Dialog

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MODAK Kommunikative Aphasietherapie
Hintergrundinformationen zu
einem ganzheitlichen Therapiekonzept
Luise Lutz, Hamburg
Vortrag anläßlich der XVII. Bad Griesbacher Fachgespräche
der akademischen Sprachtherapeuten
Bad Griesbach, 1. Dezember 2006
Grundlagen
MODAK = Modalitäten-Aktivierung
Das MODAK-Konzept ist in der praktischen Arbeit mit Aphasikern entstanden.
Es verknüpft die enge symptomorientierte Behandlung aphasischer Störungen
mit der Behandlung tieferliegender neurophysiologischer Störungen und legt
besonderes Gewicht auf Kommunikation, realitätsnahen Kontext und die
Beachtung der individuellen Lebensumstände der Aphasiker.
MODAK wurde zunächst für die Therapie schwerer Aphasien entwickelt, aber
inzwischen vielfach erweitert, so dass es für die Therapie aller Schweregrade
eingesetzt werden kann.
Das MODAK-Konzept entstand ab 1980. Die Überlegungen für seine
Entwicklung gingen von verschiedenen neuro-linguistischen Modellen der
Sprachverarbeitung aus, insbesondere von Erweiterungen des LogogenModells, die die verschiedenen Ebenen der Sprachverarbeitung - Planung,
semantische / syntaktische / phonologische Verarbeitung - mit einbeziehen
(z.B. Garrett 1979, Butterworth 1985, vor allem Levelt 1989 mit der
Beschreibung der inkrementiellen Sprachproduktion und dem auditiven
System, das das Verstehen der eigenen Sprache einbezieht).
CONCEPTULIAZER
discourse model,
situation knowledge,
encyclopedia
etc.
message
generation
monitoring
parsed speech
preverbal message
FORMULATOR
grammatical
encoding
surface
structure
SPEECHCOMPREHENSION
SYSTEM
LEXICON
lemma s
forms
phonological
encoding
phonetic plan
phonetic string
(internal speech)
AUDITION
ARTICULATOR
overt speech
LEVELT 1989
Grundlagen
Die bisher bekannten neurolinguistischen Modelle versuchen,
die ungestörte Sprachverarbeitung zu beschreiben.
Sprachtherapeuten versuchen, die aphasisch gestörte Sprache
zu therapieren.
Sprachtherapeuten müssen also ( Modellvorstellungen der
ungestört ablaufenden Sprachsysteme vor Augen ) die
Ursachen, die diese Systeme in ihren normalen Abläufen stören,
zu beheben versuchen.
Auf die Frage nach diesen Ursachen gibt es nur hypothetische
Antworten, die aus Beobachtungen aphasischer Reaktionen
resultieren.
Grundlagen
Die genaue Beobachtung des Genesungsprozesses ... zeigt eindeutig,
dass ... bestimmte grundlegende physiologische Prozesse , die mit der
Aktivierung, Kontrolle oder Erzeugung von Sprache zusammenhängen,
gestört sind. Tritt eine klinische Besserung ein, so ist sie nicht auf den
Erwerb neuer Wörter oder grammatischer Regeln zurückzuführen,
sondern auf das Verschwinden hemmender Faktoren, auf ein stärker
werdendes Erinnerungsvermögen, auf besser kontrollierte Organisation
von Elementen usw.
(Lenneberg 1972)
Lenneberg, Eric H (1972) Biologische Grundlagen der Sprache. Suhrkam, Frankfurt am Main (S.253/254)
Grundlagen
Die Studien an hirngeschädigten Patienten mit Sprachausfällen ...
belegen, dass man zum Sprechen, Lesen oder Schreiben nicht nur
linguistische Kompetenzen einsetzen muss, sondern dass zeitliche
