Handlungskompetenzorientierung in der Berufsbildung

Werbung
Seminar:
Berufspraktischer Kontext
Handlungskompetenzorientierung
Emanuel Wüthrich
Tagesprogramm
13 15
Begrüssung und Vorstellen Tagesprogramm
13 25
Pendenzen: Fachmaturität, Passerelle, Lehrperson ABU an BFS
13 30
Vorwissen zu Konstruktivismus und Situiertem Lernen
13 45
Bildungspläne: KoRe und Triplex
14 15
Handlungskompetenzorientierung in der BB
15 00
Pause
15 30
Konsequenzen für die Lehrtätigkeit an der BM
16 00
Das AVIVA-Modell
16 20
Wettstein/Gonon
16 30
Kompetenzportfolio
16 45
Ende der Veranstaltung
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Pendenzen
Fachmaturität > HF
Lehrpersonen mit BM an ABU BFS > nicht so gedacht!
Passerelle BM – Uni: gibt‘s!
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
KoRe
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Triplex
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Handlungskompetenzorientierung in
der Berufsbildung
Emanuel A. Wüthrich, Projektverantwortlicher Berufsreformen, Dozent
[email protected]
Übersicht
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Vom trägen Wissen
Die konstruktivistische Auffassung des Lernens
Von der Instruktion zur Konstruktion
Was heisst situiertes Lernen?
KoRe
Handlungskompetenzorientierter Unterricht
Handlungskompetenzorientiert prüfen
Theoretische Grundlagen zum Kompetenzen-Ressourcen-Modell
Der Bildungsplan nach der Ko-Re-Methode
Die Aufgaben der drei Lernorte
Der Nutzen des Bildungsprogramms für die
Handlungskompetenzorientierung
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Handlungskompetenzorientierung in
KoRe und Triplex
Woran erkennt man die
Handlungskompetenzorientierung in KoRe und
Triplex Bildungsplänen?
Ausgangslage: Warum
Handlungskompetenzorientierung beim Lehren?
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Beobachtungen (Ausgangspunkte)
zu Lernen und Lerntransfer –
Träges Wissen
Bildung in der Schweiz (und fast allen andern Ländern) ist relativ ineffizient.
Erklärungsansätze:
• Transfer von Gelerntem auf neue Aufgaben/Situationen ist häufig ein
Problem. Wissen und Fertigkeiten werden nicht flexibel eingesetzt.
•
(In der Schule) vermitteltes Wissen stellt für Lernende ein Ziel in sich dar
anstatt ein Mittel zur Zielerreichung (zu wenig Anwendungserfahrung).
•
Lernende erwerben oft „blinde“, unverstandene Fertigkeiten (z.B.
Rechenprozeduren).
•
Information, die in Form von Fakten gespeichert ist, wird beim
Problemlösen nicht spontan aktiviert und genutzt.
Solches Wissen wird nicht als brauchbares Werkzeug verstanden und
genutzt. Es bleibt träge, d.h. mit dem Lernkontext verhaftet und ist nicht
flexibel übertragbar, obschon es verfügbar und relevant wäre.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Warum bleibt Wissen träge?
• Faktenwissen und „blinde“ Prozeduren können beim
Problemlösen nicht fruchtbar genutzt werden.
 Wissen muss verstanden und vernetzt werden!
• Im schulisch-theoretischen Unterricht „stellen sich“
Aufgaben anders als in der alltäglichen Praxis.
 Aufgabenstellungen müssen …
... problem- bzw. anwendungsorientiert
... authentisch (realistisch, interessant, herausfordernd)
... vielschichtig und komplex sein
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Warum bleibt Wissen träge?
•
Vermittlung von theoretisch-abstraktem Grundlagenwissen ist
nicht lernweggerecht (zuerst kommt die Erfahrung).
•
Sachlogisch-disziplinäre Systematisierung von Wissen entspricht
dem Experten, nicht dem Novizen.
• Lernen passiert nicht passiv-rezeptiv, sondern aktiv-konstruktiv.
 Lernende sollen ...
