Mozambik

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Kinder der Welt
Im Schatten der Apartheid
Inhaltsangabe
 1. Der politisch-historische Kontext
 2. Inhaltliche Aspekte
 3. Kritische Interpretation
1. Der politischhistorische Kontext
1.1 Einleitung
Der Titel des Films „ Im Schatten der
Apartheid“ scheint auf den ersten Blick nicht
viel mit Mosambik zu tun zu haben. Erst die
Einbettung des Films in den politischhistorischen Kontext Mosambiks 1988 kann
diese Titelgebung Troellers rechtfertigen.
1. Der politischhistorische Kontext
1.2 Die Geschichte Mosambiks im Überblick
• 2. Jahrhundert: Volksstamm der Bantu wandert in das Gebiet
des heutigen Südmosambiks ein.
• 8. Jahrhundert: Beginn arabischer Handelsniederlassungen an
der Küste des heutigen Mosambiks.
• 16. Jahrhundert: Beginn der portugiesischen Kolonisation
im Gefolge der Entdeckungsfahrten des Vasco da Gama.
1. Der politischhistorische Kontext
1.2 Die Geschichte Mosambiks im Überblick I
 1951: Am 11. Juni wird Mosambik portugiesische Überseeprovinz.
• 1964: Beginn des bewaffneten Befreiungskampfes gegen die
portugiesische Kolonialmacht.
• 1974: Ende des Kolonialkrieges durch das Abkommen von
Lusaka.
• 25. Juni 1975: Unabhängigkeit. Gründung der Volksrepublik
Mosambik.
1. Der politischhistorische Kontext
1.2 Die Geschichte Mosambiks im Überblick II
 1976: Beginn des 16jährigen Bürgerkrieges zwischen
Regierungspartei FRELIMO und der Rebellenorganisation
RENAMO.
• 4. Oktober 1992: Unterzeichnung des Friedensabkommens von
Rom durch Präsident Chissano und RENAMO-Chef Dhlakama.
• Dezember 1992: Sicherheitsrat der Vereinten Nationen billigt
UN-Mission in Mosambik: ONUMOZ (endet 9.12.1994 durch
Amtseinführung des neuen Präsidenten).
• 27.-29. Oktober 1994: Erste freie Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen unter Aufsicht der Vereinten Nationen.
1. Der politischhistorische Kontext
1.2 Die Geschichte Mosambiks im Überblick III
• 3.-5. Dezember 1999: Zweite freie Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen. Wiederwahl Chissanos zum Staatspräsidenten. FRELIMO stärkste Partei. RENAMO wirft
Regierung Wahlbetrug vor und erkennt das Wahlergebnis erst
nach langem Zögern an.
• Februar/März 2000: Jahrhundertflut. Weite Teile im Süden des
Landes stehen unter Wasser. Eine internationale
Hilfskampagne setzt ein.
• 19. November 2003: Bei der Kommunalwahl siegt FRELIMO,
aber RENAMO setzt sich in fünf Städten durch. Seitdem wird
Mosambik nicht mehr ausschließlich von einer Partei regiert.
• 1./2. Dezember 2004: Dritte Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen in Mosambik. Wahlbeteiligung unter 40%.
FRELIMO-Kandidat Guebuza wird neuer Präsident (63,6%).
1. Der politischhistorische Kontext
1.3 Der Unabhängigkeitskampf in Mosambik
 1949: Gründung der NESAM (Núcleo dos Estudantes Africanos
Secundarios Moçambique)
 1960: Nach Demonstrationen gegen Zwangsarbeit töten
portugiesische Truppen ca. 600 afrikanische Bauern in Mueda
(16. Juni). Dieses Ereignis wird zum entscheidenden
Katalysator für die antikoloniale Widerstandsbewegungen.
 1961: Durch ein Gesetzt vom 6. September erhalten alle unter
portugiesischer Oberherrschaft stehenden Afrikaner das
portugiesische Bürgerrecht. Doch die meisten Afrikaner bleiben
aufgrund des Analphabetismus vom Wahlrecht
ausgeschlossen.
1. Der politischhistorische Kontext
1.3 Der Unabhängigkeitskampf in Mosambik I
 1962: Gründung der Befreiungsorganisation „Frente da
Libertação de Moçambique” (FRELIMO) durch den
Zusammenschluss von drei afrikanischen Exilorganisationen.
Ihre Führer sind Eduardo Mondlane (*1920,† 1969) und Uria
Simango (*1933). In ihrer Arbeit stützt sich FRELIMO auf das
Netzwerk der NESAM, die verboten wird. I. Kongress in
Tansania.
