Die Entwicklung des Körperbegriffs

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Die Entwicklung des Körperbegriffs
Präsentation erstellt
von: Marina Müller
Gliederung
Vorgeschichte
 Explizite Einführung des Körperbegriffs
 Axiomatisierung
 Bezug zur modernen Algebra


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Biographien der Hauptakteure
Vorgeschichte
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

3
großer Zusammenhang: Entwicklung der Galoistheorie im 19.
Jahrhundert
Ausgangspunkt für Galois: Gaußsche Theorie der Kongruenzen modulo p (p Primzahl)
 Gauß hatte nachgewiesen, dass die Restklassen mod p
addiert und multipliziert werden können und sich bzgl. dieser
Verknüpfungen genauso verhalten wie die rationalen Zahlen,
also einen Körper bilden (ohne den Körperbegriff zu
benutzen)
Kronecker beschäftigte sich mit Galoisschem Werk: Konzentration auf Aufklärung der körpertheoretischen Aspekte des
Auflösungsproblems algebraischer Gleichungen mit
Radikalen
 Basis: Kummers Theorie der idealen Zahlen (Ideale)
Vorgeschichte
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
4
 Kronecker wollte arithmetische Studien mit algebraischen
Untersuchungen zur Galoistheorie verbinden und vereinigte die
in beiden Gebieten enthaltenen impliziten Vorstellungen zum
Körperbegriff
 erkannte dabei zentrale Rolle des Körperbegriffs für Algebra
und Zahlentheorie
1856: 2. Abhandlung Kroneckers: Konzentration auf reelle
Erweiterungskörper der rationalen Zahlen
 deutliche Hervorhebung des (impliziten) Körperbegriffs
Dedekind arbeitete am gleichen Untersuchungsgegenstand,
hatte aber völlig andere Grundauffassung
Vorgeschichte
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5
Grundauffassung Kronecker:
 Anhänger einer konstruktiven Herangehensweise an die
Begründung der Mathematik
 mathematische Begriffsbildungen und Beweise sollten in
endlich vielen Schritten nachvollziehbar sein und im
Ergebnis zur Konstruktion des jeweiligen Objekts führen
 unannehmbar: Definition von Begriffen mit Hilfe
unendlicher Mengen ohne Angabe, wie man von einem
Objekt entscheiden kann, ob es zur Menge gehört
 Hauptziel: irrationale Zahlen zu vermeiden und die
gesamte Mathematik auf ganze Zahlen und damit
unmittelbar verknüpften Gesetzen/ Begriffen zu
begründen (d.h. arithmetisieren)
Vorgeschichte
Grundauffassung Dedekind:
 einer der Schöpfer der modernen Mengenlehre
 hat mit seinen Vorstellungen, grundlegende Begriffe der
Mathematik als Mengen mit Struktur zu bestimmen und
sie durch innere Eigenschaften zu charakterisieren, am
strukturellen Wandel der Zeit mitgewirkt
 hat frühzeitig erkannt, dass die Darlegung mathematischer Sachverhalte/ Zusammenhänge mit dem Übergang zu abstrakteren Begriffen größere Klarheit und
mathematische Strenge gewinnen kann
trotz Konkurrenz respektvoller Umgang von Dedekind und
Kronecker miteinander
-
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Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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7
1871: Herausgabe der zahlentheoretischen Vorlesungen von
Dirichlet durch Dedekind, versehen mit eigenen Supplementen (u. a. Untersuchungen über algebraische Zahlen)
 Verbindung der Gaußschen Ideen mit modernen
Denkweisen, Verallgemeinerung
 X. Supplement der 2. Auflage enthält erste „Körperdefinition“, Überarbeitung bis zur 4. Auflage (dann XI. Supplement)
Dedekind präsentierte vollständige Theorie und eröffnete
einen völlig neuen Blick auf die Dinge
Dedekind wollte „einen Begriff einführen, welcher wohl
geeignet scheint, als Grundlage für die höhere Algebra und
die mit ihr zusammenhängenden Teile der Zahlentheorie zu
dienen“.
