Raucherentwöhnung in der ärztlichen Praxis Verhaltensmedizin und medikamentöse Behandlung Dr. Jan Heidrich Prof. Fritz A. Muthny Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin Institut für Medizinische Psychologie WHO Collaborating Centre for Epidemiology and Prevention of Cardiovascular and Other Chronic Diseases Raucherentwöhnung in der Praxis Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Agenda Epidemiologie desdes Rauchens (H) Epidemiologie Rauchens Ausgewählte Gesundheitsgefahren des Rauchens (H) Medikamentöse Entwöhnungsbehandlung (H) Medizinpsychologische Aspekte der Raucherentwöhnung (M) Stadienmodell der Verhaltensänderung (M) Verhaltenstherapie (M) Raucherberatung in der Praxis, aktuelle Programme (M) 125,000 cigarette stubs, gathered of environmentalists, Jordan piled up in the studio for this picture. The number, so the artist, is selected not coincidentally, but corresponds to the quantity, which is thrown away per second in the world. Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Basisinformationen Tabakrauch ist ein sehr giftiges Stoffgemisch aus ca. 4800 Substanzen Nikotin ist die Substanz, die abhängig macht Über 70 Substanzen sind kanzerogen Bei vielen Tabakrauchwirkungen ist das verursachende Agens noch nicht bekannt Rauchen erhöht das allgemeine Sterblichkeitsrisiko um das Zwei- bis Dreifache Weltweit ca. 5-6 Millionen Sterbefälle p. a. durch Folgen des Rauchens ≈ 20% d. Gesamtmortalität (>30 J.) ♂ ≈ 5% d. Gesamtmortalität (>30 J.) ♀ (Hochrechnung für 2030: 8-9 Millionen) Ca. Hälfte davon im mittleren Lebensalter (3569 Jahre) Über die Hälfte der regelmäßigen Raucher stirbt an Folgen des Tabakkonsums Quellen: Ezzati M, Lopez AD. Lancet 2003; 362: 847; WHO: The tobacco atlas (www.who.int/tobacco/en/atlas11.pdf); DKFZ 2008 Raucherentwöhnung in der Praxis Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf hat der Bekämpfung von Rauchen und Malaria die höchste Priorität für die nächsten Jahre eingeräumt. Raucherentwöhnung in der Praxis Weltweit 1.1 Milliarden Raucher Männer Frauen Gesamt Industrienationen 200 100 300 Entwicklungsländer 700 100 800 Welt 900 200 1.1 Mrd Raucherentwöhnung in der Praxis Quelle: WHO 2008 Raucherentwöhnung in der Praxis Quelle: WHO 2008 Raucherentwöhnung in der Praxis Entwicklung der Rauchquoten 1984 - 2006 in der 35- bis 69jährigen Bevölkerung Datenbasis: Gesundheitssurveys des Robert Koch-Instituts Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009 Raucherentwöhnung in der Praxis Raucheranteile in verschiedenen Altersgruppen Datenbasis: Telefonischer Gesundheitssurvey 2006, Robert Koch-Institut 60 Aktuelles Rauchen Starkes Rauchen 50 44,3 41,8 40 40,3 37,9 36,8 36,0 Prozent 33,4 30 26,6 18,4 20 13,7 12,8 8,9 10 0 18-29 30-39 40-49 50-59 Frauen 60-69 70+ 18-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70+ Männer Quelle: T Lampert, RKI Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009 Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009 Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009 Rauchen ist sozial ungleich verteilt Quelle: Tabakatlas Deutschland 2009 Raucherentwöhnung in der Praxis Entwicklung der Rauchquoten seit Ende der 1970er Jahre bei 12- bis 17-jährigen Jugendlichen Datenbasis: Drogenaffinitäts- bzw. Rauchfrei-Studie der BZgA 1979-2007 50 Jungen Mädchen 40 33 29 Prozent 30 27 26 27 27 21 23 20 27 28 27 23 23 21 22 20 24 18 23 20 19 17 10 0 1979 1982 1986 1989 1993 1997 2001 2003 2004 2005 2007 Jahr Quelle: T Lampert, RKI Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Überlebenskurven (%) bei britischen Ärzten ab 35 Jahre: Raucher bzw. Nicht-Raucher (lebenslang), geboren 1900–1930 Quelle: Doll R, Peto R et al. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ 2004;328:1519–1528 Rauchbedingte Gesundheitsrisiken 90% 10 Jahre Überlebenskurven (%) in Abhängigkeit vom Rauchverhalten bei norwegischen Frauen im mittleren Alter (4070 Jahre), geboren 1925–1941 N=24,505 Frauen 70% Quelle: Vollset SE et al. Ann Intern Med 2006; 144:381-389 Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Todesfälle durch Rauchen in Deutschland 19552000 Alle Altersgruppen Alter 3569 Jahre Quelle: Basiert auf Peto, Lopez 1994, update 2006. http://www.who.int/tobacco/media/en/Germany.pdf Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Rauchen schädigt fast alle Organsysteme: Quelle: DKFZ, Stabstelle Krebsprävention, 2008. Basiert auf IARC 2004 und US Department of Health and Human Services, 2004 Raucherentwöhnung in der Praxis Anteil der tabakassoziierten Todesfälle nach Krankheitsursache, EU 2005 Lungenkrebs 11% 29% Andere Krebserkrankungen 18% Vaskuläre Erkrankungen 14% Atemwegserkrankungen 28% Andere Erkrankungen Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Beziehung zwischen Rauchen und koronarer Herzkrankheit Quelle: Law 2003 Raucherentwöhnung in der Praxis Altersstandardisierte Lungenkrebs-Inzidenz und -Mortalität bei Frauen und Männern in Deutschland 19802004 Quelle: Krebs in Deutschland 2003-2004. RKI und GEKID, 2008 Quelle: Krebs in Deutschland – RKI und GeKiD 2008 Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Rauchen und Diabetes Rauchen erhöht das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2; Evidenz aus 25 prospektiven Studien (14 bei Frauen) mit 1,2 Mio Teilnehmern; 45,844 neu aufgetretene Diabetes Typ 2-Fälle. Risikoerhöhung 44% (KI 3158%); starke Raucher 61% (KI 4380%) Unklar, ob die Beziehung kausal ist oder durch andere Faktoren, die in bisherigen Studien nur z. T. berücksichtigt wurden (SES etc.) vermittelt wird Diabetiker sind eine Hochrisikogruppe für Herz-Kreislauferkrankungen Rauchen ist daher für Diabetiker besonders gefährlich Quelle: Willi C et al. JAMA 2007; 298: 2654-2664 Rauchbedingte Gesundheitsrisiken Rauchen und Depression/ Psychische Erkrankungen Hohe Komorbidität von Rauchen und psych. Erkrankungen, bes. Depression Henne-Ei Problem Rauchen verstärkt möglicherweise die Symptomatik psychischer Erkrankungen Prospektive Studien deuten darauf hin, dass Rauchen ggf. ein Risikofaktor für die Entstehung von Depressionen ist Quellen: Ernster VL 2001; Pasco JA et al. Br J Psychiatry 2008; 192: 322 Raucherentwöhnung in der Praxis Aufgabeversuch innerhalb der letzten 12 Mon. - Frauen 100 Anteil mit Aufgabeversuch (%) 90 80 70 Gelegenheitsraucher 60 bis 10 Zig 11-19 Zig 50 20+ Zig Gesamt 40 30 20 10 0 18-29 30-44 45-64 65+ Alter T Lampert, M Burger. Rauchgewohnheiten in Deutschland…Gesundheitswesen 2004; 66: 511-517 Raucherentwöhnung in der Praxis Aufgabeversuch innerhalb der letzten 12 Mon. - Männer 100 Anteil mit Aufgabeversuch (%) 90 80 70 Gelegenheitsraucher 60 bis 10 Zig 11-19 Zig 50 20+ Zig Gesamt 40 30 20 10 0 18-29 30-44 45-64 65+ Alter T Lampert, M Burger. Rauchgewohnheiten in Deutschland…Gesundheitswesen 2004; 66: 511-517 Raucherentwöhnung in der Praxis Quelle: MMW, 2005 Raucherentwöhnung in der Praxis Auswirkung des Rauchstopps im Alter 25–34 und 35–44 Jahre auf die Sterblichkeit 40 50 60 70 80 90 100 40 50 60 70 80 Age (years) Source: Doll R, Peto R et al. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ, doi:10.1136/ bmj.38142.554479.AE (published 22 June 2004) Quelle: Doll et al, Brit Med J 2004; 328: 1519-28 90 100 Age (years) Raucherentwöhnung in der Praxis Auswirkung des Rauchstopps im Alter 25–34 und 35–44 Jahre auf die Sterblichkeit 40 50 60 70 80 90 100 Age (years) Source: Doll R, Peto R et al. Mortality in relation to smoking: 50 years' observations on male British doctors. BMJ, doi:10.1136/ bmj.38142.554479.AE June 2004) Quelle: Doll et al, Brit Med J (published 2004; 328: 22 1519-28 Gesundheitliche Effekte des Rauchstopps Nurses Health Study, USA, N=104,519 Frauen Quelle: Kenfield et al. JAMA 2008; 299: 2037 Raucherentwöhnung in der Praxis Medikamentöse Therapie des Rauchens Raucherentwöhnung in der Praxis Nikotinentzug kann zu folgenden Symptomen führen: Leichte Erregbarkeit und Ruhelosigkeit Konzentrationsschwäche Angstgefühl Hungergefühl und Gewichtszunahme (ø 2-4 kg) Schlafstörungen, Schläfrigkeit Heftiges Verlangen nach Zigaretten (Craving) Raucherentwöhnung in der Praxis Nikotinkonzentrationen im Serum nach Rauchen einer Zigarette bzw. nach Zufuhr verschiedener Nikotinersatzpräparate 14 Zunahme der Nikotinkonzen12 tration (ng/ml) 10 8 1 Zigarette Nikotin-Kaugummi 4 mg 6 Nikotin-Kaugummi 2 mg 4 Inhalator 2 Nasenspray Nikotinpflaster 0 0 5 10 15 20 25 30 Minuten Quelle: Balfour DJK, Fagerström KO. Pharmacology of nicotine and its therapeutic use in smoking cessation. Pharmacol Ther 1996;72:51–81 Raucherentwöhnung in der Praxis Nikotinersatzprodukte nicorette®, Nicotinell®, Niquitin® Produkt Inhaltsmenge/ Abgabemenge Wirkweise Pflaster 15 mg/16 Std. * Pflaster 21 mg/24 Std.* Langsame, kontinuierliche Abgabe von Nikotin über die Haut Kaugummi 2/4 mg Sublingualtablette 2 mg Lutschtablette 1 mg Lutschtablette 2/4 mg Inhaler** 10 mg Vergleichbar Kaugummi/Tablette Nasalspray** 0,5 mg/Hub Am schnellsten wirkendes Produkt; Anflutung innerhalb von 5 Minuten Nikotinersatz * Abgabemenge ** in Deutschland nicht im Handel Schnellere Anflutung innerhalb von 5-20 Minuten; Aufnahme von Nikotin über Mundschleimhaut Raucherentwöhnung in der Praxis Nikotinersatzprodukte - Effektivität Silagy et al. Cochrane Systematic Reviews 2006; www.cochrane.org Langfristige Effektivität (12 Monate) in 123 randomisierten, kontrollierten Studien sowie zahlreichen Metaanalysen belegt. Raucherentwöhnung in der Praxis NRT zur Raucherentwöhnung – Syst. Zusammenfassung von Studien Quelle: L. Stead & T. Lancaster. NRT for smoking cessation: Cochrane systematic review. Int J Epidemiol 2005; 34: 1001-1003 Raucherentwöhnung in der Praxis Nikotinersatzprodukte - Nebenwirkungen Form Nebenwirkungen Pflaster ZNS: Kopfschmerz, Schwindel, Schlafstörungen; Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Erythem, Juckreiz Kreislauf: Herzklopfen; Haut: Urticaria Kaugummi ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Schluckauf, Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Sodbrennen Häufigkeit >1% 0.1-1.0% >1% Kreislauf: Herzklopfen; Haut: Juckreiz 0.1-1.0% Überempfindlichkeit, z. B. Angioödem <0.1% Nasalspray ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Irritationen im Nasen-Rachenbereich, Husten, Nasenbluten, Rhinitis, Schnupfen, tränende Augen >1% Inhaler ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Schluckauf, Dyspepsie, Übelkeit, Erbrechen; Lokal: Irritationen im MundRachenbereich, Husten, Pharyngitis, Rhinitis >1% SublingualTablette ZNS: Kopfschmerz, Schwindel; Gastrointestinal: Schluckauf, Übelkeit; Lokal: Mundtrockenheit, Husten, Brennen im Verändert nach Hersteller * mit dem 24-Stundenpflaster Mundbereich >1% Raucherentwöhnung in der Praxis Nikotinersatzprodukte - Kontraindikationen • Kontraindikationen: – – – – – Frischer Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Kürzlich erfolgter apoplektischer Insult, Instabile Angina pectoris, Chronisch-generalisierte Hauterkrankungen (Psoriasis, chronische Dermatitiden, Urtikaria). • Warnhinweise: – Stabile Angina pectoris, hochgradige Hypertonie, cerebrovaskuläre Erkrankungen, Vasospasmen, schwere Herzinsuffizienz, Hyperthyreoidismus, insulinabhängiger Diabetes mellitus, akute Magen-Darmulzerationen sowie schwere Hautirritationen. – Für das Kaugummi: Entzündungen im Mund-Rachen-Ösophagusbereich, Nierenund Leberschäden und Fructose-Intoleranz; – Für das Nasalspray: Nasenbluten und chronische Nasenerkrankungen. Verändert nach Hersteller Raucherentwöhnung in der Praxis Bupropion (Zyban®) • Antidepressivum (zentraler Wiederaufnahmehemmer von Dopamin und Noradrenalin) • Zulassung in Deutschland seit 2000. • Genauer Wirkmechanismus ungeklärt. Wahrscheinlich wird über eine zentrale Wiederaufnahmehemmung von Dopamin und Noradrenalin „Craving“ und Entzugssyndrom unterdrückt. • Effektivität: Bupropion verdoppelt die Abstinenzwahrscheinlichkeit (OD 1,94 aus 31 Studien). • Wesentlich mehr Nebenwirkungen als mit Nikotinersatztherapie. Hughes et al. Cochrane Systematic Reviews 2006; www.cochrane.org Raucherentwöhnung in der Praxis Bupropion - Klinische Effektivität AIR 2007 Tonstad et al. European Heart Journal 2003 Raucherentwöhnung in der Praxis Bupropion - Nebenwirkungen (1) - Sehr häufig (> 10 %) AIR 2007 Schlaflosigkeit - Häufig (>1 %) Depression, Agitiertheit, Angst Trockener Mund, gastrointestinale Störungen einschließlich Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen, Obstipation Zittern, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Geschmacksstörungen Hautausschläge, Juckreiz, Schwitzen, Urtikaria Fieber - Gelegentlich (> 0,1 %) Blutdruckerhöhung (manchmal schwerwiegend), Gesichtsröte, Appetitlosigkeit, Verwirrtheit, Sehstörungen, Tinnitus, Tachycardie, Brustschmerzen, Asthenie - Selten (> 0,01 %) Schwerwiegendere Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Angioödem, Dyspnoe/Bronchospasmus und anaphylaktischer Schock. Arthralgie, Myalgie und Fieber wurden im Zusammenhang mit Hautausschlag und anderen Symptomen, die auf eine verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion hindeuten, ebenfalls berichtet. Diese Symptome können der Serumkrankheit ähneln. Nach GSK (Hersteller), Fachinformation Zyban 150 mg Retardtabletten, Stand der Information: Februar 2006 Raucherentwöhnung in der Praxis Bupropion - Nebenwirkungen (2) - Selten (> 0,01 %) Schwankungen des Blutzuckerwertes, Reizbarkeit, aggressives/feindseliges Verhalten, Halluzinationen, Depersonalisation, ungewöhnliche Träume einschließlich Albträume Krampfanfälle (siehe Warnhinweise), Dystonie, Ataxie, Parkinsonismus, Koordinationsstörungen, Beeinträchtigung, des Gedächtnisses, Parästhesien, Synkope Palpitationen Vasodilatationen, orthostatische Hypotonie Erhöhte Leberenzyme, Gelbsucht, Hepatitis Ferner wurden Erythema multiforme und Stevens-Johnson-Syndrom berichtet. Exazerbation von Psoriasis Muskelzucken Änderungen in der Miktionsfrequenz und/oder Harnretention - Sehr selten (> 0,001 %) Wahnvorstellungen, wahnhafte Störungen, Unruhe, Aggressivität Nach GSK (Hersteller), Fachinformation Zyban 150 mg Retardtabletten, Stand der Information: Februar 2006 AIR 2007 Raucherentwöhnung in der Praxis Bupropion - Kontraindikationen/Warnhinweise - Kontraindikationen - AIR 2007 Überempfindlichkeit gegenüber Bupropion Bekannte Krampfanfälle (Epilepsie) derzeit oder jegliche Anamnese von Krampfanfällen in der Vergangenheit Tumor des ZNS Alkohol- oder Benzodiazepinentzug Bulimie/Anorexie Schwere Leberzirrhose Bipolare Erkrankung Gleichzeitige Gabe von MAO-Hemmern Gleichzeitige Gabe von anderen Bupropion-haltigen Arzneimitteln Warnhinweise: Krampfanfälle: Risiko für Krampfanfälle dosisabhängig, Häufigkeit bei Höchstdosis von 300 mg täglich 0,1 %; Keine Anwendung bzw. nur nach strenger Indikationsstellung bei Patienten mit anderen prädisponierenden Faktoren für eine Reduktion der Krampfschwelle (Medikamente, die die Krampfschwelle senken, z. B. Antipsychotika, Antidepressiva, Anti-Malariamittel, Tramadol, Theophyllin, systemische Steroide, Chinolone, sedierende Antihistaminika) oder bei anderen Gründen für eine erhöhte Anfallsbereitschaft (z.B. Alkoholmissbrauch, Schädel-Hirn-Trauma, behandlungsbedürftiger Diabetes, Anwendung von Stimulanzien oder Appetitzüglern) Nach GSK (Hersteller), Fachinformation Zyban 150 mg Retardtabletten, Stand der Information: Februar 2006 Raucherentwöhnung in der Praxis Bupropion - Besondere Patientengruppen AIR 2007 - Keine Anwendung unter 18 Jahren. - Keine Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. - Ältere Personen, Patienten mit Nieren- und Leberfunktionsstörungen: max. tägliche Dosis 150 mg Bupropion SR. Raucherentwöhnung in der Praxis Vareniclin (Champix®) AIR 2007 - Partieller Nikotinrezeptor-Agonist (mit Affinität an den α4β2 AcetylcholinRezeptor). Agonist – stimuliert den Rezeptor und reduziert dadurch Rauchverlangen und Entzugssymptome. Antagonist - blockiert den Rezeptor, um den positiven Effekt („Belohnung“) beim Rauchen zu reduzieren. - Neue Substanzklasse der Medikamente zur Tabakentwöhnung. - Zugelassen zur Tabakentwöhnung in Deutschland seit 2006. NH N N Abstinenzraten Vareniclin vs. Bupropion vs. Plazebo Quelle: Jorenby et al. JAMA 2006; 296: 56-63 Raucherentwöhnung in der Praxis Vareniclin - Vergleichsstudien (Gonzales 2006)* Abstinenz in % AIR 2007 Abstinenz Woche 9-12 Abstinenz Woche 9-52 Gonzales 2006; Jorenby 2006; * Die 2. Studie von Jorenby 2006 erreichte vergleichbare Abstinenzdaten (o. Abb.) Raucherentwöhnung in der Praxis Vareniclin - Nebenwirkungen (1) - Sehr häufig (> 10 %) Kopfschmerzen, Schlafstörungen, abnorme Träume Übelkeit - Häufig (>1 %) Gesteigerter Appetit, Geschmacksveränderungen, Mundtrockenheit Schläfrigkeit, Müdigkeit, Schwindelgefühl Erbrechen, Verstopfung, Durchfall, Völlegefühl, Magenbeschwerden, Verdauungsstörungen, Blähungen - Gelegentlich (> 0,1 %) Infektion des Brustraums, Brustkorbbeschwerden oder -schmerzen, Entzündungen der Nebenhöhlen Fieber, Kältegefühl, Schwächegefühl oder Unwohlsein, Virusinfektionen, Kurzatmigkeit, Husten, Heiserkeit, Rachenschmerzen und -reizung, verstopfte Nebenhöhlen, laufende Nase, Schnarchen Appetitlosigkeit, Durstgefühl, Gewichtszunahme Nach Pfizer Pharma GmbH (Hersteller), Gebrauchsinformation Champix 0,5 mg/1 mg Filmtabletten, Stand der Information: September 2006 AIR 2007 Raucherentwöhnung in der Praxis Vareniclin - Nebenwirkungen (2) - Gelegentlich (> 0,1 %) AIR 2007 Panikgefühl, Denkschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen Zittern, Koordinationsschwierigkeiten, Sprachschwierigkeiten, verringerte Berührungsempfindlichkeit, erhöhte Muskelspannung, Unruhe Herzrhythmusstörungen, erhöhter Blutdruck, erhöhte Herzfrequenz Sehstörungen, Verfärbung der