 1964: Beginn des bewaffneten Kampfes der FRELIMO in der
Cabo-Delgado- und der Niasa-Provinz im Norden Mosambiks.
Nach dem Angriff auf die Militärposten von Mueda müssen sich
die Portugiesen weitgehend aus dem Norden zurückziehen.
1. Der politischhistorische Kontext
1.3 Der Unabhängigkeitskampf in Mosambik II
 1968: Eröffnung einer zweiten FRELIMO-Front in der TeteProvinz (März). Im Juni kann der zweite Parteitag der FRELIMO
bereits innerhalb Mosambiks abgehalten werden.
 3. Februar 1960: Ermordung des FRELIMO-Präsidenten
Eduardo Mondlane in Tanzania vermutlich durch den
portugiesischen Geheimdienst. Fortan steht an der Spitze der
FRELIMO ein kollektives Führungsorgan: Präsident Samora
Machel (*1933, †1986), Vizepräsident und Außenminister
Marcelino dos Santos (*1931), Sicherheitschef Joaquim
Chissano (*1939).
 Juni 1970: Beginn einer portugiesischen Großoffensive in der
Delgado-Provinz: „Gordischer Knoten“.
1. Der politischhistorische Kontext
1.3 Der Unabhängigkeitskampf in Mosambik III
 Januar-April 1971: Durch eine FRELIMO-Offensive werden 20
Militärstützpunkte zerstört. Nach Berichten über portugiesische
Massaker an der Zivilbevölkerung wollen sich katholische
Missionare („Weiße Väter“) aus Mosambik zurückziehen,
werden aber am 25. Mai des Landes verwiesen.
 21. Juni: Erste Kämpfe bei Cabora Bassa (Staudammbau).
Zunehmende Zangsumsiedlung der Bevölkerung in
„Wehrdörfer“.
 1972: Errichtung einer neuen FRELIMO-Front in den Provinzen
Manica und Sofala. Nach dem Massaker portugiesischer
Truppen an einem Dorf mit über 400 Toten (als „WiriyamuMassaker“ bekannt) erhebt sich eine weltweite Empörung und
Kritik an der portugiesischen Kolonialpolitik.
1. Der politischhistorische Kontext
1.3 Der Unabhängigkeitskampf in Mosambik IV
 1. Januar 1973: Mosambik erhält mehr Autonomie, indem der
Gouverneur Mosambiks Ministerrang erhält. Mosambik bleibt
aber Bestandteil Portugals.
 1974: FRELIMO-Front im Süden. Lehnt nach dem Putsch in
Portugal (25. April „Nelken-Revolution“) ein Waffenstillstandsangebot ab. Start einer Generaloffensive. Im Mai streiken über
8000 Arbeiter. Portugiesische Soldaten ziehen sich aus dem
Norden zurück. 2000 portugiesische Soldaten weigern sich
gegen FRELIMO zu kämpfen.
 7. September 1974: FRELIMO und Portugiesen schließen ein
Abkommen in Lusaka (Zambia). Wichtige Punkte sind Garantie
der Unabhängigkeit Mosambiks, Waffenstillstand, Vereinigung
der portugiesischen und FRELIMO-Streitkräfte und Bildung
einer Übergangsregierung.
1. Der politischhistorische Kontext
1.3 Der Unabhängigkeitskampf in Mosambik V
 20 September 1974: Bildung einer Übergangsregierung unter
Joaquim Chissano. Daraufhin Abwanderung und Flucht von
über 90% der 200.000 in Mosambik lebenden Portugiesen.
Ökonomische Sabotageakte und Kapitalflucht.
 25. Juni 1975: Unabhängigkeit der Volksrepublik Mosambik
unter Präsident Samora Machel (keine allgemeinen Wahlen).
Ausrichtung auf eine marxistisch-leninistische Politik unter der
Einparteienherrschaft der FRELIMO: Verstaatlichung des
Gesundheits- und Erziehungswesens (24.07.), Beschluss zur
Errichtung von Kollektivfarmen im Rahmen des
Schwerpunktprogramms der landwirtschaftlichen Entwicklung
(23.08.).
1. Der politischhistorische Kontext
1.4 Mosambik – Opfer des Bürgerkriegs
 3. März 1975: Nach wiederholten heftigen Angriffen von
Truppen des benachbarten Rhodesiens schließt Mosambik die
Grenzen.
 1976: Beginn des Bürgerkrieges. Die Rebellenorganisation
Resistência Nacional de Moçambique (RENAMO) versucht
durch Terrormaßnahmen das Land zu destabilisieren. Die
Rebellen werden von den Regierungen Südafrikas und
Rhodesiens unterstützt.