(Dedekind, 21871, S. 424.)
Explizite Einführung des
Körperbegriffs


Begriffsdefinition des Körpers inkl. seiner Eigenschaften steht
am Anfang der Untersuchungen über algebraische Zahlen
1. Definition Dedekinds (2. Auflage):
„Unter einem Körper wollen wir jedes System von unendlich
vielen reellen oder complexen Zahlen verstehen, welches in
sich so abgeschlossen und vollständig ist, dass die Addition,
Subtraction, Multiplication und Division von je zweien dieser
Zahlen immer wieder eine Zahl desselben Systems
hervorbringt. Der einfachste Körper wird durch alle
rationalen, der größte Körper durch alle [komplexen] Zahlen
gebildet.“
(Dedekind, 21871, S. 424.)
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Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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Umformulierung bis zur Herausgabe der 4. Auflage:
„Ein System A von reellen oder complexen Zahlen a soll ein
Körper heißen, wenn die Summen, Differenzen, Producte und
Quotienten von je zwei dieser Zahlen a demselben System A
angehören.
Dieselbe Eigenschaft sprechen wir auch so aus, dass die
Zahlen eines Körpers sich durch die rationalen Operationen
(Addition, Subtraction, Multiplication, Division) reproduciren.
Hierbei sehen wir es als selbstverständlich an, dass die Zahl
Null niemals den Nenner eines Quotienten bilden kann;
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
wir setzen deshalb auch immer voraus, dass ein Körper
mindestens eine von Null verschiedene Zahl enthält, weil sonst
von einem Quotienten innerhalb dieses Systems gar nicht
gesprochen werden könnte.
Offenbar bildet das System R aller rationalen Zahlen einen
Körper, und dies ist der einfachste oder, wie man auch sagen
kann, der kleinste Körper, weil er in jedem anderen Körper A
vollständig enthalten ist.“
(Dedekind, 41871, S. 452f.)
 erstmals explizite Körperdefinition, bei der der Körper selbst
und nicht seine Elemente Gegenstand der Betrachtung waren
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Explizite Einführung des
Körperbegriffs

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heutige Körperdefinition:
„Ein Körper besteht aus einer Menge K von Elementen zusammen
mit zwei Verknüpfungen + und •, die je zwei Elementen x, y є K
wieder ein Element x+y bzw. x•y von K zuordnen. Damit eine solche
Struktur Körper genannt wird, müssen die folgenden drei Gruppen
von Gesetzen für alle x, y, z є K erfüllt sein:
1. Gesetze der Addition:
Assoziativität: (x + y) + z = x + (y + z)
Existenz und Eindeutigkeit des neutralen Elements: Es gibt
genau ein Element von K, das wir 0 („Nullelement“) nennen, für das
gilt: 0 + x = x.
Existenz und Eindeutigkeit inverser Elemente: Zu jedem x gibt
es genau ein Element, das –x nennen, für das gilt: x + (-x) = 0.
Kommutativität: x + y = y + x
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
2. Gesetze der Multiplikation:
Assoziativität: x•(y•z) = (x•y)•z
Existenz und Eindeutigkeit des neutralen Elements: Es gibt
genau ein vom Nullelement verschiedenes Element, das wir 1
(„Einselement“) nennen, für das gilt: 1•x = x•1 = x.
Existenz und Eindeutigkeit inverser Elemente: Zu jedem x ≠ 0
existiert genau ein Element, das wir x-1 nennen, für das gilt:
x•x-1 = 1 = x-1•x.
Kommutativität: x•y = x•y
3. Distributivgesetz:
x•(y + z) = x•y + x•z
(Beutelspacher, 62003, S. 24f.)
