Frauen

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Frauen und Macht im
Altertum?
Monika Frass
Fachbereich Altertumswissenschaften
Universität Salzburg
Inhalt

Forschungsüberblick
– „große̋ Frauengestalten
– Frauengeschichte/Geschlechtergeschichte
Quellenlage
 „Frauenwelten̋ im Altertum

– Frauenideale
 Cornelia, Lucretia
– Frauen römischer Kaiser
 Agrippina
Forschungsüberblick - Frauen

Große Frauengestalten
 14. Jh. Boccaccio
– Religiös/moralisierend
 Christl.-heidnisch
 19. Jh. Stahr/Ferrero
– moralisierend
 20. Jh. Kornemann
– „Völkisches“ Denken
– Hartmann 2007, 202ff.
Forschungsüberblick-Frauen

Große Frauengestalten/14.Jh.
– Giovanni Boccaccio
 „Über die berühmten Frauen (de claris mulieribus)
– Histor.-mythol. Abhandlung
 Fast nur Heidnische Frauen
 Erzieher. Absichten für Christinnen
Erfen I./Schmidt P. 1995, lt.dt.

„Und wenn man Männer preisen muß, die im Vollbesitz
ihrer Manneskraft Großes geleistet haben, um wieviel
mehr dann Frauen, denen in so gut wie jeder Hinsicht
natürliche Schwäche angeboren ist, deren Leib hinfällig,
deren Geist träge ist, wenn sie sich ermannen und
wachen Geistes mit bemerkenswerter Tatkraft wagen
und tun, was auch Männern mehr als schwer wird. Damit
also die Frauen nicht um ihre Verdienste betrogen
werden, kam mir die Idee, die, die mir die Geschichte
zuträgt, zu versammeln, um sie zu rühmen und
auszuzeichnen … “

Beginn des Buches, Boccaccio „die großen Frauen“.
Forschungsstand - Frauen

Große Frauengestalten
 14. Jh. Boccaccio
– Religiös/moralisierend
 Christl.-heidnisch
 19. Jh. Stahr/Ferrero
– moralisierend
 20. Jh. Kornemann
– „Völkisches“ Denken
– Hartmann 2007, 202ff.
Forschungsüberblick-Frauen
Große Frauengestalten/19.Jh.
– Moralisier. Ton (Stahr Adolf)
 Männl. Eigenschaften verderben Frauencharakter
– Agrippina (maior): „von so brennendem Durste nach
Herrschaft erfüllt, daß diese männliche Leidenschaft
selbst das Weib und seine Schwächen in ihr untergehen
ließ“
– A. Stahr, Römische Kaiserinnen, Berlin 21880 = wie
Charakterisierung bei Tac.ann.6,25,2; s. Hartmann 2007
Forschungsstand - Frauen

Große Frauengestalten
 14. Jh. Boccaccio
– Religiös/moralisierend
 Christl.-heidnisch
 19. Jh. Stahr/Ferrero
– moralisierend
 20. Jh. Kornemann
– „Völkisches“ Denken
– Hartmann 2007, 202ff.
Forschungsüberblick-Frauen

Große Frauengestalten/20.Jh.
– Kulturspezif. nationale Charakterzüge (Kornemann E.)
 „Exponenten ihres Volkstums“
– völkisches Denken/rassenspezifisch
– Frauen nach Völkern vorgestellt
 Ägypter, Babylonier, Assyrer / Perser u. Griechen/
Makedonen / Römer / Syrer u. Araber/Byzantiner/Germanen
– Ernst Kornemann, Große Frauen des Altertums 1942
Inhalt

Forschungsüberblick
– „große“ Frauengestalten
– Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte
Quellenlage
 „Frauenwelten“ im Altertum

– „Ideale“ Frauenbilder
 Cornelia, Lucretia
– „Herrscherinnen“ – Frauen und Macht
 Livia, Agrippina
Forschungsüberblick – Frauen/Geschlechter

