Einführung in das Business-to-Business

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Good sports?
Zur ethischen
Verwahrlosung
der Bankenlandschaft
Michaela Haase
Marketing Department & Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft
Freie Universität Berlin
Hannover
Hannah Arendt Lectures 2010, Leibniz Universität Hannover
2. Juni 2010
Agenda
1.Hannah Arendt, Frank Knight und „good
sports“
2. Eine kurze Reise in die Welt des „bad sports“
3. Frank Knight: Neoklassische Markttheorie und
„gaming behavior“
4. Hannah Arendts Theorie politischen Handelns
5. Good sports – bad sports
6. Schlussfolgerungen und Ausblick
2
Hannah Arendt (1906-1975)
• eine einflussreiche VertreterIn der Politischen Philosophie
• Hauptwerke: The Origins of
Totalitarism (1951)
• The Human Condition (1958)
• The Life of the Mind
3
Frank Knight (1885-1972)
• führender amerikanischer Intellektueller
• Begründer der ersten Chicago School of
Economics
• Hauptvertreter der neoklassischen
Markttheorie
• Verfechter des Laissez Faire
4
Zur ethischen
Verwahrlosung
der Bankenlandschaft
Der Untertitel stammt von einem
CDU-Abgeordneten im
Stuttgarter Landtag
(Reinhard Löffler)
5
Unsicherheit
Kein Handeln

Kein ethisches Handeln
Exploratives Handeln
„Gaming behavior“, ethisches Handeln
Politisches Handeln
Person-Person-Beziehungen
Pluralität
„making new beginnings
is a human priviledge“
Unsicherheit
„islands of predictability“
in einem
„ocean of uncertainty“
(Canovan 1998, xix)
Arendt
Knight
Frühe Neoklassik
• perfektes Wissen
• Risiko
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Unsicherheit
Kein Handeln

Kein ethisches Handeln
Exploratives Handeln
„Gaming behavior“, ethisches Handeln
Politisches Handeln
Person-Person-Beziehungen
Pluralität
„making new beginnings
is a human priviledge“
Unsicherheit
„islands of predictability“
in einem
„ocean of uncertainty“
(Canovan 1998, xix)
Arendt
Knight
Frühe Neoklassik
• perfektes Wissen
• Risiko
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Agenda
1. Hannah Arendt, Frank Knight und „good sports“
2.Eine kurze Reise in die Welt des „bad sports“
3. Frank Knight: Neoklassische Markttheorie und
„gaming behavior“
4. Hannah Arendts Theorie politischen Handelns
5. Good sports – bad sports
6. Schlussfolgerungen und Ausblick
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Beratungsprotokolle
Banken müssen Kunden nach jeder Wertpapierberatung ein
Protokoll aushändigen, dass auflistet
- welche Produkte aus welchen Gründen empfohlen werden,
- welche Kenntnisse über welche Anlagen der Kunde hat und
- welche Ziele er verfolgt.
9
Beratungsprotokolle … eine Stichprobe
Verdeckte Untersuchung in acht Kreditinstituten durch Finanztest
- Nur in 10 der 16 Beratungen erhielten die Tester das Protokoll
- Selbst auf Nachfrage haben Commerzbank und BB Bank in
Karlsruhe kein Protokoll ausgestellt
- Die Protokolle strotzen von schwer verständlichen Anglizismen
- Die Banken überschütten die Kunden mit unverständlichen
Broschüren und Leitfäden
10
Wir ändern nichts, solange man uns nicht zwingt
„Beipackzettel“ für Finanzprodukte:
Bevor sich die Branche auf die vom
Verbraucherschutzministerium
geforderten einheitlichen
Standards einigen konnte, wurde
ein Diskussionsentwurf aus dem
Finanzministerium vorgelegt.
http://www.pfizer.de/images/unternehmen/presse_bildmaterial/Beipackzettel.jpg
11
IKB-Chef Stefan Ortseifen
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm
vor, er habe in einer
Pressemitteilung vom 20.7.2007
die Lage der Mittelstandsbank aus
Düsseldorf beschönigt, um Anleger
anzulocken. Kurz nach der
Pressemitteilung stand die IKB am
Abgrund, da sie über
Zweckgesellschaften in Irland
riskante US-Hypothekenpapiere
gekauft hatte.
http://www.abendblatt.de/multimedia/archive/00371/
ortseifen_HA_Bayern_371649c.jpg
12
IKB-Chef Stefan Ortseifen
Ortseifen beharrt darauf, dass die
Pressemitteilung „inhaltlich korrekt
und nicht zu beanstanden“ sei.
