithmus parat haben oder für deren Bearbeitung ein Algorithmus zu lange dauern würde Beispiel: Anagramm • (1) BLO – Algorithmus: alle möglichen Buchstabenkombinationen werden überprüft • (2) EDRISHCLAM Heuristiken • Eine Heuristik stellt eine allgemeine Strategie zur Lösung eines Problems dar, bei der Faustregeln oder intelligente Abkürzungen verwendet werden • Eine Heuristik ist schneller als ein Algorithmus • Sie eignet sich für komplexe Probleme • Sie bietet aber keine Lösungsgarantie Heuristik für das zweite Anagramm • (2) EDRISHCLAM • Man zerlegt die Buchstabenfolge in Kombinationen, die im deutschen häufig vorkommen und kombiniert sie: – MA, AM, AR, SCH, LI, IE ... Lösung: Marschlied