Randbedingungen des Gehirns hinsichtlich von Informationsverarbeitung ebenfalls erfüllt sein müssen. In der Therapie muss
man auch diese neuronalen Aspekte berücksichtigen. ...
(Pöppel 1997)
Pöppel, Ernst (1997) Grenzen des Bewußtseins. Insel, Frankfurt am Main und Leipzig (S.32)
Grundlagen
Die Verlangsamung von Prozessen aufgrund von
teilweisen Hirnschädigungen scheint ein Grundgesetz der
Neurologie zu sein.Es ist bemerkenswert, dass diese
Verlangsamung nur jene Funktionen betrifft, die an dem Ort
im Gehirn repräsentiert sind, der durch die Verletzung
gelitten hat.
(Pöppel 1997)
Grundlagen
Auf dem lexikalischen Niveau ergeben sich die Annahmen,
(1) daß Inhaltswörter wenig lateralisierten und weit über den
Kortex verteilten Assemblies entsprechen.
(2) daß Funktionswörter stark lateralisierte perisylvische
Assemblies haben ...
Pulvermüller 1996
Pulvermüller, F (1996) Neurobiologie der Sprache. Pabst Science Publishers, Lengerich Berlin Düsseldorf (S.36)
Grundlagen
Aphasie = auch ein Problem der Zeitverarbeitung /
Koordination von Netzwerken?
Neurophysiologische Prozesse
Hemmung
Hemmung
Die Konzepte der Hemmung (eine gewisse
Zeit lang zurückhalten) und des Abrufens
(zum richtigen Zeitpunkt verfügbar machen)
sind für die Aphasie relevant: Beides sind
Aspekte der zeitlichen Steuerungsmechanismen.
(Lenneberg 1972)
Lenneberg, Eric H (1972) Biologische Grundlagen der Sprache. Suhrkam, Frankfurt am Main (S.268)
Hemmung
Hemmende Schaltungen spielen bei linguistischen kognitiven
Vorgängen innerhalb der Großhirnrinde vermutlich eine ähnlich
bedeutsame Rolle wie bei sensomotorischen Funktionen. ...
Es wäre… nicht erstaunlich, wenn sich weitere Hinweise dafür
fänden, dass sich bei Aphasikern viele Störungen durch einen
Ausfall hemmender Schaltungen, also durch eine Enthemmung,
erklären ließen.
(Schlote 1988)
Schlote, W. (1988) Sprache und Sprachstörungen – Neuroanatomie und Neurophysiologie.
verlag modernes lernen, Dortmund (S.45)
Hemmung
Variability in naming performance: ...This certainly
looks like a problem in access to words, not a problem
of knowing the words. ...
Recent views ... maintain that the speaker is unable
to inhibit incorrect responses.
(Butterworth 1985)
Butterworth, B. (1985) Jargon aphasia: processes and strategies. in Current Perspectives in Dysphasia,
Chuchill Livingstone, Edinburgh London Melbourne New York (S. 82/83)
Hemmung
Wird (in einem interaktiven Netzwerk) ein Eintrag ausgewählt,
werden andere Einträge inhibiert. Dieses Konzept bietet die
Möglichkeit, Satz-Verschränkungen in ihrer Genese zu erklären ...
Durch den Wegfall inhibierender Verbindungen werden mehrere
Satzfragmente oder Strukturen zugleich aktiviert. ...
Wenn man bei Wernicke-Aphasikern generell Hypo-Inhibition
annimmt, dann könnte man erklären, warum semantische und
phonematische Paraphasien und paragrammatische Fehlleistungen
häufig zusammen auftreten.
Tesak 1997
Tesak, J. (1997) Einführung in die Aphasiologie. Thieme Stuttgart New York (77/78)
Hemmung
Hypothese:
Hirnverletzungen wie z.B. Schlaganfälle verursachen