Sein Anwalt betont, es „sei dem
Mandanten nicht anzulasten, wenn
sogar Analysten oder Investoren
angesichts der Komplexität die
Mitteilung falsch verstanden
hätten“ [1].
[1] SZ Nr. 119, 27.5.2010, S. 18.
http://www.abendblatt.de/multimedia/archive/00371/
ortseifen_HA_Bayern_371649c.jpg
13
Untreue in einer Welt der Untreuen
Die Untreuevorwürfe gegenüber Ortseifen sollen fallen gelassen
werden.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende soll die Bank auch dadurch
geschädigt haben, dass er Renovierungsarbeiten an der von ihm
bewohnten Vorstandsvilla vornehmen ließ.
Im Sinne des Angelegten sei jedoch zu bewerten, so die
Richterin, „dass dieser bei der Bank eine ‚lang praktizierte Übung
fortgesetzt habe’“[1] .
[1] SZ Nr. 119, 27.5.2010, S. 18.
14
Verdacht auf Finanzbetrug
Goldman Sachs hat die US Finanzbehörden wegen Finanzbetrugs
auf den Plan gerufen. Interessant daran ist nicht nur, wie
Goldman Sachs sich verhalten hat, sondern wie die gesamte
Branche dazu steht.
Gegenstand der Vorwürfe gegenüber Goldman Sachs ist, dass
sie ihren Kunden 2007 (darunter auch die deutsche IKB) ein
hochkomplexes Finanzprodukt (Abacus) verkaufte, das vorn
vornherein zum Scheitern verurteilt war.
15
Good sports? Zwischenbewertung
Jede Marktseite ist dafür
verantwortlich,
Informationsasymmetrien soweit
abzubauen, dass ein Tausch
zustande kommen kann, der für
beide Marktseiten vorteilhaft ist.
Bad sports:
„Vieles ist auf Verschleierung
angelegt“. [1]
[1] Dies ist die Überschrift eines Interviews mit dem
Anwalt Gerhard Strate, der die BayernLB und die
HSH Nordbank angezeigt hat (SZ Nr. 55, 8.3.2010,
S. 18).
16
Opportunismus
Dieses Verhalten lässt sich am
ehesten mit dem
Opportunismus-Begriff von
Oliver Williamson fassen:
Die eine Marktseite versucht
sich auf Kosten der anderen
Marktseite Vorteile zu
verschaffen – unter Einsatz von
List, Tücke und Lüge: „By
opportunism I mean selfinterest seeking with guile“
(Williamson 1985, 47).
http://groups.haas.berkeley.edu/bpp/faculty
/williamson/williamson.jpg
17
Opportunismus, Machtmissbrauch und Eigeninteresse
Nicht das Verfolgen von Eigeninteresse oder die Eigenliebe sind
ein Problem, sondern ein Verhalten, das darauf abzielt, aus den
möglichen gegenseitigen Vorteilen wirtschaftlichen Handelns
einen einseitigen Vorteil zu machen – auf der Basis von Macht
oder mit List und Tücke.
18
Opportunismus, Machtmissbrauch und Eigeninteresse
Dabei hat Goldman Sachs vermutlich auch gegen die eigenen
Geschäftsprinzipien verstoßen: Wie der Focus 17/2010, S. 120
berichtet, finden sich auf der Homepage von Goldman Sachs
noch heute 14 Geschäftsprinzipien aus den 70er Jahren. Das
erste lautet:
„Die Interessen unserer Kunden stehen immer an erster Stelle.