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Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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im Vergleich zur heutigen Körperdefinition fehlen Dedekinds
Version z. B. Existenz und Eindeutigkeit des inversen
Elementes für Addition bzw. Multiplikation
 begründet durch die Tatsache, dass Dedekind sich nur mit
Zahlkörpern (Unterkörper der komplexen Zahlen, also z. B. der
Körper der reellen Zahlen) beschäftigte, diese Bedingungen
also sowieso erfüllt waren
Explizite Einführung des
Körperbegriffs

Begründung des Namens: „Dieser Name soll, ähnlich wie in
den Naturwissenschaften, in der Geometrie und in der
menschlichen Gesellschaft, auch hier ein System bezeichnen,
das eine gewisse Vollständigkeit, Vollkommenheit,
Abgeschlossenheit besitzt, wodurch es als ein organisches
Ganzes, als eine natürliche Einheit erscheint.“
(Dedekind, 41893, S. 452.)

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Dedekind behandelte – wie bereits gesagt – nur Zahlkörper
und definierte in diesem Zusammenhang weitere wichtige
Begriffe für die Teilbarkeitslehre (wie Divisor, Multiplum
(Vielfaches), größter gemeinschaftlicher Divisor und kleinstes
gemeinschaftliches Multiplum)
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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 Bsp.: Definition ,Divisor eines Körpers‘: Ein Körper A wird
Divisor des Körpers B genannt, wenn alle in A enthaltenen
Zahlen auch in B liegen, d. h. der Divisor A ist ein
Unterkörper von B.
Dedekind betrachtete endliche algebraische Erweiterungen
des Körpers der rationalen Zahlen und beschäftigte sich in
diesem Zusammenhang auf abstrakter Ebene wieder mit
Problemen der Gleichungslösbarkeit in Radikalen
(Galoistheorie)
Körpererweiterungen sind (nach Dedekind) Körper, die nur
eine endliche Anzahl von Divisoren haben, Bezeichnung:
endliche Körper
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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Konzept algebraischer Zahlenkörper in Dedekinds Arbeit
lediglich Durchgangspunkt auf dem Weg zur Einführung und
Diskussion der zugehörigen Ringe ganzer algebraischer
Zahlen und ihrer Ideale und Primideale
 Konzept des algebraischen Zahlenkörpers 10 Jahre später
von Paul Bachmann in die Galoistheorie übernommen
Dedekind vertrat Minderheitenposition innerhalb der zeitgenössischen Algebra, da seine Auffassung sehr strukturorientiert war
1881: Kronecker veröffentlichte eigene Darstellung der
Galoistheorie, die in Umrissen eine großangelegte Theorie
algebraischer Funktionenkörper (Körper, der nur aus
Funktionen besteht, Zahlkörper als Spezialfall) enthält
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
 gilt bis heute als sehr schwer lesbar, auch Dedekind hatte
große Probleme und forderte systematische Ausarbeitung
 Kronecker lehnte Begriff „Körper“ ab, da seiner Meinung
nach dadurch für die Zahlengröße eine Vorstellung assoziiert
werden können, die stärker auf die Anordnung als Maßgröße
Bezug nimmt als auf die algebraischen Eigenschaften
 Kronecker definierte für seine Arbeiten „Rationalitätsbereich“ als Grundbegriff:
„Der Rationalitäts-Bereich (R´, R´´, R´´´, ...) enthält, wie schon
die Bezeichnung deutlich erkennen lässt, alle diejenigen
Größen, welche rationale Functionen der Grössen R´, R´´, R´´´,
... mit ganzzahligen Coefficienten sind.“
17
(Alten u. a., 2003, S. 509.)
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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 Dedekind selbst sagte in der 4. Auflage der Dirichlet-Vorlesungen dazu: „Der [Körper-] Begriff fällt im Wesentlichen
zusammen mit dem, was Kronecker einen Rationalitätsbereich
genannt hat.“
(Dedekind, 41893, S. 452.)