Frauengeschichte/women‘s studies
– Ab 60iger Jahre 20.Jh.
 Zeitgenössische/sozial-politische Bewegung
– Feministisch-emanzipatorisch-aufklärerisch
 Aufzeigen der Unterdrückung von Frauengestalten
 „Historiographie des Unglücks von Frauen“
 Themen
– Breite Masse der Frauen
 Fokus nicht auf Einzelgestalten
 Sklavinnen, Arbeitsleben, Alltagsleben
 (verdeckte) Repräsentationsweisen des Weiblichen in
den Texten und in der Kunst
 Schmitt-Pantel, Pomeroy, Wagner-Hasel
Forschung-Geschlechtergeschichte

Gender/Geschlecht
 Definition von Mann und Frau (?)
– Einfluss sozialpolitischer, philosophischer,
literaturwiss., Strömungen et al.
– keine biologisch/a-historisch-determinierte
allgemeine Bedeutung
– Historisch-gesellschaftliche Erscheinungsform
von Weiblichkeit und Männlichkeit
 Späth/Wagner-Hasel 2000, XIIIff. (Frauenwelten, mit
Forschungsüberblick)
Forschung-Geschlechtergeschichte
– „die Forderung […], an jede Kultur und
jede Epoche immer wieder neu die
Frage zu stellen, was sie als
Geschlechterunterschiede wahrnimmt
und welche Bedeutungen sie diesen
Unterschieden zuordnet, um auf dieser
Grundlage Geschlechtsidentitäten zu
definieren“
 Spät/Wagner-Hasel 2000, Frauenwelten, XIIIff.
Forschungsüberblick - Wissenschaftliche Ansätze

Zentrale gender -Themen heute
–
–
–
–
–
Machtverhältnisse
Sozialisation und Bildung
Sexualität – Körper
Geschlechterverhältnisse in der ant. Literatur
Große Frauengestalten
 Im Kontext der gesellschaft. Rahmenbeding.
 Unter spezifischen neuen Fragestellungen
– Unterscheidung von Beschreibungen und Bewertungen in
antiken Quellen
– ergibt neue Form der Geschichte
Inhalt

Forschungsüberblick
– „große“ Frauengestalten
– Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte
Quellenlage
 „Frauenwelten“ im Altertum

– „Ideale“ Frauenbilder
 Cornelia, Lucretia
– Frauen und Macht?
 Livia, Agrippina
Quellenlage

Problematik
– Zeitliche Distanz
 Einfluss zeitgenössischer Lebensmuster
– Quellenselektion der Überlieferung
– Tendenz der Quellen
 Verfasser?
 Objektivität?
 Topik
– Moralisierend
– Ideologisch
– …
Inhalt

Forschungsüberblick
– große Frauengestalten
– Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte
Quellenlage
 „Frauenwelten" im röm. Altertum

– „Ideale" Frauenbilder
 Cornelia, Lucretia
– Frauen römischer Kaiser
 Agrippina die Jüngere
Ideale römische Frauenbilder

Lucretia
– Tugend/ehrbare Ehefrau
 Vergewaltigung – Selbstmord
– Täter etrusk. Prinz: Sextus Tarquinius
– Opfer: Römerin Lucretia Frau des Collatinus
 Teil der Gründungslegende (röm. Republik)
– Kampf der Werte (etrusk. Königtum – Republik)
– Instrumentalisierung von Frauenidealen
 Für Staatsinteressen
 Tyrannentopik
 Livius 1,57-59; Dion.Hal.4,64-76; Ov.fast.2,755ff.,
Augustin.de civ.dei I
Ideale römische Frauenbilder

Lucretia


Muster der Tugend
Frauen der Patrizier

Untugenden
– Wollverarbeitung
– natürliche äußere
Erscheinung
– Sprache/Gang (sanft)
– Umgang mit Schande
 Verleumdung angedroht
– Ehebruch mit Sklaven
– Selbstmord
 trotz Freisprechg.
– Spielsucht
– Trunksucht
 Weinverbot (?)