 1977: Nach einer 5-tägigen Großaktion Rhodesiens gegen
Lager der in Mosambik sitzenden Befreiungsorganisation
Zimbabwe African National Union (ZANU) ruft Mosambik den
UN-Sicherheitsrat an.
1. Der politischhistorische Kontext
1.4 Mosambik – Opfer des Bürgerkriegs I
 1980: Nach Regierungsumbildung im März wird die Wirtschaft
in begrenztem Maße wieder reprivatisiert.
 16. März 1984: Unterzeichnung eines Nichtangriffspaktes mit
Südafrika (Vertrag von Nkomati, Unterzeichner: Samora Machel
und Pieter Willem Botha).
 1985: Präsident Machel erklärt den Übergang zur
Kriegswirtschaft. Mit Hilfe Simbabwes wird eine Offensive
gegen die RENAMO-Rebellen gestartet. Aufgrund des
berechtigten Verdachts, die südafrikanische Regierung
unterstütze die Rebellenarmee, finden Gespräche mit Südafrika
statt (Verweis auf Nkomati-Abkommen).
1. Der politischhistorische Kontext
1.4 Mosambik – Opfer des Bürgerkriegs II
 19. Oktober 1986: Bei einem Flugzeugabsturz über südafrikanischem Gebiet stirbt Präsident Machel. Das Zentralkomitee der FRELIMO wählt Joaquim Chissano zum neuen
Präsidenten.
 Juli 1989: Auf dem 5. FRELIMO-Kongreß wird der MarxismusLeninismus als Staatsideologie zugunsten einer allgemein
sozialistischen Richtung abgeschafft. Initiativen zur Beendigung
des Bürgerkriegs scheitern. Der Bürgerkrieg kostete bis dahin
über 100.000 Menschen das Leben, etwa 1,6 Millionen
Menschen sind auf der Flucht.
 1990: Erste Gespräche mit RENAMO finden im Juli statt.
Inkrafttreten einer neuen liberalen Verfassung: Mehrparteiensystem und damit Verzicht FRELIMOs auf Machtmonopol.
Außerdem: Umbenennung in Republik Mosambik, Vereinbarung über einen Waffenstillstand und Abzug der Truppen aus
Zimbabwe.
1. Der politischhistorische Kontext
1.4 Mosambik – Opfer des Bürgerkriegs III
 1991: Regierung und RENAMO können sich nicht auf die
Einhaltung des Waffenstillstandes und politische Regierungsbildung einigen. Daraufhin gibt es neue Angriffe der RENAMO.
 4. Oktober 1992: Staatspräsident Chissano und RENAMOFührer Afonso Dhlakama unterzeichnen in Rom einen Friedensvertrag. Wichtigste Punkte: Demobilisierung von Armee und
RENAMO, Aufstellung gemeinsamer Streitkräfte, anschließend
Wahlen, Einsetzung einer Überwachungs- und Kontrollkommission der Vereinten Nationen.
 27.-29. Oktober 1994: In Mosambik finden die ersten freien
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Staatspräsident
Chissano (53,3 %) kann sich gegen den RENAMO-Kandidaten
Dhlakama (33,7 %) durchsetzten. FRELIMO (44,33 %) bleibt
Regierungspartei, RENAMO (37,78 %) wird stärkste
Oppositionspartei.
1. Der politischhistorische Kontext
1.5 Fazit
 Der Titel „Im Schatten der Apartheid“ macht deutlich, in welcher Weise
Mosambik 1988 in der Einflusssphäre Südafrikas gestanden hat. Der
von den RENAMO-Rebellen ausgetragene Bürgerkrieg wurde durch
finanzielle und materielle Unterstützung seitens der südafrikanischen
Regierung unterstützt. In die südafrikanische Apartheidpolitik passte
sich das Interesse ein, die benachbarten Staaten in politischer
Instabilität und ökonomischer Rückständigkeit zu halten.
 Troeller weist durch den Titel „Im Schatten der Apartheid“ auf die
Einflussnahme Südafrikas auf die Politik in Mosambik 1988 hin.
Obwohl Troeller nicht nach den Schuldigen des Bürgerkriegs fragt,
sondern die Opfer des Krieges und hierbei insbesondere die Kinder in
den Fokus seiner Darstellung rückt, wird doch schon durch den Titel
deutlich, dass die südafrikanische Regierung für ihn Verantwortung für
diese Katastrophe trägt.