Folge:
Störungen der Hemmprozesse
Die Sprachprozesse blockieren und entgleisen
Probleme der Hemmung

Kontamination von Wörtern (Neologismen)
„Ich graufel“

Kontamination von Sätzen
„Das fällt mir Mühe“

Abruf von Assoziationen (semant. Paraphasien)
Sprechen: „Der Bus kommt“ für „Das Taxi kommt“

Zeitberechnungsfehler
(innerhalb eines Wortes: phonemat. Paraph.)
Ther.: „Wie kam Ihr Sohn nach Hamburg?“
Pat.: „Er zugte“

Perseveration

Redundanz
„Meine Frau hat mich angerufen, mit dem Telefon“
Neurophysiologische Prozesse
Aktivierung
Aktivierung
Die sich ausbreitende Aktivierung sorgt dafür, dass bei Aktivierung eines
Wortes im Netzwerk naheliegende Bedeutungen mit aktiviert werden...
Wenn man das Wort „weiß“ sieht, schwappt die Erregung ein Stück weit
zu „schwarz“
(Spitzer 1996)
Spitzer, M. (1996) Geist im Netz. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford (S. 245)
Aktivierung
Bekanntlich arbeitet die Hirnrinde im Normalzustand nach dem
„Gesetz der Stärke“: starke (oder wesentliche) Reize rufen eine
starke Reaktion hervor, schwache (oder unwesentliche) Reize
eine schwache Reaktion.
Luria 1982
Luria, A. (1982) Sprache und Bewußtsein. Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin (S.107)
Aktivierung
Betonungshypothese (Goodglass, 1968, 1976; u.a):
Durch die Betonungshypothese kann die Auslassung
unbetonter Funktionswörter motiviert werden ...
( Tesak 1990)
Tesak, J. (1990, Heft 1) Agrammatismus. in Neurolinguistik HochschulVerlag, Freiburg (Breisgau), S. 11
Aktivierung
Hypothese:
Hirnverletzungen wie z.B. Schlaganfälle verursachen

Schwankungen in der neuronalen Aktivierung
Folge: Bei unbetonten Sprachelementen ist die Aktivierung
schwächer, so dass sie evtl.weder produziert noch
verarbeitet werden können.
Reduzierte Aktivierung
Wegfall unbetonter Elemente:
Unbetonte Silben:
„kanische“ „Publik“
(für „Republikanische Republik“)
Unbetonte Funktionswörter:
„fährt hause“
(für „fährt nach hause“)
Thema (worüber etwas gesagt wird):
„fährt mit“
(für „Peter fährt mit“)
Sprechen
Versprecher
Reduzierte Aktivierung
Verstehen
(Es klingelt) „Das ist Andreas !“
betont = aktiviert
(einige Tage später, mündliche Mitteilung):
„Andreas kommt morgen!“
unbetont, nicht genügend aktiviert
Reduzierte Aktivierung
Verstehen
Wegfall unbetonter Wörter:
„Bevor wir uns treffen,
möchte ich etwas
essen.“
„Wir treffen uns
und wir essen.“
Neurophysiologische Prozesse
Parallelität
Parallelität
Incremental Processing
...message encoding, formulating, and articulating can run in parallel.
Fry (1969) and Garrett (1976) made the obvious assumption that the
next processor can start working on the still-incomplete output of
the current processor. ... All components can work in parallel, but they
all work on different bits and pieces of the utterance under construction.
(Levelt 1989)
Levelt, J.M. (1989) Speaking. MIT Press, Cambridge, Mass. (S.24)
Parallelität
Hypothese:
Hirnverletzungen wie z.B. Schlaganfälle verursachen

Störungen der Fähigkeit, parallel (gleichzeitig)
verschiedene neuronale Netzwerke zu steuern
Folge: - Ausfall von Systemen / Subsystemen /
ganzen Modalitäten
- Agrammatische Äußerungen
Parallelitätsstörung
Sprechen
„Bus … kommen … nein“
für
der Bus
ist
http://home.snafu.de
gekommen
nicht
Parallelitätsstörung
Sprechen / Verstehen
Sprechen:

Viele Aphasiker bleiben stehen,
wenn sie sprechen

„Solange ich zuhöre, ist meine
Sprache blockiert“

Viele Aphasiker können nicht
sprechen, wenn in ihrer Nähe
irgend etwas geschieht
Verstehen:

Manche Aphasiker können das, was sie
selbst sagen, nicht hören

Während ein Aphasiker etwas konzentriert macht,
versteht er evtl. schlechter oder gar nicht
Neurophysiologische Störungen beim lauten Lesen

Hemmungs-Probleme:
z.B. Paraphasien

Aktivierungsprobleme
z.B. Auslassung von unbetonten Sprachelementen
(Laute, Silben, Funktionswörter, Inhaltswörter)

Parallelitätsprobleme:
z.B. Wort-für-Wort-Lesen
(Aphasiker können nicht einige Wörter laut lesen
und gleichzeitig den weiteren Satz überblicken
Neurophysiologische Störungen beim Schreiben

Hemmungs-Probleme:
z.B. Paragraphien

Aktivierungsprobleme
z.B. Auslassungen

Parallelitätsprobleme:
z.B. Denken (Planung) und Schreiben sind teilweise
nicht gleichzeitig möglich
Diskonnektion
Hören und Schreiben (Diktat)
Diktiert wurde:
„Grünkohl“
Der Aphasiker sagte:
„Kanzler“
Und schrieb gleichzeitig
Künpazer
Therapie
Ziele der MODAK-Therapie
1.
Neurophysiologische Störungen der

Hemmung

Aktivierung

Parallelität
zu verringern
2.
Semantische
+
Syntaktische
Grundstrukturen
zu deblockieren und zu automatisieren
3.
Kommunikative Fähigkeiten aufzubauen
MODAK-Konzept
Grundprogramm:
systematisches Training von Verb-ObjektKombinationen (häufig Kollokationen)
in 8 Phasen, mit Situationsbildern
Erweiterungen:

Kommunikationstraining

Kommunikative Grammatik-Übungen:
Automatisierung von grammatischen
Strukturen in Dialogen

Arbeit mit Texten in Kombination
mit Bildern, Diagrammen, Graphiken
(Zeitungen, Zeitschriften etc.):
Wort- und Satzlegen / Inhaltsstrukturen
Kommunikation über aktuelle Themen
Das MODAK-Grundprogramm
besteht aus

4 Situationsbildern

einem „ANLAUF“ zum mündlichen
Reagieren (7 Phasen)

einem Dialog
„ANLAUF“ zum mündlichen Reagieren:

Zeigen je eines von vier Bildern

Zuordnen von Schriftkarten

Zurückgeben von Schriftkarten

Zurückgeben der Bilder
ANLAUF

Wortlegen

Abschreiben des Wortes mit
Einsetzen des Hauptvokals

Selbständiges Schreiben des
gelegten Wortes
DIALOG
ANLAUF
Zeigen der Bilder (Schwerpunkt: auditives Verstehen)
- parallele Aktivierung sämtlicher zum auditiven
Verstehen führender sprachsystematischer Prozesse
und der Prozesse der Handmotorik
- Hemmung der Signale der drei nicht genannten Bilder
- verbales Gedächtnis
ANLAUF
Zuordnen der Schriftkarten (Schwerpunkt: Lesesinn)

parallele Aktivierung sämtlicher zum Lesesinn-Verständnis
führender sprachsystematischer Prozesse und der Handmotorik

Hemmung der Signale der drei nicht genannten Bilder
Zurückgeben der Schriftkarten / danach Zurückgeben der Bilder
(Schwerpunkt: auditives Verstehen + Lesesinn)
- Wiederholung sämtlicher Arbeitsschritte
wie beim Zeigen und Zuordnen
ANLAUF
Wortlegen (Schwerpunkte: Graphem-Phonem-Korrespondenz/ Orthographie

Aktivierung des abstrakten Schriftbildes

parallele Aktivierung sämtlicher sprachsystematischer Prozesse,
die zur Herstellung des aus Buchstaben gelegten Wortes führen