nach Kenntnissen der modernen Algebra lassen sich
bestimmte Analogien zwischen beiden Theorien erkennen, die
allerdings auf den Dedekindschen mengentheoretischen
Begriffen (wie z. B. Ideal) beruhen, welche Kronecker ablehnte
Dedekinds Theorie steht der Entwicklung der modernen
Algebra als Lehre von den algebraischen Strukturen wesentlich
näher als die Kroneckers
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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Kroneckers Ideen verbreiteten sich trotz der schweren
Lesbarkeit durch seine Vorträge und Vorlesungen
 zu Beginn des 20. Jahrhunderts genoss Kroneckers Entwurf
stärkere Beachtung und Verbreitung als die abstrakten Begriffe
Dedekinds
auch Dedekind untersuchte nicht nur Zahlkörper, sondern stieß
auch auf analoge Aussagen in Funktionenkörpern
1882: Veröffentlichung einer von Dedekind und Heinrich Weber
gemeinsam ausgearbeiteten Arbeit über die „Theorie der
algebraischen Functionen einer Veränderlichen“
 bahnbrechende Arbeit, mit der der Körperbegriff in weitere
algebraische Gebiete außer der Zahlentheorie einzog
Explizite Einführung des
Körperbegriffs
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 Untersuchungen zu algebraischen Strukturen (wie Ideal und
Körper) vereinten zentrale Fragestellungen der Zahlentheorie
und der Algebra
Kronecker lieferte durch weitere Betrachtungen wesentlichen
Beitrag bei Herausbildung des abstrakten Körperbegriffs, da er
damit die Reihe der Beispiele, die einen Anreiz zum abstrakten
Körperbegriff boten, erweiterte
 verwendete dabei aber seinen Begriff des Rationalitätsbereichs
Axiomatisierung
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1873: Weber veröffentlichte Arbeit, die zunehmende
Vertrautheit mit den körpertheoretischen Begriffen zeigte
1893: Weber veröffentlichte „Die allgemeinen Grundlagen der
Galoisschen Gleichungstheorie“
- Ziel: möglichst allgemeine Begründung der Galoistheorie:
„Im Folgenden ist der Versuch gemacht, die Galois´sche
Theorie der algebraischen Gleichungen in einer Weise zu
begründen, die soweit möglich alle Fälle umfasst, in denen
diese Theorie angewandt ist. Sie ergiebt sich hier als eine
unmittelbare Consequenz des zum Körperbegriff erweiterten Gruppenbegriffs, als ein formales Gesetz ganz ohne
Rücksicht auf die Zahlenbedeutung der verwendeten
Elemente. [...]
Axiomatisierung
Ich beginne, um vollständig klar zu sein, mit einer genauen
Begriffsbestimmung des Gruppen- und Körperbegriffs,
wobei besonders der Körperbegriff so gefasst ist, dass er
auch auf Gebilde anwendbar ist, die bisher unter diesem
Namen nicht mitbezeichnet waren, die aber doch alle für
unsere Frage entscheidenden Merkmale besitzen, nämlich
die endlichen Körper, im eigentlichen Sinn, d. h. Körper die
nur aus einer endlichen Anzahl von Elementen bestehen.“
(Weber, Mathematische Annalen 43, S. 526.)
-
22
zuerst axiomatische Definitionen von Gruppe und Körper
Axiomatisierung
23
 Körperbegriff ist dem der Gruppe untergeordnet:
„Eine Gruppe wird zum Körper, wenn ihr zwei Arten der
Composition möglich sind, von denen die erste Addition, die
zweite Multiplication genannt wird.
Diese allgemeine Bestimmung müssen wir aber noch etwas
einschränken:
1. Wir setzen voraus, dass beide Arten der Composition
commutativ seien.
2. Die Addition soll den Bedingungen 1., 2., 3. und 4.
allgemein genügen. Das Einheitselement für diese Art der
Composition wird Null genannt und mit 0 bezeichnet. Das
aus a und b durch Addition zusammengesetzte Element
wird mit a + b bezeichnet.
Axiomatisierung
24
Ist a irgendein Element, so wird das nach der ersten Compositionsart entgegengesetzte Element mit –a bezeichnet,
und für a + (-b) wird a – b geschrieben. Die dadurch ausgedrückte Verknüpfung der Elemente a und b heisst Subtraction.
3. Die zweite Art der Composition, ist die Multiplication, die
durch einfaches Nebeneinandersetzen der Componenten
ab, oder auch durch a . b oder a x b bezeichnet wird. Wir
brauchen auch die Ausdrücke Product, Factoren in üblicher
Weise.
