MODAK Kommunikative Aphasietherapie Hintergrundinformationen zu einem ganzheitlichen Therapiekonzept Luise Lutz, Hamburg Vortrag anläßlich der XVII. Bad Griesbacher Fachgespräche der akademischen Sprachtherapeuten Bad Griesbach, 1. Dezember 2006 Grundlagen MODAK = Modalitäten-Aktivierung Das MODAK-Konzept ist in der praktischen Arbeit mit Aphasikern entstanden. Es verknüpft die enge symptomorientierte Behandlung aphasischer Störungen mit der Behandlung tieferliegender neurophysiologischer Störungen und legt besonderes Gewicht auf Kommunikation, realitätsnahen Kontext und die Beachtung der individuellen Lebensumstände der Aphasiker. MODAK wurde zunächst für die Therapie schwerer Aphasien entwickelt, aber inzwischen vielfach erweitert, so dass es für die Therapie aller Schweregrade eingesetzt werden kann. Das MODAK-Konzept entstand ab 1980. Die Überlegungen für seine Entwicklung gingen von verschiedenen neuro-linguistischen Modellen der Sprachverarbeitung aus, insbesondere von Erweiterungen des LogogenModells, die die verschiedenen Ebenen der Sprachverarbeitung - Planung, semantische / syntaktische / phonologische Verarbeitung - mit einbeziehen (z.B. Garrett 1979, Butterworth 1985, vor allem Levelt 1989 mit der Beschreibung der inkrementiellen Sprachproduktion und dem auditiven System, das das Verstehen der eigenen Sprache einbezieht). CONCEPTULIAZER discourse model, situation knowledge, encyclopedia etc. message generation monitoring parsed speech preverbal message FORMULATOR grammatical encoding surface structure SPEECHCOMPREHENSION SYSTEM LEXICON lemma s forms phonological encoding phonetic plan phonetic string (internal speech) AUDITION ARTICULATOR overt speech LEVELT 1989 Grundlagen Die bisher bekannten neurolinguistischen Modelle versuchen, die ungestörte Sprachverarbeitung zu beschreiben. Sprachtherapeuten versuchen, die aphasisch gestörte Sprache zu therapieren. Sprachtherapeuten müssen also ( Modellvorstellungen der ungestört ablaufenden Sprachsysteme vor Augen ) die Ursachen, die diese Systeme in ihren normalen Abläufen stören, zu beheben versuchen. Auf die Frage nach diesen Ursachen gibt es nur hypothetische Antworten, die aus Beobachtungen aphasischer Reaktionen resultieren. Grundlagen Die genaue Beobachtung des Genesungsprozesses ... zeigt eindeutig, dass ... bestimmte grundlegende physiologische Prozesse , die mit der Aktivierung, Kontrolle oder Erzeugung von Sprache zusammenhängen, gestört sind. Tritt eine klinische Besserung ein, so ist sie nicht auf den Erwerb neuer Wörter oder grammatischer Regeln zurückzuführen, sondern auf das Verschwinden hemmender Faktoren, auf ein stärker werdendes Erinnerungsvermögen, auf besser kontrollierte Organisation von Elementen usw. (Lenneberg 1972) Lenneberg, Eric H (1972) Biologische Grundlagen der Sprache. Suhrkam, Frankfurt am Main (S.253/254) Grundlagen Die Studien an hirngeschädigten Patienten mit Sprachausfällen ... belegen, dass man zum Sprechen, Lesen oder Schreiben nicht nur linguistische Kompetenzen einsetzen muss, sondern dass zeitliche Randbedingungen des Gehirns hinsichtlich von Informationsverarbeitung ebenfalls erfüllt sein müssen. In der Therapie muss man auch diese neuronalen Aspekte berücksichtigen. ... (Pöppel 1997) Pöppel, Ernst (1997) Grenzen des Bewußtseins. Insel, Frankfurt am Main und Leipzig (S.32) Grundlagen Die Verlangsamung von Prozessen aufgrund von teilweisen Hirnschädigungen scheint ein Grundgesetz der Neurologie zu sein.Es ist bemerkenswert, dass diese Verlangsamung nur jene Funktionen betrifft, die