1. Der politischhistorische Kontext
Literaturangaben:
 DER GROSSE PLOETZ. Die Daten-Enzyklopädie der
Weltgeschichte. Daten, Fakten, Zusammenhänge. Gegründet
von Dr. Carl Ploetz. 32., neubearbeitete Auflage. Freiburg im
Breisgau, 2001.
 http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laenderinfos
(Stand: 03.07.05)
 http://www.mosamik-botschaft.de
(Stand: 03.07.05)
2. Inhaltliche Aspekte
2.1 Technische Daten des Films
Jahr: 1988
Länge: 43 Minuten
Titel: Im Schatten der Apartheid – Gordian Troeller berichtet aus Mosambik
Reihe: Kinder der Welt (im Auftrag von Radio Bremen)
Genre: Dokumentation
Kamera: Gordian Troeller
Kommentar: Gordian Troeller
Ton: Ingrid Becker-Ross/Manfred Wenck
Schnitt: Ingrid Przybylla
Mitarbeit: Ingrid Becker-Ross
Handlungsorte:
Kindergarten, Museum, Kindertagesstätte einer Fabrik, Krankenstationen
und Krankenhaus, Flüchtlingslager, Waisenhäuser, Provinz-Hauptstädte,
Internate, Schulen und Schulgelände, verschontes Dorf, Meer oder See
2. Inhaltliche Aspekte
2.1 Technische Daten des Films
Aufbau:
Es lässt sich ein fast symmetrisch gespiegelter Aufbau des Filmes erkennen:
A Ist-Zustand und knappe geschichtliche Hintergrundsinformationen
B Exkurs zur Kolonialzeit unter den Portugiesen
C Lebenssituation der Bevölkerung, Politik und Aufbau des Landes durch die
FRELIMO, Zerstörung des Landes durch die Bandidos armados mit
Südafrika im Rücken
B Exkurs zur Kolonialzeit unter den Portugiesen mit Hinblick auf westliche
Werte, Moral und Kultur, die von der Bevölkerung und vom Staat
übernommen wurden
A Ist-Zustand und Fragen nach der Zukunft
2. Inhaltliche Aspekte
2.2 Gordian Troeller
Gordian Troellers Leben könnte man als spektakulär bezeichnen. Als
Luxemburger geboren, kämpfte er im spanischen Bürgerkrieg, gründete
während des zweiten Weltkrieges eine Organisation in Portugal für
politisch und rassisch Verfolgte und war Kriegsberichterstatter für die
Alliierten. In der Nachkriegszeit arbeitete er für verschiedene Zeitungen
und begann 1948 die Zusammenarbeit mit der Französin Marie-Claude
Deffarge. Als Journalist und Photograph berichtete er aus den Ländern
der Dritten Welt ab 1960 für die Illustrierten >Revue< und >Stern<. 1963
machte er mit Marie-Claude Deffarge zum ersten Mal Filmaufnahmen im
Jemen und begründetet dabei seine lange Karriere als Dokumentarfilmer.
„In keinem der Bereiche, in denen ich tätig wurde, habe ich eine formale
Ausbildung genossen. Weder im Schreiben, noch im Photographieren,
noch im Filmen. Das erleichterte mir, ungefiltert, unbetreut und
unabhängig zu berichten. Keiner Ideologie, keiner Partei oder
Interessengemeinschaft, keiner political correctness aufzusitzen.“ (Seite
6, Ferne Länder – Fremde Sitten)
2. Inhaltliche Aspekte
2.2 Gordian Troeller
Nachdem Marie-Claude Deffarge 1984 gestorben war, führte er seine Arbeit
mit Ingrid Becker-Ross weiter.
Kennt man den Lebenslauf und politischen Werdegang Troellers, so lassen
sich die Filme in einem breiteren Spektrum sehen. Politische Situationen,
gesellschaftliche Machtverhältnisse und Wertvorstellungen in den
verschiedenen Ländern sind im Focus seiner Dokumentationen.
Ausgesprochene und direkte Kritik in seinen Kommentaren verschönen
nichts und regen zum Nachdenken an - machen aber auch eine
subjektive Haltung Troellers deutlich!
Quellen:
 Vgl. http://www.radiobremen.de/ueber_uns/nachrufe/troeller/ (Stand: 28.06.2005)
 Christel Adick, Franz R. Stuke (Hrsg.): Ferne Länder – Fremde Sitten, Analysen
zum Filmwerk von Gordian Troeller. 2. Auflage Frankfurt/M. 1998
2. Inhaltliche Aspekte
2.3 Inhalt des Filmes
Seitdem 1975 die FRELIMO (Frente da Libertação de Moçambique Mosambikische Befreiungsfront) als marxistisch orientierte Staatspartei
an die Macht gekommen ist, kämpft sie mit den Problemen eines
ruinierten Landes, dass die Kolonialmacht Portugal hinterlassen hat.