Männer
– Tarquinius Sextus
 Hemmungslosigkeit
 Triebhaftigkeit
 Gewalt – amor/vis

,
Tizian,
16.Jh./Hochrenaissance
Antonio Bellucci
17.Jh./Roccoco
Die sterbende Lucretia (Sebastiano Ricci, 1685/Barock)
Ideale römische Frauenbilder

Cornelia (2.Jh.v.)
– Vornehme Abstammung
 Tochter des P. Cornelius Scipio Africanus
– Treue Gattin
 Ehelos nach Tod ihres Mannes Tiberius Sempronius Gracchus
– Vorbildliche matrona/Mutter
 Mutter der Gracchen (Tiberius u. Gaius)
– Sterben der Söhne zum Wohle der Republik
– Schmuck der Frauen sind Söhne
– Einfluss auf Söhne? (Brieffrgm.-? – Cornel.Nepos)
Sockel mit Inschrift, Rom
Opus Tisicratis // Cornelia Africani f(ilia) / Gracchorum
Werk der Tisicrates//Cornelia, Tochter des Africanus, (Mutter) der
Gracchen
(CIL VI, 31610).
Pierre-Jules Cavelier (1814-1894),
Cornelia, Mutter der Gracchen,
Marmorskulptur, 1861
Paris, Musée d‘Orsay
Cornelia

„Sie wird nämlich bereits von ihm [ihrem Sohn] als
Idealtypus einer römischen Matrona dargestellt: mit der
Geburt von Kindern erfüllte sie die Aufgabe, die den
Frauen natürlicherweise in erster Linie oblag; mit der
Geburt von Söhnen, die sich für das Vaterland einsetzten
und aufopferten, erwies sie sich als würdige Vertreterin
ihrer Gens wie der Nobilität allgemein. Mit der
Behauptung, Cornelia sei den Männern ferngeblieben,
rühmt er ihre Keuschheit und spielt auf ihre vorbildiche
Haltung als Witwe an, die noch dem toten Gatten die
Treue hält“

(Burckhardt/Ungern-Sternberg 1994: 118; vgl. Instinsky H. U.: Zur
Echtheitsfrage der Brieffragmente der Cornelia, Mutter der
Gracchen. In: Chiron. Nr. 1, 1971, S. 177–189
Frauenideal - Forschung

Typisierung von Frauen
– Durch traditionelle Topik
 Ideal-Tugenden
– Mutterliebe
– Treue
– Keuschheit/Sittsamkeit

Instrumentalisierung
– Für politische Propaganda
 Fruchtbarkeit
 Dynastische Bestrebungen
– Familienpropaganda der Popularen (Cornelia)
 Verherrlichung eigener Kultur
– Römer gegen Etrusker (Lucretia)
Inhalt

Forschungsüberblick
– große Frauengestalten

Quellenlage
– Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte

„Frauenwelten" im röm. Altertum
– „Ideale" Frauenbilder
 Cornelia, Lucretia
– Frauen römischer Kaiser
 Agrippina die Jüngere
Frauen römischer Kaiser
– Frauen des Iulisch-Claudischen Kaiserhauses




Livia/Augustus (1)
Valeria Messalina/Claudius (2)
Agrippina die Jüngere/Claudius (3)
Statilia Messalina/Nero (4)
2
1
3
Agrippina Minor

Quellen
– Literarische Texte
 Frauentypus
– Machtgier/Herrschsucht
– Triebhaft (Sexualität,
Eifersucht, krankhafte
Mutterliebe)
– Geldgier
– Grausamkeit
– Intriganz
 Sueton: Kaiserbiographien
(Caligula, Claudius, Nero);
Tacitus Annalen; Cassius Dio;
et. al.
– Andere Quellenkategorien
 Münzen
 Inschriften
– Offizielle dynastische
Anerkennung und Ehren

Forschung
– Historisches Bild der
Agrippina(?)
 Traditionell/philolog.-histor.Quellenkritik:
– Rekonstruktion von Realität
– Eck W., et al.
 Strukturalistisch-systematisch
– Realität des Textinhalts?
– z.B. Späth Th.
– Rollenverständnis
 Neue Machtposition
 Tradition. dynastische
Frauenrolle
Agrippina Minor