an dem Ort im Gehirn repräsentiert sind, der durch die Verletzung gelitten hat. (Pöppel 1997) Grundlagen Auf dem lexikalischen Niveau ergeben sich die Annahmen, (1) daß Inhaltswörter wenig lateralisierten und weit über den Kortex verteilten Assemblies entsprechen. (2) daß Funktionswörter stark lateralisierte perisylvische Assemblies haben ... Pulvermüller 1996 Pulvermüller, F (1996) Neurobiologie der Sprache. Pabst Science Publishers, Lengerich Berlin Düsseldorf (S.36) Grundlagen Aphasie = auch ein Problem der Zeitverarbeitung / Koordination von Netzwerken? Neurophysiologische Prozesse Hemmung Hemmung Die Konzepte der Hemmung (eine gewisse Zeit lang zurückhalten) und des Abrufens (zum richtigen Zeitpunkt verfügbar machen) sind für die Aphasie relevant: Beides sind Aspekte der zeitlichen Steuerungsmechanismen. (Lenneberg 1972) Lenneberg, Eric H (1972) Biologische Grundlagen der Sprache. Suhrkam, Frankfurt am Main (S.268) Hemmung Hemmende Schaltungen spielen bei linguistischen kognitiven Vorgängen innerhalb der Großhirnrinde vermutlich eine ähnlich bedeutsame Rolle wie bei sensomotorischen Funktionen. ... Es wäre… nicht erstaunlich, wenn sich weitere Hinweise dafür fänden, dass sich bei Aphasikern viele Störungen durch einen Ausfall hemmender Schaltungen, also durch eine Enthemmung, erklären ließen. (Schlote 1988) Schlote, W. (1988) Sprache und Sprachstörungen – Neuroanatomie und Neurophysiologie. verlag modernes lernen, Dortmund (S.45) Hemmung Variability in naming performance: ...This certainly looks like a problem in access to words, not a problem of knowing the words. ... Recent views ... maintain that the speaker is unable to inhibit incorrect responses. (Butterworth 1985) Butterworth, B. (1985) Jargon aphasia: processes and strategies. in Current Perspectives in Dysphasia, Chuchill Livingstone, Edinburgh London Melbourne New York (S. 82/83) Hemmung Wird (in einem interaktiven Netzwerk) ein Eintrag ausgewählt, werden andere Einträge inhibiert. Dieses Konzept bietet die Möglichkeit, Satz-Verschränkungen in ihrer Genese zu erklären ... Durch den Wegfall inhibierender Verbindungen werden mehrere Satzfragmente oder Strukturen zugleich aktiviert. ... Wenn man bei Wernicke-Aphasikern generell Hypo-Inhibition annimmt, dann könnte man erklären, warum semantische und phonematische Paraphasien und paragrammatische Fehlleistungen häufig zusammen auftreten. Tesak 1997 Tesak, J. (1997) Einführung in die Aphasiologie. Thieme Stuttgart New York (77/78) Hemmung Hypothese: Hirnverletzungen wie z.B. Schlaganfälle verursachen Folge: Störungen der Hemmprozesse Die Sprachprozesse blockieren und entgleisen Probleme der Hemmung Kontamination von Wörtern (Neologismen) „Ich graufel“ Kontamination von Sätzen „Das fällt mir Mühe“ Abruf von Assoziationen (semant. Paraphasien) Sprechen: „Der Bus kommt“ für „Das Taxi kommt“ Zeitberechnungsfehler (innerhalb eines Wortes: phonemat. Paraph.) Ther.: „Wie kam Ihr Sohn nach Hamburg?“ Pat.: „Er zugte“ Perseveration Redundanz „Meine Frau hat mich angerufen, mit dem Telefon“ Neurophysiologische Prozesse Aktivierung Aktivierung Die sich ausbreitende Aktivierung sorgt dafür, dass bei Aktivierung eines Wortes im Netzwerk naheliegende Bedeutungen mit aktiviert werden... Wenn man das Wort „weiß“ sieht, schwappt die Erregung ein Stück weit zu „schwarz“ (Spitzer 1996) Spitzer, M. (1996) Geist im Netz. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford (S. 245) Aktivierung Bekanntlich arbeitet die Hirnrinde im Normalzustand nach dem „Gesetz der Stärke“: starke (oder wesentliche) Reize rufen eine starke Reaktion hervor, schwache (oder unwesentliche) Reize eine schwache Reaktion. Luria 1982 Luria, A. (1982) Sprache und Bewußtsein. Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin (S.107) Aktivierung Betonungshypothese (Goodglass, 1968, 1976; u.a): Durch die Betonungshypothese kann die Auslassung unbetonter Funktionswörter motiviert werden ... ( Tesak 1990) Tesak, J. (1990, Heft 1) Agrammatismus. in Neurolinguistik HochschulVerlag, Freiburg (Breisgau), S. 11 Aktivierung Hypothese: Hirnverletzungen wie z.B. Schlaganfälle verursachen Schwankungen in der neuronalen Aktivierung Folge: Bei unbetonten Sprachelementen ist die Aktivierung schwächer, so dass sie evtl.weder produziert noch verarbeitet werden können. Reduzierte Aktivierung Wegfall unbetonter Elemente: Unbetonte Silben: „kanische“ „Publik“ (für „Republikanische Republik“) Unbetonte Funktionswörter: „fährt hause“ (für „fährt nach hause“) Thema (worüber etwas gesagt wird): „fährt mit“ (für „Peter fährt mit“) Sprechen Versprecher Reduzierte Aktivierung Verstehen (Es klingelt) „Das ist Andreas !“ betont = aktiviert (einige Tage später, mündliche Mitteilung): „Andreas kommt morgen!“ unbetont, nicht genügend aktiviert Reduzierte Aktivierung Verstehen Wegfall unbetonter Wörter: „Bevor wir uns treffen, möchte ich etwas essen.“ „Wir treffen uns und wir essen.“ Neurophysiologische Prozesse Parallelität Parallelität Incremental Processing ...message encoding, formulating, and articulating can run in parallel. Fry (1969) and Garrett (1976) made the obvious assumption that the next processor can start working on the still-incomplete output of the current processor. ... All components can work in parallel, but they all work on different bits and pieces of the utterance under construction. (Levelt 1989) Levelt, J.M. (1989) Speaking. MIT Press, Cambridge, Mass. (S.24) Parallelität Hypothese: Hirnverletzungen wie z.B. Schlaganfälle verursachen Störungen der Fähigkeit, parallel (gleichzeitig) verschiedene neuronale Netzwerke zu steuern Folge: - Ausfall von Systemen / Subsystemen / ganzen Modalitäten - Agrammatische Äußerungen Parallelitätsstörung Sprechen „Bus … kommen … nein“ für der Bus ist http://home.snafu.de gekommen nicht Parallelitätsstörung Sprechen / Verstehen Sprechen: Viele Aphasiker bleiben stehen, wenn sie sprechen „Solange ich zuhöre, ist meine Sprache blockiert“ Viele Aphasiker können nicht sprechen, wenn in ihrer Nähe irgend etwas geschieht Verstehen: Manche Aphasiker können das, was sie selbst sagen, nicht hören Während ein Aphasiker etwas konzentriert macht, versteht er evtl. schlechter oder gar nicht Neurophysiologische Störungen beim lauten Lesen Hemmungs-Probleme: z.B. Paraphasien Aktivierungsprobleme z.B. Auslassung von unbetonten Sprachelementen (Laute, Silben, Funktionswörter, Inhaltswörter) Parallelitätsprobleme: z.B. Wort-für-Wort-Lesen (Aphasiker können nicht einige Wörter laut lesen und gleichzeitig den weiteren Satz überblicken Neurophysiologische Störungen beim Schreiben Hemmungs-Probleme: z.B. Paragraphien Aktivierungsprobleme z.B. Auslassungen Parallelitätsprobleme: z.B. Denken (Planung) und Schreiben sind teilweise nicht gleichzeitig möglich Diskonnektion Hören und Schreiben (Diktat) Diktiert wurde: „Grünkohl“ Der Aphasiker sagte: „Kanzler“ Und schrieb gleichzeitig Künpazer Therapie Ziele der MODAK-Therapie 1. Neurophysiologische Störungen der Hemmung Aktivierung Parallelität zu verringern 2. Semantische + Syntaktische Grundstrukturen zu deblockieren und zu