Troeller beginnt seine Dokumentation mit einem kleinen Überblick über
die Geschichte des Landes und seine derzeitige Situation (1988). Obwohl
es nach der Befreiung aus der Kolonisation keine einheimischen Lehrer
und Ärzte sowie spezialisierte Fachleute für Verwaltung und Wirtschaft
gab, sei es der Frelimo gelungen, ein Netz von Schulen einzurichten und
ein Gesundheitssystem aufzubauen. Troeller erklärt, dass die größte
Bedrohung des Landes bewaffnete Überfälle der Bandidos armados
seien, die von Südafrika gesteuert würden! Sie zerstören systematisch
Schulen, Krankenhäuser, technische Einrichtungen, Arbeitsstätten der
Menschen und Verkehrswege. Sie vernichten die Ernten und ermorden
oder verschleppen Menschen, zwingen Kinder zum Töten, vergewaltigen
Frauen und versuchen Mosambik soweit zu „destabilisieren“, dass es
2. Inhaltliche Aspekte
2.3 Inhalt des Filmes
kaum die Chance hat, sich eigenständig weiter zu entwickeln. Mosambik soll
lebensunfähig gemacht werden und das, obwohl beide Staaten einen
Nichtangriffspakt unterschrieben haben und Mosambik seine Auflagen
erfüllt. Der Titel „Im Schatten der Apartheid“ ist somit exzellent gewählt.
Troeller zeigt in seinem Film die Menschen Mosambiks, insbesondere
Frauen und Kinder, in ihren verschiedenen Lebenssituationen und
Umfeldern. Er fokussiert Elend und Leid und setzt meistens die Bilder der
Individuen in einen gesamt-politischen Kontext. Der Film beginnt mit
Aufnahmen in einem Kindergarten einer landwirtschaftlichen Kooperation,
zeigt dann ältere Kinder im Nationalmuseum und berichtet dabei von den
Problemen der Frelimo, die sie durch das Erbe der Kolonialzeit und durch
die Bandidos armados haben. In einem Internat interviewt Troeller einen
Jungen, der von seiner Verschleppung und Flucht aus den Händen der
Bandidos erzählt.
2. Inhaltliche Aspekte
2.3 Inhalt des Filmes
Danach konzentriert sich Troeller auf die Arbeitssituation der Menschen in
einer Fabrik. Auch hier arbeiten zum größten Teil Frauen, während die
Kinder in einer betrieblichen Tagesstätte >betreut< werden. Das
Hauptanliegen der Frelimo sei es, eine bessere Arbeitssituation zu
schaffen und den Schutz der Mütter und Frauen zu gewährleisten. Indes
Troeller stillende Mütter filmt, erklärt er, dass in Mosambik Kinder bis zum
2. Lebensjahr gestillt werden, jedoch ab dem 5. Lebensmonat eigentlich
eine Zusatznahrung benötigen. Zusätzliches Eiweiß sei aber Mangelware
und so sind viele Kinder unterernährt. Nun geht Troeller auf die
medizinische Versorgung in Mosambik ein. Vor einer Krankenstation
warten wieder ausnahmslos Mütter mit ihren Kindern. Die Frelimo
kümmert sich besonders um Impfkampagnen, Schwangerschaftsvorsorge
und Empfängnisverhütung. Kinder werden gewogen, geimpft und auf
Karteikarten erfasst. Die Sterblichkeitsrate der Kinder unter fünf Jahren ist
hoch und am häufigsten auf Unterernährung zurückzuführen.
2. Inhaltliche Aspekte
2.3 Inhalt des Filmes
Weiterhin berichtet Troeller von der Wirtschaft, die am Boden liegt und die
Infrastruktur, die nicht vorhanden ist. Mit einer Karte des südlichen Afrikas
verdeutlicht er die Beziehungen der Staaten um Südafrika herum.
Diesmal belegt Troeller durch ein Dokument (Documentos da
Gorongosa), dass die Destabilisation von Südafrika aus erfolgt. Das Leid
der Menschen, dass dadurch entsteht, zeigt Troeller nun mit Bildern aus
Flüchtlingslagern, zerstörten und überfüllten Schulen ohne Inventar,
Waisenhäusern und Krankenhäusern. Zwischendurch wird den
Verantwortlichen ein Gesicht gegeben, indem Bilder von Verantwortlichen
und Staatsmännern aus Südafrika gezeigt werden. Um die Grausamkeit
dieser Politik deutlich zu machen, interviewt Troeller ein paar Jungen, die
von den Bandidos gezwungen wurden Menschen zu töten. Dabei räumt
er allerdings ein, dass es nicht bewiesen werden kann, ob dieser
Wahnsinn auch von Südafrika aus gesteuert wird.