4. Die beiden Arten der Composition sollen durch folgende
Gesetze miteinander verknüpft sein:
α) a (-b) = -ab
β) a(b + c) = ab + ac
[...]“
(Weber, Mathematische Annalen 43, S. 526.)
Axiomatisierung
Beispiele für Körper: rationale Zahlen, algebraische
Zahlkörper, endliche Körper
 Weber rückte Theorie einer bestimmten Klasse von
Körpererweiterungen in den Mittelpunkt der Galoistheorie
(ebenso wie Dedekind in der 4. Auflage der Dirichletschen
Vorlesungen)
 noch kein Studium der Körper an sich als algebraische
Objekte, die körpertheoretischen Untersuchungen blieben dem
Ziel untergeordnet, die Galoistheorie möglichst allgemein zu
formulieren
1895/96 erschien Webers „Lehrbuch der Algebra“, das
deutlichen Einfluss auf Verbreitung der abstrakten Definitionen
und Auffassungen der algebraischen Objekte ausübte
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25
Axiomatisierung
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26
 beeinflusste mehr als eine Generation von Mathematikern
1910: Ernst Steinitz vollzog mit der Arbeit „Algebraische
Theorie der Körper“ einen wichtigen Schritt in Richtung der
abstrakten Algebra
- Buch mit 4 Kapiteln: Grundlagen, dann algebraische,
unendlich algebraische und transzendente Erweiterungen
- knüpft begrifflich an Arbeit Webers zur Galoistheorie an
- hat Körperbegriff selbst als abstrakte algebraische Struktur
zum Untersuchungsgegenstand:
„Während aber bei Weber das Ziel eine allgemeine, von der
Zahlenbedeutung der Elemente unabhängige Behandlung
Axiomatisierung
-
27
der Galoisschen Theorie ist, steht für uns der Körperbegriff
selbst im Mittelpunkt des Interesses. Eine Übersicht über alle
möglichen Körpertypen zu gewinnen, und ihre Beziehungen
untereinander in ihren Grundzügen festzustellen, kann als
Programm dieser Arbeit gelten.“
(Steinitz, 1950, S. 5.)
Körperdefinition Steinitz:
„Bisher haben wir die beiden Kompositionsgesetze keiner
weiteren Bedingung als der der Eindeutigkeit unterworfen.
Führen wir weitere Bedingungen ein, so gelangen wir zu
besonderen Arten von Systemen mit doppelter Komposition.
Unter diesen sind von besonderer Wichtigkeit die Rationalitätsbereiche (Kronecker) oder Körper (Dedekind), Systeme,
welche die nachstehenden 7 Bedingungen erfüllen:
Axiomatisierung
1)
2)
3)
4)
5)
6)
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Das assoziative Gesetz der Addition: (a+b)+ c = a +(b+c)
das kommutative Gesetz der Addition: a+b = b+a
das assoziative Gesetz der Multiplikation: (a•b)•c = a•(b•c)
das kommutative Gesetz der Multiplikation: a•b = b•a
das distributive Gesetz: a(b+c) = ab + ac
das Gesetz der unbeschränkten und eindeutigen Subtraktion: Sind a, b Elemente des Systems, so gibt es in
demselben ein und nur ein Element x, für welches a+x = b
wird. – Dieses Element sei mit b-a bezeichnet und die
Differenz von a und b genannt, so daß allgemein a +(b-a) = b
wird.“
 Folgerung: Existenz und Eindeutigkeit des neutralen
Elements bzw. inverser Elemente (bzgl. Addition)
Axiomatisierung
7)
„das Gesetz der unbeschränkten und eindeutigen
Division: Das System enthält außer 0 noch wenigstens ein
Element, und wenn a ein von 0 verschiedenes, b ein
beliebiges Element des Systems ist, so gibt es in demselben
ein und nur ein Element x, für welches a•x = b wird. – Wir
nennen x den Quotienten von b und a, in Zeichen x = b:a.“
 Folgerung: Existenz und Eindeutigkeit des neutralen
Elements bzw. inverser Elemente (bzgl. Multiplikation)
(Steinitz, 1950, S. 9f.)