... Sachverhalte erkunden und vergleichen
... eigene Erklärungen, Theorien entwickeln
... aus Einzelfällen selbst Regeln bilden
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Warum bleibt Wissen träge?
• In der Praxis wird beim Lösen von Problemen auf Vorwissen
zurückgegriffen.
• Problemlösen in der Praxis ist meist eine Team- und keine
Einzelaufgabe, d.h. es gibt implizite und explizite Hinweise,
Anleitungen, Hilfen.
 Lernende sollten die Möglichkeit haben ...
... Vorwissen aus dem Alltag einzubringen
... im Team zu lernen
... von Hilfestellungen zu profitieren
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Konstruktivistische
Auffassung von Lernen
„In der gleichen Umgebung leben wir doch in unserer Welt“
(Arthur Schoppenhauer)
Alle Lernenden konstruieren sich eigene Repräsentationen der
Wirklichkeit.
Repräsentationen sind immer individuell-subjektiv und werden auf
Grund von Erfahrungen und Vorwissen an entsprechende Strukturen
angeknüpft.
Behaviorismus und Nürnberger Trichter sind damit überholt, denn vom
Senden kann nicht linear auf das Empfangen geschlossen werden.
Konstruktion löst Instruktion ab.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Konstruktivistische
Auffassung von Lernen
Lernen erfolgt in tätiger Auseinandersetzung
mit einem Lerngegenstand (aktiv)
in einem bestimmten Kontext (situativ)
mit anderen (interaktiv).
Dabei werden neue Informationen mit bereits vorhandenen verknüpft
(kumulativ) und Strukturen aufgebaut (konstruktiv).
Lernen ist am erfolgreichsten, wenn Lernende das Ziel kennen
(zielgerichtet) und ihr Vorgehen kompetent überwachen und steuern
(selbstreguliert).
>Lernende werden nicht nur kognitiv sondern auch emotiv und damit auch
motivational angesprochen.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Was heisst „situiert“?
… ist an die Handlungssituationen gebunden, in denen es erworben wurde
• Die Wahrnehmung eines Problems und die Problemlösung sind ein
dynamisches Ganzes. Handeln und Wissen sind nicht voneinander getrennt.
… kann nicht einfach so auf andere Situationen übertragen werden
• Situationsspezifisches Wissen ist nicht verallgemeinert und abstrakt und
daher nicht übertragbar.
• Es ist im Gedächtnis in episodischer (und nicht in systematischer) Form
gespeichert, an Situationen gebunden und wird nur so aktiviert.
… ist oft nicht individuell verfügbar, sondern verteilt bzw. abhängig von
sozialem Austausch und sozio-kulturellen Praktiken der Vermittlung
• Aufgaben sind häufig in einem Team verteilt, fehlt ein Puzzlestein, kann die
eigene Aufgabe oft nicht gesehen werden.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Daher: Orientierung an der erlebten,
beruflichen Handlungssituation
Handlungskompetenzorientierung in KoRe und Triplex – worauf kommt es
an?
KoRe:
Definition Kompetenz: Kompetent ist eine Person dann, wenn sie eine
beruflichen Handlungssituation erfolgreich bewältigt. Daher:
 Orientierung an der erlebten beruflichen Handlungssituation.
 Die typische Handlungssituation soll an die erlebte erinnern!
 Die erlebte Handlungssituation ist Ankerpunkt für die Erinnerung und
Anknüpfung neuer Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen
 Die erlebte Handlungssituation beschreiben und der typischen
Handlungssituation gegenüberstellen.
 Gemeinsamkeiten und Unterschiede reflektieren
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Handlungskompetenzorientierung in
Triplex
Ausgangslage für das Qualifikationsprofil sind berufliche
Handlungssituationen (Tätigkeitsprofil).
Das QP besteht aus „Handlungssituationsbereichen“.
Von der erlebten beruflichen Handlungssituation ausgehen, um
Leistungsziele auszuarbeiten und auszubilden
Umkehrung der Perspektive:
Von der Fächersystematisierung zur Handlungsorientierung
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Kompetenzen ausbilden oder
Lernziele erreichen?