Im letzten Teil des Filmes geht Troeller noch einmal auf die Geschichte des
Landes ein und versucht deutlich zu machen, wie die westliche Welt und
deren Werte sich negativ auf ein afrikanisches Land auswirken.
2. Inhaltliche Aspekte
2.3 Inhalt des Filmes
Sozialisten und Kapitalisten hätten die gleiche Vorstellung von Fortschritt und
Entwicklung, doch beides mache den Norden reicher und Afrika ärmer.
Mit Bildern einer Militärparade anlässlich des Todestages eines
Präsidenten und eines Kulturabends, bei dem Mädchen einen Tanz
vorführen (von einer Portugiesin einstudiert), verdeutlicht Troeller wie
unterschiedlich die Wurzeln der afrikanischen Menschen von den
aufgedrückten Normen der westlichen Welt sind. Die Schlusssequenzen
zeigen den derzeitigen Präsidenten, wie er mit einer Gruppe
Jugendlichen und Kindern einer Jugendorganisation der Frelimo tanzt,
und zwar nach afrikanischer Tradition. Ein Ausdruck von Bejahung der
eigenen Identität? Für Troeller die letzte Chance für einen Großteil
Afrikas. Danach laufen, spielen, toben und schreien die Kinder im Wasser
eines Sees oder des Meeres, während Troeller noch einmal warnt, dass
man seelische Wunden und chronische Unterernährung nicht sehe, aber
die Mehrzahl der Kinder in Mosambik daran leide!
Quellen:
 http://www.allstar-media.de/index.html?target=dept_47.html (Stand: 19.06.2005)
 http://www.kkmosambik.de/medien/books.htm (Stand: 19.06.2005)
2. Inhaltliche Aspekte
2.4 Wirkung von Aufnahme-, Editions- und Tontechnik
Die subjektive Haltung Troellers in seinen Kommentaren und die
authentischen Filmaufnahmen machen seine Filme zu dem, was sie sind:
Keine schön inszenierten Dokumentationen und Bilder mit künstlerischem
Aspekt, sondern Werke, die, nach Troeller selbst, das Wesentliche über
die Verhältnisse und die Menschen eines Landes aussagen sollen. „Ich
sehe natürlich zu, daß die Menschen, die ich zeige, >authentisch< gefilmt
werden. Deshalb stelle ich nichts, das wäre nämlich nicht authentisch.“
(Seite 46, Ferne Länder – Fremde Sitten)
In dem Film „Im Schatten der Apartheid“ versucht Gordian Troeller die
Missstände und überaus katastrophalen Lebenssituationen der Kinder in
Mosambik zu zeigen. Um dabei möglichst dieses authentische Bild zu
erhalten, nutzt er beim Filmen - wie in seinen anderen Filmen auch – eine
Handkamera. Mit ihr ist er flexibel und erreicht, dass der Zuschauer
genau die Bilder sehen kann, die er auch selbst sieht. Auffällig sind
hierbei die kleinen >Wackler< und Bewegungen, die davon zeugen, dass
2. Inhaltliche Aspekte
2.4 Wirkung von Aufnahme-, Editions- und Tontechnik
Troeller eben weder ein Stativ noch einen Dolly nutzt. Zudem zoomt er
manchmal unkontrolliert (z. B. bei der Interview-Situation mit den Jungen,
die erzählen, wie sie Menschen töten mussten) und setzt selten
Gegenstände bewusst in Szene.
Eines der wenigen Beispiel für einen Ansatz von Inszenierung ist die
Sequenz, in der Troeller eine Schulklasse unter einem Baum filmt. In der
vorangehenden Szene sieht man ein Flüchtlingslager in dem Menschen
auf der Erde sitzen, schlafen und warten. Dazu fragt Troeller, was aus
Kindern werden sollen, die in solchen Lebensbedingungen aufwachsen –
ob sie irgendwann fähig sein werden, eine Gesellschaft tragen zu können.
Direkt danach kommt ein Hartschnitt, das saftige Grün einer Baumkrone
ist zu sehen und mit einem vertikalen Schwenk fokussiert Troeller die
Schulklasse unter dem Baum. An dieser Stelle könnte man von
Inszenierung sprechen, denn das saftige Grün in der sonst so rötlich
bräunlichen Landschaft könnte als ein Hoffnungsfunke verstanden
werden. Als Antwort auf die vorangegangene Frage: hier findet Bildung
und Ausbildung statt – auch unter schwierigen Bedingungen.