- Ziel, die aus den Axiomen abgeleitete algebraische Struktur
logisch zu untersuchen (nicht das Axiomensystem selbst)
29
Axiomatisierung
-
-
30
Primkörper als grundlegende Bausteine beim Aufbau der
verschiedenen Körper erkannt und erstmals in dieser
Eigenschaft hervorgehoben: In jedem Körper existiert ein
eindeutig bestimmter Primkörper als kleinster Unterkörper.
 erstes Kriterium zur Klassifikation von Körpern ist die
Unterscheidung nach dem in ihm enthaltenen Primkörper
Unterscheidung zwischen algebraischen und transzendenten
Erweiterungen
Axiomatisierung
31

Steinitz entwickelte alle nötigen Begriffe und Sätze, um die
Galoistheorie (ohne sie explizit aufzubauen) als Theorie der
endlichen, normalen, separablen (alle Elemente der Körpererweiterung sind separabel, d. h. ihre Minimalpolynome sind
teilerfremd zu ihrer formalen Ableitung) Körpererweiterungen
darzustellen

Zusammenfassung der Ergebnisse ergibt vollständige
Klassifikation der endlichen Erweiterungskörper beliebiger
Grundkörper und systematische Übersicht für unendliche
Erweiterungen (Herleitung abstrakt auf Basis der
Körperaxiome)
Bezug zur modernen Algebra
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Entwicklung der modernen Algebra (verknüpft mit Namen wie
z. B. E. Noether, B. L.van der Waerden) hat sich weitgehend
Dedekind angeschlossen
B L. van der Waerden äußert sich im Geleitwort zu
Dedekinds „Über die Theorie der ganzen algebraischen
Zahlen“ folgendermaßen:
„Evariste Galois und Richard Dedekind sind es, die der
modernen Algebra ihre Struktur gegeben haben. Das tragende
Skelett dieser Struktur stammt von ihnen.“
Biographien der Hauptakteure
1) Leopold Kronecker
2) Richard Dedekind
3) Heinrich Weber
33
1) Leopold Kronecker
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geboren am 7. Dezember 1823 im
preußischen Liegnitz
gestorben am 29. Dezember 1891 in
Berlin an Lungenentzündung
Sohn vermögender jüdischer Eltern
Kindheit und Jugend:
- anfangs Privatlehrer
- in der Schule durch Lehrer
Werner für liberale Form der
christlichen Theologie begeistert
- weiterer Lehrer am Gymnasium:
Ernst Eduard Kummer, der ihn
ebenfalls stark beeinflusste
1) Leopold Kronecker
die drei Männer (Vater, Werner, Kummer) förderten ihn und
planten geschickt sein zukünftiges Leben
- hervorragender, sehr vielseitiger Schüler (besondere
Begabung in Mathematik, konzentrierte sich aber nicht
darauf: Beschäftigung mit griechischen und römischen
Klassikern, mit dem Hebräischen und der Philosophie)
1841: Studium an der Universität Berlin
 Vertiefung seiner philosophischen Kenntnisse, besuchte
unterschiedlichste Vorlesungen
 1845: Dissertation „Über komplexe Einheiten“
zwischendurch auch Studium in Bonn
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35
1) Leopold Kronecker
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36
1845 – 1853: übernimmt mit finanziellem Erfolg
Güterverwaltung für seinen toten reichen Onkel
 weitere Beschäftigung mit der Mathematik
1848: Hochzeit mit seiner Cousine Fanny Prausnitzer
 glückliche Ehe, 6 Kinder
1861 – 1883: Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften (hält z. B. unvergütete Vorlesungen, in denen er seine
Entdeckungen vorstellt)
1883: Kronecker wird anstelle von Kummer Ordinarius in Berlin
 reist viel, gern gesehener Gast auf internationalen
Kongressen
1) Leopold Kronecker
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37
Charakter/ Leben: liebte Gesellschaft; sein Haus in Berlin
wurde zu Treffpunkt für Musiker; philosophischer Zweifler;