Unsere Erfahrung zeigt, dass wenn wir unseren Kunden dienen,
unser eigener Erfolg folgen wird.“
19
Der Umgang mit Risiko
Bei der Kreation neuer kurzfristig hoch profitabler Finanzprodukte wird
eine Komplexität erzeugt, die womöglich selbst vom Anbieter der
Produkte nicht mehr durchschaut wird.
In diesem Fall können auch die Risiken nicht mehr richtig eingeschätzt
werden:
- die entscheidungstheoretischen Voraussetzungen für die Anwendung
mathematischer Modelle zur Risikoberechnung nicht gegeben
- Rechnung mit Finanzmarktmodellen, die zu einer
Unterschätzung der Risiken führten (Kirchgässner 2009)
Auch die Rating-Agenturen haben krass fehlerhafte Einschätzungen
abgeliefert.
20
Der Umgang mit Risiko
Mathematische Modelle und
Standardisierungen täuschen
eine Genauigkeit und
Verlässlichkeit vor, „von der
sich viele haben täuschen und
verführen lassen“.
Insbesondere systemische
Risiken, die „entstehen, wenn
faule Kredite gesunde Firmen
oder Finanzinstitute anstecken
und mit nach unten ziehen“
werden ausgeblendet.
Thomas Straubhaar (HWWI)
http://www.insm-tagebuch.de/wp-content/uploads/
2008/04/insm-berater-thomas-straubhaar.jpg
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,15
18,druck_69260…
21
Fehlerhafte Spielregeln
Die Rating-Agenturen werden von den Banken bezahlt, deren
Produkte sie bewerten sollen.
In den USA haben die Behörden Ermittlungen gegen acht große
Geldinstitute (darunter die Deutsche Bank, die UBS und die
Credit Suisse) Untersuchungen eingeleitet. Die Institute stehen
unter Verdacht, „Rating-Agenturen durch falsche Informationen
zu einer Besserbewertung ihrer Hypotheken-Absicherungen
bewegt und so Anleger getäuscht“ zu haben.[1]
[1] Handelsblatt GmbH Newsletter, FinanceToday, 14.5.2010.
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Agenda
1. Hannah Arendt, Frank Knight und „good sports“
2. Eine kurze Reise in die Welt des „bad sports“
3.Frank Knight: Neoklassische Markttheorie und
„gaming behavior“
4. Hannah Arendts Theorie politischen Handelns
5. Good sports – bad sports
6. Schlussfolgerungen und Ausblick
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Problem der neoklassischen Markttheorie
Analyse lässt wenig Raum für moralische
Betrachtungen
- Individuen handeln als Nutzen- oder
Gewinnmaximierer
- Perfektes Wissen oder Risiko (Knight)
- Person-Gut-Beziehungen
- Unsichtbare Hand
24
Der Adam Smith der Wealth of Nations (1776)
Nicht vom Wohlwollen des
Metzgers, Brauers und Bäckers
erwarten wir das, was wir zum
Essen brauchen, sondern
davon, dass sie ihre eigenen
Interessen wahrnehmen.
Wir wenden uns nicht an ihre
Menschen-, sondern an ihre
Eigenliebe, und wir erwähnen
nicht die eigenen Bedürfnisse,
sondern sprechen von ihrem
Vorteil”
(Smith, 1974, S.17).
http://thebsreport.files.wordpress.com/2009/06/adamsmith1.jpg
25
Der Adam Smith der Theory of Moral Sentiments (1759)
- Aus dem „sympathisierenden Rollentausch“ (Empathie) mit
anderen Menschen entspringt das Vermögen der kritischen
Selbstreflexion der eigenen Beweggründe
- „Wir bemühen uns, unser Verhalten so zu prüfen, wie es
unserer Ansicht nach irgendein anderer gerechter und
unparteiischer Zuschauer prüfen würde“ (Smith 1985, 167).
- Smith hat den universalistischen Standpunkt der Moral als den
imaginären Standpunkt eines unbeteiligten und unparteiischen
Zuschauers veranschaulicht.