- ein Bild
berufliche Handlungssituation
Disziplin
Fach
savoir agir
Ressourcen
Handlungskompetenz
praktische Beispiele
Lernziele
Unterricht
... eigentlich geht es um einen Wechsel der Blickrichtung
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Handlungskompetenzorientierter
Unterricht
• Lernende: aktiv-konstruktiv, im Idealfall selbstgesteuert
• Lehrende: fördern Wissensaufbau durch Handeln in relevanten
Problemsituationen, stellen Informationen/Material/Werkzeuge
bereit, begleiten und unterstützen Lernende bei Bedarf
• Darbietung: auf Vorwissen aufbauend, auf eine berufliche
Handlungssituation bezogen und auf Lernende zentriert (eingehen
auf die Voraussetzungen und Erfahrungen)
• Evaluation: Die Kontrolle des Lernerfolgs ist vermehrt
- bei den Lernenden selbst
- fokussiert auf den Lernprozess (statt Lernprodukt)
- ausgerichtet auf gültige Erfassung des Transfers (= Anwendung
des Wissens) anstatt auf vergleichende Lernkontrollen
- lernorientiert und damit Teil des Wissensaufbaus
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Handlungskompetenzorientiert
(über)prüfen
•
Eine bestimmte Kompetenz wurde in einer bestimmten Situation
erlernt. Sie soll nicht ohne entsprechenden Kontext überprüft werden.
 Eine Kompetenzüberprüfung ist dann handlungskompetenzorientiert, wenn
Kompetenzen und Ressourcen in Zusammenhang mit einer beruflichen
Handlungssituation, die die Lernenden aus ihrem Alltag kennen, überprüft
werden.
 Eine Kompetenzüberprüfung ist dann handlungskompetenzorientiert, wenn
Wissen lernweggerecht abgefragt wird: Wissen ist erfahrungsgebunden
abgespeichert und nicht fachlogisch. Es kann also z.B. keine Überprüfung
von Anatomie geben!
 Eine Überprüfungssituation soll in möglichst allen Belangen einer realen
beruflichen Situation entsprechen: Beteiligte, Dauer, Instrumente,
notwendige Ressourcen und Fähigkeiten etc.
 Auch schriftliche Prüfungen müssen situationsbezogen sein.
 Deklaratives Wissen soll nicht abgefragt werden.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Merkmale von
handlungskompetenzorientierten
Kompetenzüberprüfungen
•
Authentisch, motivierend, anwendungsorientiert (situiert)
– Narrative Problemstellungen ( realistische Situationen, Geschichten)
– Dynamische, multimediale Präsentation (animiert, visuell, auditiv  Video)
– handlungssituationsbezogen
•
Aufgabenstellung: komplex und vielschichtig
– Erkennen/Definieren von Teilproblemen
– Unterscheiden relevanter und irrelevanter Daten in der Problemstellung.
Vielfältige, offene Lösungswege zulassen
– Problemlösungen benötigen länger Zeit als Abfragen deklarativer
Wissensbestände
•
Thematisch zentral für die Handlungssituation
– Inhaltliche Tiefe statt Breite
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Merkmale von
handlungskompetenzorientierten
Kompetenzüberprüfungen
• Transferfördernd (transferüberprüfend)
– Analogisches Denken durch Abwandlung der Problemstellungen
– Transfer auf neue und erweiterte Problemstellungen
– Elemente, die das vernetzte Denken fördern („was bedeutet diese
Diagnose für die Angehörigen und den Sozialdienst?“)
• Kommunikativ und kollaborativ
– Arbeit in Peergruppen
– Projektartiges Arbeiten
– Produkte präsentieren und „publizieren“
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Theoretische Grundlagen des
KoRe-Modells
Kompetenz: das erfolgreiche Bewältigen einer beruflichen
Handlungssituation durch Mobilisierung der dazu notwendigen
Ressourcen (Normen, externe Ressourcen, Kenntnisse, Fähigkeiten
und Haltungen)
Ressourcen werden in engem Zusammenhang mit erlebten
Handlungssituationen aufgebaut .