Rollenverständnis/Identität (geneal.)
 Stellung innerhalb der Domus Augusta
 Agrippa und Caligula
 Agrippina und Claudius
 Agrippina und Nero
Agrippina die Jüngere

Rang innerhal der Domus Augusta
– Genealog. Sonderstatus




Tochter eines Imperators (Germanicus)
Schwester eines Herrschers (Caligula)
Frau eines Herrschers (Claudius)
Mutter eines Herrschers (Nero)
– „als das bis zum heutigen Tag einzigartige Beispiel
einer Frau, die Tochter eines Imperators war,
Schwester, Gattin und Mutter eines Machthabers“
(Tac.ann.12,42,2)
Agrippina Minor

Rollenverständnis/Identität (geneal.)
 Stellung innerhalb der Domus Augusta
 Agrippa und Caligula
 Agrippina und Claudius
 Agrippina und Nero
Agrippina Minor - Caligula

Interaktion mit Caligula (37-41 n.Chr.)
– Rechte von vestalischen Jungfrauen
 Obwohl verheiratet
– Agrippina gerade schwanger von L.Domitius Ahenobarbus
– Einbindung in den Eid der Soldaten und Magistrate
 In ihre Gelübde und Opfer
 „Zum Heil und zum Glück von C. Caesar und seinen Schwestern“
(Suet.Cal.15)
 Gelübde bisher nur für Senat, röm. Volk und Herrscher als Garanten
der salus Publica
– Sexuelle Beziehung zu Bruder
 Cal. mit allen Schwestern Unzucht (Suet.Cal.24)
– Heirat der Schwester Drusilla (vgl. PIR I 664)
Agrippina Minor - Caligula

Interaktion mit Caligula (37-41n.Chr.)
– 39 Verschwörung gegen Bruder
 Mit ehem. Schwager Aemilius Lepidus u. Cn.Cornelius Lentulus Gaetulicus
(Komm. des obergerm. Heeres/Mainz)
 Misslingt
– Verbannung nach Pandateria (39-41 n.)
– Mit Schwester Iulia Livilla
– Einzug des Vermögens
– Weitere Quellen
 Münzprägungen – Familienpropaganda
 Mit Schwestern als segenspend. Gottheiten (Bild)
– Ermordung des Caligula 41 n.
 Suet.Cal., et al.
Agrippina Minor

Rollenverständnis/Identität (geneal.)
 Stellung innerhalb der Domus Augusta
 Agrippa und Caligula
 Agrippina und Claudius
 Agrippina und Nero
Agrippina Minor - Claudius

Frauen des Claudius
(41-54 n.Chr.)
– 1. Plautia Urgulanilla
 Verstoßen
 Unzücht. Lebenswandel
– 2. Aelia Paetina
 Verstoßen
 Tochter Antonia
– 3. Valeria Messalina (39/40 bzw.41 – 48
n.)
 Sohn Britannicus
 Tochter (Claudia) Octavia
– 4. Iulia Agrippina d. Jüng. (49-54)
Rom, Vatik. Museen
Claudius als Jupiter
Agrippina Minor – Claudius

Agrippinas Ehen
– 1. Gn. Domitius Ahenobarbus
 Vater des Nero
 Tod um 40 n.
– 2. Sallustius Passienus Crispinus (41 n.)
 Tod spätestens (natürlich?) 48 n.
– 3. Claudius 49.n.
Agrippina Minor – und Claudius