automatisieren 3. Kommunikative Fähigkeiten aufzubauen MODAK-Konzept Grundprogramm: systematisches Training von Verb-ObjektKombinationen (häufig Kollokationen) in 8 Phasen, mit Situationsbildern Erweiterungen: Kommunikationstraining Kommunikative Grammatik-Übungen: Automatisierung von grammatischen Strukturen in Dialogen Arbeit mit Texten in Kombination mit Bildern, Diagrammen, Graphiken (Zeitungen, Zeitschriften etc.): Wort- und Satzlegen / Inhaltsstrukturen Kommunikation über aktuelle Themen Das MODAK-Grundprogramm besteht aus 4 Situationsbildern einem „ANLAUF“ zum mündlichen Reagieren (7 Phasen) einem Dialog „ANLAUF“ zum mündlichen Reagieren: Zeigen je eines von vier Bildern Zuordnen von Schriftkarten Zurückgeben von Schriftkarten Zurückgeben der Bilder ANLAUF Wortlegen Abschreiben des Wortes mit Einsetzen des Hauptvokals Selbständiges Schreiben des gelegten Wortes DIALOG ANLAUF Zeigen der Bilder (Schwerpunkt: auditives Verstehen) - parallele Aktivierung sämtlicher zum auditiven Verstehen führender sprachsystematischer Prozesse und der Prozesse der Handmotorik - Hemmung der Signale der drei nicht genannten Bilder - verbales Gedächtnis ANLAUF Zuordnen der Schriftkarten (Schwerpunkt: Lesesinn) parallele Aktivierung sämtlicher zum Lesesinn-Verständnis führender sprachsystematischer Prozesse und der Handmotorik Hemmung der Signale der drei nicht genannten Bilder Zurückgeben der Schriftkarten / danach Zurückgeben der Bilder (Schwerpunkt: auditives Verstehen + Lesesinn) - Wiederholung sämtlicher Arbeitsschritte wie beim Zeigen und Zuordnen ANLAUF Wortlegen (Schwerpunkte: Graphem-Phonem-Korrespondenz/ Orthographie Aktivierung des abstrakten Schriftbildes parallele Aktivierung sämtlicher sprachsystematischer Prozesse, die zur Herstellung des aus Buchstaben gelegten Wortes führen Hemmung von Assoziationen zum Zielwort innere Artikulation ANLAUF Abschreiben des gelegten Wortes mit Einsetzen des betonten Vokals Schwerpunkt: Abschreiben / Abruf des betonten Vokals parallele Aktivierung sämtlicher sprachsystematischer Prozesse, die zum Abschreiben des gelegten Wortes führen, gleichzeitig Abruf und selbständiges Schreiben des beim Wortlegen wahrgenommenen Vokals Hemmung von Assoziationen zum Zielwort innere Artikulation ANLAUF Selbständiges Schreiben des Zielwortes parallele Aktivierung sämtlicher sprachsystematischer Prozesse, die zum selbständigen Schreiben führen Hemmung von Assoziationen zum Zielwort innere Artikulation ANLAUF Warum intensive semantische Aktivierung über 7 Phasen? Hypothese: Allein schon das Benennen von einfachen Objekten könnte von schwer betroffenen Aphasikern zuviel an paralleler Steuerung verschiedener Netzwerke verlangen Einfaches Benennen Detailwahrnehmung und Erfassen von Bedeutung (z.B. Kategorisierung, Abstrahieren, Generalisieren, Identifizieren und Interpretation) sind gleichermaßen wichtig; keine Hirnregion kann beides gleichzeitig tun. Es gibt kein Neuron oder Neuronenverband, die ein Objekt wie einen Stuhl in all seinen Details und in seinen verschiedenen Bedeutungen repräsentieren können. Die Wahrnehmung eines konkreten Objektes erfordert die simultane Aktivität vieler Zellverbände, die jeweils nur sehr begrenzte Aspekte kodieren. Getrennt verarbeitete Aspekte Wahrnehmnungsinhalt Roth,G.(1994) Das Gehirn und seine Wirklichkeit.Suhrkamp,Frankfurt/M. (S.234) Dialog 3. Übungsstufe 2. Übungsstufe 1. Übungsstufe Subjekt Verb Objekt 3.Pers.Sing. Präsens 3.Pers.Sing. Perfekt 1.Pers.Sing. Präsens 1.Pers.Sing. Perfekt Namen Dialog schwer betroffener Patient, erste Übungsstufe: fragt nach dem Objekt: Ther.: (zeigt auf ‚ isst Suppe‘) „Sie isst ... – isst sie Brot?