Fähigkeit, mit erfolgreichen, ihm nützlichen, Menschen
Freundschaften zu schließen; guter Sportler; vorzüglicher
Klavierspieler und Sänger
Statur: klein (kaum 1,60m groß) und kräftig
Mathematik:
- wissenschaftlicher Gegner: Weierstraß
 Höhepunkt seiner Laufbahn: ausgedehnter mathematischer Krieg gegen ihn
- gehörte zu den wenigen, die Galois´ Theorie der Gleichungen verstanden
1) Leopold Kronecker
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mathematisches Ziel: Entwicklung eines Problems in
genauen, prägnanten Formeln darstellen und es Schritt für
Schritt zu entwickeln
 Künstler, der mathematische Formeln als Mittel gebrauchte, um das Hauptthema ohne unnötige Einzelheiten
darzustellen
viele seiner fachlichen Entdeckungen haben gemeinsamen
Zug: geschickte Art, in der er seine größten Interessengebiete zu einem schönen Gebäude zusammenfasste
 Bausteine der Gebäude: Theorie der Zahlen, der
Gleichungen und der elliptischen Funktionen
1) Leopold Kronecker
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39
Algebra eher unpopulär (im Gegensatz zu Analysis), aber
Kronecker hatte immer ausreichend Zuhörer
Kroneckers „Revolution“: Angriff auf die Analysis, versucht,
bis auf die positiven ganzen Zahlen alles aus der Mathematik zu entfernen
Werke: z. B. „Über die Lösung der allgemeinen Gleichung
fünften Grades“ (1858)
2) (Julius Wilhelm) Richard Dedekind
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40
geboren am 6. Oktober 1831 in
Braunschweig
gestorben am 12. Februar 1916
Vater: Julius Levin Ulrich Dedekind,
sehr vielseitiger Professor am Collegium Carolinum in Braunschweig
3 ältere Geschwister: Julie, Mathilde
und Adolf
Kindheit und Jugend:
- bestimmendes Moment der Atmosphäre ist der christliche Geist
2) (Julius Wilhelm) Richard Dedekind
mit Hausmusik aufgewachsen, beschäftigte sich außer mit
der Mathematik mit hauptsächlich klassischer Musik
 ausgezeichneter Cello- und Klavierspieler
1850: Studium in Göttingen
 1852: Doktorarbeit über die Elemente der Theorie der
Eulerschen Integrale bei Gauß
1854: anerkannter, aber mittelloser Privatdozent an der
Universität in Göttingen
- hat in Göttingen schnell Zugang zu den Mittelpunkten des
gesellschaftlichen Lebens gefunden
- seine Vorlesungen in Göttingen hatten kaum Zuhörer
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41
2) (Julius Wilhelm) Richard Dedekind
auf finanzielle Unterstützung des Vaters angewiesen
1858: Professur in Zürich am Eidgenössischen Technikum
1862: Ruf an die technische Hochschule in Braunschweig,
blieb dort bis zu seinem Tod
- lebte eher zurückgezogen, um in Ruhe forschen zu können
- bekam oft Besuch von namhaften Mathematikern, die ein
wissenschaftliches Gespräch mit ihm führen wollten
- beteiligte sich auch am kulturellen Leben (z. B. als
Vorsitzender der Kammer der literarischen Sachverständigen)
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2) (Julis Wilhelm) Richard Dedekind
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43
Familienmensch:
- lebte mit seiner Schwester Julie bis zu ihrem Tod im Jahre
1924 zusammen
- traf sich jeden Morgen mit seinen Geschwistern und deren
Familien (Adolf hat 3 Kinder) zum Frühstück
 Treffen bedeuteten ihm laut seinem Tagebuch sehr viel
und ließen ihn eigene Familie nicht vermissen
- Mittelpunkt des Familienlebens: Haus in Bad Harzburg
Charakter: bescheiden, anspruchslos, hohe Anforderungen an
sich selbst, nachsichtig mit anderen, verständnisvoll, gütig,
nüchterner Realist, dichtete gern
2) (Julis Wilhelm) Richard Dedekind
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44