Heirat mit Claudius 49 n.
– Gründe
 Ideale dynastische/eheliche (?) Verbindung (Senat)
 Weibliche Verführung (Tac./Suet.)
 Einfluss der Freigelassenen (Pallas) (Tac./Suet.)
– Gegengründe
 Zu enge Verwandtschaft
– Blutschande
– Änderung des Gesetzes durch Senat durchgeführt
Agrippina Minor – und Claudius
– Weibliche Verführung
– „… unterstützt von den Lockungen Agrippinas, welche den Oheim
unter dem Vorwand der Verwandtschaft häufig besuchte und ihn so
an sich zog, daß sie den übrigen vorgezogen, obgleich noch nicht
seine Gattin, schon die Gewalt der Gattin übte … Doch nichts
schien schwer bei der Gesinnung des Fürsten, der kein Urteil und
keinen Haß hatte, wenn es ihm nicht eingegeben und geboten war
(Tac.ann.12,3)
– Politische Taktik des Claudius
– Weil denn alle zur Vermählung des Fürsten rieten, so müsse man
ein Frau auswählen, die sich durch Adel, Kindersegen und
Sittenreinheit auszeichne. Es sei nicht erst lange zu bezweifeln, daß
Agrippina durch Berühmtheit des Geschlechts den Vorrang habe.
Sie habe Beweise der Fruchtbarkeit gegeben und edle
Eigenschaften kämen dazu. Vollends trefflich sei aber, daß durch
die Fügung der Götter eine Witwe dem Fürsten verbunden werde
…“. / (Tac. Ann.12,6)
„
Claudius und
Agrippina
Marmorrelief
Archäol.Mus.
Aphrodisias
Agrippina J. – und Claudius

Initiativen Agrippinas
– Rückholung des Seneca, 49 n.
– Verlobung des Sohnes Nero und Octavia, 49 n.
– Adoption des Nero durch Claudius, 50 n.
 Britannicus -eigener Sohn des Claudius entmachtet
– Rechte für Sohn Nero
 Designiert als zukünft. Herrscher
 Titel Princeps Iuventutis („Anführer der röm. Jugend“)
– Präfekten der Leibgarde abgesetzt 51 n.
 Afranius Burrus A. eingesetzt (Ritter)
– Aufwertung von Köln - Koloniestatus
 Gründung der Colonia Claudia Ara Agrippinensium
Agrippina Minor – Claudius

Ehren für Agrippina
– Außerordentliche Privilegien
 Mit carpentum zum Kapitol
– Nur kult. Funktion bei anderen
 Titel der Augusta (vorher nur Livia posthum test.)
– Keine institution. od. rechtl. Macht damit verbunden
 Ehrennamen Iulia Agrippina Augusta
 Tac.ann.12,26,1; Cass.Dio.60,33,2
 Erstmals Porträt und Name auf „w-röm.“ Reichsmünzen
– Name im Dativ der A. - sie wird nur geehrt
– Claudius Avers: Nominativ (Münzpräger)
 Schutz durch eine Truppe der Prätorianer (Tac.ann.13,18)
 Huldigungen gleich/annährend dem Kaiser (Tac.37,4)
Agrippina Minor - Claudius
– „Auch ihre eigene Hoheit (fastigium) trug Agrippina
mehr zur Schau. Sie fuhr in einem Wagen auf das
Kapitol, eine Ehre, die von alters her den Priestern bei
heiligen Handlungen gestattet war, und welche die
maiestas (Würde) einer Frau noch vermehrte …“.
 Tac.ann.12,42
für Agrippina Ä.
postum
Kult. Wagen für Agrippina J.
– für Kapitol
s. Tac.ann.12,42
Agrippina Minor – Claudius