“ Pat.: „Suppe“ schwer bis mittelschwer betroffener Patient, zweite Übungsstufe: fragt nach dem Verb: Ther.(zeigt auf ‚isst Suppe‘) Ther.: „sie macht was mit Suppe – kocht sie Suppe? Pat.: „isst Suppe“ schrittweise Verlängerung des Dialogs durch diverse Strukturen MODAK-Grundprogramm Es werden immer mehrere (mindestens zwei) Modalitäten verknüpft Geübt wird immer mit einem ganzen Satz: Das Subjekt ist im Bild zu sehen; das Verb wird von der Therapeutin gesprochen; das Objekt verarbeitet und produziert der Patient Das Vorgehen ist kleinschrittig Systematische Übungen werden kommunikativ durchgeführt Das Therapiematerial ist realitätsnah und auf den Patienten bezogen Charakteristika MODAK Grundprogramm Warum Modalitäten-Verknüpfung? Die Zusammenarbeit zweier Zellen schafft in ihren Kontaktstellen eine erhöhte Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Changeux 1985: 184 Die Hebbsche Lernregel besagt, dass immer dann, wenn zwei miteinander verbundene Neuronen gleichzeitig aktiv sind, die Verbindung zwischen ihnen stärker wird. ... Die Veränderung (geschieht) nur, wenn tatsächlich beide Signale zugleich bei den Zielzellen eintreffen. Treffen sie zeitversetzt auf, geschieht nichts. Spitzer 1996:44/45 MODAK Grundprogramm Warum Modalitäten-Verknüpfung? Therapie der gestörten Synchronisierung visuelle Netzwerke = Umwandlung von Lichtenergie in Impulse, die vom Gehirn verstanden werden: relativ langsame chemische Prozesse akustische Netzwerke = Umwandlung von akustischer Energie in Gehirnsprache: schnellere Prozesse (siehe Pöppel 1997: 30) MODAK Grundprogramm Warum Modalitäten-Verknüpfung? Übung der Parallelität Deblockierungseffekt MODAK Grundprogramm Warum arbeiten wir mit einem ganzen Satz? Die Sprech- und Spracheinheiten sind hierarchisch angeordnet; aufgrund des Ineinandergreifens der muskulären Korrelate kann ihre sequentielle Ordnung erst dann geplant werden, wenn die Ordnung der Phoneme bekannt ist. Die Ordnung der Phoneme kann erst bestimmt werden, nachdem die Ordnung der Morpheme bestimmt ist. Die Ordnung der morphologischen Einheiten hängt von der Phrasenstruktur und diese wiederum von der Struktur des Satzes ab. Lenneberg 1972:135 MODAK Grundprogramm Hierarchie der Sprechund Spracheinheiten Lenneberg 1972:135 MODAK Grundprogramm Warum arbeiten wir mit einem ganzen Satz? If no element is focused in surface structure, the pitch accent goes to the last lexical head. (Levelt 1989:383) In einem Aussagesatz ist das Wort am Satzanfang (Thema/Topic) am wenigsten, das Wort am Satzende (Rhema/Comment) am stärksten betont. Lutz, L. (1981) Zum Thema „Thema“. Hamburger Buchagentur. Hamburg (siehe Lutz 1981) MODAK Grundprogramm Warum arbeiten wir mit einem ganzen Satz ? Assoziative Aktivierung A logogen also gathers relevant contextual information from the Cognitive System. The word table, for instance, is easier to recognize when it follows the sentence fragment The cup was placed on the - than when it follows They went to see the new – The first context gives a high transitional probability for table, whereas the transitional probability is low after the second sentence fragment. (Levelt 1989:203) MODAK Grundprogramm Assoziative Aktivierung S Das Verb fungiert als Auslöser für das Objekt ( Priming) siehe Hörmann 1970 Kollokation Jan trinkt (Priming) Wein Hörmann, H. (1070) Psychologie der Sprache. Springer, Berlin Heidelberg New York (S.142 ff) MODAK Grundprogramm Versuch der