26
Bei Unsicherheit ist keine Maximierung möglich
- Wenn weder die Ergebnisse des Handelns noch ihre
Wahrscheinlichkeit bekannt ist, „wise choices must be
characterized by critical judgment“ (Emmett 1994: 283)
- Aufmerksamkeit für die explorative, nicht mechanistische Natur
des Marktprozesses
- Aus diesem Grund setzte Knight der neoklassischen Metapher
vom Marktmechanismus die Metapher des „gaming behavior“
entgegen
- Knight wollte die essenziell ethische Natur des Handelns in
Markten deutlich machen
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Agenda
1. Hannah Arendt, Frank Knight und „good sports“
2. Eine kurze Reise in die Welt des „bad sports“
3. Frank Knight: Neoklassische Markttheorie und
„gaming behavior“
4.Hannah Arendts Theorie politischen Handelns
5. Good sports – bad sports
6. Schlussfolgerungen
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Die politische Handlungstheorie von Hannah Arendt
Freiheit
Pluralität
Freiheit bedeutet die Fähigkeit,
etwas Neues und Unerwartetes
in die Welt zu bringen.
Handeln erfordert Pluralität.
Ohne die Präsenz und die
Anerkennung der anderen
verliert das Handeln seinen
Sinn oder seine symbolische
Bedeutung.
Nach Canovan (1998, vii) ist
Arendt „preeminently the
theorist of beginnings. All her
books are tales of the
unexpected (…), and reflections
on the human capacity to start
something new pervade her
thinking“.
29
Zwei Schnittstellen zu ethischem Handeln in Märkten
- Arendt war auf der Suche
- In Gesellschaft mit sich selbst
nach einem „utopia of political
im Zwiegespräch
action, a kind of New Athens“
(Canovan 1998, 8)
- Ethik als Reflexionsarbeit
- Handeln ist die zentrale
politische Aktivität
- Die Vita Activa: Labor, Work,
Action
30
„Gerade die wenigen moralischen Sätze, die angeblich
alle besonderen Vorschriften und Gebote
zusammenfassen, wie etwa
‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst’ oder ‚Was du
nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem
Andern zu’ und schließlich Kants berühmte Aussage:
Handle so, dass die Maxime deines Handelns ein
allgemeines Gesetz für alle vernünftigen Wesen
werden kann –
sie alle haben das Selbst und damit das Zwiegespräch
des Menschen mit sich selbst zum Maßstab“ (Arendt
2009, 48, Hervorhebung im Original).
31
Das Zwiegespräch
Das Zwiegespräch ist auch eine Quelle der
persönlichen Entwicklung und Veränderung: „wenn
sich jemand an mich wendet, dann muß ich mit ihm
und nicht mit mir sprechen, und indem ich das tue,
ändere ich mich“ (Arendt 2009, 82).
Dieser andere kann im Fall des „Zwei-in-einem-Seins“
auch das „andere Selbst“ (ebd.) sein.
32
Das Zwiegespräch
Als moralische Person ist auch die sich selbst liebende Person
nicht verlassen (Arendt 2009, 81). Im stummen Zwiegespräch
mit sich selbst ist der Mensch einsam, aber nicht verlassen.
Der Mensch muss in der Zukunft weiterhin mit sich selbst
zusammenleben können: „Wenn ich Unrecht tue, bin ich dazu
verdammt, in unerträglicher Intimität mit einem Unrechttuenden
zusammenzuleben; ich kann ihn nie loswerden“ (ebd., 70).
33
Denken als ethische Reflexion
Bezüglich des Denkens geht es weniger um das Was als um das
Wie (Arendt 2009, 86 f.).
„Denken heißt prüfen und befragen; immer ist damit das
Zerschmettern von Götzen, das Nietzsche so begeisterte,
verbunden“ (ebd., 89).