Ehrungen im Osten
– Münzen, Statuen, Inschriften
– als Gottheit bzw. Personifikation von Gotth.
 Thea Agrippina Sebaste
 Demeter Karpophoros
 Als Fortuna/Tyche
– Eigene Kulte
 auf Kos
 Mytilene/Lesbos
– z.B. als Karpophoros (unter Claudius)
 Ehreninschrift in Mytilene/Lesbos
– In Bezug auf eine Gymnasiarchie
 IG XII 2, 208 (unter Claudius); IG XII 2, 232 (unter Claudius)
 Vgl. Eck 1993, 39 (Agrippina, Stadtgründerin Kölns)
Eck 1993, 42: Silbermünzen aus Ephesos: - bereits zur Zeit des
Claudius Namen Claudius u. Agrippina beide im Nominativ – in Rom
nicht üblich (Dativ bei A.). Provinzen anders
Agrippina Minor – Claudius
– „Der Staat war von nun an umgewandelt, und alles
gehorchte der Frau, die nicht in Mutwillen, wie
Messalina, mit Rom ihr Spiel trieb. Streng und
gleichsam männlich war die Knechtschaft. Vor der
Welt herrschte Ernst, noch häufiger Stolz, im Hause
keine Sittenlosigkeit, außer wenn es ihrer
Herrschsucht diente. Die unermeßliche Geldgier hatte
den Vorwand, man suche nur für die Regierung
Unterstützung“ (Tac.ann.12,7)
– Sie selbst aber wollte sich als Teilhaberin an der von
ihren Vorfahren gegründeten Herrschaft zeigen.
 Tac.ann.12,37,4
Agrippina J. - und Claudius

Typisierung der Agrippina
– Morde und Intrigen
 2. Ehemann (Sallustius) Passienus 48 n.
– im rechten Moment, wie Messalina tot (Tac.)
 Domitia Lepida (Tante) 54 n.
– Anklage wegen magischer Praktiken
– Vernachlässigung der Aufsicht über Sklavenschar in Kalabrien
– Narcissus auf Seiten Domitias – keine Chance gg. A. u. Pallas
 Gegen Lollia (Konkurr. Gegen Claudius)
– Magievorwurf – Orakelbefrag. wegen mögl. Heirat des Claudius
 Anklage gegen Statilius Taurus (reich), 53 n.
– Selbstmord (Tac.ann.12,59; Suet.Claud.13)
 Claudius 54 n.
– Durch Gift ? Text
Agrippina J. - und Claudius

„Jetzt musste Agrippina, die zum Giftmord schon längst entschlossen war,
die gebotene Gelegenheit ergreifen wollte und an Helfern keinen Mangel
hatte, über die Art des Giftes Überlegungen anstellen: es durfte nicht durch
eine plötzliche und unmittelbare Wirkung das Verbrechen verraten werden;
falls sie ein langsam wirkenden, zehrendes Gift wählte, so war zu
befürchten, dass sich Claudius, wenn er sich dem Tod nahe fühlte und die
Heimtücke durchschaute, in Liebe seines Sohnes erinnerte. Sie entschloss
sich zu einem ganz ausgesuchten Mittel, das den Verstand verwirren und
den Tod noch hinauszögern sollte. Ausersehene wurde eine Meisterin in
diesem Fach namens Locusta, die erst kürzlich wegen Giftmischerei
verurteilt worden war, andererseits lange als Werkzeug des
Herrscherhauses diente. Durch dieses Weibes Erfindungsreichtum wurde das
Gift hergestellt, und darzureichen hatte es einer der Eunuchen, Halotus, der
gewöhnlich die Speisen auftrug und sie kostend prüfte.
– Tac.ann.13,66ff.
Agrippina Minor
 Rolle/Identität (geneal.)
 Agrippina und Caligula
 Agrippina u. Claudius
– Onkel und Gemahl
 Agrippina und Nero
– Sohn
Nero
(54 – 68 n.)
Nero Claudius
Caesar
Augustus
Germanicus
Name vor 54 n.:
L. Domitius
Ahenobarbus
Glyptothek München
Nero nach 64 n.
Nero und Agrippina
Personif. der Fortuna
54/55 n.
Marmorrelief
Arch.Mus. Aphrodisias
Agrippina Minor – Nero