Hemmung von Assoziationen zum Zielwort

innere Artikulation
ANLAUF
Abschreiben des gelegten Wortes mit Einsetzen des betonten Vokals
Schwerpunkt: Abschreiben / Abruf des betonten Vokals

parallele Aktivierung sämtlicher sprachsystematischer
Prozesse, die zum Abschreiben des gelegten Wortes
führen, gleichzeitig Abruf und selbständiges Schreiben
des beim Wortlegen wahrgenommenen Vokals

Hemmung von Assoziationen zum Zielwort

innere Artikulation
ANLAUF
Selbständiges Schreiben des Zielwortes

parallele Aktivierung sämtlicher sprachsystematischer
Prozesse, die zum selbständigen Schreiben führen

Hemmung von Assoziationen zum Zielwort

innere Artikulation
ANLAUF
Warum intensive semantische Aktivierung über 7 Phasen?
Hypothese:
Allein schon das Benennen von einfachen Objekten
könnte von schwer betroffenen Aphasikern zuviel an
paralleler Steuerung verschiedener Netzwerke verlangen
Einfaches Benennen
Detailwahrnehmung und Erfassen von Bedeutung (z.B. Kategorisierung,
Abstrahieren, Generalisieren, Identifizieren und Interpretation) sind
gleichermaßen wichtig; keine Hirnregion kann beides gleichzeitig tun.
Es gibt kein Neuron oder Neuronenverband, die ein Objekt wie einen Stuhl
in all seinen Details und in seinen verschiedenen Bedeutungen
repräsentieren können. Die Wahrnehmung eines konkreten Objektes
erfordert die simultane Aktivität vieler Zellverbände, die jeweils nur
sehr begrenzte Aspekte kodieren.
Getrennt verarbeitete Aspekte
Wahrnehmnungsinhalt
Roth,G.(1994) Das Gehirn und seine Wirklichkeit.Suhrkamp,Frankfurt/M. (S.234)
Dialog
3. Übungsstufe
2. Übungsstufe
1. Übungsstufe
Subjekt
Verb
Objekt
3.Pers.Sing. Präsens
3.Pers.Sing. Perfekt
1.Pers.Sing. Präsens
1.Pers.Sing. Perfekt
Namen
Dialog
schwer betroffener Patient, erste Übungsstufe:
fragt nach dem Objekt:
Ther.: (zeigt auf ‚ isst Suppe‘)
„Sie isst ... – isst sie Brot?“
Pat.: „Suppe“
schwer bis mittelschwer betroffener Patient, zweite Übungsstufe:
fragt nach dem Verb:
Ther.(zeigt auf ‚isst Suppe‘)
Ther.: „sie macht was mit Suppe – kocht sie Suppe?
Pat.: „isst Suppe“
schrittweise Verlängerung des Dialogs durch diverse Strukturen
MODAK-Grundprogramm

Es werden immer mehrere (mindestens zwei)
Modalitäten verknüpft

Geübt wird immer mit einem ganzen Satz:
Das Subjekt ist im Bild zu sehen;
das Verb wird von der Therapeutin gesprochen;
das Objekt verarbeitet und produziert der Patient

Das Vorgehen ist kleinschrittig

Systematische Übungen werden kommunikativ
durchgeführt

Das Therapiematerial ist realitätsnah und
auf den Patienten bezogen
Charakteristika
MODAK Grundprogramm
Warum Modalitäten-Verknüpfung?
Die Zusammenarbeit zweier Zellen schafft in ihren Kontaktstellen
eine erhöhte Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Changeux 1985: 184
Die Hebbsche Lernregel besagt, dass immer dann, wenn zwei
miteinander verbundene Neuronen gleichzeitig aktiv sind, die
Verbindung zwischen ihnen stärker wird. ... Die Veränderung
(geschieht) nur, wenn tatsächlich beide Signale zugleich bei den
Zielzellen eintreffen. Treffen sie zeitversetzt auf, geschieht nichts.
Spitzer 1996:44/45
MODAK Grundprogramm
Warum Modalitäten-Verknüpfung?
Therapie der gestörten Synchronisierung
visuelle Netzwerke =
Umwandlung von Lichtenergie in Impulse,
die vom Gehirn verstanden werden:
relativ langsame chemische Prozesse
akustische Netzwerke =
Umwandlung von akustischer Energie
in Gehirnsprache:
schnellere Prozesse
(siehe Pöppel 1997: 30)
MODAK Grundprogramm
Warum Modalitäten-Verknüpfung?