Verstärkung ungenügender Hemmprozesse durch die Arbeit mit vier Bildern: Während der Patient sich auf ein Bild konzentriert, muss er die Signale der anderen drei Bilder hemmen ständigen Wechsel der Aufgaben und Modalitäten: Der Aphasiker muss zuhören entscheiden auswählen zeigen aushändigen Wörter aus Buchstaben legen Sätze aus Wörtern legen Wörter oder Sätze schreiben Fragen der Therapeutin beantworten MODAK Grundprogramm Versuch der Deblockierung zu starker Hemmprozesse durch „ANLAUF“: vor der Aufforderung zum Antworten im Dialog arbeitet der Aphasiker in 7 Phasen mit dem Zielwort: Zeigen / Schriftkarten Zuordnen / Karten Zurückgeben / Bilder Zurückgeben / Wortlegen / Abschreiben mit Vokal Einsetzen / selbständig Schreiben Assoziative Aktivierung (Priming): Das Verb wird als Auslöser für den Objektnamen eingesetzt MODAK Grundprogramm Versuch, die reduzierte Aktivierung zu steigern durch ständige Kombination der Modalitäten ständigen Wechsel der Aufgaben: erhöhte Aufmerksamkeit aktiviert Beachtung der individuellen Interessen der Aphasiker: Motivation aktiviert Erfolgserlebnisse: die durch den ANLAUF angeregten mündlichen DialogReaktionen könnten die Aphasiker bestärken und dadurch aktivieren MODAK Grundprogramm Therapie der Parallelitätsstörung Berücksichtigung der Störung durch kleine Übungsschritte: nur jeweils ein Problem im Mittelpunkt Versuch, durch ständige Kombination mehrerer Modalitäten die Fähigkeit zur parallelen Steuerung wiederaufzubauen Erweiterungen des Grundprogramms Kommunikationstraining Die Automatisierung bestimmter einfacher sprachlicher Strukturen erscheint für schwer Betroffene sinnvoll: z.B. Ther.: „Ist der Kaffee heiß“ Pat.: „Sehr heiß!“ usw. Ther.: „Es regnet“ Pat.: „Ich weiß, es regnet!“ usw. Kommunikative Grammatik Beispiel: Ich habe mich für dich Jutta einen EC-Karten und das Geld abnachgeliegten. Ich habe mich einem anderes EC-Karten von das Bank zugenimmen. Die Bankapparat neben den Reha habe ich das Geld gezunachnimmten. Agrammatismus Kommunikative Grammatik Lesen: Einfluss der Grammatik Originaltext, den der Patient nicht lesen konnte: Robert wurde mitten in der Nacht wach und stellte fest, dass es nicht hell werden wollte… Vereinfachter Text, der problemlos gelesen wurde: Robert erwachte mitten in der Nacht und merkte, dass es nicht hell war …weil sie erwachen (finites Vollverb) Lexikalische Bedeutung Zeit Modalität Aktionsart Numerus … weil sie wach werden (Duden Die Grammatik Band 4 S.421) Kommunikative Grammatik für weniger schwer Betroffene: Mündliche und schriftliche Automatisierung bestimmter grammatischer Strukturen unter Berücksichtigung einer Schwierigkeitshierachie mit steigendem Schwierigkeitsgrad Kommunikative Grammatik-Übungen z.B.: „mit“ + Personalpronomen im Dativ Ther.: „Möchten Sie mit Michael Schumacher im Ferrari sitzen?“ Pat.: „Nein, ich möchte lieber mit ihm Wein trinken“ mit Angela Merkel Urlaub machen? mit Thomas Gottschalk in Wetten dass...auftreten? mit der Queen zum Pferderennen? mit Loriot einen Sketch drehen? usw. Kommunikative Grammatik Schwierigkeitshierarchie (individuelle Abweichungen möglich) Grundprogramm Substantive Verben (3.P.Präs + Perf., 1.P.Präs. + Perf.) Erweiterungen Subjekt (Namen) Fragen Negation vorher / nachher Personalpronomen - 3.P.Sing. Akkusativ - 3.P.Sing. Dativ Präpositionen - in + Akkusativ - in + Dativ - mit + Pers.Pron. im Dativ Ergänzungen am Satzanfang Sätze mit dir. + indir. Objekt Gleichzeitigkeit (während) diverse Personalpronomen Adjektive direkt / indirekt Verben (+ Partikel / im