Ehrung als Neros Mutter
– Verehrung an Geburtstagen
– Priesterin des vergöttl. Claudius
 Tempel am Caelius
– Errichtung von Statuen
– Erster Losungswort an Prätorianer „optima mater“
– 2 Liktoren zuerkannt vom Senat
 Tragen Hoheitszeichen amtl. Gewalt vor ihr her
 Virgo vestalin maxima nur 1 Liktor voran
– Sondertruppe aus Germanen zusätzlich zu Prätorianern
– Volle Entscheidungsgewalt in öffentlichen u. priv.Dingn
 Summum omnium rerum privatarum publiarumque (Suet.Nero)
 Bisher Aufgabe der Magistrate, Senat, Herrscher
– Münzprägungen
Nero und Agrippina
Anspruch der Dominanz der Kaisermutter ?
Eck 1993, 62-64
Eck 1993, 58
Agrippina J. – und Nero

Opposition gegen Agrippina
– durch Nero ab 55 n. (?)
 Entlassung von Pallas (libertus a rationibus)
 Tötung des Britannicus
– Folge der Drohung der A. ihn zu fördern – Gefahr für Nero
 Affären des Nero (Acte)
– Vernachlässigung der Octavia
– Später Geliebte Poppea Sabina
 Entzug der Prätorianersoldaten u. Liktoren
 Vertreibung der A. aus Palatin (Palast)
 Planung der Ermordung durch Sohn
Agrippina J. – und Nero

Ende der Macht
– Ermordung der A. 59 n.
 Misstrauen der A.
 Einladung nach Baiae – Luxusstrand
– akzeptiert
– Versöhnung mit Sohn
 Rückkehr zu Villa
– Mit präpariertem Schiff - gescheitert
– Rettung der A.
 Ermordung in Villa
– Durch Befehlshaber der Flotte von Misenum (Anicetus)
 Postume Verleumdungen durch Nero
– Damnatio memoriae
Eck 1993, 76: Porträt A.s mit Meißel gelöscht
(Parell. Späterer Münzen Neros)
Agrippina Minor - Forschung

Tendenziöse Berichterstattung
– Geschichtsschreibung
 Negative Stereotypie (sehr einheitlich)
– Gründ variabel:
 trad. Frauenrolle
 Charakterisierung von Herrschern
 Instrumentalisierung
– für Herrschaftsideologien der Kaiser (auch Münzen)
– Lesung aller Quellen
 Kritische Auseinandersetzung geboten
– Topik, Typisierungen deutlich
– Frauenrollen nur in Interaktion mit Macht/Herrschern fassbar
Agrippina Minor - Forschung

Rollenverständnis
– Fortschrittl. Frauenrolle bei A.
 Erstaunliche Macht u. Beteiligung an Herrschaft
 Durch Privilegien – polit. Machtposition
 Beeinflussung des Princeps für (persönl.?) Eigeninteressen
– Traditionelle Frauenrolle
 Spielraum nur im gestatteten domus-Bereich
 Dynast. Position als Gattin u. Mutter
 Einfluss der A. auf politisches (res publica) fraglich
– Nur über männl. Agitatoren ihres soz. Netzwerkes
– Keine rechtliche Kompetenz/institut. Macht durch
Ehrungen/Privilegien
Agrippina minor bei Tacitus

„Die unterschiedlichen Elemente des Agrippina-Bildes ergeben
keine kohärente Figur. Die reale, konkrete Person der Mutter Neros
lässt sich aus den widersprüchlichen Facetten des Agrippina-Bildes
nicht rekonsturieren: Ob Agrippina nun tatsächlich eine
‚machthungrige, durch krankhafte Herrschsucht getriebene Frau,
war, gleichgültig gegenüber konventioneller Moral und
Hauptakteurin einer unwiderstehlichen Verquickung von Verrat,
Inzest und Mord, wie dies Autoren des 20.Jh. postulieren, dies
können wir heut nicht mehr entscheiden; Agrippina ist für uns nur
noch greifbar als literarisch konstruierte Figur. Darüber hinaus gibt
sie uns Einblick nicht nur in die weibliche Lebenspraxis einer Gattin
und Mutter der domus Augusta, sondern darüber hinaus in die
Handlungsräume römischer Aristokratinnen“.

Späth Th., Skrupellose Herrscherin? Das Bild der Agrippina minor bei
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


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



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