2. Inhaltliche Aspekte
2.4 Wirkung von Aufnahme-, Editions- und Tontechnik
Wirkung von Aufnahmetechniken:
 Totale und Halbtotale geben meistens einen allgemeinen Eindruck der
Situation wieder, z. B. wartende Mütter mit ihren Kindern vor der
Krankenstation, Hütten eines Flüchtlingslagers, ...
 Durch Nahaufnahmen und Großaufnahmen stellt Troeller etwas in den
Mittelpunkt, z. B. das Lachen einer Frau oder eines Kindes, die
unsicheren Augen eines Kindes, das vom erlebten Leid erzählt, ...
 Ranzoomen  Troeller will vermutlich etwas fokussieren
 Rauszoomen  Troeller will vermutlich einen Gegenstand/eine Person in
den Kontext seiner Umgebung stellen
 Die Länge der Einstellungen und die langsamen Schwenks der Kamera
(sowie auch die geringe Schnittgeschwindigkeit) strahlen Ruhe und
teilweise Passivität aus – dies ist besonders in den Szenen zu entdecken,
wo Menschen sitzen und warten, aber auch wenn Kinder tanzen und
singen
 Die Art der Kamerabewegung entspricht dem Wunsch, die Wirklichkeit zu
beobachten und ungeschönt wiedergeben zu wollen
2. Inhaltliche Aspekte
2.4 Wirkung von Aufnahme-, Editions- und Tontechnik
Wirkung von Editionstechniken:
 Am Anfang wird einmal eine weiche Überblendung eingesetzt, und zwar
beim Übergang vom Vorspann zur ersten Einstellung: schwarzes Bild mit
Titel/Untertitel  tanzende und singende Kinder
 Der Rest des Filmes ist komplett mit harten Schnitten versehen
 Troeller bindet zweimal „totes“ Bildmaterial (Photographien) in
„lebendiges“ (Film) ein: Bilder von Staatsmännern Südafrikas und eine
Karte, die den südlichen Teil Afrikas zeigt
 Schnitt und Montage sind im hauptsächlich sehr unspektakulär
2. Inhaltliche Aspekte
2.4 Wirkung von Aufnahme-, Editions- und Tontechnik
Ton und Kommentar:
 Generell ist im kompletten Film der Original-Ton im Hintergrund zu hören
– lediglich beim Einsetzen des „toten“ Bildmaterials gibt es keinen
Klangteppich, sondern nur Troellers Stimme aus dem Off
 Zusätzliche Untermalung durch Musik fehlt gänzlich, was die Authentizität
des Filmes wieder unterstreicht - beim Vorspann sowie beim Abspann
wird der O-Ton (Gesang) des ersten bzw. letzten Bildes genutzt
 Bei Interviews gibt Troeller eine knappe Zusammenfassung der
Übersetzung
 Generell geht der gesprochene Text über die Bilder hinaus – Troeller gibt
Informationen über politische Zusammenhänge, westliche Werte oder
historische Informationen, die nicht direkt zum Bild passen
 Troeller bezieht in seinem Kommentar direkt Stellung und impliziert dem
Zuhörer seine subjektive Meinung
Quellen:
 Werner Faulstich: Grundkurs Filmanalyse. München 2002
 Christel Adick, Franz R. Stuke (Hrsg.): Ferne Länder – Fremde Sitten, Analysen
zum Filmwerk von Gordian Troeller. 2. Auflage Frankfurt/M. 1998
3. Kritische Interpretation
 Situation an Schulen (1)
 Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten war die Situation
der Schulen noch sehr schlecht.
 Tische und Stühle waren so gut wie nicht
vorhanden, Klassenzimmer wurden nach draußen
verlegt, da die Schule die große Zahl der Schüler
nicht fassen konnte.
 Troeller spricht weiterhin von sehr hohen
Bildungsstandarts, allerdings wird nicht deutlich, wie
diese vermittelt werden.
 Über Lehrmaterialien wird kaum Auskunft gegeben.
3. Kritische Interpretation
 Situation an Schulen (2)
 Troeller lässt viele Fragen offen wie beispielsweise:
 Wie sind die Klassenstufen organisiert?
 Gibt es genügend Lehrkörper?
 Wie wird ein weiterer Bildungsweg realisiert? Wo
gehen die Absolventen zur Universität, wie es
viele nach Troellers Aussage tun?
 Wie wird Schule und Lehrkörper finanziert?