Übung der Parallelität

Deblockierungseffekt
MODAK Grundprogramm
Warum arbeiten wir mit einem ganzen Satz?
Die Sprech- und Spracheinheiten sind hierarchisch angeordnet;
aufgrund des Ineinandergreifens der muskulären Korrelate kann
ihre sequentielle Ordnung erst dann geplant werden, wenn die
Ordnung der Phoneme bekannt ist.
Die Ordnung der Phoneme kann erst bestimmt werden, nachdem
die Ordnung der Morpheme bestimmt ist.
Die Ordnung der morphologischen Einheiten hängt von der
Phrasenstruktur und diese wiederum von der Struktur des Satzes ab.
Lenneberg 1972:135
MODAK Grundprogramm
Hierarchie der Sprechund Spracheinheiten
Lenneberg 1972:135
MODAK Grundprogramm
Warum arbeiten wir mit einem ganzen Satz?
If no element is focused in surface structure, the pitch accent goes
to the last lexical head.
(Levelt 1989:383)
In einem Aussagesatz ist das Wort am Satzanfang (Thema/Topic)
am wenigsten, das Wort am Satzende (Rhema/Comment) am
stärksten betont.
Lutz, L. (1981) Zum Thema „Thema“. Hamburger Buchagentur. Hamburg
(siehe Lutz 1981)
MODAK Grundprogramm
Warum arbeiten wir mit einem ganzen Satz ?
Assoziative Aktivierung
A logogen also gathers relevant contextual information from the
Cognitive System. The word table, for instance, is easier to
recognize when it follows the sentence fragment The cup was
placed on the - than when it follows They went to see the new –
The first context gives a high transitional probability for table,
whereas the transitional probability is low after the second
sentence fragment.
(Levelt 1989:203)
MODAK Grundprogramm
Assoziative Aktivierung
S
Das Verb fungiert als Auslöser für das
Objekt ( Priming)
siehe Hörmann 1970
Kollokation
Jan
trinkt
(Priming)
Wein
Hörmann, H. (1070) Psychologie der Sprache. Springer, Berlin Heidelberg New York (S.142 ff)
MODAK Grundprogramm
Versuch der Verstärkung ungenügender Hemmprozesse durch

die Arbeit mit vier Bildern: Während der Patient sich auf ein Bild
konzentriert, muss er die Signale der anderen drei Bilder hemmen

ständigen Wechsel der Aufgaben und Modalitäten:
Der Aphasiker muss
zuhören
entscheiden
auswählen
zeigen
aushändigen
Wörter aus Buchstaben legen
Sätze aus Wörtern legen
Wörter oder Sätze schreiben
Fragen der Therapeutin beantworten
MODAK Grundprogramm
Versuch der Deblockierung zu starker Hemmprozesse durch

„ANLAUF“: vor der Aufforderung zum Antworten im Dialog
arbeitet der Aphasiker in 7 Phasen mit dem Zielwort:
Zeigen / Schriftkarten Zuordnen / Karten Zurückgeben /
Bilder Zurückgeben / Wortlegen / Abschreiben mit
Vokal Einsetzen / selbständig Schreiben