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Die Wissensarten:
Deklaratives Wissen: Fachwissen, Begriffe und Definitionen
Anwendung: bewusst und absichtsvoll, regelhaft
Prozedurales (a) und sensomotorisches (b) Wissen: routiniertes Können
Anwendung: (a) regelhaft, wenig bewusst (z.B. Essen)
(b) rückgekoppelt, steuert gut beherrschte Abläufe (z.B.
Autofahren, Skilaufen)
Situatives Wissen: Erfahrungen, Erinnerungen an Erlebtes (in allen
Facetten: kognitiv, emotiv, motivational, volitional…)
Anwendung: wird spontan aktiviert durch assoziative Erinnerung an
ähnliche Situationen.
Haltungen: (savoir être) motivations- und willensbasiert, geprägt durch
Einstellungen, Werte und Normen
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Die Macht des situativen Wissens
Unser Gedächtnis ist um die Erinnerung an Situationen aufgebaut. Die
verschiedenen Wissensarten treten kaum je isoliert auf, sondern meist
in Kombination.
In einer Situationen der Praxis, wenn wir mit einer Problemstellung
konfrontiert sind, wird unser Hirn spontan nach ähnlichen Situationen
„gescannt“ und ruft entsprechend ähnliche Problemlösungsstrategien
ab.
An deklaratives Wissen, das wir in der Schule gelernt haben, erinnern wir
uns in solchen Situationen deshalb nicht, weil für unser Bewusstsein
keine Verknüpfung zwischen der Situation im Klassenzimmer und der
aktuellen Situation in der sich das Problem stellt, besteht.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Nur Ressourcen zu vermitteln
ist zu wenig
Für die erfolgreiche Bewältigung einer beruflichen Handlungssituation
bedarf es einer Mobilisierung eines relevanten Bündels von
Ressourcen. Das Vermitteln der Ressourcen allein reicht nicht.
Die korrekte und situationsgerechte Anwendung (Mobilisierung) der
Ressourcen ist ebenso zentral und geschieht vor allem in der Praxis
(üK), die gerade deshalb Ankerpunkt der Ausbildung ist.
Schulischer Unterricht muss sich also stets auf konkrete, erlebte
Situationen beziehen, sonst ist das Wissen an den Vermittlungsort
Schule gekoppelt.
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Der Aufbau einer Kompetenz
AnfängerInnen, die noch über keine Erfahrungen verfügen, können sich
auch nicht von ihnen leiten lassen. Daher ist es sinnvoll, sie lassen
sich so gut es geht von bewährten Konzepten oder eben Rezepten
leiten.
Am Anfang steht nicht die Bewältigung der realen Situation im
Vordergrund, sondern die Schaffung günstiger Voraussetzungen zum
Sammeln einschlägiger Erfahrungen.
Beim Aufbau einer Kompetenz ist vor allem Üben sehr wichtig!
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Konsequenzen für ihre Lehrtätigkeit
2er Gruppen:
Erarbeiten Sie in Zweiergruppen Konsequenzen aus der
Handlungskompetenzorientierung für Ihre Lehrtätigkeit.
Chancen und Grenzen?
(15 min.)
Präsentation im Plenum
(pro Gruppe 5min.)
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Das AVIVA-Modell
A = Ankommen, einstimmen
5%
V = Vorwissen aktivieren
10%
I = Informieren
35%
V = Verarbeiten, üben
40%
A = Auswerten
10%
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Verarbeitung
Weshalb gilt das AVIVA-Modell als geeignet Kompetenzen aufzubauen?
Beschreiben sie die Phasen 1-5 für einen direkten (instruktiven) und einen
indirekten (konstruktivistischen) Unterrichtsstil
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Aussicht auf nächste Woche
Besuchen Sie die Homepage des BBT und laden Sie das BBG, die BMV,
einen RLP und einen Bildungsplan EFZ nach ihrem Belieben herunter.
 Ausdrucken und am 11.März mitnehmen!
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
…und eine gefreute Woche!
Universität Fribourg Sek II Seminar Berufspädagogik
Emanuel Wüthrich
Herunterladen