Augäpfel, Augenschmerzen, erweiterte Pupillen, Kurzsichtigkeit, Lichtempfindlichkeit, tränende Augen Ohrgeräusche Bluterbrechen, gereizter Magen und Sodbrennen, Bauchschmerzen, abnormaler Stuhl, rotes Blut im Stuhl, Aufstoßen, Mundgeschwüre, Zahnfleischschmerzen, belegte Zunge Hautausschlag, Zyste, Pilzinfektionen, Hautrötungen, Juckreiz, Akne, vermehrtes Schwitzen Schmerzen in der Brustwand und in den Rippen, steife Gelenke, Muskelkrämpfe Glukose im Urin, erhöhtes Urinvolumen und häufigeres Wasserlassen Stärkere Regelblutung, vaginaler Ausfluss, Veränderung des sexuellen Verlangens und der Sexualfunktion Nach Pfizer Pharma GmbH (Hersteller), Gebrauchsinformation Champix 0,5 mg/1 mg Filmtabletten, Stand der Information: September 2006 Raucherentwöhnung in der Praxis Vareniclin - Kontraindikationen und Warnhinweise AIR 2007 - Überempfindlichkeit (allergisch) gegen Vareniclintartrat oder einen der sonstigen Bestandteile von Vareniclin. - Keine Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. Raucherentwöhnung in der Praxis Bewertung der medikamentösen Therapieverfahren Medikamentöse Verfahren Nikotinersatz (gesamt) Odds Ratio 1,77 (1,66-1,88) Bewertung AIR 2007 Kaugummi 1,66 (1,52-1,81) 2 versus 4 mg-Kaugummi 2,20 (1,85-3,25) Pflaster 1,81 (1,63-2,02) Nasalspray 2,35 (1,63-3,38) Inhaler 2,14 (1,44-3,18) Sublingualtablette 2,05 (1,62-2,59) 2 kleine Studien keine brauchbaren Studien 1,89 (1,30-2,74) keine brauchbaren Studien Nortriptylin 2,79 (1,70–4,59) Bupropion 1,94 (1,72-2,19) leicht höher Mecamylamin Lobelin Clonidin Buspiron mit Nikotinpflaster kombiniert Vareniclin 3,22 (2,43-4,27) In fett: Nach Cochrane Systematic Reviews 2006/2007 (www.cochrane.org); Bewertung nach K.-O. Haustein, AKDAE 2001 bzw. *eigene Bewertung AIR; in kursiv: in Deutschland nicht zugelassene Medikation zur Tabakentwöhnung (Cochrane Systematic Reviews 2006/2007). * Raucherentwöhnung in der Praxis Rückfallprävention nach Rauchstopp Syst. Zusammenfassung von Studienergebnissen Source: Lancaster T et al. Prevention of relapse after quitting smoking. Arch Intern Med 2006; 166: 828-835 Raucherentwöhnung in der Praxis Wie effektiv sind die Interventionen längerfristig? Typische Langzeit-Abstinenzraten (1 Jahr): Quelle: modifiziert ach Hughes 1996 und 2006 Raucherentwöhnung in der Praxis Ungeklärte Punkte bei der medikamentösen Entwöhnung • Die meisten Studien zur Behandlung bei gesunden und motivierten Rauchern Behandlung derjenigen, die mehrfach scheitern oder unmotiviert sind? Übertragbarkeit der Studienergebnisse im Alltag? • Geringe Erfolgsraten: Psychiatrische Komorbiditäten, Alkohol- und andere Substanzabhängigkeit, stark abhängige Raucher, fehlende soziale Unterstützung, geringe Selbstwirksamkeitserwartung optimale Behandlung in diesen Fällen? • Kurzes Follow-up von 1- max. 2 Jahren, Nachhaltigkeit? Quelle: modifiziert nach Rigotti, NEJM 2002 Raucherentwöhnung in der Praxis Take home message I Rauchen ist ein chronisches Problem, wie die Hypertonie oder die Hyperlipidämie, das eine langfristige Behandlung erfordert. Source: U.S. Public Health Service report. JAMA 2000; 283: 3244–54 Raucherentwöhnung in der Praxis Take home message II • Raucherentwöhnung ist eine ärztliche Aufgabe (~30% Patienten) • Strukturierte Beratung (5 A, 5 R) erhöht die Abstinenzrate • VT und pharm. Therapie verdoppeln Abstinenzrate • Kombination aus VT und pharm. Therapie ist am erfolgsversprechendsten • Raucherentwöhnung ist sehr kosteneffektiv • Mit den genannten Therapieformen werden längerfristig bis zu 40% der Raucher rauchfrei