 Gibt es Beratungslehrer, die sich mit den
schrecklichen Schicksale der Kinder
beschäftigen?
 Gibt es genügend Bücher?
3. Kritische Interpretation
 Freizeit der Kinder (1)
 Im Film wird deutlich, dass die Freizeitgestaltung
der Kinder schwierig ist.
 Kleinkinder, deren Mütter arbeiten, verbringen den
ganzen Tag allein in einem provisorisch
eingerichteten Kindergarten, der ihre Bedürfnisse
wahrscheinlich nicht befriedigen kann.
 Der Kindergarten besteht aus einem Sandplatz, der
eingezäunt ist, mit wenig Schattenplätzen und kaum
Spielzeug, das den Kindern zur Verfügung gestellt
werden kann.
3. Kritische Interpretation
 Freizeit der Kinder (2)
 Kinder die bereits zur Schule gehen,
verbringen anscheinend den Großteil ihrer
Zeit dort, allerdings werden auch hier von
Troeller keine weiteren Aussagen getroffen.
 Die Kinder können auf den Straßen spielen,
denn Fahrzeuge gibt es kaum. Gespielt wird
hauptsächlich ohne Spielzeug, sondern Tanz
und Gesang, Fangen und anderes dienen
den Kindern zum Spaß.
3. Kritische Interpretation
 Emotionale Situation der Kinder (1)
 Die Kinder im Mosambik litten zum Zeitpunkt des
Films fast alle unter Unterernährung.
 Viele haben ihre Eltern verloren, zum Teil sogar
sterben sehen.
 Andere wiederum mussten um zu überleben töten.
 Wiederum andere haben von all dem Leid kaum
etwas mitbekommen und genießen eine mehr oder
weniger unbeschwerte Kindheit. (Diese Kinder
werden von Troeller nur kurz angesprochen, wobei
er auch andere Dokumentarfilmer kritisier, die nichts
anderes, als das Elend filmen.)
3. Kritische Interpretation
 Emotionale Situation der Kinder (2)
 Wie die Kinder ihre Erlebnisse verarbeiten wird
kaum angesprochen. Allerdings könnte man hier
wieder die Methode „Gesang und Tanz“ zur
Verarbeitung des Erlebten als eine Art der Hilfe
betrachten.
 Eine anderer Weg für die Kinder ihre Erfahrungen
zu verarbeiten wird ihnen von anderen
Erwachsenen oder sogar den Eltern vorgelebt und
dieser Weg heißt VERDRÄNGUNG.
3. Kritische Interpretation
 Emotionale Situation der Kinder (3)
 Die Kinder, die verdrängen, versuchen so
emotionslos wie möglich von ihren Erlebnissen zu
berichten, allerdings fällt das nicht allen so leicht. Es
ist also ein Prozess, der erlernt werden „muss“.
 Die Menschen berichten von ihren tragischen
Erfahrungen, als ob es das Belangloseste auf der
Welt wäre.
 Sie betrachten es aus einer herausgehobenen
Perspektive, also eher aus einer „Draufsicht“ als aus
der Sicht von „mittendrin“ .
3. Kritische Interpretation
 Emotionale Situation der Kinder
 Wieder lässt Troeller Fragen offen:
 Gibt es jemanden, der sich um die betroffenen Kinder
kümmert, eine Art Psychologe?
 Wie werden sich die Kinder weiterentwickeln?
 Sind emotionale Schäden abzusehen und einzugrenzen?
 Wie haben sich die Kinder nach den Erfahrungen
verändert?
 Wie gehen die Lehrkräfte damit um? Sprechen sie mit den
Schüler über die aktuelle Situation und Erfahrungen oder
ist es Tabu-Thema?
3. Kritische Interpretation
 Zusammenfassung
 Troeller versucht in seinem Film über die Kinder in
Mosambik neutral zu sein. Er vermeidet Wertungen
und Kritik, lässt aber auch etliche Frage offen, die
dem Zuschauer nun zur Eigenrecherche freigestellt
sind. Er betrachtet lediglich die Situation und gibt
damit auch keine Zukunftsprognosen ab. Das
einzige, was er auch selbst in den Raum stellt ist die
Frage, ob die Kinder stark genug sein werden eine
Gesellschaft aufzubauen. Zwar kann man
chronische Unterernährung und seelische Wunden
nicht sehen, so können die Folgen doch
unermesslichen Ausmaßes sein.
3. Kritische Interpretation
„Die Bejahung der Eigenidentität dürfte
für einen Großteil Afrikas die letzte Chance
sein würdevoll zu überleben.“
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