WS 2005/06 Entwicklung sozialer Kompetenzen in Kindheit und Jugend Doris Bischof-Köhler LMU Psychologisches Institut www.bischof.com © Doris Bischof-Köhler Hauptfachpsychologen: Seminar: 4 Pkte nach Anlage 2 oder 3 DPO Schulpsychologen Nebenfachstudierende: Proseminarschein Klausur und regelmäßige Teilnahme Doris Bischof-Köhler: Zusammenhänge zwischen kognitiver, motivationale und emotionaler Entwicklung in der frühen Kindheit und im Vorschulalter. In H. Keller (Hrsg.) Lehrbuch Entwicklungspsychologie. Bern: Huber, 1998, Kap IV.1 D. Bischof-Köhler: Spiegelbild und Empathie. Die Anfänge der Sozialen Kognition. Bern: Huber 1993 (vergriffen) D. Bischof-Köhler: Kinder auf Zeitreise. Theory of Mind, Zeitverständnis und Handlungsorganisation. Bern: Huber 2000 Entwicklung sozialer Kompetenzen • Motivational-emotionale Entwicklung • Kognitive Entwicklung • Entwicklung der sozialen Kognition Moralische Entwicklung • Entw. d. Selbstverständnisses Motivationsinhalte Spielen, Erkundung von Neuem, Beziehung zum Vater, Sicherheit Beziehung zur Fremdperson 1. Phase: Flucht, Furcht, Fremdenreaktion Nachhaltige Beeinträchtigung der Sicherheit 2. Phase: Kontaktaufnahme, Faszination, Ambivalenz Fluktuieren zwischen Sicherheit und Erregung Instrumentalisierung der Bezugsperson Motivationsinhalte, Forts. Aufmerksamkeit auf sich lenken, Imponieren, Ansehen gewinnen, Geltungsmotiv Durchsetzung bei Konflikten: Selbsterweiterung, Selbstbehauptung Machtkampf, Etablieren einer Rangposition, Dominanz (Provokation) und Unterwerfung Mittel: Aggression, Supplikation (Hilfesuchen), Invention Ursachen Verhaltensunterschiede • Beziehung zur Bezugsperson als Sicherheitsquelle • Unmittelbare Vorgeschichte: „Platzhirsch“ • Vorerfahrung mit Gleichaltrigen • Temperament • Entwicklungsalter Soziale Motivation reguliert auf andere Personen gerichtetes und durch sie ausgelöstes Verhalten Motivthematiken: • Umgang mit vertrauten Personen: Sicherheitssystem • Umgang mit fremden Personen: Erregungssystem • Durchsetzung bei Konflikten, Dominanz, Geltung: Autonomiesystem • Prosoziale Motivationen • Sexualität Niveaus der Verhaltensanpassung I Vor Menschenaffen: Vorrationale Verhaltenssteuerung Wahrnehmung, Instinkte, Affekte (Emotionen), Gedächtnis (Lernen) II Menschenaffen: Mentales Probehandeln Vorstellungstätigkeit, „Einsicht“ III Spezifisch Mensch: Rationale Handlungsplanung Basaler Motivationsprozess Organismus Wahrn. (Detektor) Situation Lage Istwert Bedürfnis/ Toleranz. Sollwert Motorik (Bewegungskoodination) Antrieb Appetenz Aversion Verhalten Basale Komponenten motivierten Verhaltens Wahrnehmung der Lage (exogene Komponente) Detektoren für relevante Umweltgegebenheiten Bedürfnis /Toleranz (endogene Komponente) für bestimmte Befindlichkeiten Antrieb: Resultante aus Lage u. Bedürf./Tol. Ausrichtung als Appetenz oder Aversion Motorik: Bewegungskoordinationen Vorprogrammierte Bewegungsmuster Kognition im weiteren Sinn: Alle Kompetenzen, die es einem Lebewesen ermöglichen, relevante Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen (also auch Wahrnehmungen, Emotionen) „relevant“ = für erfolgreiche Anpassung an Umweltgegebenheiten Kognition im engeren Sinn: Denken in Vorstellungen und Begriffen, Vernunft, Problemlösen durch rationale Einsicht Copingstrategien Bewältigung von Probleme Überwindung von Barrieren Invention: Ausweg suchen Umweghandlung vornehmen Aggression: Barriere zertrümmern Hindernis beseitigen = Frustrationsaggression Supplikation: Um Hilfe suchen Emotionen Funktionale Definition: Vorrationale Steuer- und Bewertungsmechanismen, die das Verhalten ausrichten und ratiomorphe (einsichtsanaloge) Kenntnisse vermitteln. Phänomenologische Definition: Weise, wie das gesamte motivierte Geschehen unreflektiert zu Bewußtsein Kommt. Entwicklungsprozesse