Christian G. Allesch Musikpsychologie und Musikpädagogik Vortrag an der Universität „Mozarteum“ Salzburg, 16. 11. 2001 "Daseinsebenen" von Musik • externe Kodierung und Speicherung : • musikalische "Bedeutung" einer Partitur • akustische Strukturen: • Musik als spezifisch strukturierte Luftschwingung • wahrgenommene und repräsentierte Schallereignisse: • Musik als wahrgenommenes oder vorgestelltes Klangphänomen • neurophysiologische Repräsentation Musik als Gegenstand der Naturwissenschaft Der naturwissenschaftliche Zugang zu Musik umfasst: die physikalischen Vorgänge im Umgebungsmedium, im äußeren Gehörgang sowie im Mittel- und Innenohr, die elektrophysiologischen Vorgänge im Hörnerv und im Gehirn bis zu den kortikalen Zentren, die hormonalen Regelvorgänge, die durch Musik ausgelöst oder beeinflusst werden. Musik als Gegenstand einer ganzheitlich verstandenen Psychologie Ein ganzheitlicher (humanwissenschaftlicher) psychologischer Zugang zu Musik umfasst: die Ebene des psychosomatischen Reagierens auf Musik unter Einschluss der damit verbundenen Erlebnisvorgänge, die Ebene des persönlichen Umgangs mit Musik, die auch auf die persönliche Erfahrungsbiographie verweist, die Ebene des sozialen Erlebens von Musik, die Ebene des kulturellen Verhaltens, die den Umgang mit Musik einerseits ermöglicht, andererseits aber auch formal beeinflusst und steuert. Beziehungen zwischen den Teilgebieten der Psychologie und der Musikpsychologie Allgemeine Psychologie: Wahrnehmung, Erkennen und Wiedererkennen musikalischer Strukturen Klinische Psychologie: (Melodien, Tonhöhen, Klangfarben etc.), Musiktherapie Psychakustik, emotionale Wirkungen von Musik Kulturpsychologie: Physiolokulturelle Funktionen der Musik; gische Psycho- Musikwahrnehmung, Kulturvergleich logie: Physiologie musikbezogenes u.NeurophysioloSozialpsychologie: Verhalten und Erleben gie des Hörens soziokulturelle Geschmacksbildung; soziale Funktionen der Musik Entwicklungspsychologie: PersönlichkeitsEntwicklung musikalischer psychologie: Fähigkeiten; altersspezifische „subjektive Funktionalität“ Musikpräferenzen ua. Präferenzen 19. Jahrhundert Hermann von Helmholtz (18211894): Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik (1863). Gestaltpsychologie und Musiktheorie Carl Stumpf (1848-1936): Tonpsychologie (2 Bde., 1883-1890); Allesch, Christian G. (im Druck). Zur Rezeption von Carl Stumpfs "Tonpsychologie". Referat beim Symposion anlässlich des 150. Geburtstags von Carl Stumpf, Köln, 3.6.12.1998. Ernst Kurth (1886-1946): Musikpsychologie (1931) Allesch, Christian G. (2000). Form, Gestalt und Ethos in der Musik. In: A. Gerhard (Hrsg.), Musikwissenschaft - Eine verspätete Disziplin? (S. 157-178). Die „kognitive Wende“ Die „kognitive Wende“ beendete in den 50er Jahren die bis dahin anhaltende Vorherrschaft des Behaviorismus in der amerikanischen Psychologie. Sie entstand aus einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Psychologen, Neurowissenschaftlern und Linguisten. Literatur: Gardner, Howard (1989). Dem Denken auf der Spur. Der Weg der Kognitionswissenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta Die „kognitive Wende“ Die kognitive Psychologie geht davon aus, dass Wahrnehmung nicht einfach Reagieren auf Reize bedeutet, sondern die Anwendung angeborener und soziokulturell erlernter Schemata auf die alltägliche Erfahrungswelt. Dementsprechend ersetzt sie das ReizReaktions-Schema (S-R-Schema) des Behaviorismus durch ein kybernetisches Regelkreismodell, in dem Handlungs- und Zielantizipationen die Rolle von Sollwerten spielen. Web-Adressen zur Cognitive Music Psychology: Carol Krumhansl (Cornell Univ.): http://www.cogstud.cornell.edu/faculty/ krumhansl.html Jamshed Bharucha (Dartmore): http://www.dartmouth.edu/~psych/ faculty/bharucha.html Diana Deutsch (San Diego): http://www-psy.ucsd.edu/~ddeutsch Web-Adressen zur musikalischen Entwicklungspsychologie: Sandra Trehub (Univ. of Toronto): http://www.erin.utoronto.ca/~w3psy/ people/trehub.html University of Leicester Music Research Group: ttp://www.le.ac.uk/psychology/acn5/ mrg.html Salzburger Untersuchungen zu techno dancing Mitterlehner, Ferdinand (1995). Let’s fly together - Untersuchung des Erlebens veränderter Bewusstseinszustände während einer Techno-Party. Diplomarbeit Salzburg. Baldemair, Andrea (1999). TRANCEZENDENZ - Trancezustände beim Tanzen auf Techno-Parties und durch das Praktizieren religiös-ritueller Körperhaltungen nach Dr. Felicitas Goodman. Dipl.arbeit. Literaturauswahl zur musikalischen Präferenzforschung: Behne, Klaus-Ernst (1993). Musikpräferenzen und Musikgeschmack In H. Bruhn, R. Oerter & H. Rösing (Hrsg.), Musikpsychologie (S. 339-353). Reinbek: Rowohlt. Gembris, Heiner (1990). Situationsbezogene Präferenzen und erwünschte Wirkungen von Musik. Musikpsychologie, 7, 73-95. Gembris, Heiner (1994). Das Konzept der Orientierung als Element einer psychologischen Theorie der Musikrezeption. Musikpsychologie, 11, 102-118. Gembris, Heiner (1999). 100 Jahre musikalische Rezeptionsforschung. Ein Rückblick in die Zukunft, Musikpsychologie, 14, 24-41. Weitere Informationen: Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie: http://musicweb.hmt-hannover.de/dgm European Society for the Cognitive Sciences of Music: http://musicweb.hmt-hannover.de/escom Homepage Christian Allesch http:www.sbg.ac.at/psy/people/allesch.htm