Assoziative Aktivierung (Priming):
Das Verb wird als Auslöser für den Objektnamen
eingesetzt
MODAK Grundprogramm
Versuch, die reduzierte Aktivierung zu steigern durch

ständige Kombination der Modalitäten

ständigen Wechsel der Aufgaben:
erhöhte Aufmerksamkeit aktiviert

Beachtung der individuellen Interessen
der Aphasiker:
Motivation aktiviert

Erfolgserlebnisse:
die durch den ANLAUF angeregten mündlichen DialogReaktionen könnten die Aphasiker bestärken und dadurch
aktivieren
MODAK Grundprogramm
Therapie der Parallelitätsstörung

Berücksichtigung der Störung durch kleine
Übungsschritte:
nur jeweils ein Problem im Mittelpunkt

Versuch, durch ständige Kombination mehrerer
Modalitäten die Fähigkeit zur parallelen Steuerung
wiederaufzubauen
Erweiterungen des Grundprogramms
Kommunikationstraining
Die Automatisierung bestimmter einfacher sprachlicher
Strukturen erscheint für schwer Betroffene sinnvoll:
z.B. Ther.: „Ist der Kaffee heiß“
Pat.: „Sehr heiß!“
usw.
Ther.: „Es regnet“
Pat.: „Ich weiß, es regnet!“ usw.
Kommunikative Grammatik
Beispiel:
Ich habe mich für dich Jutta einen
EC-Karten und das Geld abnachgeliegten.
Ich habe mich einem anderes EC-Karten
von das Bank zugenimmen. Die Bankapparat
neben den Reha habe ich das Geld
gezunachnimmten.
Agrammatismus
Kommunikative Grammatik
Lesen: Einfluss der Grammatik
Originaltext, den der Patient nicht lesen konnte:
Robert wurde mitten in der Nacht wach und stellte fest,
dass es nicht hell werden wollte…
Vereinfachter Text, der problemlos gelesen wurde:
Robert erwachte mitten in der Nacht und merkte, dass
es nicht hell war
…weil sie erwachen (finites Vollverb)
Lexikalische Bedeutung Zeit Modalität Aktionsart Numerus
… weil sie wach werden
(Duden Die Grammatik Band 4 S.421)
Kommunikative Grammatik
für weniger schwer Betroffene:
Mündliche und schriftliche Automatisierung
bestimmter grammatischer Strukturen
unter Berücksichtigung einer
Schwierigkeitshierachie
mit steigendem Schwierigkeitsgrad
Kommunikative Grammatik-Übungen
z.B.: „mit“ + Personalpronomen im Dativ
Ther.: „Möchten Sie mit Michael Schumacher im Ferrari sitzen?“
Pat.:
„Nein, ich möchte lieber mit ihm Wein trinken“

mit Angela Merkel Urlaub machen?

mit Thomas Gottschalk in Wetten dass...auftreten?

mit der Queen zum Pferderennen?

mit Loriot einen Sketch drehen?

usw.
Kommunikative Grammatik
Schwierigkeitshierarchie
(individuelle Abweichungen möglich)
Grundprogramm
 Substantive
 Verben
(3.P.Präs + Perf., 1.P.Präs. + Perf.)
Erweiterungen
 Subjekt (Namen)
 Fragen
 Negation
 vorher / nachher
 Personalpronomen
- 3.P.Sing. Akkusativ
- 3.P.Sing. Dativ
 Präpositionen
- in + Akkusativ
- in + Dativ
- mit + Pers.Pron. im Dativ
 Ergänzungen am Satzanfang
 Sätze mit dir. + indir. Objekt
 Gleichzeitigkeit (während)
 diverse Personalpronomen
 Adjektive
 direkt / indirekt
 Verben (+ Partikel / im
Passiv/Präteritum/Konj.)
 diverse Präpositionen
Arbeit mit Texten
Arbeit mit Texten

Zeitungstitel / Bildunterschriften:
- Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen
- Wortlegen und –schreiben (Schlüsselwörter)

Satzlegen zu Textinhalten: Satzstruktur S-P-O-pO aktivieren
(Sätze laut lesen mit unterstützenden Handbewegungen)

Selbstständige mündliche / schriftliche Produktion
zu Bildern oder aktuellen Themen