Passiv/Präteritum/Konj.) diverse Präpositionen Arbeit mit Texten Arbeit mit Texten Zeitungstitel / Bildunterschriften: - Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen - Wortlegen und –schreiben (Schlüsselwörter) Satzlegen zu Textinhalten: Satzstruktur S-P-O-pO aktivieren (Sätze laut lesen mit unterstützenden Handbewegungen) Selbstständige mündliche / schriftliche Produktion zu Bildern oder aktuellen Themen Zeitungsartikel und Geschichten: Inhaltsstrukturen graphisch darstellen (Hinführen zum selbstständigen freien Erzählen) Irrtum: Übungsmaterial Irrtum: Das Übungsmaterial muss einfach sein Richtig: Die sprachlichen Strukturen (Wörter / Sätze / Texte) müssen einfach sein Aber die Themen können komplex sein und sollten die Welt in den Kopf bringen z.B. Zeitungen/Zeitschriften Bildbände Atlanten etc. Therapie Arbeit mit Texten Kommunikation über aktuelle / individuelle Themen Kombination von spontanem Sprechen / Schreiben von Schlüsselwörtern / Zeichnen Ganz offensichtlich hängt die Wahl eines Namens vom Kontext ab, von der Anzahl der Distinktionen, die in einer besonderen Situation getroffen werden müssen, und von vielen anderen Faktoren, die mit der semantischen Struktur einer bestimmten Sprache per se wenig zu tun haben; z.B. könnte die Absicht des Sprechers, die Person, an die er sich wendet, oder die Art des sozialen Anlasses die Wahl eines Namens leicht beeinflussen. (Lenneberg 1972:419) Arbeit mit Texten Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen http://www.suvinfo.org/ Arbeit mit Texten Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen Herr U. (globale Aphasie): zeichnet auf die Frage: „Welchen SPD-Politiker würden Sie als Kanzler-Kandidaten vorschlagen?“ Arbeit mit Texten „ein mach, zwei mach...“ Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen Kommunikation über ein individuelles Thema Herr K. erzählt von seiner Reise Arbeit mit Texten Wortlegen aus Buchstaben Arbeit mit Texten Frau Merkel Satzlegen besucht Putin in Moskau Arbeit mit Texten Satzlegen zu Textinhalten zu „Die Erde von oben“ – Jangtse-Damm: die Chinesen - bauen - einen Damm - am - Fluss zu Stern-Artikel über eine Entführung: die Geiseln - fotografieren - das Versteck - in - der Höhle zu Geo, Inhaltsverzeichnis: ein Fotograf - beobachtet - Ameisen - in - der Wüste Arbeit mit Texten selbständiges Schreiben zu einem Zeitungsthema Selbstständige schriftliche Produktion Selbstständige schriftliche Produktion Selbständige schriftliche Produktion Inhaltsstruktur zum Text herstellen: Elchkalb dpa Moskau – Mutterliebe und Findigkeit bewies eine Elchkuh, als ihr Kalb in den russischen Wäldern bis zum Hals in einem Schlammloch versank. Die Elchkuh Stellte sich kurzerhand auf die Straße vor ein herrannahendes Auto. Der Fahrer bremste scharf ab. Als er weiterfahren wollte, blockierte die Elchkuh das Auto erneut und deutete Mit dem Schädel zum Wald. Schließlich Steigen Fahrer und Beifahrer aus und folgten dem Tier, bis sie das kalb im Schlamm fanden. 30 Minuten schufteten die Männer - dann hatten sie das laut röhrende Elch-Baby befreit. Die Retter zur „Prawda“: „Als die Mutter ihr Junges ableckte, sahen wir Tränen der Dankbarkeit in ihren Augen.“ Kuh Autofahrer Loch Autobahn hält an: Auto 1.guckt 2.steigt aus zeigt zum Loch geht zum Loch holt das Kalb raus leckt das kalb ab Insgesamt: Es geht beim MODAK-Vorgehen nicht um Form - sondern um Inhalt nicht um das Üben von Wörtern - sondern um Kommunikation nicht um einen Aphasiker - sondern um den Menschen, der an der Welt wieder teilnehmen möchte