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Zwei Schnittstellen zu ethischem Handeln in Märkten
- Arendt war auf der Suche
- In Gesellschaft mit sich selbst
nach einem „utopia of political
im Zwiegespräch
action, a kind of New Athens“
(Canovan 1998, 8)
- Ethik als Reflexionsarbeit
- Handeln ist die zentrale
politische Aktivität
- Die Vita Activa: Labor, Work,
Action
35
Action:
„Action, the only activity that goes on directly between men
without the intermediary of things or matter, corresponds to
the human condition of plurality, to the fact that men,
not Man, live on the earth and inhabit the world“ (Arendt 1998, 7).
Work:
Welt der Artefakte, mit denen sich die Menschen
umgeben und denen sie ihren Stempel aufdrücken können
Labor:
„Labor is the activity which corresponds
to the biological process of the human body (…).
The human condition of labor is life itself“
(Arendt 1998, 7).
36
Markthandeln als politisches Handeln?
Vermutlich war es für Arendt nicht denkbar, dass wir
innerhalb der Marktbeziehungen aus den Zwängen
der reinen Existenzerhaltung (labor) und aus unseren
engen Rollenmustern (work) ausbrechen und quasi
zur höchsten Realisation der „vita activa“ – der
Offenbarung unserer Identität und die Bestätigung
unserer Befähigung zur Freiheit – durch Handeln
(action) gelangen können.
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Agenda
1. Hannah Arendt, Frank Knight und „good sports“
2. Eine kurze Reise in die Welt des „bad sports“
3. Frank Knight: Frank Knight: Neoklassische
Markttheorie und „gaming behavior“
4. Hannah Arendts Theorie politischen Handelns
5.Good sports – bad sports
6. Schlussfolgerungen
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„A society of mutual benefactors“
„Exchange in the real world is based on unequal evaluations of
goods and expectation of being better off. It is a matter of two
people who give each other gifts in their own self-interest“ [1].
[1] http://mises.org/daily/4427 (25.5.2010), S.2.
39
Kooperation und Fairness
Die Realisation der eigenen Interessen ist nur möglich in der
Interaktion mit anderen Menschen (oder Organisationen).
Wenn man die Betrachtung auf das Markthandeln reduziert,
dann ist die Lösung der Kooperationsaufgabe erstens damit
verbunden, einen Tauschgewinn zu erwirtschaften und zweitens,
ihn fair zu verteilen.
Die Durchführung von „good sports“ oder die Beteiligung daran
erfordert eine moralische Betrachtung.
40
Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil
Dabei gilt es die Balance zu finden und zu erhalten zwischen
dem individuellen Ziel am Gewinnen eines Spiels und dem
gesellschaftlichen Interesse an der Fortsetzung des Spiels: „If
the moral quality of play is sacrified for the sake of winning,
something essential is lost from the game itself“ (Emmett 1994,
278).
Interessenkonflikte können nur mit Bezug auf den Sinn des
Spiels gelöst werden. Deshalb muss auch ein Spieler den Sinn
des Spiels verstanden haben und die Erhaltung oder Entwicklung
des Spiels im Blick behalten.
41
Beispiel von Goldman Sachs bzw. deren Produkt Abacus:
Statt „mutual benefit“: „benefit for one“
Wer sich so verhält zeigt, dass er den Sinn des Spiels nicht
verstanden hat und dass er kein Interesse daran hat, sich auf
lange Sicht als glaubwürdiger Spieler zu etablieren. Er ist in
diesem Sinn nicht Spiel-fähig und in einem Arendtschen Sinn
weder Handlungs- noch Freiheits-fähig.
42
„Ethische Verwahrlosung“ ist ein Systemattribut
Mitspieler:
als Nutznießer als auch als Verlierer an „bad sports“ beteiligt.
Trainer, Zuschauer, teilweise auch die Schiedsrichter:
Mitwirkende an den „practices“, die ein Marktgeschehen
kennzeichnen
43
In den Zeiten der Krise …
In Krisenzeiten, sagt Arendt, hilft die Sokratische Moral sehr gut weiter.
Sie hilft dem einzelnen, Recht tun von Unrecht tun zu unterscheiden
und daher weiter mit sich zusammen sein zu können, es sich mit sich
aushalten zu können.