Reifung: Eine Anpassungsleistung entsteht, ohne vorherige Erfahrung mit dem Objekt/der Situation der Anpassung Z.B. die Fähigkeit Emotionen zu erleben Lernen: Die Entwicklung einer Anpassungsleistg setzt Erfahrung mit dem Objekt/ der Situation der Anpassung voraus Z.B. der Gegenstand von Emotionen 1. Niveau der Verhaltensanpassung Vor Menschenaffen: Vorrationale Verhaltenssteuerung Wahrnehmung, Instinkte, Affekte/Emotionen Gedächtnis (Lernen), Motorik Kind: Sensumotorische Phase (Piaget) Geburt bis Mitte des 2. Lj. Emotionale Verhaltenssteuerung N. Bischof: Zürcher Modell der sozialen Motivation: Sicherheitssystem Reguliert Verhalten gegenüber vertrauten Personen/Objekten/Situat. Erregungssystem Reguliert Verhalten gegenüber fremden Personen/Objekten/Situat. Autonomiesystem Die Unterscheidung von Fremd und Vertraut ist eine basale Dimension des Sozialverhaltens Problem: Wie kann man Altruismus bei Tieren erklären? Altruismus: Verhalten, das dem Spender Kosten bereitet und dem Empfänger Nutzen bringt Kosten = Einbuße an Nachkommen Nutzen = Förderung von Nachkommen Wie kann sich eine altruistische Anlage genetisch durchsezten, ohne durch egoistische Schmarotzer ausgenutzt zu werden und dadurch unterzugehen? Altruistisches Verhalten muß sich auf Verwandte beschränken, weil diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls über eine altruistische Anlage verfügen. Wie erkennen Tiere Verwandtschaft? Vertrautheit ist ein Indiz für Verwandtschaft. Unter natürlichen Umständen gehören Individuen, die einem von Geburt an vertraut sind, zur Familie. Fremde dagegen sind in der Regel nicht verwandt, es ist deshalb unsicher, ob sie über eine altruistische Anlage verfügen Sicherheitssystem Reguliert Verhalten gegenüber vertrauten Personen/Objekten/Situationen Typus- Relevanz detektor Appetenz/Aversion Vertraut Individ.- heit Sicher Zuneig/Überdruß detektor heit KIND Nähe Bedürfn./Tol. Abhängigkeit Akklimtisation Handlung altersspezif. Sollwert Ausdruck Coping Invention Aggression Supplikation Nähedetektor Motorik Erregungssystem Reguliert Verhalten gegenüber fremden Personen/Objekten/Situationen Typusdetektor Relevanz Appetenz/Aversion Neugier/Furcht Bindg/Überdruß ErreVer- SicherIndivid.- Fremddetektor trauth heit heit gung Nähe Bedürfn./Tol. Unternehmungslust Abhängigkei Akklimtisation Handlung altersspezif. Sollwert Ausdruck Coping Invention Aggression Supplikation Nähedetektor Motorik Soziale Kompetenzen im 1. Lj. 1. Fähigkeit, emotional adäquat auf Situationen zu reagieren Emotionen: Freude, Interesse, Erschrecken, Unbehagen, Ärger, Ekel, Überdruß, Trauer/Kummer, Furcht/Angst Kind Wahrn. Situation Emo Ausdr. Soziale Kompetenzen im 1. Lj. 2. Adäquate Reaktion auf Gefühlsausdruck beim anderen Kind Emo der Andere Wahrn. Emo Ausdr. Emo der Andere ? Wahrn. Ausdr. Soziale Kompetenzen im 1. Lj. 3. Gefühlsansteckung durch den Ausdruck des anderen. Gefühlsansteckung: Emotionales Mitempfinden ohne Einsicht, daß das Gefühl sich von einem anderen überträgt. Ethologie: „Stimmungsübertragung“ Dient der Synchronisation von Motivlagen . Theorien zur Gefühlsübertragung 1) Assoziation 2) Konditionierung 3) Idemotorisches Gesetz (Th. Lipps) (Carpenter Effekt) 4) Direkte Induktion Wahrn. Wahrn. Situation Assoziation Emo Ausdr. Emo der Andere Wahrn. Wahrn. Emo Assoziation Ausdr. der Andere Situation Konditionierung der Andere Konditionierung Emo der Andere Nachahmung Wahrn. Emo kinästh. Ideomotorisches Gesetz Ausdr. Emo Wahrn. Emo Direkte Induktion Ausdr. Soziale Kompetenzen bei 9 bis 12Monatig. Social referencing/ Rückversicherung: Rasches Hinblicken zur Bezugsperson bei emotional erregenden Situationen, z.B. Auftauchen von etwas Unbekanntem Erklärung? • Sicherheitsappetenz • Übernahme der Einstellung der Bezugsperson durch Gefühlsansteckung