Mathematik:
- mathematische Hauptarbeiten galten besonders der
Theorie der algebraischen Zahlen
- besondere Bedeutung hatte für Dedekind die Freundschaft
mit Georg Cantor
 Cantor berichtete ihm über seine Probleme mit dem
Aufbau der Mengenlehre, Dedekind war ein kritischer und
anregender Briefpartner
- ihm und Kronecker kommt der Verdienst zu, die Grundbegriffe der gegenwärtigen Körpertheorie algebraischer
Zahlen aufgestellt zu haben
2) (Julis Wilhelm) Richard Dedekind
-
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45
leistete grundlegenden Beitrag zur Theorie der irrationalen
Zahlen, den Dedekindschen Schnitt (Konstruktionsmethode,
um die reellen Zahlen als Dedekindsche Schnitte rationaler
Zahlen darzustellen)
Werke: u. a. „Stetigkeit und irrationale Zahlen“ (1858) und
„Was sind und was sollen die Zahlen?“ (1888)
3) Heinrich Weber
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46
geboren am 05. März 1842 in
Heidelberg
gestorben am 17. Mai 1913
1860: Studium in Heidelberg,
zeitweise in Leipzig
 1863: Dissertation
1866: Privatdozent in Heidelberg
(Habilitation)
1869: Professor in Heidelberg
1869/ 70: Professor am
Eidgenössischen Polytechnikum
in Zürich
1870: Hochzeit mit Emilie Dittenberger  mind. 1 Sohn: Rudolf
3) Heinrich Weber
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1875: Professor in Königsberg
1883: Technische Hochschule in Charlottenburg (Berlin)
1884: Professor an der Universität in Marburg
1892: Professor in Göttingen
1895: Professor in Straßburg
Mitglied der Akademie der Wissenschaften: 1875 Göttingen,
1896 Berlin, 1903 München
1904: Präsident des internationalen Mathematikerkongresses
in Heidelberg
Mathematik:
- Arbeiten auf dem Gebiet der Algebra, der Zahlentheorie und
der mathematischen Physik
3) Heinrich Weber
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Mitarbeiter an umfassenden Lehrbüchern
 wichtigstes Lehrbuch: Lehrbuch der Algebra (1895)
Quellenverzeichnis
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49
Dedekind, Richard [Hrsg.]: Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G.
Lejeune Dirichlet, Braunschweig 21871.
Dedekind, Richard [Hrsg.]: Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G.
Lejeune Dirichlet, New York 41893 (ND New York 1968).
Dedekind, Richard: Über die Theorie der ganzen algebraischen
Zahlen, Braunschweig 1964.
Steinitz, Ernst: Algebraische Theorie der Körper, New York 1950.
Weber, Heinrich: Die allgemeinen Grundlagen der Galoisschen
Gleichungstheorie, in: Mathematische Annalen 43, S. 521 – 549;
abgerufen unter: http://www.digizeitschriften.de/no_cache/home
[Abgerufen am 05.06.06]
Literaturverzeichnis

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


50
Alten, H. W. u.a.: 4000 Jahre Algebra. Geschichte, Kulturen,
Menschen (Vom Zählstein zum Computer, Band 2), Berlin u. a. 2003.
Beutelspacher, Albrecht: Lineare Algebra. Eine Einführung in die
Wissenschaft der Vektoren, Abbildungen und Matrizen, Wiesbaden
62003.
Bell, Eric T.: Die großen Mathematiker, Düsseldorf/ Wien 1967.
Meschowski, Herbert: Mathematiker-Lexikon, Mannheim u. a. 31980.
Scharlau, Winfried [Hrsg.]: Richard Dedekind 1831 – 1981. Eine
Würdigung zu seinem 150. Geburtstag, Braunschweig 1981.
Scholz, Erhard [Hrsg.]: Geschichte der Algebra. Eine Einführung
(Lehrbücher und Monographien zur Didaktik der Mathematik, Band
16), Mannheim 1990.
Wußing, Hans/ Arnold, Wolfgang [Hrsg.]: Biographien bedeutender
Mathematiker. Eine Sammlung von Biographien, Köln 1978.
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