Der Wille steht als Schiedsrichter zwischen Begehren und Vernunft. Die
Quelle des Moralgesetzes ist der freie Wille, nicht die Natur (Physis),
nicht die Konvention (Nomos).
Handeln realisiert unsere Fähigkeit zur Freiheit (vgl. Passerin d’Entreves
2006). Dies kann die Unterbrechung von Routineaktivitäten oder
„practices“ sein.
Durch Selbstbindungen „islands of predictability“ in einem „ocean of
uncertainty“ schaffen (Canovan 1998, xix)
44
In den Zeiten der Krise …
Adam Smith:
Durch die Einnahme des Standpunktes eines verallgemeinerten,
idealen Zuschauers gewinnen wir eine Unabhängigkeit von den
Konventionen und Gebräuchen des sozialen Umfeldes
(moralische Autonomie laut Kant).
45
Agenda
1. Hannah Arendt, Frank Knight und „good sports“
2. Eine kurze Reise in die Welt des „bad sports“
3. Frank Knight: Neoklassische Markttheorie und
„gaming behavior“
4. Hannah Arendts Theorie politischen Handelns
5. Good sports – bad sports
6.Schlussfolgerungen und Ausblick
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Schlussfolgerungen und Ausblick
Arendt:
Ohne kritische Bewertung der Vergangenheit sind unsere
Erfahrungen unsicher und unsere Identität fragil
Die Finanzkrise ist kein Betriebsunfall, sie ist systemisch
-> die Akteure handeln weiterhin so, wie sie es gelernt und
eingeübt haben
Was sagt die Wirtschaftswissenschaft?
-> Warum reden wir so viel über Effizienz und Effektivität, aber
so wenig über Fairness, Gerechtigkeit etc.?
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Game over?
- April 2010: das Spiel mit zweifelhaften Immobilienkrediten
läuft in den USA wieder an
- Die Federal Housing Administration (FHA) reicht täglich
Garantien für 6000 neue Bankdarlehen raus (3x so viele wie
vor dem Crash), 700 Mrd. Dollar Hypotheken
- Diese staatlich sanktionierten Kredite werden gebündelt und in
alle Welt vertrieben
48
Literatur
Arendt, Hannah (2009): Über das Böse: Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik.
München, Zürich: Piper.
Arendt, Hannah (19982): The Human Condition. Chicago, London: The
University of Chicago Press.
Canovan, Margaret (1998): Introduction. In: Arendt, Hannah (19982): The
Human Condition. Chicago, London: The University of Chicago Press, vii-xx.
Emmett, Ross B. (1994): Maximizers versus Good Sports: Frank Knight‘s Curious
Understanding of Exchange Behavior. In: De Marchi, Neil/Morgan, Mary S.
(Hrsg.): Higgling: Transactors and their Markets in the Histoty of Economics.
Durham, London: Duke University Press: 276-292.
Kirchgässner, Gebhard (2009): Die Krise der Wirtschaft: Auch eine Krise der
Wirtschaftswissenschaften? Perspektiven der Wirtschaftspolitik 10 (4): 436-468.
Passerin d‘Entreves, Maurizio (2006): Hannah Arendt. Stanford Encyclopedia of
Philosophy. http://plato.stanford.edu/entries/arendt/ (Zugriff am 17.5.2010)
Smith, Adam (1974): Der Wohlstand der Nationen: Eine Untersuchung seiner
Natur und seiner Ursachen, München (Engl. Original: An Inquiry into the Nature
and Causes of the Wealth of Nations, 1776).
Smith, Adam (2004): Theorie der ethischen Gefühle, übers. u. hrsg. v. Walther
Eckstein. Hamburg: Meiner (Engl. Original: The Theory of Moral Sentiments,
1759).
Williamson, Oliver E. (1985): The Economic Institutions of Capitalism. New York,
London: The Free Press.
49
Fußball, Fairness, Freiheit*
http://www.passion-southafrica.com/wm2010/img/young-Fans.jpg
* Süddeutsche Zeitung für Kinder. Ein Heft über die Weltmeisterschaft in Südafrika, Mai 2010
50
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