Zeitungsartikel und Geschichten:
Inhaltsstrukturen graphisch darstellen
(Hinführen zum selbstständigen freien Erzählen)
Irrtum: Übungsmaterial
Irrtum:
Das Übungsmaterial muss einfach sein
Richtig:
Die sprachlichen Strukturen
(Wörter / Sätze / Texte)
müssen einfach sein
Aber die Themen können komplex sein
und sollten die Welt in den Kopf bringen
z.B.
 Zeitungen/Zeitschriften
 Bildbände
 Atlanten
etc.
Therapie
Arbeit mit Texten
Kommunikation über aktuelle / individuelle Themen
Kombination von spontanem
Sprechen / Schreiben von Schlüsselwörtern / Zeichnen
Ganz offensichtlich hängt die Wahl eines Namens
vom Kontext ab, von der Anzahl der Distinktionen,
die in einer besonderen Situation getroffen werden
müssen, und von vielen anderen Faktoren, die mit
der semantischen Struktur einer bestimmten Sprache
per se wenig zu tun haben; z.B. könnte die Absicht
des Sprechers, die Person, an die er sich wendet,
oder die Art des sozialen Anlasses die Wahl eines
Namens leicht beeinflussen.
(Lenneberg 1972:419)
Arbeit mit Texten
Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen
http://www.suvinfo.org/
Arbeit mit Texten
Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen
Herr U. (globale Aphasie):
zeichnet auf die Frage:
„Welchen SPD-Politiker würden Sie als
Kanzler-Kandidaten vorschlagen?“
Arbeit mit Texten
„ein mach, zwei mach...“
Kommunikation über aktuelle/individuelle Themen
Kommunikation über ein individuelles Thema
Herr K. erzählt von seiner Reise
Arbeit mit Texten
Wortlegen aus Buchstaben
Arbeit mit Texten
Frau Merkel
Satzlegen
besucht
Putin
in
Moskau
Arbeit mit Texten
Satzlegen zu Textinhalten
zu „Die Erde von oben“ – Jangtse-Damm:

die Chinesen - bauen - einen Damm - am - Fluss
zu Stern-Artikel über eine Entführung:

die Geiseln - fotografieren - das Versteck - in - der Höhle
zu Geo, Inhaltsverzeichnis:

ein Fotograf - beobachtet - Ameisen - in - der Wüste
Arbeit mit Texten
selbständiges Schreiben zu einem Zeitungsthema
Selbstständige schriftliche Produktion
Selbstständige schriftliche Produktion
Selbständige schriftliche Produktion
Inhaltsstruktur zum Text herstellen:
Elchkalb
dpa Moskau – Mutterliebe und
Findigkeit bewies eine Elchkuh,
als ihr Kalb in den russischen
Wäldern bis zum Hals in einem
Schlammloch versank. Die Elchkuh
Stellte sich kurzerhand auf die Straße
vor ein herrannahendes Auto. Der
Fahrer bremste scharf ab. Als er
weiterfahren wollte, blockierte die
Elchkuh das Auto erneut und deutete
Mit dem Schädel zum Wald. Schließlich
Steigen Fahrer und Beifahrer aus und
folgten dem Tier, bis sie das kalb im
Schlamm fanden. 30 Minuten schufteten
die Männer - dann hatten sie das laut
röhrende Elch-Baby befreit. Die Retter
zur „Prawda“: „Als die Mutter ihr Junges
ableckte, sahen wir Tränen der
Dankbarkeit in ihren Augen.“
Kuh
Autofahrer
Loch
Autobahn
hält an:
Auto
1.guckt
2.steigt
aus
zeigt zum
Loch
geht zum
Loch
holt das Kalb
raus
leckt das kalb ab
Insgesamt:
Es geht beim MODAK-Vorgehen
nicht um Form - sondern um Inhalt
nicht um das Üben von Wörtern - sondern um Kommunikation
nicht um einen Aphasiker
- sondern um den Menschen,
der an der Welt wieder teilnehmen möchte
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